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Meister der Doppelmoral

Getreidefeld

Interessante und widersprüchliche Aussagen in der Tagesschau, vom 18.07.23

Immer wieder erhebt Berlin schwere Vorwürfe gegen Moskau wegen der Aussetzung des Getreidedeals, blendet aber die Folgen der Russland-Sanktionen für den Globalen Süden bei der Getreide-, Düngemittel- und Erdgasversorgung aus. Nach dem Aus des Getreidedeals, seit Anfang dieser Woche (18.07.2023) setzt unsere Außenministerin wieder ihren üblichen Tonfall gegen Russland fort, dass Putin: “erneut Hunger als Waffe gegen die ganze Welt” einsetzt. Sie verschweigt jedoch, dass die Sanktionen, die die Getreide- und Düngemittelexporte aus Russland behindern[1]Die Sache ist die, dass zwar Getreide und Düngemittel schon seit längerem von den westlichen Sanktionen ausgenommen sind, also theoretisch ohne weiteres geliefert werden dürfen. Die Theorie ist … Continue reading den globalen Süden hart treffen. Des weiteren hat die EU keine Sanktionen etwa bei Kernbrennstoffe[2]Am 15. April steigt Deutschland aus der Kernenergie aus – möchte man meinen. Im niedersächsischen Lingen wird nur das Kraftwerk abgeschaltet, Brennstäbe für Reaktoren produziert man dort aber … Continue readingund Nickel ausgerufen[3]In der Liste der EU der restriktiven Maßnahmen der EU, auf die die Bundesregierung verweist, findet sich nicht Nickel; in den Sanktionslisten der der Bundesregierung und der EU finden sich auch … Continue reading, da die EU darauf angewiesen ist und es nicht aus anderen Länder beziehen kann.[4]https://www.energiezukunft.eu/umweltschutz/weiter-keine-sanktionen-fuer-russlands-atomexporte/; https://www.telepolis.de/features/Russland-Sanktionen-Ja-aber-nicht-fuer-die-Atomindustrie-8047400.htm … Continue reading Hauptsache: Ich, alles andere ist mir egal, so ist die Denkweise der EU, so ist die Denkweise des Kapitals! Sie interessiert der Kampf gegen den Hunger der Welt nicht.

Getreidefeld
Foto: Getreidefeld, Nähe Leipzip, 2019, Ingo Müller

Interessante Tatsachen und Fakten, auch zu diesem Thema bringt “german-foreign-policy”. Das Nachrichtenmaterial dazu stammt aus öffentlich zugänglichen Quellen. Unter anderem aus Korrespondentenberichte assoziierter Wissenschaftler, die das Kontinuum (Kontinuierlichkeit, etwas lückenlos Zusammenhängendes) der deutschen Außenpolitik untersuchen.

weitere Info hierzu:


Es wird ja immer wieder durch die bürgerlichen Massenmedien und insbesondere durch unsere Außenministerin Baerbock behauptet, dass die Beendigung des Getreidedeal mit der Ukraine[5]Im Juli 2022 wurde unter der Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei eine Vereinbarung getroffen, die die Wiederaufnahme der Lieferungen aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen regelt und … Continue reading die ärmsten Länder am meisten treffen wird und die Weltpreise für Getreide in die Höhe schießen werden.

Wenn man sich jedoch die Empfängerliste des Getreides anschaut, was nicht in den Massenmedien so propagiert wird, zeigt sich, dass die südlichen, ärmsten Ländern kaum etwas erhalten haben. Nutznießer waren die Länder, die mit dem Getreide Profit machen. Zu den Großabnehmer gehören die Türkey, China und Spanien.

Weitere Infos:

https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/geht-getreide-ukraine-fuenf-laender-kaufen-60-prozent-602022

Wohin verkauft die Ukraine ihr Getreide? – nicht nach Afrika

Die Afrikanische Union (AU) ließ bereits am 3. Juni 2022 verlauten, dass die Blockade (gemeint sind die Sanktionen gegenüber Russland, in Punkto Getreideausfuhr) heute schon verheerende wirtschaftliche und sozioökonomische Auswirkungen haben.

weitere Info´s


Aussagen in der Tagesschau vom 18.07.2023

Schaut Euch die Tagesschau, insbesondere von Minute 02:53 – 04:52 an, hier geht es um das Getreideabkommen und wie hier zwei Aussagen genau das Gegenteil manifestieren, was kurz davor propagiert wurde. Uns wird weisgemacht, dass die Hauptleidenden des Endes des Getreideabkommens Ostafrika, Afghanistan und Jemen sind. Lt. Angaben der UN gingen nur 3% des Getreides an diese Länder.

Kommen wir jedoch zu den zwei Aussagen, die genau das Gegenteil ihrer Propaganda aufzählen. Entweder merkt es die Tagesschau selbst nicht, wie sie sich widerspricht oder sie hält die Zuschauer für dumm und blöd.

Seht selbst:

  1. Ab 03:08 – 03:14, hier geht es darum, dass Kiew den Export weiterführen will. Wer jetzt aber denkt, dass es Kiew um humanitäre Gründe geht, der irrt. Nein, es geht um die Einnahmen, die Kiew braucht. Keine weitere Bemerkungen von der Tagesschau, wozu die Einnahmen benötigt werden.
  2. Ab 4:16 – 4:26, die Tagesschau sagt selbst, dass die Hauptabnehmer nicht die ärmsten Ländern sind. So ging die letzte Lieferung an die Niederlande. Die Hauptabnehmer des Getreides sind China, gefolgt von der Türkei und Spanien. Diese drei Ländern importieren die Hälfe des Getreides, oft als “Tierfutter”

Lass euch diese Aussagen durch den Kopf gehen. Was hier offizielle gelogen wird. Und wie dumm wir verkauft werden. Jeder normal denkender Mensch, müsste allein schon bei der Nachricht, wer das meiste Getreide importiert und vor allem wofür aufschreien!

Selbst die Tagesschau setzt keine Zeichen, was hier nicht stimmt und regt sich nicht darüber auf. Aber Hauptsache die “Russen” haben schuld.

Hier geht’s zur Tagesschau:

Weitere Info´s hierzu:


Eine komplette Übersicht aller Sanktionspakete seit dem 23. Februar 2022 könnt ihr hier nachlesen:

In Istanbul wird ein gemeinsames Koordinierungszentrum eröffnet, um den sicheren Export kommerzieller Lebensmittel und Düngemittel aus ukrainischen Häfen zu erleichtern


“Ausbeutung des Kontinents beenden”

In der Ausgabe der Junge Welt vom 29./30.07.2023 wird über das zweite Russland-Afrika-Gipfel berichtet. Unter der Überschrift: “Ausbeutung des Kontinents beenden” wird auf das Ergebnis hingewiesen, dass die Ausweitung von Handel und russischen Investitionen beschlossen wurde.

So wurden u.a. folgende Probleme besprochen:

  • Bau von Erdgasverflüssigungsanlagen wird in Aussicht gestellt, wenn russ. Firmen die Technologie beherrschen
  • Ägypten drängt auf eine schnelle Entwicklung “innovativer Finanzmechanismen” um Nahrungsmittellieferungen aus Russland in den Ländern Afrika zu steigern, da diese auf Grund der westlicher Sanktionen gehemmt werden
  • geplant ist die Bezahlung des russisch-afrikanischen Handelns in eigenen statt in westlichen Währungen, so schützt man sich gegen westliche Sanktionen

Weitere Infos zu diesem Thema:

Ausbeutung des Kontinents beenden

Sabotage missglückt – Russland-Afrika-Gipfel mit zahlreichen Vertretern des Kontinents: Kostenloses Getreide für ärmste Staaten, Kooperation soll ausgeweitet werden

DIPLOMATIE UNERWÜNSCHT – Westen hat kein Interesse an Frieden

Das Ende der Dollar-Dominanz?


Dieser Text wurde in Zusammenarbeit mit Benedikt Hopmann und Ingo Müller erstellt.


References

References
1 Die Sache ist die, dass zwar Getreide und Düngemittel schon seit längerem von den westlichen Sanktionen ausgenommen sind, also theoretisch ohne weiteres geliefert werden dürfen. Die Theorie ist aber das eine, die Praxis das andere. Denn Getreide und Düngemittel müssen transportiert und bezahlt werden, die Transporte müssen versichert werden. Transport- und Finanzdienstleistungen unterliegen aber weiterhin den Sanktionen, und das behindert in der Praxis die Lieferung von Getreide und Düngemitteln ganz massiv: Man dürfte liefern, kann aber nicht, weil nicht transportiert und bezahlt werden darf. Wirtschaftssanktionen treffen vor allem auf folgende Bereiche: Verkehr (Verbot des Schiffs- und Flugverkehr mit anderen Ländern; den Handeln), Import und Export von bestimmten Waren sowie Finanztransaktionen. Die Bundesregeriung zu den Sanktionen: “Die russischen Banken wurden vom SWIFT-System ausgeschlossen. Das bedeutet ganz konkret: Diese Institute wurden von den internationalen Finanzströmen abgeklemmt; sie können faktisch am internationalen Zahlungsverkehr nicht mehr teilnehmen, was ihr globales Agieren massiv einschränkt.”(https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/eu-sanktionen-2007964) Solange die Lieferung von Getreide und Düngemitteln auf diesen internationalen Zahlungsverkehr über die russischen Banken angewiesen ist und die russischen Banken “faktisch am internationalen Zahlungsverkehr nicht mehr teilnehmen” können, ist die Lieferung von Getreide und Düngemitteln massiv eingeschränkt.
2 Am 15. April steigt Deutschland aus der Kernenergie aus – möchte man meinen. Im niedersächsischen Lingen wird nur das Kraftwerk abgeschaltet, Brennstäbe für Reaktoren produziert man dort aber weiter. Sogar in Zusammenarbeit mit Russland, weitere Info´s
3 In der Liste der EU der restriktiven Maßnahmen der EU, auf die die Bundesregierung verweist, findet sich nicht Nickel; in den Sanktionslisten der der Bundesregierung und der EU finden sich auch nicht Kernbrennstoffe; das unternehmernahe Institut IW hebt die Bedeutung von Nickel für deutsche Unternehmen hervor
4 https://www.energiezukunft.eu/umweltschutz/weiter-keine-sanktionen-fuer-russlands-atomexporte/; https://www.telepolis.de/features/Russland-Sanktionen-Ja-aber-nicht-fuer-die-Atomindustrie-8047400.htm ; https://de.euronews.com/my-europe/2023/02/14/kiew-will-sanktionen-gegen-russlands-atomsektor-aber-die-eu-zieht-nicht-mit
5 Im Juli 2022 wurde unter der Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei eine Vereinbarung getroffen, die die Wiederaufnahme der Lieferungen aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen regelt und die sichere Passage von mit Getreide beladenen Schiffen durch den Bosporus gewährleisten soll.

Deutschland faktisch und völkerrechtlich Kriegspartei

Aus der Stellungnahme der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen “Deutschland ist faktisch Kriegspartei” ergibt sich, dass Deutschland auch völkerrechtlich Kriegspartei ist. Sevim Dagdelen stützt sich auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages (WD). Deutschland ist im Krieg und nur wenige scheint das zu beunruhigen. Wenn diese Beunruhigung existiert, ist sie jedenfalls nicht auf der Straße zu sehen. Hier die Stellungnahme von Sevim Dagdelen und hier das Gutachten des wissenschafltichen Dienstes.

