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Rezensionen zum Buch “Gegenmacht statt Ohnmacht”

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Rezension in ver.di PUBLIK 01/20

30. November 2020 von benhop

Alle Rechte hart erkämpft
Betriebsrätegesetz – VSA-Band analysiert 100 Jahre „Gegenmacht statt Ohnmacht”
Von Henrik Müller


Der Betriebsrat hat die Aufgabe, „darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden”. So lautet ein Kernsatz des Betriebsverfassungsgesetzes (Paragraf 80 BetrVG). Dass diese Rechte von den abhängig Beschäftigten und ihren Gewerkschaften allesamt mühsam errungen und hart erkämpft werden mussten und müssen: Auf diesen Aspekt konzentrieren sich die Autorinnen eines jüngst im Hamburger VSA-Verlag erschienenen Buchs mit dem Titel „Gegenmacht statt Ohnmacht”. Im Mittelpunkt steht dabei die Geschichte eben dieses Betriebsverfassungsgesetzes, das jetzt 100 Jahre alt ist. Es wurde – als „Betriebsrätegesetz” – am 18. Januar 1920 beschlossen und trat am 4. Februar 1920 in Kraft. Was heutzutage kaum jemand noch weiß, was aber, wie viele andere Hintergründe, aus dem vorliegenden Band zu erfahren ist: wie hoch der Blutzoll war, den unsere Kolleginnen dafür zu entrichten hatten. Fünf Tage vor der Entscheidung der Deutschen Nationalversammlung hatten sich während der Beratungen im Plenarsaal draußen vor dem Reichstagsgebäude in Berlin mehr als 100.000 Menschen zu einer gewaltigen Demonstration gegen das geplante Betriebsrätegesetz versammelt, die einem Aufruf der linken Oppositionsparteien USPD und KPD, der Berliner Gewerkschaftskommission und der revolutionären Betriebsrätezentrale gefolgt waren.

Hoher Blutzoll

Im Verlauf der Kundgebung, so schreibt der Historiker Axel Weipert, sei es „zu einzelnen Handgreiflichkeiten im Gedränge zwischen den Demonstranten und der paramilitärischen Sicherheitspolizei” gekommen: „Rund zehn Minuten später eröffnete die Truppe mit Maschinengewehren und Karabinern das Feuer, warf sogar Handgranaten in die Menge. Sofort brach Panik aus, die Massen füchteten in den benachbarten Tiergarten. 42 Tote und weit über 100 Verletzte blieben auf dem Platz.” Noch am gleichen Tag verhängte Reichspräsident Friedrich Ebert, SPD, den Ausnahmezustand.

„Der 13. Januar 1920 ist in vielerlei Hinsicht ein Lehrstück über die politischen Verhältnisse Deutschlands in jener Zeit”, resümiert Weipert. Denn was mit dem Betriebsrätegesetz an echtem Fortschritt für die abhängig Beschäftigten erreicht war, entsprach nur noch in Bruchstücken dem, was sich Millionen von Aktivistinnen der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs unter einer umfassenden Demokratisierung des Staates und der Wirtschaft vorgestellt hatten. Von einem „entscheidenden Einfluss auf Produktions-, Lohn- und Arbeitsverhältnisse”, wie er Ziel der vorangegangenen Massenstreiks gewesen war, habe keine Rede mehr sein können, stellt der Autor fest. Dabei ist es im Grunde bis auf den heutigen Tag geblieben, wenn auch im Laufe der Jahre und Jahrzehnte erhebliche Fortschritte im Detail haben durchgesetzt und verteidigt werden können, ohne dass den abhängig Beschäftigten allerdings jemals etwas geschenkt worden wäre.

