Gemeinsame Erklärung der G 20 im Jahr 2023

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Es ist instruktiv, die Erklärungen der G 20 des Jahres 2022 und des Jahres 2023 miteinander zu vergleichen. Der Textabschnitt zum Krieg in der Ukraine enthielt im Jahr 2022 unter Bezugnahme auf die entsprechende UN-Resolution eine direkte Verurteilung Russlands:

Wir bekräftigten unsere nationalen Positionen, wie wir sie in anderen Foren zum Ausdruck gebracht haben, darunter im VN-Sicherheitsrat und in der VN-Generalversammlung, die in der Resolution ES-11/1 vom 2. März 2022, die mit einer Mehrheit (von 141 zu 5 Stimmen, bei 35 Enthaltungen und 12 Abwesenheiten) angenommen wurde, die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine auf das Schärfste missbilligt und den vollständigen und bedingungslosen Abzug aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine fordert.“ Dabei wurde 2022 anerkannt: „Es gab andere Sichtweisen und unterschiedliche Bewertungen der Situation und von Sanktionen.

In der Erklärung der G 20 des Jahres 2023 wird zwar – wie im Jahr 2022 – die UN-Resolution ES-11/1 bekäftigt. Eine ausdrücklich Verurteilung, bei der Russland namentlich genannt wird, findet sich aber in der Erklärung von 2023 nicht mehr.

Auch in der Erklärung der G 20 des Jahres 2023 findet sich der Satz: „Der Einsatz oder die Androhung von Atomwaffen ist unzulässig“.

Aufschlussreich ist, dass in der Erklärung der G 20 des Jahres 2023 gefordert wird, „die sofortige und ungehinderte Lieferung von Getreide, Lebensmittel und Düngemitteln aus der russischen Föderation und der Ukraine„. Dabei werden gewürdigt „die Bemühungen der Türkei und die von den Vereinten Nationen vermittelten Istanbuler Abkommen, bestehend aus der Vereinbarung zwischen der Russischen Föderartion und dem Sekretarial der Vereinten Nationen über die Förderung, russischer Lebensmittel und Düngemitteln auf den Weltmärkten.“ In der Berichterstattung unserer Leitmedien wird in der Regel Russland für die Nichtlieferung von „Getreide, Lebensmittel und Düngemitteln aus der russischen Föderation und der Ukraine“ verantwortlich gemacht (siehe auch unser Beitrag „Meister der Doppelmoral„).

Auch dem Deutschlandfunk am 9.9.2023 konnte man diese Verschiebungen in den Erklärungen der G 20 des Jahres 2022 und 2023 entnehmen.

Der Abschnitt, der sich in der Erklärung von 2023 mit dem Krieg in der Ukraine befasst hat folgenden Wortlaut:

Wir nehmen mit großer Sorge das unermessliche menschliche Leid und die negativen Auswirkungen von Kriegen und Konflikten in der ganzen Welt zur Kenntnis.

Was den Krieg in der Ukraine betrifft, so haben wir unter Hinweis auf die Diskussion in Bali unsere nationalen Standpunkte und die vom VN-Sicherheitsrat und der VN-Generalversammlung angenommenen Resolutionen (A/RES/ES-11/1 und A/RES/ES-11/6) bekräftigt und betont, dass alle Staaten in einer Weise handeln müssen, die mit den Zielen und Grundsätzen der gesamten VN-Charta im Einklang steht. Im Einklang mit der UN-Charta müssen sich alle Staaten der Androhung oder Anwendung von Gewalt zum Zwecke des Gebietserwerbs gegen die territoriale Integrität und Souveränität oder politische Unabhängigkeit eines Staates enthalten. Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen ist unzulässig.

Wir bekräftigen, dass die G20 das wichtigste Forum für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit ist, und erkennen an, dass die G20 zwar nicht die Plattform für die Lösung geopolitischer und sicherheitspolitischer Fragen ist, dass diese Fragen jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben können.

Wir haben das menschliche Leid und die negativen zusätzlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine im Hinblick auf die weltweite Nahrungsmittel- und Energiesicherheit, die Versorgungsketten, die makrofinanzielle Stabilität, die Inflation und das Wachstum hervorgehoben, was das politische Umfeld für die Länder erschwert hat, insbesondere für die Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder, die sich noch immer von der COVID-19-Pandemie und den wirtschaftlichen Störungen erholen, die die Fortschritte bei der Verwirklichung der SDGs zunichte gemacht haben. Es gab unterschiedliche Ansichten und Einschätzungen der Situation.

Wir würdigen die Bemühungen der Türkei und die von den Vereinten Nationen vermittelten Istanbuler Abkommen, bestehend aus der Vereinbarung zwischen der Russischen Föderation und dem Sekretariat der Vereinten Nationen über die Förderung russischer Lebensmittel und Düngemittel auf den Weltmärkten und der Initiative für den sicheren Transport von Getreide und Lebensmitteln aus ukrainischen Häfen (Schwarzmeer-Initiative), und fordern ihre vollständige, rechtzeitige und wirksame Umsetzung, um die sofortige und ungehinderte Lieferung von Getreide, Lebensmitteln und Düngemitteln aus der Russischen Föderation und der Ukraine sicherzustellen. Dies ist notwendig, um den Bedarf in den Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Ländern, insbesondere in Afrika, zu decken.

In diesem Zusammenhang haben wir die Bedeutung der Aufrechterhaltung der Nahrungsmittel- und Energiesicherheit betont und dazu aufgerufen, die militärische Zerstörung oder andere Angriffe auf die entsprechende Infrastruktur einzustellen. Wir haben auch unsere tiefe Besorgnis über die negativen Auswirkungen von Konflikten auf die Sicherheit der Zivilbevölkerung geäußert, die bestehende sozioökonomische Anfälligkeiten und Verwundbarkeiten verschärfen und eine wirksame humanitäre Reaktion behindern.

Wir rufen alle Staaten auf, die Grundsätze des Völkerrechts, einschließlich der territorialen Integrität und Souveränität, des humanitären Völkerrechts und des multilateralen Systems zur Sicherung von Frieden und Stabilität zu wahren. Die friedliche Beilegung von Konflikten und die Bemühungen um Krisenbewältigung sowie Diplomatie und Dialog sind von entscheidender Bedeutung. Wir werden uns gemeinsam darum bemühen, die negativen Auswirkungen des Krieges auf die Weltwirtschaft zu bekämpfen, und begrüßen alle relevanten und konstruktiven Initiativen, die einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine unterstützen, der alle Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen zur Förderung friedlicher, freundschaftlicher und gutnachbarschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen im Geiste von "Eine Erde, eine Familie, eine Zukunft" wahrt.

Die heutige Zeit darf nicht vom Krieg geprägt sein.

Die gesamte Abschlusserklärung kann auch auf den Seiten der Bundesregierung nachgelesen werden.

Die gesamte Abschlusserklärung im englischen Wortlaut [1]Der Text ist in englischer Fassung zu finden unter G20 Information Center: http://www.g20.utoronto.ca/2023/230909-declaration.html. Dabei kann der Abschnitt zur Ukraine hier nachgelesen werden.

References

References
1 Der Text ist in englischer Fassung zu finden unter G20 Information Center: http://www.g20.utoronto.ca/2023/230909-declaration.html