Eisenbahner-Widerstand: Zum 90. Jahrestag der Zerschlagung der Gewerkschaften

Hier ist das Referat von Peter Lind, wir bedanken uns für die Genehmigung der Veröffentlichung. 15.07.2023

  1. Liebe Gäste, das Thema Eisenbahnerwiderstand gegen das Naziregime wäre ein Thema, über das man tage- und wochenlang referieren könnte, wir das aber heute, bedingt durch den engen Zeitrahmen nicht ableisten können. So wird das jetzt ein Parforceritt, für das ich mich einfach mal entschuldigen möchte, aber ich will versuchen in einigen Aspekten einen Einblick in die umfassende Thematik zu geben. Immerhin gehörte der Eisenbahnerwiderstand mit zu den stärksten Widerstandsbewegungen in Deutschland, wenngleich es sich nicht immer um eine einzige, reichsweit zentral gesteuerte Organisation handelte. Der Widerstand gliederte sich in mehrere Zentren, deren Verbindungen zueinander geringer waren. Hauptzentren des Widerstands dürften das Rhein-Main-Gebiet, der süd-westdeutsche Raum, das Gebiet um Frankfurt/Main, Hamburg, Sachsen, sowie der Berliner Raum gewesen sein. Aber auch in kleineren Bereichen bildeten sich Widerstandszellen wie in Cottbus und Magdeburg.  In all diesen Gebieten waren es vor allem die Werke, in denen sich organisierte Widerstandsgruppen bildeten. Gemessen an der Gesamtbevölkerung ist der Widerstand allerdings, wie fast überall eher marginal gewesen.
  2. Dennoch ist der Eisenbahner-Widerstand als bedeutsam einzuschätzen, weil er denen, die ihn leisteten, die Überwindung starker innerer Widersprüche abverlangten. Eisenbahner hatten ein spezifisches Verhältnis zu dem Unternehmen in dem sie arbeiten, wie auch zu ihrem Beruf an sich. Das drückt sich auch in auch vom Unternehmen durchaus geförderten Begrifflichkeiten von „Pflichtbewusstsein“ und „Eisenbahnerehre“ aus, Begriffe, den Mitarbeiter der Bahn sehr stark verinnerlichten.
  3. Zwei Besonderheiten dürften eine zusätzlich bedeutende Rolle bei der Effektivität des Eisenbahner-Widerstands gespielt haben. Zum einen besaß die Deutsche Reichsbahn ein eigenes, vom sonstigen Kommunikationsverkehr unabhängiges Telefonnetz, über den es bedingt einfacher war Kontakte zu bilden und Informationen, natürlich auch immer unter der Gefahr enttarnt zu werden, auszutauschen. Zum zweiten arbeitete die Bahn im eigentlich hermetisch abgeriegelten Reich grenzüberschreitend, so daß es dadurch diese Möglichkeiten relativ bessere Bedingungen für eine illegale Widerstandsarbeit gab, also Informationen aus dem Reich herauszubringen oder hineinzutragen, auch Personen, Kuriere der verschiedenen widerständigen Parteien und Organisationen, aber auch Flüchtlingen notwendige Wege zu ermöglichen.
  4. 1933, zur Zeit der Machtübertragung an die Nazis waren bei der Deutschen Reichsbahn ca. 600 000 Menschen beschäftigt. 250 000 davon waren Beamte, mehr als 350 000 waren Arbeiter und Angestellte. 60% der Beschäftigten waren gewerkschaftlich organisiert, allein 242 000 davon im EdED, dem Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands. Darüber hinaus gab es auch viele gewerkschaftlich organisierte Mitglieder in der kommunistisch orientierten RGO (Rote Gewerkschaftsopposition). Die Zahl der bei der DRG beschäftigten Menschen stieg bis in das Ende der Naziherrschaft stark an. 1944 waren, bedingt durch den Krieg fast 200 000 Frauen bei der DRG beschäftigt, die die Männer ersetzen sollten, die als Soldaten eingezogen waren. Hinzu kamen hunderttausend aus anderen europäischen Länder nach Deutschland verschleppte Zwangsarbeiter sowie KZ-Häftlinge, die gezwungen waren den Eisenbahnbetrieb am Laufen zu halten. Die Reichsbahn hatte höchsten Stellenwert im System des Nazireiches, insbesondere ab 1939, dem Beginn des Krieges. Schließlich galt die Deutsche Reichsbahn neben dem Heer, der Marine und der Luftwaffe als Vierte Waffengattung („Räder müssen rollen für den Sieg“). Wir gehen davon aus, daß bis 1944 1,4 Millionen Menschen bei der DR arbeiteten.
  5. Der 1933 noch anfänglich stärkere Widerstand der Eisenbahner gegen das Nazisystem bekam im Laufe des Jahres 1933 einen erheblichen Dämpfer. Das Naziregime befahl die Entlassung von ca. 70 000 Mitarbeitern noch bis zum September 1933. Das waren vor allem solche Kolleginnen und Kollegen, die als politisch unzuverlässig galten, Originalzitat: „… wegen des Verdachts staats- und wirtschaftsfeindlicher Einstellungen“. Alleine der Verdacht reichte, um diesen Kreis von Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern zu feuern. Das waren den Nazis bekannte Kommunisten und RFB-Angehörige, Sozialdemokraten und Mitglieder im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Mitglieder  der sozialdemokratischen Eisernen Front, sowie Gewerkschafter der unterschiedlichsten Richtungen. Mit dieser Maßnahme sollte zugleich ein weiteres Problem behoben werden: das frühe Naziregime stand unter dem Druck der Einlösung eines Versprechens  allen Arbeit und Brot zu geben, vor allem ihrer Anhängerschaft. Der Plan war die 70 000 Entlassenen durch eigene Klientel aufzufüllen, was hieß, daß jetzt nur solche Personen einzustellen seien, die sich in den vergangenen Jahren als besonders für die Errichtung des faschistischen Staates eingesetzt hatten, besonders auch jene Totschläger, die die Vorjahre in der Arbeitslosigkeit verbringen mussten und ihre Zeit oftmals bei Alkohol in den Sturmlokalen der SA verbrachten. Diese „Dankbarkeit des Führers“ an seine Getreuen erwies sich aber als kompliziert. Dem Erfolg stand u. a. ein bahnspezifisches Problem im Wege, den Menschen, die bei der Bahn beschäftigt waren oder sind sehr wohl bekannt: Die bahnspezifische medizinische Tauglichkeit! Viele der eigentlich vorgesehenen Bewerber litten u. a. durch ihre katastrophal verlaufenen vorvergangenen Jahre und der Arbeitslosigkeit, die sie sehr oft in Kneipen verbrachten pikanter Weise unter gesundheitlichen Schäden, z. B. Leberschäden, aber auch gestörtem Sozialverhalten die sie für den Eisenbahndienst untauglich machte. So sah sich die Naziführung am 9. September 1933 erneut gezwungen massiv  eine Weisung unter dem Begriff „Sozialpolitische Bedingungen“ zu verfügen. In der hieß es: Zitat „…künftig bei Arbeitereinstellungen Angehörige der Nationalen Wehrverbände (SA, SS, Stahlhelm, die diesen Verbänden schon vor dem 30. Januar 1933 angehörten), wie auch die Mitglieder der NSDAP (Mitgliedsnummer 1.- 3.000.000) zu berücksichtigen“. Was die entlassenen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner angeht, so ist festzustellen, so marginal das einem auch vorkommen kann, daß viele von ihnen nach ihrer Entlassung den Widerstand gegen das Naziregime fortsetzten, wenn auch in anderen Widerstandszusammenhängen, so daß sie nicht mehr im eigentlichen Sinne zum Eisenbahnerwiderstand zuzuordnen waren.
  6. Der Widerstand von Eisenbahnern bewegte sich auf unterschiedlichen Wegen. Natürlich spielte auch materielle Sabotage eine Rolle, wenngleich das eigentlich immer eine besondere Überwindung kostete; dem stand immer die in Fleisch und Blut übergegangene sogenannte Betriebs-, die Berufsverbundenheit, die Eisenbahnerehre entgegen. Trotzdem gab es auch das, nicht zuletzt auch unterstützt von widerständigen ausländischen Zwangsarbeitern, z. B. aus Polen, der Tschechoslowakei, Österreich oder Frankreich, die bei der DRG arbeiten mussten. Der Widerstand zeigte sich auch darin, daß immer wieder in Zügen Flugschriften verteilt und aufgefunden wurden, daß an Gebäuden und Einrichtungen widerständige Losungen angebracht waren, die der Gestapo erhebliche Schwierigkeiten bereitete. Es wird auch davon berichtet, daß  es zur Sabotage gehörte, und damit zu empfindlichen Störungen des Betriebsablaufs, daß vor allem Güterzüge, gerade auch solche mit Kriegsgerät in verstopfte Knoten hinein geschickt wurden, die zu erheblichen Verzögerungen im Transport führten. 1992 hat mir ein alter Kollege  aus Köln, Jean Jülich, seine Geschichte des Widerstands erzählt. Er gehörte zu den Edelweißpiraten und hatte letztlich großes Glück, als daß er trotz Haft und Folter dem Massaker entkam, den die Nazis am 10. November 1944 anrichteten, indem sie 13 Deutsche, darunter auch Angehörige der Edelweißpiraten ohne Gerichtsurteil durch SS und Gestapo öffentlich in den Bögen der Bahnunterführung in der Schönsteinstraße in Köln erhängten. Jean Jülich erzählte mir, daß ihr Widerstand bei der Bahn, wo sie arbeiteten u. a. auch darin bestand, daß sie in die zum Schmieren von rotierenden Teilen befindlichen Ölbehälter an Lokomotiven hinein pissten statt mit Öl aufzufüllen. Das führte letztlich dazu, daß sich die in den Lokomotiven befindlichen rotierenden Teile nach wenigen Fahrkilometern festfraßen und die Fahrt mit diesen vorerst nicht fortgesetzt werden konnte.
  7. Dem gegenüber muß festgestellt werden, daß die Deutsche Reichsbahn entscheidend an der Ermordung der Europäischen Juden, Sinti und Roma beteiligt war. Alleine durch die Bahn sind mindestens 3 Millionen dieser Menschen in die Konzentrations- und Vernichtungslager unter den furchtbarsten Bedingungen deportiert worden. Doktor Alfred Gottwald, der leider so früh verstorbene Chefhistoriker des Technik- und Verkehrsmuseums hier in Berlin, hat in einem unserer Gespräche berichtet, daß man davon ausgehen muß, daß an der Ermordung dieser Menschen mindestens 100 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren. Irgendwer muß ja die Weichen geschmiert, die Signale gestellt, die Lokomotiven bedient, die Fahrpläne erstellt haben, die die Transporte bis in die Gaskammern hinein realisierten. Nicht ein einziger an diesen Untaten Beteiligter ist jemals dafür zur Verantwortung gezogen worden. Nur ein einziger Beteiligter der Bahn, der stellvertretende Generaldirektor Albert Ganzenmüller wurde 1973 (!) zunächst vor Gericht gestellt, erlitt aber am 27. April d. J. während der nun endlich gegen ihn erhobenen Anklage (fast 30 Jahre nach dem Ende des Naziregimes) einen Herzanfall, der ihn jedoch dauerhaft in die Prozessunfähigkeit führte. Dies allerdings bei einer sehr hohen Rente, die in etwa der eines Staatssekretärs entsprach, der er ja auch während der Nazizeit war. Er ist 23 Jahre später, 1996 „friedlich“ – wie es hieß – „im Kreise seiner Familie eingeschlafen“.
  8. Zurück zum Eisenbahner-Widerstand. Das starke linke politische Bewusstsein gerade unter den Eisenbahnern, und die letztlich daraus resultierende Widerständigkeit mag auch darin zum Ausdruck kommen, daß alleine unter den von den Nazis ermordeten 90 Reichstagsabgeordneten 10 Eisenbahner waren. Vor dem Zugang zum Gebäude des ehemaligen Reichstags wurde in den 90er Jahren eine bemerkenswerte Gedenkstele errichtet, die an jedes einzelne dieser Naziopfer namentlich erinnert. Einer fehlt allerdings in dieser Gedenkstätte, ausgerechnet ein Eisenbahner, nämlich der einstige Schlosser und Betriebsrat im Bahnbetriebswerk München Hans Beimler. Seine Aufnahme in die Gedenkstätte wird bis zum heutigen Tage verweigert, u. a. mit der scheinheiligen Begründung, dass er ja nicht von Nazis ermordet, sondern außerhalb Deutschlands während des Spanischen Bürgerkrieges in Kampfhandlungen ums Leben kam, Man möglicher Weise sogar durch Erich Mielke im Auftrag Stalins ermordet worden sei. Man stößt bei Recherchen mitunter auf die abstrusesten Erklärungen.
  9. Bei unseren Forschungen und Ermittlungen, die ohne die großartige Vorarbeit und Unterstützung von Professor Siegfried Mielke, Dr. Stefan Heinz, Dr. Alfred Gottwald und unserem Kollegen Eberhard Podzuweit kaum möglich gewesen wäre, haben wir bislang namentlich 125 ehemalige Eisenbahner ermittelt und ihre Biographien versucht nachzuvollziehen, die von den Nazis auf Grund ihrer Widerstandstätigkeit, oder auch aus rassistischen Gründen ermordet wurden. Wir müssen aber davon ausgehen, daß noch nicht alle ermordeten Eisenbahner erfasst sind. Wir sind dabei auf jedwede Unterstützung angewiesen und wären für jede weitere Information sehr dankbar. Ich möchte hier weniger auf uns schon bekannte Eisenbahner und Widerständler eingehen, wie z. B. John Sieg, dessen Arbeitsplatz der Bahnhof Papestrasse – dem heutigen Südkreuz war. John Sieg verübte am 15. Oktober 1942 nach seiner Verhaftung Suizid, um nicht in Gefahr zu geraten unter der furchtbaren Folter seine Mitstreiter zu verraten. Es wäre sicher eine sehr angemessene Würdigung, gäbe es am Bahnhof Südkreuz wenigstens eine Gedenktafel für unseren Kollegen, zumal schon der östliche Platz vor dem Bahnhof den Namen einer seiner ermordeten Mitstreiterinnen aus der Roten Kapelle, Erika von Brockdorf trägt. Ich möchte beispielhaft auf zwei weniger bekannte Eisenbahner und Widerstandskämpfer aus Berlin verweisen, zunächst auf Karl Schippa, über den wir wissen, daß er schon 1917 Mitglied unsere Vorläufergewerkschaft DEV wurde und 1918 während der Novemberrevolution in Berlin Mitglied eines Arbeiter- und Soldatenrates und während der 20er Jahre Betriebsrat in einer Dienststelle der Deutschen Reichsbahn war. Karl Schippa wurde am 1. Mai 1945, einen Tag vor dem Ende des furchtbaren Krieges  vor dem Haus Tempelhofer Ufer 34 ermordet. Der Hintergrund für diesen Mord war, daß Karl Schippa während der in diesem Gebiet um das Hallesche Tor stattgefundenen schweren Gefechte zwischen der Roten Armee und Angehörigen der Naziwehrmacht, verwundeten Angehörigen der Roten Armee erste medizinische Hilfe leistete. Bei den sich dort ständig verändernden Frontbedingungen wurde er während eines Rückzugsgefechtes von marodierenden SS-Angehörigen aufgegriffen und sofort standrechtlich erschossen. Unser Ortsverband hat ihm  zu Ehren im Jahr 2013 vor seinem letzten Wohnort in der Ratiborstrasse 2 einen Stolperstein verlegt.                                         
  10. Als weiteres Beispiel möchte ich an Kollegen Herbert Gollnow erinnern, für den wir im Jahr 2015 vor seinem letzten bekannten Wohnort in der Tiergartener Feldzeugmeisterstrasse 5 ebenfalls einen Stolperstein verlegen ließen. Gollnow begann 1931 bei der Deutschen Reichsbahn eine Ausbildung, trat 1933 in die NSDAP, 1934 kurzzeitig auch in die SS ein. Ende 1938 schied er allerdings aus dem Reichsbahndienst aus, weil er die Möglichkeit bekam im Auswärtigen Amt zu arbeiten. Hier begann jedoch auch seine Widerstandsarbeit. Da er für die Arbeit im Auswärtigen Amt nicht die so notwendigen Fremdsprachkenntnisse besaß, bekam er durch das Amt eine Englisch-Sprachlehrerin vermittelt. Das war nun ausgerechnet Mildred Harnack, führendes Mitglied der Schulze-Boysen-Harnack-Widerstandsgruppe, jener Widerstands Organisation, die bei der Gestapo unter dem Fahndungsnamen „Rote Kapelle“ geführt wurde. Und hier ist wieder der Bezug von Herbert Gollnow zur vorhin schon erwähnten Erika von Brockdorf und unserem Kollegen John Sieg. Nach der Enttarnung der Gruppe wurde Gollnow am 19. Oktober 1942 verhaftet, im Dezember 1942 zum Tode verurteilt und am 12. Februar 1943 hingerichtet.                                              
  11. Etwa 20 Stolpersteine wurden alleine in Berlin für von den Nazis ermordete Eisenbahner verlegt. Einige davon waren rassistische Opfer des Naziregimes wie Heinz Kuttner, Samuel Finkels, Dr. Alfred Mode und Paul Levy. Mehrere Stolpersteine wurden dankenswerter Weise von engagierten Bürgerinitiativen verlegt. Wir als Eisenbahnergewerkschaft selbst haben in Berlin ca. 15 Verlegungen initiiert, die Letzte am 8. Oktober des vergangenen Jahres für unseren Kollegen und ehemaligen Reichstagsabgeordneten Friedrich Jendrosch vor dem Haus Osloer Strasse 110. Allen, die weiteres Interesse an den Schicksalen der ermordeten Kolleginnen und Kollegen haben empfehle ich sehr den Besuch unseres seit 2019 in unserer Bundeszentrale in der Berliner Reinhardtstrasse 23 eingerichteten Gedenkortes mit seinen umfassenden Informationen zu den einzelnen Schicksalen. Ich möchte nunmehr unserem Gast und Filmemacher Hermann Abmayr die Gelegenheit geben uns seinen sehr engagierten Film über den Eisenbahnerwiderstand während der Nazizeit in Deutschland zu zeigen.                                           Peter Lind, Arbeitskreis Geschichte der EVG, 17.06.2023