DDR-Zeit fehlt

Die Juristin Isaf Gün, Gewerkschaftssekretärin beim Vorstand der Industriegewerkschaft Metall in Frankfurt/Main, und die Berliner Rechtsanwälte Benedikt Hopmann und Reinhold Niemerg als Herausgeberinnen versammeln in dem Band „Gegenmacht statt Ohnmacht” etliche kompetente Autorinnen mit durchaus unterschiedlichen Sichtweisen. Ihre Analysen und Einschätzungen reichen von der bürgerlichen Revolution 1848/49 über das „Hilfsdienstgesetz” 1916, die Novemberrevolution 1918, das Betriebsrätegesetz 1920 und die – rechtlose – Zeit des Nazi-Terrors bis hin zum westdeutschen Betriebsverfassungsgesetz 1952, seiner Reform 1972 und seinen bescheidenen gesamtdeutschen Veränderungen 2001. Das waren und sind die gesetzlichen Grundlagen, auf denen die Arbeitnehmerinnen in der Privatwirtschaft und ihre Gewerkschaften Gegenmacht aufbauen konnten und sich nicht in Ohnmacht ergeben mussten und müssen.

Eine Lücke tut sich in dem VSA-Band allerdings auf: Wie auch immer man Funktion und Wirksamkeit der betrieblichen Interessenvertretungen in der DDR bewerten mag, in der vorliegenden Aufsatzsammlung fehlt ein Überblick über die Arbeit der Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) von 1949 bis 1990.

Isaf Gün, Benedikt Hopmann, Reinhold Niemerg (Hrsg.), Gegenmacht statt Ohnmacht – 100 Jahre Betriebsverfassungsgesetz: Der Kampf um Mitbestimmung, Gemeineigentum und Demokratisierung, VSA-Verlag, Hamburg, 160 Seiten, 14,80 Euro, ISBN 978-3964880369

aus: „ver.di PUBLIK“ – Die Mitgliederzeitung – Ausgabe 01/2020 vom 15. Februar 2020


Rezension in “Mitteilungen …” Nr. 58, 09/2020

19. November 2020 von benhop

Isaf Gün/Benedikt Hopmann/Reinhold Niemerg (Hrsg.): Gegenmacht statt Ohnmacht. 100 Jahre Betriebsverfassungsgesetz. Der Kampf um Mitbestimmung, Gemeineigentum und Demokratisierung, Verlag VSA 2020, 160 Seiten, ISBN 978-3-96488-036-9, 14,80 Euro.

Noch während der Auslieferung zum Jahreswechsel 2019/20 waren die Exemplare der 1. Auflage durch ungewöhnliche Nachfrage aus IG Metall-Gremien vergriffen; es musste sofort unverändert nachgedruckt werden. Das Vorwort von Verena zu Dohna-Jaeger, Leiterin des Ressorts Betriebsverfassung und Mitbestimmungspolitik beim Vorstand der IG Metall, bringt es gradlinig auf den Punkt: “Wie vor hundert Jahren geht es um den Interessengegensatz von Arbeit und Kapital.” (Und der wird im Buch ausführlich erklärt, gerät er doch selbst in Gewerkschaftskreisen aus “Sozialpartnerschaft” zuweilen in Vergessenheit.)

Kapitelmäßig wird der rote Faden verfolgt, wie Beschäftigte sich organisieren: Von den Anfängen der Arbeiterbewegung bis zum Ersten Weltkrieg, im Krieg und für die Novemberrevolution und danach, im Faschismus mit Anpassung bis zum Widerstand, in der unmittelbaren Nachkriegszeit, bei Wiederaufbau und Restauration, in der liberalen Reformzeit und im Neoliberalismus – bis zur Gegenwart.

