Liste politischer Streiks nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland

image_pdf

Hier eine (unvollständige) Liste von politischen Streiks, die der Arbeitsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Däubler aufzählt und die hier wörtlich wiedergegeben wird[1]Däubler-Däubler Arbeitskampfrecht 4. Auflage Baden-Baden 2018, § 13 Rn. 57; dabei wird der Zeitungsstreik am 28. und 29 Mai 1952, den wir schon beschreiben hatten, nicht noch einmal erwähnt:

  • 24stündiger Generalstreik des DGB am 12. November 1948 u.a. mit den Forderungen nach Wirtschaftslenkung und Überführung der Grundstoffindustrien in Gemeineigentum
  • “Gedenkstreik” von fünf Minuten anlässlich des Todes von Hans Böckler im Jahr 1951;
  • DGB-Aufruf vom 23.06.1953 angesichts der Ereignisse vom 17.6.in Ostberlin und der DDR;
  • Streikaufruf von DBG, IG Metall und IG Bergbau am 22.1.1955 wegen der geplanten Liqidierung der Montanmitbestimmung
  • DGB-Aufruf vom 15.8.1961 anlässlich des Mauerbaus in Berlin;
  • Beim Kampf um die Notstandsgesetze 1968 lehnte der DGB einen Generalstreik ab. Dennoch – so wird berichtet – hätten am 12.5. 12.000 Arbeitnehmer und am 27.5.1968 sogar 20.000 Arbeitnehmer allein in Hessen an Proteststreiks teilgenommen;
  • Proteststreiks in der Zeit vom 25. bis 27.5.1972 wegen des Misstrauensvotums gegen Bundeskanzler Willy Brandt, an denen ca. 1000.000 Arbeitnehmer teilnahmen;
  • DGB-Aufruf vom 25.10.1977 gegen Terrorismus und die Ermordung von Hans-Martin Schleyer, wobe es zu zahlreichen Arbeitsunterbrechungen kam, die in aller Regel von Arbeitgeberseite gutgeheißen wurden;
  • Wegen der geplanten Zerschlagung des NDR rief die RFFU (Rundfunk-, Fernseh- und Film-Union) für den 19.12.1979 zu einem Demonstrationsstreik zwischen 20:00 und 24:00 Uhr auf, der das gesamte Hörfunk- und Fernsehprogramm erfassen sollte. In letzter Minute wurde er vom LAG München druch einstweilige Verfügung untersagt. Die Vorinstanz hatt den Antrag der Arbeitgeberseite zurückgewiesen.
  • Wegen der Stationierung von US-Raketen rief der DGB Bundesvorstand am 5.10.1983 zu “Fünf Mahnminuten für den Frieden” auf; an dem fraglichen Tag ruhte in vielen Betrieben die Arbeit von 11:55 Uhr bis 12:00 Uhr.
  • Nachdem DGB und IG Metall wegen der geplanten Änderung des § 116 AFG bereits im November 1985 zu “betrieblichen Aktionen” aufgefordert hatten, folgten am 6.2.1986 rund 1 Millionen Arbeitnehmer insbesondere in der Metallindustrie dem gewerkschaftlichen Aufruf, ab 13 Uhr die Arbeit ruhen zu lassen. Dies war die größte Massenmobilisierung in der Geschichte der Bundesrepublik. Ein inhaltlicher Erfolg blieb ihm allerdings versagt.
  • Im Jahr 1996 kam es insbesondere im Automobilsektor zu Arbeitsniederlegungen wegen der geplanten Absenkung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese waren nicht offiziell von den Gewerkschaften getragen.
  • In den Jahren 2000 bis 2007 kam es zu Arbeitsniederlegungen aus Protest gegen die Absenkung der Renten bzw. der Rente mit 67, die anders als die Aktionen gegen den § 116 AFG nicht auf einem gewerkschaftlichen Aufruf beruhten und sich so anderer Wege bedienen mussten;
  • Im Jahr 2006 gab es Arbeitsniederlegungen vom Hafenarbeitern wegen der geplanten Deregulierung der Hafenarbeit(“Port Package II“), die von Arbeitgeberseite stillschweigend, bsiweilen auch offen unterstützt wurde.

Diese Liste müsste ergänzt werden um die Mahnminuten am 4. März 2020 aus Anlass der Morde in Hanau. Es war also ein Streik gegen Rechts; in der Regel wurde diese Arbeitsniederlegung mit dem Arbeitgeber abgesprochen. Die Dauer der Arbeitsniederlegung war unterschiedlich lang. Es nahmen bundesweit mehrere zehntausend Arbeitnehmer teil.

References

References
1 Däubler-Däubler Arbeitskampfrecht 4. Auflage Baden-Baden 2018, § 13 Rn. 57