Rosa Luxemburg: Manuskript zur russischen Revolution


Vorbemerkung: Das gesamte Manuskript zur russischen Rvolution ist abgedruckt in: Rosa Luxemburg “Gesammelte Werke Band 4 August 1914 bis Januar 1918”, 6. überarb. Auflg.,Berlin 2000, Wissenschaftliche Betreuung der 6. Auflg.: Annelies Laschitza.

Das Manuskript kann auch gelesen werden unter Rosa Luxemburg Manuskript zur russischen Revolution.

Hier der gesamte Text des Teil IV:

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“Wir wollen dies an einigen Beispielen näher prüfen.

    Eine hervorragende Rolle in der Politik der Bolschewiki spielte die bekannte Auflösung der konstituierenden Versammlung im November 1917. Diese Maßnahme war bestimmend für ihre weitere Postition, sie war gewissermaßen der Wendepunkt ihrer Taktik. Es ist eine Tatsache, daß Lenin und Genossen bis zu ihrem Oktobersiege die Einberufung der Konstitutionsversammlung stürmisch forderten, daß gerade die Verschleppungspolitik der Kerenski-Regierung in dieser Sache einen Anklagepunkt der Bolschewiki gegen jene Regierung bildete und ihnen zu heftigsten Ausfällen Anlaß gab. Ja, Trotzki sagt in seinem interessanten Schriftchen Von der Oktoberrevolution bis zum Brester Friedensvertrag, der Oktoberumschwung sein geradezu «eine Rettung für die Konstituante» gewesen, wie für die Revolution überhaupt. «Und als wir sagten», fährt er fort, «daß der Eingang zur konstituierenden Versammlung nicht über das Vorparlament Zeretelis, sondern über die Machtergreifung der Sowjets führe, waren wir vollkommen aufrichtig.» 1

     Und nun war nach diesen Ankündigungen der erste Schritt Lenins nach der Oktoberrevolution – die Auseinandertreibung derselben konstituierenden Versammlung, zu der sie den Eingang bilden sollte. Welche Gründe konnten für eine so verblüffende Wendung maßgebend sein? Trotzki äußert sich darüber in der erwähnten Schrift ausführlich, und wir wollen seine Argumente hierher setzen 2:

     [Wenn die Monate, die der Oktoberrevolution vorangingen, eine Zeit der Linksverschiebung der Massen und des elementaren Zustroms der Arbeiter, Soldaten und Bauern zu den Bolschewiki waren, so drückte sich innerhalb der Partei der Sozialisten-Revolutionäre dieser Prozeß in der Verstärkung des linken Flügels auf Kosten des rechten aus. Aber immer noch dominierten in den Parteilisten der Sozialisten-Revolutionäre zu drei Vierteln die alten Namen des rechten Flügels …

     Dazu kam noch der Umstand, daß die Wahlen selbst im Laufe der ersten Wochen nach dem Oktoberumsturz stattfanden. Die Nachricht von der Veränderung, die stattgefunden habe, verbreitete sich verhältnismäßig langsam in konzentrischen Kreisen, von der Hauptstadt nach der Provinz und aus den Städten nach den Dörfern. Die Bauernmassen waren sich an vielen Orten recht wenig klar über das, was in Petrograd und Moskau vorging. Sie stimmten für «Land und Freiheit» und stimmten für ihre Vertreter in den Nationalkomitees, die meistens unter dem Banner der «Narodniki» standen. Damit aber stimmten sie für Kerenski und Awxentjew, die dieses Landkomitee auflösten und verhaften ließen … Dieser Sachverhalt gibt eine klare Vorstellung, in welchem Maße die Konstituante hinter der Entwicklung des politischen Kampfes und den Parteigruppierungen zurückgeblieben war.]

     Das alles ist ganz ausgezeichnet und sehr überzeugend. Nur muß man sich wundern, daß so kluge Leute wie Lenin und Trotzki nicht auf die nächstliegende Schlußfolgerung geraten sind, die sich aus den obigen Tatsachen ergab. Da die konstituierende Versammlung lange vor dem entscheidenden Wendepunkt, dem Oktoberumschwung, gewählt und in ihrer Zusammensetzung das Bild der überholten Vergangenheit, nicht der neuen Sachlage spiegelte, so ergab sich von selbst der Schluß, daß sie eben die verjährte, also totgeborene konstituierende Versammlung kassierten und ungesäumt Neuwahlen zu einer neuen Konstituante ausschrieben! Sie wollten und durften die Geschicke der Revolution nicht einer Versammlung anvertrauen, die das gestrige Kerenskische Rußland, die Periode der Schwankungen und der Koalition mit der Bourgeoisie spiegelte. Wohlan, es blieb nur übrig, sofort an ihre Stelle eine aus dem erneuerten, weitergegangenen Rußland hervorgegangene Versammlung einzuberufen.

     Statt dessen schließt Trotzki aus der speziellen Unzulänglichkeit der im Oktober zusammengetretenen konstituierenden Versammlung, ja er verallgemeinert sie zu der Untauglichkeit jeder aus dem allgemeinen Volkswahlen hervorgegangenen Volksvertretung während der Revolution überhaupt.

     Dank dem offenen und unmittelbaren Kampf um die Regierungsgewalt häufen die arbeitenden Massen in kürzester Zeit eine Menge politischer Erfahrung an und steigen in ihrer Entwicklung schnell von einer Stufe auf die andere. Der schwerfällige Mechanismus der demokratischen Institutionen kommt dieser Entwicklung um so weniger nach, je größer das Land und je unvollkommener sein technischer Apparat ist. (Trotzki, S.  93)

     Hier haben wir schon den «Mechanismus der demokratischen Institution überhaupt». Demgegenüber ist zunächst hervorzuheben, daß in dieser Einschätzung der Vertreterinstitutionen eine etwas schematische, steife Auffassung zum Ausdruck kommt, der die historische Erfahrung gerade aller revolutionären Epochen nachdrücklich widerspricht. Nach Trotzkis Theorie widerspiegelt jede gewählte Versammlung ein für allemal nur die geistige Verfassung, politische Reife und Stimmung ihrer Wählerschaft just in dem Moment, wo sie zur Wahlurne schritt. Die demokratische Körperschaft ist demnach stets das Spiegelbild der Masse vom Wahltermin, gleichsam wie der Herschelsche Sternhimmel uns stets die Weltkörper nicht wie sie sind zeigt, da wir auf sie blicken, sondern wie sie im Moment der Versendung ihrer Lichtboten aus unermeßlicher Weite zur Erde waren. Jeder lebendige geistige Zusammenhang zwischen den einmal Gewählten und der Wählerschaft, jede dauernde Wechselwirkung zwischen beiden wird hier geleugnet.

     Wie sehr widerspricht dem alle geschichtliche Erfahrung! Diese zeigt uns umgekehrt, daß das lebendige Fluidum der Volksstimmung beständig die Vertretungskörperschaften umspült, in sie eindringt, sie lenkt. Wie wäre es sonst möglich, daß wir in jedem bürgerlichen Parlament zu Zeiten die ergötzlichsten Kapriolen der «Volksvertreter» erleben, die, plötzlich von einem neuen «Geist» belebt, ganz unerwartete Töne hervorbringen, daß die vertrocknetsten Mumien sich zu Zeiten jugendlich gebärden und die verschiedenen Scheidemännchen auf einmal in ihrer Brust revolutionäre Töne finden – wenn es in den Fabriken, Werkstätten und auf der Straße rumort?