Den Schwerpunkt mit elf von insgesamt 25 Beiträgen bildet die revolutionäre Zeit gegen den Krieg, mit besonderer Rolle der Revolutionären Obleute im Deutschen Metallarbeiter-Verband (Ralf Hoffrogge), um die Novemberrevolution als Geburtsstunde der ersten deutschen Republik und die Chancen für eine soziale Demokratie (Holger Czitrich-Stahl), mit Stinnes-Legien-Abkommen (Frank Deppe), Zielen und Ergebnissen der Rätebewegung (Axel Weipert und Dietmar Lange). Die Geschichte der Betriebsverfassung steht im Mittelpunkt: Das Betriebsrätegesetz von 1920 und die Demonstration dagegen, sowie der erfolgreiche Generalstreik gegen den Kapp-Lüttwitz-Putsch (Axel Weipert), der Sozialabbau in der Weltwirtschaftskrise 1920 bis 1932/33 (Reiner Zilkenat). Dem folgen die “Trümmer der Arbeiterbewegung”: Arbeitsrecht und Betriebsverfassung 1933 bis 1945 (Rüdiger Hachtmann), aber auch “geheime Netzwerke” als Basis für einen Neuanfang: Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen im Widerstand, 1933-45 (Michael Schneider).

Auf “Ein neuer Anfang?” (Ulrich Schneider) folgten ein Alliiertes Betriebsrätegesetz und Betriebsrätegesetze der Länder (Reinhold Niemerg). Benedikt Hopmann, einer der Initiatoren auch dieses Buches in der VSA-Reihe “Widerständig”, gibt eine Einschätzung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952, dem sich Franz Josef Düwell mit “Mehr Demokratie wagen!” über das Betriebsverfassungsgesetz 1972 und die Unternehmensmitbestimmung 1976 anschließt, gefolgt von Rudolf Buschmann mit der Betriebsverfassungsreform 2001 und ihrer Bewertung im Zeichen des Neoliberalismus.

Als “Ausblick” untersucht Andreas Fisahn, wieweit Sozialisierung und Wirtschaftsdemokratie durch Grundgesetz und EU-Recht möglich sind. Dirk Linder und Benedikt Hopmann stellen heraus, dass für den Aufbau von Gegenmacht alle gewerkschaftlichen Mittel genutzt werden müssen einschließlich zeitweiser kollektiver Arbeitsverweigerung, um eine ökologische und soziale Transformation zu erringen.

Während Henner Wolter die Praxis der “Umstrukturierung von Betrieben und Unternehmen” als “‘Klassenkampf über das Handelsregister’ (von oben)” darstellt, fassen abschließend Isaf Gün und Benedikt Hopmann das Wesentliche zusammen: Schlüsselindustrien in Gemeineigentum, als “Nächstliegendes zuerst”, tarifvertragliche Regelungen für die Beschäftigten zum Schutz vor der Willkür des Marktes sowie gewerkschaftliche Gegenwehr zu organisieren (im Gegensatz zu geringem Widerstand in der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932/33), denn “Das Vergangene kehrt zurück”. – “Our Future in our hands”, und zwar “Innerhalb und außerhalb der Betriebe”. Es gilt noch immer Friedrich Schiller in seinem “Wilhelm Tell”: “Verbunden werden auch die Schwachen mächtig”.

Außer Isaf Gün, Juristin, Gewerkschaftssekretärin beim IGM-Vorstand, sind immerhin zwei weitere Frauen Autorinnen: Claudia von Gélieu, Politologin, über “Arbeiterinnen und Sozialistinnen gegen den Krieg” und “Männer in die Räte – Frauen an den Herd”, sowie Mechthild Garweg, Fachanwältin für Arbeitsrecht, mit einem eher seltenen Bericht über die kurze Zeitspanne vom Kriegsende bis bald einsetzendem “Kalten Krieg”, über gewerkschaftliche Erfolge und Niederlagen bei “Währungsreform und ‘Freier Marktwirtschaft’”, über den Widerstand durch Generalstreik 1948, den Kampf um die Unternehmensmitbestimmung 1951und gegen das Betriebsverfassungsgesetz von 1952. Zu wünschen wäre, wenn gerade wegen der beachtenswerten Hervorhebung kämpferischer Frauen dieser kleine Band auch in Arbeitsbereichen mit hohem Frauenanteil (bei Ver.di und NGG) verbreitete Lektüre würde.

