>

Privatisierung der Post, Postgesetz

image_pdf

Die Post und Telekommunikation waren einmal in staatlicher Hand. Die Geschichte der Privatisierung der Post ist eine Geschichte der Zerstörung öffentlicher Dienstleistungen und von guten Arbeitsplätzen. Aktuell geht der Kampf um die Regulierung der Post-Dienste: Das Postgesetz. Auch setzen sich immer mehr private Interessen durch. Die Interessen der beschäftigten und derjenigen, die von diesen Diensten abhängig sind bleiben auf der Strecke.

Inhalt

9. Oktober 2023: Demonstration gegen Verschlechterungen im Postgesetz

Da geht die Post ab – Beitrag von Jochen Gester zur Post-Demo am 09.10.2023

Die Privatisierung der Post

Die Volksaktie oder “Jeder ist seines Glückes Schmied”


Es wäre katastrophal für die Arbeitnehmer*innen bei der Deutschen Post AG, aber auch bei den weiteren tarifgebundenen Postdienstleistern, wenn Postdienstleistungen, ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, allein dem Markt überlassen würden. Das würde zehntausende Arbeitsplätze kosten. Der Wettbewerb würde auf unseren Arbeitsbedingungen ausgetragen. Wir müssen der Politik ein Signal senden: Wir brauchen ein Postgesetz, welches die Arbeitsbedingungen schützt und unsere Arbeitsplätze sichert.

Eine besonderheit dieser Demonstration war, dass zur gleichen Zeit eine Mahnwache gegen Atomwaffen auf dem Pariser Platz stattfand und so der Kampf der Beschäftigten um die Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und guter Post-Dienstleistungen mit dem Kampf für ein Verbot aller Atomwaffen zusammenfand.

Da geht die Post ab . Beitrag von Jochen Gester zur Post-Demo am 09.10.2023

30 000 Beschäftigte aus der Brief- und Paketzustellbranche protstierten in Berlin gegen das geplante neue Postgesetz der Bundesregierung

Die traditionelle Promeniermeile Berlins Unter den Linden war schon hunderte von Metern vor dem eigentlichen Kundgebungsort schwarz-gelb gesprengselt. Und die Straße des 17. Juni vom Platz des 18. März in Richtung Goldener Stern war auf Sichtweite dicht gedrängt von Demonstrant:innen, die sichtlich Freude hatten an der gemeinsamen Aktion. Aufgerufen hatte ver.di, um mit dieser Aktion Druck auf die Bundesregierung auszuüben, das Gesetz so nicht zu verabschieden.

Ausgangspunkt des legislativen Vorhabens ist die Abnahme der Volumina in der Briefzustellung, die das Ergenis der expandierenden elektronischen Kommunikation ist. Darauf reagieren die Regierungspläne mit dem Vorschlag, nicht mehr alle Tage das Postgut auszutragen. Das zu erwartende Ergebnis dieser “Reform” wäre ein recht drastischer Stellenabbau, der – so die Befürchtung der Gewerkschaft – fast 30 000 Beschäftigte kalt erwischen könnte. Der zweite Teil des Gesetzes hat die Paketsparte im Blick. Dieser Bereich ist bereits stark dereguliert worden. Während Unternehmen, die in die Briefzustellung wollen, dafür bei der Bundesnetzagentur eine Lizensierung erwerben müssen, reicht es bei den Paketdiensten aus, dies lediglich bei dieser Agentur anzuzeigen. Entsprechend verwildert und menschenfeindlich geht es hier zu. Dies berifft insbesondere die sog. letzte Meile, in der die Dienstleister dann auf Subunternehmen zurückgreifen, deren Beschäftigte nur in sehr geringem Maße fest angestellt sind oder diese gleich in die Selbstständigkeit drängen. Hier ist der Arbeitsmarkt in den letzten Jahren immer stärker unterschichtet und insbesondere durch migrantische Arbeiter:innen aus Südosteuropa besetzt worden, die besonders abhängig sind. Entsprechend schwer ist ihre gewerkschaftliche Organisierung. Auch sind die hier in den Markt drängenden Unternehmen oft klein und schwer zu kontrollieren. Ver.di fordert deshalb völlig zu Recht ein Verbot der Sub- und Sub-Subunternehmen, die Ausweitung der Lizenzpflicht und eine Verpflichtung zur Direkteinstellung der Zusteller:innen. Aber auch Giganten wie Amazon möchten gerne einen größeres Stück Kuchen vom dem haben, der bisher jährlich an die DHL geht. Sollte die Regierung deren Hilferufe erhören, droht auch hier eine weitere Deregulierung der Arbeitsbedingungen. In jedem Fall sind die Regierungsvorhaben eine große Keule, die auf Lohnsenkungen hinauslaufen. Das war auch die Hauptsorge der “Hauptstadtbesucher” in Schwarz-Gelb, mit denen ich gesprochen habe.