     Und diese ständige lebendige Einwirkung der Stimmung und der politischen Reife der Massen auf die gewählten Körperschaften sollte gerade in einer Revolution vor dem starren Schema der Parteischilder und Wahllisten versagen? Gerade umgekehrt! Gerade die Revolution schafft durch ihre Gluthitze jene dünne, vibrierende, empfängliche politische Luft, in der die Wellen der Volksstimmung, der Pulsschlag des Volkslebens augenblicklich in wunderbarster Weise auf die Vertretungskörperschaften einwirken. Gerade darauf beruhen ja immer die bekannten effektvollen Szenen aus dem Anfangsstadium aller Revolutionen, wo alte reaktionäre oder höchst gemäßigte unter altem Regime aus beschränktem Wahlrecht gewählte Parlamente plötzlich zu heroischen Wortführern des Umsturzes, zu Stürmern und Drängern werden. Das klassische Beispiel bietet ja das berühmte «Lange Parlament» in England, das, 1642 gewählt und zusammengetreten, sieben Jahre lang auf dem Posten blieb und in seinem Innern alle Wechsel-Verschiebungen der Volksstimmung, der politischen Reife, der Klassenspaltung, des Fortgangs der Revolution bis zu ihrem Höhepunkt, von der anfänglich devoten Plänkelei mit der Krone unter einem auf Knien liegenden «Sprecher» bis zur Abschaffung des Hauses der Lords, Hinrichtung Karls und Proklamierung der Republik [widerspiegelt].

     Und hat sich nicht dieselbe wunderbare Wandlung in den Generalständen 3 Frankreichs, im Zensusparlament Louis Philipps, ja – das letzte frappanteste Beispiel liegt Trotzki so nahe – in der vierten russischen Duma wiederholt, die im Jahre des Heils 1912 4, unter der starrsten Herrschaft der Konterrevolution gewählt, im Februar 1917 plötzlich den Johannistrieb des Umsturzes verspürte und zum Ausgangspunkt der Revolution ward?

     Das alles zeigt, daß «der schwerfällige Mechanismus der demokratischen …» 5 ein kräftiges Korrektiv hat – eben in der lebendigen Bewegung der Masse, in ihrem unausgesetzten Druck. Und je demokratischer die Institution, je lebendiger und kräftiger der Pulsschlag des politischen Lebens der Masse ist, um so unmittelbarer und genauer ist die Wirkung – trotz starrer Parteischilder, veralteter Wahllisten etc. Gewiß, jede demokratische Institution hat ihre Schranken und Mängel, was sie wohl mit sämtlichen menschlichen Institutionen teilt. Nur ist das Heilmittel, das Trotzki und Lenin gefunden: die Beseitigung der Demokratie überhaupt, noch schlimmer als das Übel, dem es steuern soll: es verschüttet nämlich den lebendigen Quell selbst, aus dem heraus alle angeborenen Unzulänglichkeiten der sozialen Institutionen allein korrigiert werden können. Das aktive, ungehemmte, energische politische Leben der breitesten Volksmassen.

     Nehmen wir ein anderes frappantes Beispiel: das von der Sowjetregierung ausgearbeitete Wahlrecht. 6 Es ist nicht ganz klar, welche praktische Bedeutung diesem Wahlrecht beigemessen ist. Aus der Kritik Trotzkis und Lenins an den demokratischen Institutionen geht hervor, daß sie Volksvertretungen aus allgemeinen Wahlen grundsätzlich ablehnen und sich nur auf die Sowjets stützen wollen. Weshalb dann überhaupt ein allgemeines Wahlrecht ausgearbeitet wurde, ist eigentlich nicht ersichtlich. Es ist uns auch nicht bekannt, daß dieses Wahlrecht irgendwie ins Leben eingeführt worden wäre; von Wahlen zu einer Art Volksvertretung auf seiner Grundlage hat man nichts gehört. Wahrscheinlicher ist die Annahme, daß es nur ein theoretisches Produkt sozusagen vom grünen Tisch aus geblieben ist; aber so wie es ist, bildet es ein sehr merkwürdiges Produkt der bolschewistischen Diktaturtheorie. Jedes Wahlrecht, wie überhaupt jedes politische Recht, ist nicht nach irgendwelchen abstrakten Schemen der «Gerechtigkeit» und ähnlicher bürgerlich demokratischer Phraseologie zu messen, sondern an den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, auf die es zugeschnitten ist. Das von der Sowjetregierung ausgearbeitete Wahlrecht ist eben auf die Übergangsperiode von der bürgerlich-kapitalistischen zur sozialistischen Gesellschaftsform berechnet, auf die Periode der proletarischen Diktatur. Im Sinne der Auslegung von dieser Diktatur, die Lenin-Trotzki vertreten, wird das Wahlrecht nur denjenigen verliehen, die von eigener Arbeit leben, und allen anderen verweigert.

     Nun ist es klar, daß ein solches Wahlrecht nur in einer Gesellschaft Sinn hat, die auch wirtschaftlich in der Lage ist, allen, die arbeiten wollen, ein auskömmliches, kulturwürdiges Leben von eigener Arbeit zu ermöglichen. Trifft das auf das jetzige Rußland zu? Bei den ungeheuren Schwierigkeiten, mit denen das vom Weltmarkt abgesperrte, von seinen wichtigsten Rohstoffquellen abgeschnürte Sowjetrußland zu ringen hat, bei der allgemeinen, furchtbaren Zerrüttung des Wirtschaftslebens, bei dem schroffen Umsturz der Produktionsverhältnisse infolge der Umwälzungen der Eigentumsverhältnisse in der Landwirtschaft wie in der Industrie und im Handel liegt es auf der Hand, daß ungezählte Existenzen ganz plötzlich entwurzelt, aus ihrer Bahn herausgeschleudert werden, ohne jede objektive Möglichkeit, in dem wirtschaftlichen Mechanismus irgendeine Verwendung für ihre Arbeitskraft zu finden. Das bezieht sich nicht bloß auf die Kapitalisten- und Grundbesitzerklasse, sondern auch auf die breite Schicht des Mittelstandes und auf die Arbeiterklasse selbst. Ist es doch Tatsache, daß das Zusammenschrumpfen der Industrie ein massenhaftes Abfluten des städtischen Proletariats aufs platte Land hervorgerufen hat, das in der Landwirtschaft Unterkunft sucht. Unter solchen Umständen ist ein politisches Wahlrecht, das den allgemeinen Arbeitszwang zur wirtschaftlichen Voraussetzung hat, eine ganz unbegreifliche Maßregel. Der Tendenz nach soll es die Ausbeuter allein politisch rechtlos machen. Und während produktive Arbeitskräfte massenhaft entwurzelt werden, sieht sich die Sowjetregierung umgekehrt vielfach gezwungen, die nationale Industrie den früheren kapitalistischen Eigentümern sozusagen in Pacht zu überlassen. Desgleichen sah sich [im] April 1918 die Sowjetregierung gezwungen, auch mit den bürgerlichen Konsumgenossenschaften ein Kompromiß zu schließen. Ferner [hat sich die Benutzung] von bürgerlichen Fachleuten als unumgänglich [erwiesen]. Eine andere Folge derselben Richtung ist, daß wachsende Schichten des Proletariats als Rotgardisten etc. vom Staate aus öffentlichen Mitteln erhalten werden. In Wirklichkeit macht es rechtlos breite und wachsende Schichten des Kleinbürgertums und des Proletariats, für die der wirtschaftliche Organismus keinerlei Mittel zur Ausübung des Arbeitszwanges vorsieht.

     Das ist eine Ungereimtheit, die das Wahlrecht als ein utopisches, von der sozialen Wirklichkeit losgelöstes Phantasieprodukt qualifiziert. Und gerade deshalb ist es kein ernsthaftes Werkzeug der proletarischen Diktatur. 1*

     Als der ganze Mittelstand, die bürgerliche und kleinbürgerliche Intelligenz nach der Oktoberrevolution die Sowjetregierung monatelang boykottierten, den Eisenbahn-, Post- und Telegraphenverkehr, den Schulbetrieb, den Verwaltungsapparat lahmlegten und sich auf diese Weise gegen die Arbeiterregierung auflehnten, da waren selbstverständlich alle Maßregeln des Druckes gegen sie: durch Entziehung politischer Rechte, wirtschaftlicher Existenzmittel etc. geboten, um den Widerstand mit eiserner Faust zu brechen. Da kam eben die sozialistische Diktatur zum Ausdruck, die vor keinem Machtaufgebot zurückschrecken darf, um bestimmte Maßnahmen im Interesse des Ganzen zu erzwingen oder zu verhindern. Hingegen ein Wahlrecht, das eine allgemeine Entrechtung ganz breiter Schichten der Gesellschaft ausspricht, das sie politisch außerhalb des Rahmens der Gesellschaft stellt, während es für sie wirtschaftlich innerhalb dieses Rahmens selbst keine Platz zu schaffen imstande ist, eine Entrechtung nicht als konkrete Maßnahme zu einem konkreten Zweck, sondern als allgemeine Regel von dauernder Wirkung, das ist nicht eine Notwendigkeit der Diktatur, sondern eine lebensunfähige Improvisation. 2*

     Doch mit der konstituierenden Versammlung und dem Wahlrecht ist die Frage nicht erschöpft: Es kam nicht nur Abschaffung der wichtigsten demokratischen Garantien eines gesunden öffentlichen Lebens und der politischen Aktivität der arbeitenden Massen in Betracht: der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts, ohne die alle Gegner der Sowjetregierung vogelfrei geworden sind. 7 Für diese Eingriffe reicht die obige Argumentation Trotzkis über die Schwerfälligkeit der demokratischen Wahlkörper nicht entfernt aus. Hingegen ist es eine offenkundige, unbestreitbare Tatsache, daß ohne freie, ungehemmte Presse, ohne ungehindertes Vereins- und Versammlungsleben gerade die Herrschaft breiter Volksmassen völlig undenkbar ist.

     Lenin sagt: der bürgerliche Staat sei ein Werkzeug zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, der sozialistische zur Unterdrückung der Bourgeoisie. Es sei bloß gewissermaßen der auf den Kopf gestellte kapitalistische Staat. Diese vereinfachte Auffassung sieht von dem Wesentlichsten ab: die bürgerliche Klassenherrschaft braucht keine politische Schulung und Erziehung der ganzen Volksmasse, wenigstens nicht über gewisse enggezogene Grenzen hinaus. Für die proletarische Diktatur ist sie das Lebenselement, die Luft, ohne die sie nicht zu existieren vermag.

     «Dank dem offenen und unmittelbaren Kampf um die Regierungsgewalt …» 8 Hier widerlegt Trotzki sich selbst und seine eigenen Parteifreunde. Eben weil dies zutrifft, haben sie durch Erdrückung des öffentlichen Lebens die Quelle der politischen Erfahrung und das Steigen der Entwicklung verstopft. Oder aber müßte man annehmen, daß die Erfahrung und Entwicklung bis zur Machtergreifung der Bolschewiki nötig war, den höchsten Grad erreicht hatte und von nun an überflüssig wurde. (Rede Lenins: Rußland ist überzeugt für den Sozialismus!!!) 9

     In Wirklichkeit umgekehrt! Gerade die riesigen Aufgaben, an die die Bolschewiki mit Mut und Entschlossenheit herantraten, erforderten die intensivste politische Schulung der Massen und Sammlung der Erfahrung. 3*

    Die stillschweigende Voraussetzung der Diktaturtheorie im Lenin-Trotzkischen Sinn ist, daß die sozialistische Umwälzung eine Sache sei, für die ein fertiges Rezept in der Tasche der Revolutionspartei liege, dies dann nur mit Energie verwirklicht zu werden brauche. 4* Dem ist leider – oder je nachdem: zum Glück – nicht so. Weit entfernt, eine Summe fertiger Vorschriften zu sein, die man nur anzuwenden hätte, ist die praktische Verwirklichung des Sozialismus als eines wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Systems eine Sache, die völlig im Nebel der Zukunft liegt. Was wir in unserem Programm besitzen, sind nur wenige große Wegweiser, die die Richtung anzeigen, in der die Maßnahmen gesucht werden müssen, dazu vorwiegend negativen Charakters. Wir wissen so ungefähr, was wir zu allererst zu beseitigen haben, um der sozialistischen Wirtschaft die Bahn frei zu machen, welcher Art hingegen die tausend konkreten praktischen großen und kleinen Maßnahmen sind, um die sozialistischen Grundzüge in die Wirtschaft, in das Recht, in alle gesellschaftlichen Beziehungen einzuführen, darüber gibt kein sozialistisches Parteiprogramm und kein sozialistisches Lehrbuch Aufschluß. Das ist kein Mangel, sondern gerade der Vorzug des wissenschaftlichen Sozialismus vor dem utopischen. Das sozialistische Gesellschaftssystem soll und kann nur ein geschichtliches Produkt sein, geboren aus der eigenen Schule der Erfahrung, in der Stunde der Erfüllung, aus dem Werden der lebendigen Geschichte, die genau wie die organische Natur, deren Teil sie letzten Endes ist, die schöne Gepflogenheit hat, zusammen mit einem wirklichen gesellschaftlichen Bedürfnis stets auch die Mittel zu seiner Befriedigung, mit der Aufgabe zugleich die Lösung hervorzubringen. Ist dem aber so, dann ist es klar, daß der Sozialismus sich seiner Natur nach nicht oktroyieren läßt, durch Ukase einführen. Er hat zur Voraussetzung eine Reihe Gewaltmaßnahmen – gegen Eigentum usw. Das Negative, den Abbau kann man dekretieren, den Aufbau, das Positive nicht. Neuland. Tausend Probleme. Nur Erfahrung ist imstande, zu korrigieren und neue Wege zu eröffnen. Nur ungehemmt schäumendes Leben verfällt auf tausend neue Formen, Improvisationen, erhält schöpferische Kraft, korrigiert selbst alle Fehlgriffe. Das öffentliche Leben der Staaten mit beschränkter Freiheit ist eben deshalb so dürftig, so armselig, so schematisch, so unfruchtbar, weil es sich durch Ausschließung der Demokratie die lebendigen Quellen allen geistigen Reichtums und Fortschritts absperrt. (Beweis: die Jahre 1905 und die [Monate] Februar bis Oktober 1917.) Wie dort politisch, so auch ökonomisch und sozial. Die ganze Volksmasse muß daran teilnehmen. Sonst wird der Sozialismus vom grünen Tisch eines Dutzends Intellektueller dekretiert, oktroyiert.