Unter “Brot und Rosen” wird an die immer noch aktuellen Forderungen für die Frauen, immerhin auch in Deutschland die Hälfte der Menschen, erinnert. Claudia von Gélieu würdigt mit einer Kurzbiografie Cläre Casper (USPD/KPD, 1894-1976), einzige Frau im Kampfausschuss des Munitionsarbeiterstreiks Januar 1918. Toni Sender (USPD, 1888-1964) wird als Gewerkschaftsaktivistin porträtiert. Lena Fuhrmann, 22-jährige Betriebsrätin bei Salzgitter-Flachstahl, gibt abschließend ein aktuelles Statement für Kapitalismuskritik und Gegenmacht.

Unter den insgesamt 20 Autor/innen sind Historiker, Arbeitsrechtler, Gewerkschafter und Betriebsräte, die kurz und knapp die Geschichte der Arbeiterbewegung und ihre Kämpfe chronologisch, substanzreich und gut verständlich vermitteln. Auf wichtige historische Quellen-Texte wie Richard Müllers “Geschichte der Novemberrevolution” und die “Stenografischen Berichte über den Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Dezember 1918” wird hingewiesen. Ausführungen von Karl Marx über “Gewerksgenossenschaften”, Auszüge einer Rede von Oskar Cohn (USPD) in der Nationalversammlung 1919 über die “Sozialisierung”, und aus einer Grundsatzrede von Robert Dißmann auf der Generalversammlung des DMV 1919 über die Schuldigen an den Weltkriegs-Verbrechen, sowie eine Kurzbiografie des legendären Metallers Willi Bleicher (“Du sollst dich nie vor einem lebenden Menschen bücken!”) u. a. zeitgenössische Zitate bereichern die Kapitel.

Dieses Buch sollte in die Hände aller Beschäftigten, die für ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit eintreten wollen. Ein kleines Pflicht-Lesebuch für Gewerkschaftsmitglieder, Vertrauensleute, Betriebs- und Personalräte, um aus der Geschichte zu lernen und zu handeln: Es geht ums Mitmachen, selbst aktiv zu werden für ein besseres Leben – für sich selbst und für alle. Auch den erst seit 30 Jahren unter neue Gesetze fallenden Arbeitenden mit DDR-Biografie vermittelt der Band eine gute Sicht über die bald 70-jährige Betriebsverfassung der BRD. Leider steht im gesamten Buch zum Thema bisher kein Wort, das die Lebenswirklichkeit der Menschen in den 40 Jahren DDR und den 30 Jahren danach berücksichtigt. Immerhin gehören sie mit ihren Lebens- und Arbeitserfahrungen dazu, wenn es nach 100 Jahren um eine Vollendung der Novemberrevolution von 1918/19 geht. In der nächsten Auflage sollte dem Rechnung getragen werden. “Gegenmacht statt Ohnmacht” setzt die verdienstvolle Reihe “Widerständig” im Verlag VSA fort.

Rainer Knirsch

In: Mitteilungen, Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung e. V.,  Nr. 58, September 2020.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Der Aufstand der Töchter

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Jana Seppelt, Reinhold Niemerg u.a.
Der Aufstand der Töchter
Botanischer Garten Berlin: Gemeinsam staatlich organisierte
prekäre Beschäftigung überwinden


176 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2018 | EUR 16.00
ISBN 978-3-89965-782-1


Kurztext:
Beschäftigte aus dem Berliner Botanischen Garten und
anderen Bereichen sagen »Prekär und tariffrei – nicht mit uns«
und erheben Anklage gegen systematische Tarifflucht und das
Outsourcing in Verantwortung der öffentlichen Hand.