Wir drücken den Kolleg:innen die Daumen und wünschen ihnen Durchhaltefähigkeit und Erfolg.”

Recht herzlichen Dank an Joche Gester für diesen Artikel. Er wurde zuerst auf: https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/da-geht-die-post-ab/ veröffentlicht.

Fotoimpressionen einer Demonstration von Beschäftigten der Post


Die staatliche Post umfasste einstmals den Brief- und Paketdienst, den Postreisedienst, die Postsparkasse, der Aufbau eines Kabelfernsehnetzes, das Telefon einschließlich der Übertragungsleitungen und Vermittlung. Ich kann mich noch an das Telefon erinnern, das in unserem Flur auf der Anrichte stand. In jedem privaten Haushalt stand dieser schwarze Telefonapparat, der nur über die staatliche Post bezogen werden konnte.

An der Spitze der Post stand seit 1919 ein Bundesminister.

1989 wurde die Post in drei öffentliche Unternehmen aufgeteilt: Postdienst, Postbank und Telekom. Sie blieben staatliches Eigentum.

1994 wurden alle drei Unternehmen in Aktiengesellschaften umgewandelt. Dazu musste das Grundgesetz geändert werden. Weil das Grundgesetz nur mit einer 2/3 Mehrheit des Bundestages geändert werden kann, hing die Änderung von der Zustimmung der SPD-Fraktion im Bundestag ab. Das Ergebnis war der Artikel 143b Grundgesetz. Auf die Umwandlung in Aktiengesellschaften, die sogenannte formelle Privatisierung, folgte die materielle Privatisierung, das heißt: Die Aktien, die noch dem Staat gehört hatten, wurden verkauft.

1996 wurden die Aktien der Telekom AG an die Börse gebracht. In einer beispiellosen Werbekampagne wurde für den Kauf von Telekom-Aktien geworben. Wer erinnert sich nicht noch an den Schauspieler Manfred Krug, der fast jeden Abend im Fernsehen für die Telekomaktie warb? Ich selbst kann mich an ein Seminar von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten erinnern, wo der Kauf von Aktien ein großes Thema war. Ein guter Aktiendeal versprach mehr Geld als die nächste Tarifrunde. Mit Stand vom 31. Dezember 2020 waren 17,41 % Eigentum der staatlichen Förderbank KfW, 14,48 % Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, der Rest Streubesitz[1]https://wikipedia.org/wiki/Deutsche_Telekom.

Die Postbank AG wurde von der Deutschen Bank übernommen und 2018 mit der DB Privat – und Firmenkundenbank verschmolzen[2]https://wikipedia.org/wiki/Postbank. Im Jahr 2000 ging auch die Deutsche Post AG an die Börse. Mit Stand vom 9. März 2021 waren 20,49 % Eigentum der staatlichen Förderbank KfW und 4,94 % Eigentum von BlackRock[3]https://wikipedia.org/wiki/Deutsche_Post_AG.


Zur Ausgabe der Telekom-Aktie als „Volksaktie“ in den Jahren 1996, 1999 und 2000 weiterlesen hier

References

References
1 https://wikipedia.org/wiki/Deutsche_Telekom
2 https://wikipedia.org/wiki/Postbank
3 https://wikipedia.org/wiki/Deutsche_Post_AG