     Unbedingt öffentliche Kontrolle notwendig. Sonst bleibt der Austausch der Erfahrungen nur in dem geschlossenen Kreis der Beamten der neuen Regierung. Korruption unvermeidlich. (Lenins Worte, Mitteilungsblatt Nr. 36 10) Die Praxis des Sozialismus erfordert eine ganze geistige Umwälzung in den durch Jahrhunderte der bürgerlichen Klassenherrschaft degradierten Massen. Soziale Instinkte anstelle egoistischer, Masseninitiative anstelle der Trägheit, Idealismus, der über alle Leiden hinweg trägt usw. usw. Niemand weiß das besser, schildert das eindringlicher, wiederholt das hartnäckiger als Lenin. 5* Nur vergreift er sich völlig im Mittel. Dekret, diktatorische Gewalt der Fabrikaufseher, drakonische Strafen, Schreckensherrschaft, das sind alles Palliative. Der einzige Weg zur Wiedergeburt ist die Schule des öffentlichen Lebens selbst, uneingeschränkteste breiteste Demokratie, öffentliche Meinung. Gerade die Schreckensherrschaft demoralisiert.

     Fällt das alles weg, was bleibt in Wirklichkeit? Lenin und Trotzki haben an Stelle der aus allgemeinen Volkswahlen hervorgegangenen Vertretungskörperschaften die Sowjets als die einzige wahre Vertretung der arbeitenden Massen hingestellt. Aber mit dem Erdrücken des politischen Lebens im ganzen Lande muß auch das Leben in den Sowjets immer mehr erlahmen. Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder der öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein, einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren, unter ihnen leitet in Wirklichkeit ein Dutzend hervorragender Köpfe, und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen, im Grunde also eine Cliquenwirtschaft – eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, d. h. Diktatur im bürgerlichen Sinne, im Sinne der Jakobiner-Herrschaft (das Verschieben der Sowjet-Kongresse von drei Monaten auf sechs Monate!). Ja noch weiter: solche Zustände müssen eine Verwilderung des öffentlichen Lebens zeitigen: Attentate, Geiselerschießungen usw. Das ist ein übermächtiges objektives Gesetz, dem sich keine Partei zu entziehen vermag.

Der Grundfehler der Lenin-Trotzkischen Theorie ist eben der, daß sie die Diktatur, genau wie Kautsky, der Demokratie entgegenstellen. «Diktatur oder Demokratie» heißt die Fragestellung sowohl bei den Bolschewiki wie bei Kautsky. Dieser entscheidet sich natürlich für die Demokratie, und zwar für die bürgerliche Demokratie, da er sie eben als die Alternative der sozialistischen Umwälzung hinstellt. Lenin-Trotzki entscheiden sich umgekehrt für die Diktatur im Gegensatz zur Demokratie und damit für die Diktatur einer Handvoll Personen, d. h. für bürgerliche Diktatur. Es sind zwei Gegenpole, beide gleich weit entfernt von der wirklichen sozialistischen Politik. Das Proletariat kann, wenn es die Macht ergreift, nimmermehr nach dem guten Rat Kautskys unter dem Vorwand der «Unreife des Landes» auf die sozialistische Umwälzung verzichten und sich nur der Demokratie widmen, ohne an sich selbst, an der Internationale, an der Revolution Verrat zu üben. Es soll und muß eben sofort sozialistische Maßnahmen in energischster, unnachgiebigster, rücksichtslosester Weise in Angriff nehmen, also Diktatur ausüben, aber Diktatur der Klasse, nicht einer Partei oder Clique, Diktatur der Klasse, d. h. in breitester Öffentlichkeit, unter tätigster ungehemmter Teilnahme der Volksmassen, in unbeschränkter Demokratie. «Als Marxisten sind wir nie Götzendiener der formalen Demokratie gewesen», schreibt Trotzki.11 Gewiß, wir sind nie Götzendiener der formalen Demokratie gewesen. Wir sind auch nie Götzendiener des Sozialismus oder des Marxismus gewesen. Folgt etwa daraus, daß wir auch den Sozialismus, den Marxismus, wenn er uns unbequem wird, à la Cunow-Lensch-Parvus, in die Rumpelkammer werfen dürfen? Trotzki und Lenin sind die lebendige Verneinung dieser Frage. Wir sind nie Götzendiener der formalen Demokratie gewesen, das heißt nur: Wir unterscheiden stets den sozialen Kern von der politischen Form der bürgerlichen Demokratie, wir enthüllten stets den herben Kern der sozialen Ungleichheit und Unfreiheit unter der süßen Schale der formalen Gleichheit und Freiheit – nicht um diese zu verwerfen, sondern um die Arbeiterklasse dazu anzustacheln, sich nicht mit der Schale zu begnügen, vielmehr die politische Macht zu erobern, um sie mit neuem sozialen Inhalt zu füllen. Es ist die historische Aufgabe des Proletariats, wenn es zur Macht gelangt, an Stelle der bürgerlichen Demokratie sozialistische Demokratie zu schaffen, nicht jegliche Demokratie abzuschaffen. Sozialistische Demokratie beginnt aber nicht erst im gelobten Lande, wenn der Unterbau der sozialistischen Wirtschaft geschaffen ist, als fertiges Weihnachtsgeschenk für das brave Volk, das inzwischen treu die Handvoll sozialistischer Diktatoren unterstützt hat. Sozialistische Demokratie beginnt zugleich mit dem Abbau der Klassenherrschaft und dem Aufbau des Sozialismus. Sie beginnt mit dem Moment der Machteroberung durch die sozialistische Partei. Sie ist nichts anderes als die Diktatur des Proletariats.

     Jawohl: Diktatur! Aber diese Diktatur besteht in der Art der Verwendung der Demokratie, nicht in ihrer Abschaffung, in energischen, entschlossenen Eingriffen in die wohlerworbenen Rechte und wirtschaftlichen Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft, ohne welche sich die sozialistische Umwälzung nicht verwirklichen läßt. Aber diese Diktatur muß das Werk der Klasse, und nicht einer kleinen, führenden Minderheit im Namen der Klasse sein, d. h. sie muß auf Schritt und Tritt aus der aktiven Teilnahme der Massen hervorgehen, unter ihrer unmittelbaren Beeinflussung stehen, der Kontrolle der gesamten Öffentlichkeit unterstehen, aus der wachsenden politischen Schulung der Volksmassen hervorgehen.

     Genauso würden auch bisher die Bolschewiki vorgehen, wenn sie nicht unter dem furchtbaren Zwang des Weltkriegs, der deutschen Okkupation und aller damit verbundenen abnormen Schwierigkeiten litten, die jede von den besten Absichten und den schönsten Grundsätzen erfüllte sozialistische Politik verzerren müssen.

     Ein krasses Argument dazu bildet die so reichliche Anwendung des Terrors durch die Räteregierung, und zwar namentlich in der letzten Periode vor dem Zusammenbruch des deutschen Imperialismus, seit dem Attentat auf den deutschen Gesandten. Die Binsenweisheit, daß Revolutionen nicht mit Rosenwasser getauft werden, ist an sich ziemlich dürftig.

      Alles, was in Rußland vorgeht, ist begreiflich und eine unvermeidliche Kette von Ursachen und Wirkungen, deren Ausgangspunkte und Schlußsteine: das Versagen des deutschen Proletariats und die Okkupation Rußlands durch den deutschen Imperialismus. Es hieße, von Lenin und Genossen übermenschliches verlangen, wollte man ihnen auch noch zumuten, unter solchen Umständen die schönste Demokratie, die vorbildlichste Diktatur des Proletariats und eine blühende sozialistische Wirtschaft hervorzuzaubern. Sie haben durch ihre entschlossene revolutionäre Haltung, ihre vorbildliche Tatkraft und ihre unverbrüchliche Treue dem internationalen Sozialismus wahrhaftig geleistet, was unter so verteufelt schwierigen Verhältnissen zu leisten war. Das Gefährliche beginnt dort, wo sie aus der Not die Tugend machen, ihre von diesen fatalen Bedingungen aufgezwungene Taktik nunmehr theoretisch in allen Stücken fixieren und dem internationalen Proletariat als das Muster der sozialistischen Taktik zur Nachahmung empfehlen wollen. Wie sie sich damit selbst völlig unnötig im Lichte stehen und ihr wirkliches, unbestreitbares historisches Verdienst unter den Scheffel notgedrungener Fehltritte stellen, so erweisen sie dem internationalen Sozialismus, demzuliebe und um dessentwillen sie gestritten und gelitten, einen schlechten Dienst, wenn sie in seine Speicher als neue Erkenntnisse all die von Not und Zwang in Rußland eingegebenen Schiefheiten eintragen wollen, die letzten Endes nur Ausstrahlungen des Bankerotts des internationalen Sozialismus in diesem Weltkriege waren.

     Mögen die deutschen Regierungssozialisten schreien, die Herrschaft der Bolschewiki in Rußland sei ein Zerrbild der Diktatur des Proletariats. Wenn sie es war oder ist, so nur, weil sie eben ein Produkt der Haltung des deutschen Proletariats war, die ein Zerrbild auf sozialistischen Klassenkampf war. Wir alle stehen unter dem Gesetz der Geschichte, und die sozialistische Gesellschaftsordnung läßt sich eben nur international durchführen. Die Bolschewiki haben gezeigt, daß sie alles können, was eine echte revolutionäre Partei in den Grenzen der historischen Möglichkeiten zu leisten imstande ist. Sie sollen nicht Wunder wirken wollen. Denn eine mustergültige und fehlerfreie proletarische Revolution in einem isolierten, vom Weltkrieg erschöpften, vom Imperialismus erdrosselten, vom internationalen Proletariat verratenen Lande wäre ein Wunder. Worauf es ankommt, ist, in der Politik der Bolschewiki das Wesentliche vom Unwesentlichen, den Kern von dem Zufälligen zu unterscheiden. In dieser letzten Periode, in der wir vor entscheidenden Endkämpfen in der ganzen Welt stehen, war und ist das wichtigste Problem des Sozialismus geradezu die brennende Zeitfrage: nicht diese oder jene Detailfrage der Taktik, sondern: die Aktionsfähigkeit des Proletariats, die Tatkraft der Massen, der Wille zur Macht des Sozialismus überhaupt. In dieser Beziehung waren Lenin und Trotzki mit ihren Freunden die ersten, die dem Weltproletariat mit dem Beispiel vorangegangen sind, sie sind bis jetzt immer noch die einzigen, die mit Hutten ausrufen können: Ich hab’s gewagt!

     Dies ist das Wesentliche und Bleibende der Bolschewiki-Politik. In diesem Sinne bleibt ihnen das unsterbliche geschichtliche Verdienst, mit der Eroberung der politischen Gewalt und der praktischen Problemstellung der Verwirklichung des Sozialismus dem internationalen Proletariat vorangegangen zu sein und die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit in der ganzen Welt mächtig vorangetrieben zu haben. In Rußland konnte das Problem nur gestellt werden. Es konnte nicht in Rußland gelöst werden. Und in diesem Sinne gehört die Zukunft überall dem «Bolschewismus».”


Randnotizen von Rosa Luxemburg


1* Bemerkung am linken Rand ohne Einordnungshinweis: «Ein Anachronismus, eine Vorwegnahme der rechtlichen Lage, die auf einer schon fertigen sozialistischen Wirtschaftsbasis am Platze ist, nicht in der Übergangsperiode der proletarischen Diktatur.»

