In der „Antifa“, der Zeitung der VVN-BdA, wurde im Januar 2022 folgender Beitrag von Benedikt Hopmann zu den Koalitionsvereinbarungen der rot-grün-gelben Bundesregierung zur Gemeinnützigkeit veröffentlicht.
Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit hat der VVN-BdA seit 2019 tausende neuer Mitglieder beschert. Vor allem junge Menschen sind Mitglied unserer Organisation geworden. Nach vielen Protesten wurde der Bundes-VVN-BdA die Gemeinnützigkeit im April letzten Jahres wieder zuerkannt. Der Berliner Finanzsenator ließ sich viel Zeit.
In Hamburg verabschiedeten sich im Juli hunderte Menschen von der Ehrenvorsitzenden der VVN-BdA Esther Bejarano aus Anlass ihrer Beerdigung. Wenige Wochen vorher hatte Esther Bejarano noch eine förmliche Versicherung abgeben müssen, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes steht, damit auf diese Weise die VVN-BdA ihre Gemeinnützigkeit wiedererlangen kann. Was für ein abgrundtiefes Misstrauen staatlicherseits gegenüber der größten und ältesten antifaschistischen Organisation Deutschlands. Eine Schule sollte nach Esther Bejarano benannt werden.
Daraus ergibt sich unmittelbar unsere Aufgabe: Der Kampf um eine antifaschistisch geprägte Gesellschaft. Nach dem 2. Weltkrieg war das ein selbstverständliches Ziel. Doch bald wurde es verdrängt. Der Kampf gegen Totalitarismus und Extremismus war angesagt. Das ist bis heute maßgebend. Selbst nach dem Mord an den Regierungspräsidenten Lübcke (CDU) wurde erklärt, dass gegenwärtig die größte Gefahr von dem Rechtsextremismus ausgehe. Selbst unter diesen Umständen wurde also weiter eine Gefahr des Linksextremismus behauptet. Der Bundes-VVN-BdA wurde genau deswegen die Gemeinnützigkeit durch das Berliner Finanzamt aberkannt. Es reichte die Einstufung als „linksextremistisch“ durch den bayrischen Verfassungsschutz. Verantwortlich ist in letzter Instanz die Bundespolitik, die in der Abgabenordnung dafür die Rechtsgrundlage geschaffen hat. Diese Rechtsgrundlage besteht immer noch. Der bayerische Verfassungsschutz stuft die bayerische VVN-BdA immer noch als „extremistisch“ ein.
Rot-grün-gelb im Bundestag will, dass sich eine gemeinnützige Organisation „politisch betätigen kann sowie auch gelegentlich darüber hinaus zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen kann“, so die Koalitionsvereinbarung. Die Gemeinnützigkeitszwecke sollen „gegebenenfalls“ konkretisiert und ergänzt werden. Das wertet die Allianz für Rechtssicherheit, zu der auch die VVN-BdA gehört, als Erfolg und kann Organisationen wie Attac helfen, die Gemeinnützigkeit zurückzuerlangen.
Einer Organisation soll aber weiter die Gemeinnützigkeit aberkannt werden können, wenn der Verfassungsschutz auch nur eines Bundeslandes diese Organisation als „extremistisch“ einstuft. Dabei geht es nicht nur darum, wer was beweisen muss, entscheidend ist der Begriff „Extremismus“ selbst. Das hat die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit der VVN-BdA deutlich gezeigt. Die zögerliche Haltung des rot-rot-grünen Senats und hier in besonderem Maße die des Finanzsenators war ein Offenbarungseid. Es war völlig verfehlt, der VVN-BdA mangelnden Respekt vor der Meinungsfreiheit zu unterstellen und das ausgerechnet mit dem Verweis auf unsere Losung „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“.
Wenn selbst das Bundesverfassungsgericht kein antifaschistisches Prinzip im Grundgesetz erkennen will, müssen wir es durchsetzen. Entscheidend wird in den kommenden Jahren sein, ob wir große Mehrheiten für diese Überzeugung gewinnen können – vielleicht ein Anlass für eine Fortsetzung unserer bundesweiten Online-Veranstaltungen.
Demokratie und Antifaschismus sind zwei Seiten derselben Medaille. Menschenwürde verlangt Abrüstung und Frieden. Demokratie ist mit Rassismus ebenso unvereinbar wie mit der Macht des großen Kapitals. Die Möglichkeit der Vergesellschaftung nach Artikel 15 Grundgesetz ist dagegen Ausdruck einer antifaschistischen Prägung des Grundgesetzes.
Zivilgesellschaftliches und antifaschistisches Handeln muss vom Staat als gemeinnützig anerkannt werden. Die Demokratie sind wir.