Wir zahlen nicht für eure Kriege! Fotogalerie und Anmerkungen.

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Hinweis: Am 1. Oktober 2022 ist eine weitere bundesweite Demonstration geplant.


Der Kundgebung und Demonstration am 2. Juli 2022 – mit einer herausragenden Rede von Rolf Becker zum Schluss der Veranstaltung – war folgender Gedanke vorangestellt: Am Ende seiner Rede zitierte Rolf Becker das Gedicht, das Wolfgang Borchert kurz vor seinem Tod 1947 schrieb: „Dann gibt es nur eins!

„Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzen würden.“ (A. Einstein 1933)

Die Veranstaltung am Samstag, den 2. Juni 2022 unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Kriege!“ begann um 14:00 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Bebelplatz, dann folgte eine Demonstration vom Bebelplatz durch das Regierungsviertel zurück zum Bebelplatz.

Auf dieser Seite zu finden ist:

Die Veranstalterinnen und Veranstalter dieser Kundgebung zeigen auf ihrer Seite ebenfalls einen Rückblick, der hier einzusehen ist.

Foto: Ingo Müller

Mehr Infos

Für die Dokumentation und die vertiefte Auseinandersetzung sind alle Rede- und Kulturbeiträge gefilmt worden. Die ersten Videos sind bereits hochgeladen und werden hier sukzessive ergänzt:

https://youtube.com/playlist?list=PLKdNIB3v2sDh0DvDDOWac_K674x7Eootz.

Fotoshow: Eindrücke von der bundesweiten Demonstration am Samstag, den 02.07.2022, um 14 Uhr, Bebelplatz in Berlin.

Ein detaillierter Rückblick auf Kundgebung und Demonstration von Jochen Gester auf der Seite gewerkschaftliche Linke lesen.


Rolf Becker hielt zum Schluss der Kundgebung eine herausragende Rede, die wir jedem empfehlen anzuhören:

Am Ende seiner Rede zitierte Rolf Becker das Gedicht, das Wolfgang Borchert kurz vor seinem Tod 1947 schrieb:

Wolfgang Borchert
Dann gibt es nur eins!

Du. Mann an der Maschine und Mann in der
Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du
sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe
mehr machen – sondern Stahlhelme und
Maschinengewehre, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Mädchen hinterm Ladentisch und
Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst Granaten füllen und
Zielfernrohre für Scharfschützengewehre
montieren, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst statt Puder und Kakao
Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod
erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder,
du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst die Männer
kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst den Mord segnen
und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Kapitän auf dem Dampfer. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst keinen Weizen
mehr fahren – sondern Kanonen und Panzer,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst Bomben und Phosphor
über die Städte tragen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Schneider auf deinem Brett. Wenn sie
dir morgen befehlen, du sollst Uniformen zuschneiden,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Richter im Talar. Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst zum Kriegsgericht gehen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Mann auf dem Bahnhof. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst das Signal zur Abfahrt
geben für den Munitionszug und für den
Truppentransport, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der
Stadt. Wenn sie morgen kommen und dir den
Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mutter in der Normandie und Mutter in
der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London,
du, am Hoangho und am Mississippi, du,
Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und
Oslo - Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der
Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt
Kinder gebären, Krankenschwestern für
Kriegslazarette und neue Soldaten für neue
Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es
nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!

Denn wenn ihr nicht NEIN sagt, wenn IHR nicht nein sagt, Mütter, dann:
dann:

 In den lärmenden dampfdunstigen Hafenstädten werden die großen Schiffe
stöhnend verstummen und wie titanische Mammutkadaver wasserleichig träge
gegen die toten vereinsamten Kaimauern schwanken, algen-, tang- und
muschelüberwest den früher so schimmernden dröhnenden Leib, friedhöflich
fischfaulig duftend, mürbe, siech, gestorben –

 die Straßenbahnen werden wie sinnlose glanzlose glasäugige Käfige blöde
verbeult und abgeblättert neben den verwirrten Stahlskeletten der Drähte und
Gleise liegen, hinter morschen dachdurchlöcherten Schuppen, in verlorenen
kraterzerrissenen Straßen –

 eine schlammgraue dickbreiige bleierne Stille wird sich heranwälzen,
gefräßig, wachsend, wird anwachsen in den Schulen und Universitäten und
Schauspielhäusern, auf Sport- und Kinderspielplätzen, grausig und gierig,
unaufhaltsam –

 der sonnige saftige Wein wird an den verfallenen Hängen verfaulen, der Reis
wird in der verdorrten Erde vertrocknen, die Kartoffel wird auf den
brachliegenden Äckern erfrieren und die Kühe werden ihre totsteifen Beine wie
umgekippte Melkschemel in den Himmel strecken –

 in den Instituten werden die genialen Erfindungen der großen Ärzte sauer
werden, verrotten, pilzig verschimmeln –

 in den Küchen, Kammern und Kellern, in den Kühlhäusern und Speichern
werden die letzten Säcke Mehl, die letzten Gläser Erdbeeren, Kürbis und
Kirschsaft verkommen – das Brot unter den umgestürzten Tischen und auf
zersplitterten Tellern wird grün werden und die ausgelaufene Butter wird
stinken wie Schmierseife, das Korn auf den Feldern wird neben verrosteten
Pflügen hingesunken sein wie ein erschlagenes Heer und die qualmenden
Ziegelschornsteine, die Essen und die Schlote der stampfenden Fabriken
werden, vom ewigen Gras zugedeckt, zerbröckeln - zerbröckeln - zerbröckeln
–
 
 dann wird der letzte Mensch, mit zerfetzten Gedärmen und verpesteter
Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig glühenden Sonne und unter
wankenden Gestirnen umherirren, einsam zwischen den unübersehbaren
Massengräbern und den kalten Götzen der gigantischen betonklotzigen
verödeten Städte, der letzte Mensch, dürr, wahnsinnig, lästernd, klagend - und
seine furchtbare Klage: WARUM? wird ungehört in der Steppe verrinnen, durch
die geborstenen Ruinen wehen, versickern im Schutt der Kirchen, gegen
Hochbunker klatschen, in Blutlachen fallen, ungehört, antwortlos, letzter
Tierschrei des letzten Tieres Mensch - all dieses wird eintreffen, morgen,
morgen vielleicht, vielleicht heute nacht schon, vielleicht heute nacht, wenn – –
wenn – –



                                      wenn ihr nicht NEIN sagt.

zitiert aus: Wolfgang Borchert, Das Gesamtwerk, Rowohlt 1986, Seite 318 ff


Ingo Müller schrieb für die Newsletter der Reinickendorf Linke einen Leserbrief.

Auszug aus dem Leserbrief:

„Es wurden nach Angaben der Organisatoren ca. 4000 Teilnehmer unterschiedlicher Gruppen, Parteien und aus der Zivilbevölkerung gezählt. Gemeinsam war die Sorge um eine Eskalation des Krieges in der Ukraine, die Ablehnung der angeblich alternativlosen militärischen Konfliktlösungsstrategien sowie die entschiedene Absage an all das, was uns eine Große Koalition aus Regierung und Opposition im Deutschen Bundestag als zwingende „Zeitenwende“ verkaufen möchte. Es gab auf der Demo nicht eine Weltsicht, sondern durchaus Vielstimmigkeit, die auch unterschiedliche Weltsichten und Lösungsvorstellungen widerspiegelt.“

Der ganze Leserbrief ist hier:


Für den 1. Oktober 2022 ist eine weitere bundesweite Demonstration geplant.