2* Bemerkung am linken Rand ohne Einordnungshinweis: «Sowohl Sowjets als Rückgrat wie Konstituante und allgemeines Wahlrecht.» Auf losem, unnumeriertem Blatt die Notiz: «Die Bolschewiki bezeichneten die Sowjets als reaktionär, weil die Mehrheit darin Bauern seien (Bauerndelegierte und Soldatendelegierte). Nachdem sich die Sowjets auf ihre Seite stellten, wurden sie die richtigen Vertreter der Volksmeinung. Aber dieser plötzliche Umschwung hing nur mit Frieden und Landfrage zusammen.»

3* Bemerkung am linken Rand ohne Einordnungshinweis: «Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‚Gerechtigkeit‘, sondern weil all das Belehrende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‚Freiheit‘ zum Privilegium wird.»

4* Bemerkung am linken Rand ohne Einordnungshinweis: «Die Bolschewiki werden selbst mit der Hand auf dem Herzen nicht leugnen wollen, daß sie auf Schritt und Tritt tasten, versuchen, experimentieren, hin- und herprobieren mußten und daß ein gut Teil ihrer Maßnahmen keine Perle darstellt. So muß und wird es uns allen gehen, wenn wir daran gehen – wenn auch nicht überall so schwierige Verhältnisse herrschen mögen.»

5* Bemerkung am linken Rand ohne Einordnungshinweis:

     Lenins Rede über Disziplin und Korruption.

     Anarchie wird auch bei uns und überall unvermeidlich sein. Lumpenproletarisches Element haftet der bürgerlichen Gesellschaft an und läßt sich nicht von ihr trennen:

     Beweise:

           1. Ostpreußen, die «Kosaken»-Plünderungen.
           2. Der generelle Ausbruch von Raub und Diebstahl in Deutschland («Schiebungen», Post- und Eisenbahnpersonal, Polizei, völlige Verwischung der Grenzen zwischen der wohlgeordneten Gesellschaft und dem Zuchthaus).
           3. Die rapide Verlumpung der Gewerkschaftsführer. Dagegen sind die drakonischen Terrormaßnahmen machtlos. Im Gegenteil, sie korrumpieren noch mehr. Das einzige Gegengift: Idealismus und soziale Aktivität der Massen, unbeschränkte politische Freiheit.

Auf einem losen Blatt ohne Einordnungshinweis befindet sich folgende Ausarbeitung:

      Ein Problem für sich von hoher Wichtigkeit in jeder Revolution bildet der Kampf mit dem Lumpenproletariat. Auch wir in Deutschland und allerorts werden damit zu tun haben. Das lumpenproletarische Element haftet tief der bürgerlichen Gesellschaft an, nicht nur als besondere Schicht, als sozialer Abfall, der namentlich in Zeiten riesig anwächst, wo die Mauern der Gesellschaftsordnung zusammenstürzen, sondern als integrierendes Element der gesamten Gesellschaft. Die Vorgänge in Deutschland – und mehr oder minder in allen andern Staaten – haben gezeigt, wie leicht alle Schichten der bürgerlichen Gesellschaft der Verlumpung anheimfallen. Abstufungen zwischen kaufmännischem Preiswucher, Schlachtschitzen-Schiebungen, fiktiven Gelegenheitsgeschäften, Lebensmittelfälschung, Prellerei, Beamtenunterschlagung, Diebstahl, Einbruch und Raub flossen so ineinander, daß die Grenze zwischen dem ehrbaren Bürgertum und dem Zuchthaus verschwand. Hier wiederholt sich dieselbe Erscheinung wie die regelmäßige rasche Verlumpung bürgerlicher Zierden, wenn sie in überseeische koloniale Verhältnisse auf fremden sozialen Boden verpflanzt werden. Mit der Abstreifung der konventionellen Schranken und Stützen für Moral und Recht fällt die bürgerliche Gesellschaft, deren innerstes Lebensgesetz die tiefste Unmoral: die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, unmittelbar und hemmungslos einfacher Verlumpung anheim. Die proletarische Revolution wird überall mit diesem Feind und Werkzeug der Konterrevolution zu ringen haben.

     Und doch ist auch in dieser Beziehung der Terror ein stumpfes, ja zweischneidiges Schwert. Die drakonischste Feldjustiz ist ohnmächtig gegen Ausbrüche des lumpenproletarischen Unwesens. Ja, jedes dauernde Regiment des Belagerungszustandes führt unweigerlich zur Willkür, und jede Willkür wirkt depravierend auf die Gesellschaft. Das einzige wirksame Mittel in der Hand der proletarischen Revolution sind auch hier: radikale Maßnahmen politischer und sozialer Natur, rascheste Umwandlung der sozialen Garantien des Lebens der Masse und – Entfachung des revolutionären Idealismus, der sich nur in uneingeschränkter politischer Freiheit durch intensiv aktives Leben der Massen auf die Dauer halten läßt.

     Wie gegen Krankheitsinfektionen und -keime die freie Wirkung der Sonnenstrahlen das wirksamste, reinigende und heilende Mittel ist, so ist die Revolution selbst und ihr erneuerndes Prinzip, das von ihr hervorgerufenen geistige Leben, Aktivität und Selbstverantwortung der Massen, also die breiteste politische Freiheit als ihre Form, die einzige heilende und reinigende Sonne.


1 Leo Trotzki, Von der Oktober-Revolution bis zum Brester Friedens-Vertrag, Berlin o. J., S.  90.

2 Diese Argumentation, wie auch Hinweise auf Trotzkis Schrift fehlen in der Quelle. Wir haben sie in den eckigen Klammern beigefügt.

3 In der Quelle: Generalstaaten.

4 In der Quelle: 1909. – Siehe Teil 2, Anm.2.

5 Punkte in der Quelle. – Das vollständige Zitat lautet: «der schwerfällige Mechanismus der demokratischen Institutionen». – MIA

6 Das aktive und passive Wahlrecht, so wurde in der am 10. Juli angenommenen Verfassung festgelegt, besaßen unabhängig von Glaubensbekenntnis, Nationalität und Ansässigkeit folgende Bürger, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten:

     «All diejenigen, die ihren Lebensunterhalt aus produktiver und gesellschaftlich nützlicher Arbeit bestreiten, ebenso Personen, die im Haushalt tätig sind, wodurch den ersteren das produktive Arbeiten ermöglicht wird, wie Arbeiter und Angestellte aller Arten und Kategorien, die in der Industrie, im Handel, in der Landwirtschaft usw. beschäftigt sind, Bauern und ackerbautreibende Kosaken, insofern sie sich keiner Lohnarbeiter zur Erzielung von Gewinn bedienen.» Des weiteren hatten die Soldaten der Sowjetarmee und Bürger, die ihre Arbeitsfähigkeit eingebüßt hatten, das Wahlrecht. Das Wahlrecht entzogen wurde Personen, die Lohnarbeiter beschäftigten oder von arbeitslosen Einkommen lebten, sowie den Privatkaufleuten, Geistlichen und Angestellten der früheren Polizei. Die Frage der Beschränkung des Wahlrechts war «eine nationale Sonderfrage und keine allgemeine Frage der Diktatur». Dabei mußte man «die besonderen Verhältnisse der russischen Revolution, den besonderen weg ihrer Entwicklung» berücksichtigen. die Beschränkung des Wahlrechts «ist zur Verwirklichung der Diktatur nicht obligatorisch, ist kein notwendiges Merkmal des logischen Begriffs der Diktatur». (W.I. Lenin, Werke, Bd.  28, S.  254/255.)

7 Das Recht der Pressefreiheit, der Versammlungs- und Vereinsfreiheit für die Werktätigen war in der Verfassung der Sowjetmacht verankert. «Die proletarische Diktatur hält die Ausbeuter, die Bourgeoisie nieder – darum heuchelt sie nicht, verspricht ihnen nicht Freiheit und Demokratie –, den Werktätigen aber gibt sie die wahre Demokratie. Erst Sowjetrußland hat dem Proletariat und der ganzen gewaltigen werktätigen Mehrheit Rußlands eine Freiheit und Demokratie gegeben, wie sie in keiner bürgerlichen demokratischen Republik bekannt, möglich und denkbar ist; zu diesem Zweck hat es z. B. der Bourgeoisie ihre Paläste und Villen abgenommen (sonst ist die Versammlungsfreiheit eine Heuchelei), zu diesem Zweck hat es den Kapitalisten die Druckereien und das Papier abgenommen (sonst ist die Pressefreiheit für die werktätige Mehrheit der Nation eine Lüge).» (W.I. Lenin, Werke, Bd.  28, S.  97/98.)

8 Punkte in der Quelle. – Der vollständige Zitat lautet: «Dank dem offenen und unmittelbaren Kampf um die Regierungsgewalt häufen die arbeitenden Massen in kürzester Zeit eine Menge politischer Erfahrung an und steigen in ihrer Entwicklung schnell von Stufe zu Stufe.» Leo Trotzki, Von der Oktoberrevolution bis zum Brester Friedens-Vertrag, S.  93. – MIA

9 Siehe Anm.10.

10 In der Quelle gibt Rosa Luxemburg irrtümlich Nr. 29 an. Der Artikel Nach der russischen Revolution wurde veröffentlicht im Mitteilungs-Blatt des Verbandes der sozialdemokratischen Wahlvereine Berlins und Umgegend, Nr. 36 vom 8. Dezember 1918. Er enthält eine sehr ausführlich, teilweise wörtliche Wiedergabe der Arbeit Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht, in der W.I. Lenin die Schwierigkeiten des Aufbaus in Sowjetrußland nach dem Sieg der Oktoberrevolution darlegt und die Aufgaben für die Übergangsperiode von der kapitalistischen zur sozialistischen Gesellschaftsordnung, die Funktion der neuen Staatsmacht im Kampf für den Aufbau der Wirtschaft und zum Schutz gegen Konterrevolution, Korruption und Sabotage entwickelt.

11 Leo Trotzki, Von der Oktoberrevolution bis zum Brester Friedens-Vertrag, S.  93.


“Die Welt zu einer Heimat der Lebenden machen” Rede General Omar Bradley am 05.11.1958

Bradley während seiner Studienzeit in West Point

Quelle: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=172422

“Wir geben hier die Rede des General Omar Bradley nicht im Wortlaut, sondern als ein PDF-Dokument.

Dieses Rede wurde in “Der Mahnruf” Nr. 11 /August-September 1959 (Mitteilungsblatt für VVN-Mitglieder in Westberlin) abgedruckt.

Aus der Vorbemerkung zur Rede:

General Omar Bradley ist 1944 weithin als Führer des entscheidenden Angriffs der 1. amerikanischen Armee in der Normandie bekanntgeworden, durch den die Hitler-Armee zum breiten Rückzug gezwungen wurde. Bradley unterscheidet sich wohltuend von einer Reihe anderer USA Generäle, die heute in der möglichst schnellen Auslösung eines atomaren Vernichtungskrieges ihr Heil erblicken. Das ergibt sich aus Ausführungen, die dieser in seiner Heimat hochgeschätzte General am 5, November 1958 in der
St. Albans-Schule machte und die von tiefer menschlicher Einsicht und Verantwortung getragen sind.

Wir geben die Worte dieses Amerikaners deshalb gern wieder, weil sie dokumentieren, daß es auch ein anderes Amerika gibt, das nicht sein Heil in der verhängnisvollen Politik der Stärke erblickt, sondern das den friedlichen Ausgleich zwischen den entscheidenden Kräften der Welt sucht. Die Rede wurde dem in Hamburg erscheinenden „Kongreßdienst“ Nr.9 entnommen."

Quelle: Archiv der VVN-VdA (ehemals Westberlin)

Historisches aus Zeitschriften des VVN-VdA-Archiv (ehemals Westberlin)

Aufschlussreiche Artikel ,zum Thema China aus Zeit des Kalten Krieges ( 1945-1990) finden wir im Archiv der VVN-VdA (ehemals Westberlin).

Wir werden in in sporadisch Artikel hier veröffentlichen.


09-1959; Unheimliches China

“Der Mahnruf” – Mitteilungsblatt für die Mitglieder der VVN Westberlin, Nr. 09/ März-April 1959

Quellenangabe:Der Mahnruf”


11 – 1961; Aufruf Sachsenhausen

Aus Anlass der feierlichen Kundgebung zur Einweihung des ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen, am 23. April 1961 wird mit einen Aufruf an die 100 000 Toten von Sachsenhausen erinnert.

Aufruf Sachsenhausen
Quelle: VVN-VdA (ehemals Westberlin) Archiv

Streik pptx

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Gedenkstätten – Gedenksteine Teil 1

Auf dieser Seite stellen wir fotografisch Gedenkorte vor – als Mahnung und Erinnerung an den 1. und 2. Weltkrieg und den Faschismus.

