Die russische Regierung führt gegen die Ukraine einen völkerrechtswidrig verbotenen Krieg.
„Im Völkerrecht gilt das sogenannte Gewaltverbot. … Dieses Gewaltverbot ist in der Charta der Vereinten Nationen geregelt … Allerdings sind in der UN-Charta zwei Fälle geregelt, in denen das Verbot der Anwendung solcher Gewalt nicht zur Anwendung kommt. Die eine Ausnahme ist das Selbstverteidigungsrecht der Staaten. Ein Staat darf dann Gewalt gegen einen anderen Staat einsetzen, wenn er selbst von diesem in völkerrechtswidriger Weise angegriffen worden ist oder wenn er einem völkerrechtswidrig angegriffenen Staat zu Hilfe kommt. … Die zweite Ausnahme vom Gewaltverbot liegt dann vor, wenn der UN-Sicherheitsrat … den Einsatz von Waffengewalt ausdrücklich beschließt“[1]„Der Angriff der NATO auf Jugoslawien ist nach Ansicht beinahe aller damit befassten Juristen und Politiker völkerrechtswidrig. Wo dieser Umstand eher selten und gleichsam hinter vorgehaltener … Continue reading. Die russische Regierung kann zur Rechtfertigung des Krieges gegen die Ukraine keinen der beiden Ausnahmefälle heranziehen. Obwohl die Situation für die russische Regierung in den letzten 25 Jahren immer bedrohlicher wurde, ist der Krieg gegen die Ukraine keine Selbstverteidigung Russlands. Der Sicherheitsrat hat auch keinen Beschluss gefasst, der der russischen Regierung die Anwendung von Gewalt gegen die Ukraine erlauben würde.
Das Zitat zum völkerrechtlichen Gewaltverbot ist einem Artikel entnommen, den der Völkerrechtler Steffen Wirth am 7. April 1999 in der Frankfurter Rundschau veröffentlichte. Damals ging es um die Angriffe der NATO gegen Jugoslawien. Deutschland war zum ersten Mal nach 1945 wieder an einem Krieg beteiligt; deutsche Piloten bombardierten Jugoslawien. Dieser Krieg war ein klarer Bruch des Völkerrechts. Das gab der damalige Bundeskanzler einige Jahre später auch ganz offen zu. Bundeskanzler Schröder hatte sich damit nach deutschem Recht strafbar gemacht[2]„Das Grundgesetz knüpft an gravierende Verstöße gegen das Völkerrecht auch innerstaatliche Rechtsfolgen. Dies gilt besonders für den vorliegenden Fall. Der deutsche Verfassungsgesetzgeber … Continue reading.
Das Gewaltverbot ist in Artikel 2 Nr. 4 in Kapitel I der Charta der Vereinten Nationen zu finden. Die Ausnahmeregeln zur Anwendung von Gewalt finden sich in Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen. Das Recht eines Staates zur Anwendung von Gewalt, wenn er völkerrechtswidrig angegriffen wird oder wenn er einem völkerrechtswidrig angegriffenen Staat zur Hilfe kommt, steht in Kapitel VII Artikel 42 der Charta. Die zweite Ausnahme vom Gewaltverbote, wenn der UN-Sicherheitsrat den Einsatz von Waffengewalt ausdrücklich beschließt, findet sich in Kapitel VII Artikel 42 der Charta.
References
↑1 | „Der Angriff der NATO auf Jugoslawien ist nach Ansicht beinahe aller damit befassten Juristen und Politiker völkerrechtswidrig. Wo dieser Umstand eher selten und gleichsam hinter vorgehaltener Hand – zur Sprache kommt, wird sofort versichert, dass ein Präzedenzfall damit nicht geschaffen worden sei. Damit aber sind die Kosten angesprochen, die das Völkerrecht und auch die deutsche Rechtsordnung für den NATO-Einsatz zu zahlen haben werden. … Im Völkerrecht gilt das sogenannte Gewaltverbot. … Dieses Gewaltverbot ist in der Charta der vereinten Nationen geregelt … Allerdings sind in der UN-Charta zwei Fälle geregelt, in denen in denen die Anwendung solcher Gewalt nicht zur Anwendung kommt. Die eine Ausnahme ist das Selbstverteidigungsrecht der Staaten. Ein Staat darf dann Gewalt gegen einen anderen Staat einsetzen, wenn er selbst von diesem in völkerrechtswidriger Weise angegriffen worden ist oder wenn er einem völkerrechtswidrig angegriffenen Staat zu Hilfe kommt. … Die zweite Ausnahme vom Gewaltverbot liegt dann vor, wenn der UN-Sicherheitsrat … den Einsatz von Waffengewalt ausdrücklich beschließt … Solche Beschlüsse lagen den militärischen Eingriffen in innerstaatliche Konflikte zu humanitären Zwecken in neuerer Zeit regelmäßig zugrunde. Sowohl die Interventionen in Bosnien, Somalia und Haiti als auch der Militäreinsatz in Kuwait waren von einem Sicherheitsratsmandat gedeckt. Zwar ist mittlerweile anerkannt, dass Menschenrechtsverletzungen in dem Umfang, wie sie im Kosovo stattfinden, gegen zwingendes (humanitäres) Völkerrecht verstoßen. Es ist jedoch gerade der Inhalt des Gewaltverbots, dass es – so lange keine der beiden genannten Ausnahmen vorliegen – auch gegenüber einem Staat gilt, der sich völkerrechtswidrig verhält. Hintergrund dieser regiden Regelung, die im Fall des Kosovo geradezu zynisch erscheint, ist es, das völkerrechtliche Gewaltverbot nicht zur Disposition einzelner Staaten oder Staatengruppen zu stellen. Da im zwischenstaatlichen Bereich keine Instanz existiert, die im Streitfall verbindlich entscheidet, … würde die Entscheidung darüber, ob ein militärischer Angriff erforderlich ist, immer beim jeweiligen Angreifer liegen. Es liegt auf der Hand, dass solche Rechtslage geradezu zum Missbrauch einlüde … Da die NATO Gewalt … einsetzt und kein Ausnahmetatbestand vorliegt, führt die NATO, führen deutsche Soldaten einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Es handelt sich … sogar um einen geradezu klassischen Fall eines solchen völkerrechtlich verbotenen Krieges“, Steffen Wirth in Frankfurter Rundschau 7. April 1999 |
---|---|
↑2 | „Das Grundgesetz knüpft an gravierende Verstöße gegen das Völkerrecht auch innerstaatliche Rechtsfolgen. Dies gilt besonders für den vorliegenden Fall. Der deutsche Verfassungsgesetzgeber hat nämlich unter dem Eindruck des von deutscher Seite völkerrechtswidrig begonnenen zweiten Weltkrieges in Artikel 26 des Grundgesetzes das Verbot des Angriffskrieges verankert. Schon Vorbereitungshandlungen werden mit dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit belegt. … Nach ganz überwiegender Ansicht in der deutschen Verfassungsrechtslehre ist der Begriff des Angriffskriegs in Artikel 26 des Grundgesetzes völkerrechtlich zu bestimmen. Ein Krieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist, ist also dann ein verfassungswidriger Angriffskrieg, wenn er völkerrechtswidrig ist,“ Frankfurter Rundschau 7. April 1999. Steffen Wirth zitiert dann § 80 Strafgesetzbuch: „Wer einen Angriffskrieg … an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“ |