Sie sollen anregen, sich Gedanken zu machen, wie wir eine friedliche Zukunft aufbauen können.

Die Reihenfolge wird ständig erneuert und ist unabhängig von der Größe der einzelnen Standorte.


In diesem Block sind Ersttagsbriefe enthalten, die in der DDR herausgebracht wurden.



Bernau bei Berlin

weitere Infos hier:

Sowjetischer Ehrenfriedhof in Bernau bei Berlin

Im Gedenken an Konrad Wolf


Hanni Meyer

“In der Lampenschirmfabrik Paulus, Ritterstraße 16, mußte Hanni Meyer (1921-1943) als Jüdin Zwangsarbeit leisten. Sie verbreitete mit der jüdisch-kommunistischen Widerstandsgruppe um Herbert Baum antifaschistische Flugschriften. Am 4. März 1943 wurde Hanni Meyer im Alter von 22 Jahren in Berlin-Plötzensee hingerichtet.”
Foto: Ingo Müller, 15.07.2021
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Mariannenplatz in Kreuzberg, Berlin

Foto: Ingo Müller, 2021

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Schönhauser Allee, Berlin, Nähe S-und U-Bahnhof

Foto: Ingo Müller, 2022, weitere Infos:


Fürstenberg, an der Havel


Gleis 17, Berlin-Grunewald

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Ludwigsfelde

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Ludwigsfelde – Friedhof

Ludwigsfelde ergab sich im April 1945 kampflos der anrückenden Roten Armee


Anklam


Bürgerpark, Berlin-Pankow

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Wolfenbüttel

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Jüdischer Friedhof, Berlin-Weißensee

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Jüdischer Friedhof, Schönhauser Allee

Foto: Ingo Müller, 01.06.2019

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Sowjetisches Ehrenmal Schönholzer Heide – Berlin, Pankow


Hauptfriedhof – Hanau


Außenlager Belzig des KZ Ravensbrück


Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück

Zur Erinnerung an den 30. Jahrestag der Errichtung der Nationale Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück im Jahre 1989 brachte die DDR folgenden Ersttagsbrief heraus:

Dieser Ersttagsbrief befindet sich in meinen Privatbestand.


Sowjetisches Ehrenmal am Stüde, Waren an der Müritz


Sowjetischer Ehrenfriedhof Neustrelitz

Der sowjet. Ehrenfriedhof, liegt im Schlosspark Neustrelitz und nicht weit weg vom dem Kriegsgräberdenkmal des 1. Weltkrieges.


Gedenkpark, Neustrelitz


Sowjetisches Ehrenmal Berlin-Tiergarten


Sowjetisches Ehrenmal Berlin-Buch


Pfarrer Dr. Schwentner-Denkmal, Neustrelitz

Vor der katholischen Kirche in Neustrelitz steht das Pfarrer Dr. Schwentner-Denkmal.

Pfarrer Dr. Schwenter wurde am 30. Oktober 1944 durch die Nazis hingerichtet.

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Sowjetischer Ehrenfriedhof Rostock

ist ein Ehrenfriedhof und Ehrenmal für 312 gefallene Soldaten und sechs Offiziere der Roten Armee sowie 397 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion. Noch im Jahr 2011 wurde die Besatzung eines T 34 Panzers geborgen und auf diesem Ehrenfriedhof begraben.

Foto: Ingo Müller, 06.06.2023


Gedenkort NS Zwangslager Berlin-Marzahn und Gedenkstein für die Opfer des Lagers

Auf dem Gelände am heutigen Otto-Rosenberg-Platz in Berlin-Marzahn befand sich zwischen 1936 und 1945 ein nationalsozialistisches Zwangslager für Sinti und Roma. Der historische Ort, an dem bis 1947 noch einzelne Familien untergebracht waren, geriet immer mehr in Vergessenheit. Gedenkstunde und Kranzniederlegung zum 87. Jahrestags der Verschleppung der Berliner Sinti und Roma ins Zwangslager Berlin-Marzahn Weiterlesen hier:

Foto der Galerie: Ingo Müller, 11.06.2023, Gedenkort

Foto: Ingo Müller, 11.06.2023, Gedenkstein für die Opfer des Lagers 


Parkfriedhof Marzahn sowie sowjet. Ehrenmal, Gedenkstein für 20 polnische Zwangsarbeiterinnen der A.E.G., Sinti- Gedenkstätte und Zwangsarbeiter-Denkmal

Der Parkfriedhof in Berlin-Marzahn, war für mich sehr beeindruckend, vor allem deswegen, weil gleichzeitig 4 Ehrenmale bzw. Denkstätten/Gedenksteine auf einem Friedhof vereint sind. Es handelt sich dabei um das “Sowjetisches Ehrenmal” (Militärfriedhof), den “Gedenkstein für 20 polnische Zwangsarbeiterinnen der A.E:G“, die “Sinti-Gedenkstätte” und das “Zwangsarbeiter-Denkmal

Sowjetisches Ehrenmal Marzahn

Gedenkstein für 20 polnische Zwangsarbeiterinnen der A.E:G

Foto: Ingo Müller, 11.06.2023,

Sinti-Gedenkstätte

Zwangsarbeiter-Denkmal


Gedenkstätte für Zwangsarbeiter der Evangelischen Kirche auf dem Friedhof Jerusalem V

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VVN-Denkmal in Stahnsdorf/ Teltow


Dieses Zitat ist dem Manuskript Rosa Luxemburgs “Zur Russischen Revolution” entnommen:

Aus: Rosa Luxemburg Zur Russischen Revolution

“Lenin sagt: der bürgerliche Staat sei ein Werkzeug zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, der sozialistische zur Unterdrückung der Bourgeoisie. Es sei bloß gewissermaßen der auf den Kopf gestellte kapitalistische Staat. Diese vereinfachte Auffassung sieht von dem Wesentlichsten ab: die bürgerliche Klassenherrschaft braucht keine politische Schulung und Erziehung der ganzen Volksmasse, wenigstens nicht über gewisse enggezogene Grenzen hinaus. Für die proletarische Diktatur ist sie das Lebenselement, die Luft, ohne die sie nicht zu existieren vermag.

     «Dank dem offenen und unmittelbaren Kampf um die Regierungsgewalt …» 8 Hier widerlegt Trotzki sich selbst und seine eigenen Parteifreunde. Eben weil dies zutrifft, haben sie durch Erdrückung des öffentlichen Lebens die Quelle der politischen Erfahrung und das Steigen der Entwicklung verstopft. Oder aber müßte man annehmen, daß die Erfahrung und Entwicklung bis zur Machtergreifung der Bolschewiki nötig war, den höchsten Grad erreicht hatte und von nun an überflüssig wurde. (Rede Lenins: Rußland ist überzeugt für den Sozialismus!!!) 9

     In Wirklichkeit umgekehrt! Gerade die riesigen Aufgaben, an die die Bolschewiki mit Mut und Entschlossenheit herantraten, erforderten die intensivste politische Schulung der Massen und Sammlung der Erfahrung.” 3*

…………………………………………………………………………………………………..

3* Bemerkung von Rosa Luxemburg am linken Rand ohne Einordnungshinweis: «Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‚Gerechtigkeit‘, sondern weil all das Belehrende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‚Freiheit‘ zum Privilegium wird.»

Hier den ganzen Text von Rosa Luxemburg lesen


Sowjet. Ehrenmal in Stahnsdorf/ Teltow

Foto: Ingo Müller, 26.06.2023,


28.06.2023: Denkmal für die Opfer des Faschismus, Sassnitz


28.05.2023: Friedhof Schloßkirchhof Buch

Friedhof Schloßkirchhof Buch

Foto; Ingo Müller, 28.05.2023, Berlin-Buch

Wohn- und Geschäftshaus – Neustrelitz

In der Schloßstr. 11, ein Wohn- und Geschäftshaus in Neustrelitz steht ein unscheinbarer Satz, auf der Hinweistafel, der jedoch den Mut von 2 Bewohner des Hause während der Naziherrschaft darstellt. Die Bewohner Hahn und Schölzgen versteckten hier einen aus dem Warschauer Ghetto geflohenen jüdischen Pelzhändler.

Hier der Auszug aus der Hinweistafel und die Hinweistafel als ganzes:

Hier eine kleine Galerie über das Haus:

Foto: Ingo Müller, 01.06.2023, Neustrelitz

Gedenkstein für 20 polnische Zwangsarbeiterinnen der A.E.G.

Foto: Ingo Müller, 11.06.2023

Gedenkgrabstellen Südwestfriedhof

Auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf, nicht weit von S-Bahnhof Teltow-Stadt entfernt sind u. a. auch die Grabstätten von Opfern des Faschismus aufgebettet.

Rudolf Breitscheid, 2.11.1874 – 24.8.1944
Sozialdemokrat und Widerstandkämpfer gegen das NS-Regime,
Tod im Konzentrationslager Buchenwald

Friedrich Weißler, 28.4.1891 – 19.2.1937
Landgerichtsdirektor, gehörte der NS-kritischen
Bekennenden Kirche an, kam im Konzentrationslager
Sachsenhausen ums Leben

Joachim Gottschalk, 10.4.1904 – 6.11.1941
Bedeutender Schauspieler;

Der Verfolgung durch das NS-Regime entging er mit seiner Frau und seinem Sohn durch den Freitod

Hanno Günther, (Hans-Joachim), 12.1.1921 – 3.12.1942
Widerstandskämpfer, wurde auf Grund eines Urteils des
NS-Volksgerichtshofs hingerichtet


Sowjetisches Ehrenmal, Bassinplatz, Potsdam


02.07.2023: Stolpersteine


Am 04. Juli 2023 wurden in Berlin-Reinickendorf, in der Nordbahnstraße 10

5 Stolpersteine eingefügt.

Foto: mit freundlicher Genehmigung, Marcel D.

04.07.2023: Ehrenfriedhof der Opfer des Faschismus in Schwerin

Die Besucher des Friedhof werden auf einer Hinweistafel zur Geschichte aufmerksam gemacht:

“Der Friedhof ist Gedenkstätte und Zeugnis des Umgangs mit der NS-Vergangenheit in der DDR. Auf dem Friedhof sind insgesamt ca. 1500 Tote in Einzelgräber und eine unbekannte Anzahl in vier Sammelgräbern bestattet, davon sind 755 Kriegstote.

Die Geschichte reicht bis in das 18. Jahrhundert zurück.

Die Friedhofnutzung beginnt 1943-1945 mit der Bestattung einer unbekannten Anzahl von Zwangsarbeitern.

Nach 1945 wurden unterschiedliche Gruppen von Toten beigesetzt: KZ-Häftlinge; Kriegstote; Sowjetische Bürger, Angehörige der Roten Armee, Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, umgebettete verdiente Sozialisten und die Urne von Kurt Bürger (27.8.1894 – 28.7.1951; Ministerpräsident von Mecklenburg).”


19.07.2023: VVN-Gedenkstätte – Lübbenau


19.07.2023: Lübbenau, Wilhelm Friedrich Graf zu Lynar

Wilhelm Friedrich Graf zu Lynar war einer führenden Männer der Verschwörung des 20, Juli 1944 [1]Attentat auf Adolf Hitler. Dafür wurde er vom “Volksgerichtshof” zum Tode verurteilt und in Plötzensee gehenkt.


22.07.2023: Evangelisches Krankenhaus Herzbergstr, Berlin

Auf dem Evangelischen Krankenhaus, Könogin Elisabeth Herzberge befindet sich ein Mahnmal zur Erinnerung an dem 08.Mai 1945


26.07.2023: Ehrenhain für die Opfer des Faschismus, Leipzig,

Hier befand sich auf dem Südfriedhof -Leipzig der ehemalige Versammlungsplatz, der ein Teil des “Ehrenhaines des antifaschistischen Widerstandskampfes und der Kämpfer für Frieden und Sozialismus” darstellte. Nach der Wende wurde der Friedhof auf Grund von Plänen aus dem Jahre 1901 umgestaltet und Teile des Ehrenhaines entfernt. Einige Teile sind noch vorhanden und in der Fotogalerie zu sehen.

Foto: Ingo Müller, Leipzig, Südfriedhof; 26-07-2023


Gedenktafel, Paul Ferdinand Straßmann, Schumannstraße 18

Die ehemalige Privatklinik von Prof. Paul Straßmann in der Schumannstraße 18 in Berlin-Mitte, jetzt ein als Straßmann-Haus bezeichnetes Bürogebäude. 

Folgender Text steht auf der Tafel:

“Das Haus Schumannstraße 18 wurde in den
Jahren 1908/1909 als moderne Frauen- und
Geburtenklinik errichtet. Sein Bauherr war
Professor Paul Ferdinand Straßmann
23.10.1866 Berlin – 15.08.1938 Gstaad
Hier praktizierte, lehrte und wohnte der
international renommierte Arzt und Wissen-
schaftler. Er besaß gleichzeitig hohe Aner-
kennung als Kunstförderer. Wegen seiner
jüdischen Herkunft wurde er 1935 der
Lehrbefugnis beraubt und musste 1936
unter dem Druck der Nationalsozialisten die
Klinik schließen und einem Zwangsverkauf
zustimmen.
Berlin im September 2003″

Foto: Ingo Müller, 02.08.2023, Schumannstr. 18,


Gedenktafel, Julius Hirschberg, Reinhardtstraße 34, Berlin

Diese Tafel befindet sich in Berlin, in der Reinhardtstraße 34 und folgender Text steht auf der Tafel:

“Geh. Rat Prof. Dr.
Julius Hirschberg
1843-1925

hat diesen am 21. Juni 1908 eröffneten Neubau seiner
seit dem 1. Januar 1873 an gleicher Stelle in einem
Wohnhaus untergebrachten gemeinnützigen
AUGEN-HEILANSTALT
errichten lassen, die hier unter Leitung seines
Schülers Wilhelm Mühsam bis zur 1936 durch
Rassengesetze erzwungenen Schliessung bestand.”

Foto: Ingo Müller, 02.08.2023


11.08.2023: Methfesselstraße 42 Gedenktafel, Wolfgang Szepansky

Inhalt der Gedenktafel

Zur Erinnerung an Wolfgang Szepansky
9. Oktober 1910 – 23. August 2008
An die Mauer der damaligen Schultheiß-Brauerei schrieb Wolfgang Szepansky, Malergeselle und Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands am 11. August 1933: „Nieder mit Hitler! KPD lebt! Rot Front!” Er wurde gefasst. Das KZ Columbiahaus, Exil in Holland, Internierungslager, Gefängnis und das KZ Sachsenhausen waren seine weiteren Stationen bis zur Befreiung 1945. Befreit zum
Leben wurde er Zeichenlehrer, bekam jedoch Anfang der fünfziger Jahre im Zuge des Kalten Krieges in West-Berlin Berufsverbot. Er spielte Theater, sang, dichtete und malte Bilder gegen Not, Unter-drückung und Krieg. In Schulen berichtete er über sein Leben und den Kampf gegen den Nationalsozialismus und führte die Jugend zu Stätten
der Unterdrückung und des Widerstands. Für sein Engagement wurde er 1996 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Sein Leben lang trat er mit all seiner Kraft für Frieden und Verständigung ein.

Foto: Ingo Müller, 11.08.2023


16.08.2023: Ehrenmal für die Gefallenen der Roten Armee – Neubrandenburg

“1958 wurde auf der Mittelachse des Neuen Friedhofs eine Gedenkstätte für die gefallenen sowjetischen Soldaten errichtet. In der Stadt gab es mehrere Ehrenfriedhöfe für Soldaten der Roten Armee, so an der Stargarder Straße beim Fritz-Reuter-Denkmal, am Karpfenteich und am Harry-Platz. Von diesen wurden die Gräber schrittweise auf die Gedenkstätte auf dem Neuen Friedhof umgebettet.

Am Nordende des Ehrenmals wurde die Bronzeskulptur „Trauernde Mutter“ von Rene Graetz aufgestellt. Am Südende stand die Plastik „Rote Armee“ von Karl Rätsch, die aber nicht mehr existiert.
Parallel zur Errichtung des benachbarten Ehrenmals für die Kämpfer gegen Reaktion und Faschismus wurde auch das sowjetische Ehrenmal durch den Bildhauer Arnd Wittig, Günter Hertsch als Architekten und den Diplomgärtner Horst Ader neu gestaltet.

Am 9. Mai 1975 wurde das neue Ehrenmal eingeweiht.

Es stellt sich dar als ca. 8 Meter hoher Betonpylon mit dreiseitigen Reliefdarstellungen sowjetischer Soldaten und drei Granittafeln mit der Inschrift RUHM UND EHRE DEN HELDEN DER SOWJETARMEE auf Russisch und Deutsch.
Vor dem Ehrenmal befand sich eine „Ewige Flamme“, die aber wegen desolatem Zustand nach 1990 entfernt werden musste.
Nördlich befinden sich längst der Mittelachse des Friedhofs fünf liegende Betonkuben mit den Jahreszahlen 1941 – 1945 und daran anschließend rechts und links Kuben mit Inschriften für 360 gefallenen Sowjetsoldaten, viele davon unbekannt.
Den nördlichen Abschluss bildet die „Trauernde Mutter“ von Rene Graetz.” Quelle:

Foto: Ingo Müller, 16.08.2023


16.08.2023: Frauenehrenmal – Neubrandenburg

Begräbnisort für einhundert Frauen aus dem Außenlager des KZ Ravensbrück.

Foto: Ingo Müller, 16.08.2023


16.08.2023: Denkmal “Kleiner Trompeter” – Neubrandenburg

Das Monument erinnert an Fritz Weineck, Trompeter im Spielmannszug des Roten Frontkämpferbundes, der 1925 durch die Polizei ermordet wurde. [2](südöstlich hinter dem Neuen Friedhof)Das Monument erinnert an Fritz Weineck, Trompeter im Spielmannszug des Roten Frontkämpferbundes, der 1925 durch diePolizei ermordet wurde. Das Denkmal … Continue reading

Foto: Ingo Müller, 16.08.2023


16.08.2023: Gedenkstätte für die Kämpfer gegen Reaktion und Faschismus – Neubrandenburg

Gedenkanlage “Die Unbeugsamen”
(südlich des Neuen Friedhofs)
Ehrenmal für die Kämpfer gegen Reaktion und Faschismus

[3]Am 7. April 1966 fasste der Rat des Bezirkes Neubrandenburg den Beschluss zur Errichtung eines Ehrenmals für die Kämpfer gegen Reaktion und Faschismus, die auf dem Gebiet des Bezirkes aktiv waren … Continue reading

“Der östliche Block ist ca. 50 Meter lang und 3 Meter hoch. An dessen Nordende war in Granitplatten der Spruch „Ruhm und Ehre den Kämpfern der revolutionären Arbeiterbewegung . Sie weihten ihr Leben dem Kampf für Frieden, Demokratie und Sozialismus. Erfüllt ihr Vermächtnis.“
Als diese Platten wegen desolatem Zustand abgenommen werden mussten, kam darunter eine weitere Inschrift mit folgendem Text hervor:
RUHM UND EHRE DEN HELDEN DER DEUTSCHEN NOVEMBERREVOLUTION UND DER KÄMPFE DES DEUTSCHEN PROLETARIATS IN DEN JAHREN 1918-1923
RUHM UND EHRE DEN HEROISCHEN WIDERSTANDSKÄMPFERN (?) IN DEN BEIDEN SIEGREICHEN REVOLUTIONEN AUF DEUTSCHEM BODEN DER ANTIFASCHISTISCHEN UND SOZIALISTISCHEN REVOLUTION
RUHM UND EHRE DEN VERDIENTEN SOZIALISTEN DEN MUTIGEN GRÜNDERN DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK KÜHNEN ERBAUERN DES ERSTEN SOZIALISTISCHEN STAATES DEUTSCHER NATION DER………………VON KARL MARX UND FRIEDRICH ENGELS
……… DER MENSCHHEIT IHR KAMPFERFÜLLTES LEBEN IST UNS UND ALLEN ZUKÜNFTIGEN GENERATIONEN LEUCHTENDES VORBILD” [4]Quelle:https://www.neubrandenburg.de/index.php?ModID=7&FID=2751.795.1&object=tx%7C2751.795.1

Foto: Ingo Müller, 16.08.2023


References

References
1 Attentat auf Adolf Hitler
2 (südöstlich hinter dem Neuen Friedhof)
Das Monument erinnert an Fritz Weineck, Trompeter im Spielmannszug des Roten Frontkämpferbundes, der 1925 durch diePolizei ermordet wurde.

Das Denkmal „Der Kleine Trompeter“ wurde am 1. Mai 1974 übergeben. Künstler ist Karl Rätsch aus Lychen, geb. 1935. Das Werk ist aus Beton, 7,5 Meter lang und ca. 2 Meter hoch auf einem abgewinkelten Betonsockel. In der Mitte ist reliefartig ein fallender Mensch mit einer Trompete zu erkennen. Dieser stellt Friedrich August Weineck, besser bekannt als Fritz Weineck dar.

Dieser, geb. 1897 in Halle, war von Beruf Bürstenbinder und Hornist im Roten Frontkämpferbund. Während einer Wahlveranstaltung in Bitterfeld mit dem Vorsitzenden der KPD, Ernst Thälmann am 13. März 1925, dem so genannten Blutfreitag, wurde er bei der gewaltsamen Auflösung der Versammlung durch die Polizei erschossen. Seine Beerdigung zusammen mit neun weiteren Opfern war eine politische Massendemonstration.
Der Tod von Weineck wurde durch die Kommunistische Partei propagandistisch genutzt, zum Beispiel entstand das Lied „Der Kleine Trompeter“, das sich in den 1920er Jahren wie auch später in der DDR großer, wenn auch politisch motivierter Popularität erfreute. Straßen, Schulen, Betriebe wurden nach ihm benannt, sogar eine Armeeeinheit und ein FDGB-Ferienheim, es gab Denkmale, Bücher, Filme und sogar Briefmarken.

Das Neubrandenburger Denkmal hatte seinen ursprünglichen Standort am F.-Engels-Ring zwischen der Sparkasse (Löwenvilla) und dem Gebäude der SED-Bezirks- und Kreisleitung, dem heutigen Rathaus. Wegen eines Anbaus an die Sparkasse musste es versetzt werden und hat heute seinen Platz an der Südseite des Neuen Friedhofs an der Oststadt. Quelle

3 Am 7. April 1966 fasste der Rat des Bezirkes Neubrandenburg den Beschluss zur Errichtung eines Ehrenmals für die Kämpfer gegen Reaktion und Faschismus, die auf dem Gebiet des Bezirkes aktiv waren (auch Gedenkstätte der Sozialisten genannt).
Zwei Jahre später erfolgte eine DDR-weite Ausschreibung. Den Wettbewerb gewannen der Bildhauer Arndt Wittig aus Frankfurt/Oder, der Architekt Günter Hertzsch und der Diplom-Gärtner Horst Adler. Die Grundsteinlegung für das Ehrenmal erfolgte 1970 und die Einweihung am 8. September 1972. Der Komplex wurde am südlichen Ende des Neuen Friedhofs an der Oststadt errichtet, da beschlossen worden war, diesen Friedhof mittelfristig in einen Park umzugestalten und somit die südliche Erweiterungsfläche nicht mehr, wie ursprünglich geplant, nötig war.

Die Anlage besteht aus drei monumentalen Betonblöcken mit einem großflächigen Aufmarschplatz zwischen diesen.

Der östliche Block ist ca. 50 Meter lang und 3 Meter hoch. An dessen Nordende war in Granitplatten der Spruch „Ruhm und Ehre den Kämpfern der revolutionären Arbeiterbewegung . Sie weihten ihr Leben dem Kampf für Frieden, Demokratie und Sozialismus. Erfüllt ihr Vermächtnis.“
Als diese Platten wegen desolatem Zustand abgenommen werden mussten, kam darunter eine weitere Inschrift mit folgendem Text hervor:
RUHM UND EHRE DEN HELDEN DER DEUTSCHEN NOVEMBERREVOLUTION UND DER KÄMPFE DES DEUTSCHEN PROLETARIATS IN DEN JAHREN 1918-1923
RUHM UND EHRE DEN HEROISCHEN WIDERSTANDSKÄMPFERN (?) IN DEN BEIDEN SIEGREICHEN REVOLUTIONEN AUF DEUTSCHEM BODEN DER ANTIFASCHISTISCHEN UND SOZIALISTISCHEN REVOLUTION
RUHM UND EHRE DEN VERDIENTEN SOZIALISTEN DEN MUTIGEN GRÜNDERN DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK KÜHNEN ERBAUERN DES ERSTEN SOZIALISTISCHEN STAATES DEUTSCHER NATION DER………………VON KARL MARX UND FRIEDRICH ENGELS
……… DER MENSCHHEIT IHR KAMPFERFÜLLTES LEBEN IST UNS UND ALLEN ZUKÜNFTIGEN GENERATIONEN LEUCHTENDES VORBILD

4 Quelle:https://www.neubrandenburg.de/index.php?ModID=7&FID=2751.795.1&object=tx%7C2751.795.1