Inhalt:


Was tun, wenn sich eine öffentliche Einrichtung mit Tariflöhnen zu einer bösen Stieftochter
mit Dumpinglöhnen verwandelt? Was tun, wenn bisher betriebsinterne Tätigkeiten über
Werkverträge fremd vergeben werden? Was tun, wenn der Ton härter wird und die
Angstmache zunimmt? Was tun, wenn der Lohn nur noch die Hälfte des Lohns des direkten
Kollegen beträgt und jetzt schon klar ist, dass die Rente nicht zum Leben reicht?
Jahrelang haben die Beschäftigten des Botanischen Gartens Berlin, einer 100%igen Tochter
der Freien Universität, unter derartigen Zuständen gearbeitet und sich in einer 20monatigen
Tarifbewegung den Anschluss an den Flächentarifvertrag zurückerkämpft. Im Frühjahr 2017
hat die Freie Universität angekündigt, die Beschäftigten wieder in die Universität
einzugliedern und die Arbeitsverträge mit der Tochter auf die Mutter überzuleiten.
Auf dem Weg zu gleichem Lohn für gleiche Arbeit haben die Aktiven sich gewerkschaftlich
organisiert, Bündnisse mit Studierenden, Personalvertretungen, ASten und vielen Berliner
Beschäftigten in ähnlicher Situation – von der Charité Facility Management (CfM), dem
Technikmuseum Berlin oder Freien Trägern wie den Kinder- und Jugendambulanzen Berlin
(KidT gGmbH) – geschmiedet und gemeinsame Strategien erarbeitet. Sie haben über den
Tellerrand geschaut und zusammengehalten.
Darüber wird in diesem Buch berichtet, das dem Erfahrungsaustausch dienen und
Handlungsanleitung zugleich sein soll. Denn der Widerstand der Beschäftigten am
Botanischen Garten ist exemplarisch für alle ausgelagerten Bereiche in öffentlicher
Verantwortung: Museen, Freie Träger, Servicegesellschaften der Krankenhäuser, Musik- und
Volkshochschullehrer, Lehrbeauftragte an Universitäten und Hochschulen, öffentlicher
Nahverkehr und viele mehr. Sie alle können ein Lied davon singen, was Auslagerung und
Fremdvergabe zum Zwecke der Tarifflucht bewirken

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Streik und Menschenwürde

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Gerhard Kupfer (Hrsg.)
Streik und Menschenwürde
Der Kampf Bremer Mercedes-Arbeiter gegen Werkverträge und Leiharbeit
96 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2017 | EUR 9.80
ISBN 978-3-89965-737-1

Kurztext:

Kritische Dokumentation der Streiks Bremer Mercedes-Arbeiter gegen Fremdvergaben und Leiharbeit.

Inhalt:

Mit zahlreichen Aktionen inner- und außerhalb des Betriebs haben sie darauf aufmerksam gemacht, dass Schulterzucken gegen diesen skandalösen Trend genau so wenig hilft wie »Regulierungsversuche« oder gar Leiharbeitstarifverträge. Die Spaltung der Belegschaften, die Rechtlosigkeit immer größerer Teile von ihnen zerstört die Kampfkraft, die Solidarität und nicht zuletzt die Gewerkschaften selbst.
Über 30 Kollegen zogen vor Gericht gegen ihre Abmahnung wegen der Teilnahme an Streikaktionen und gegen eine jahrzehntealte deutsche Rechtsprechung zum Streikrecht, die unvereinbar mit dem Grundgesetz und europäischem Recht ist.
In Interviews, Berichten, Analysen und Dokumenten wird zudem deutlich, wie sich in Bremen eine Belegschaft mit einer kämpferischen Tradition herausbildete, angefangen beim spontanen Streik 1996 um den Erhalt der Lohnfortzahlung, über den Kampf gegen die andauernden »Sparpakete«, bis hin zum Widerstand gegen den Abbau des Streikrechts und die Bemühungen des Mercedes-Vorstands, die Daimlerbelegschaften weltweit gegeneinander auszuspielen.

Der Herausgeber:
Gerhard Kupfer war Mitglied des Betriebsrates und Vertrauensleutekörpers bei Daimler in Bremen.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Wir sind stolz auf unsere Kraft

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Anton Kobel (Hrsg.)
»Wir sind stolz auf unsere Kraft«
Der lange und phantasievolle Kampf um die Tarifverträge 2013 im Einzelhandel
112 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2014 | EUR 10.00
ISBN 978-3-89965-633-6

Kurztext:

Ermutigende Widerstandserfahrungen gegen einen Generalangriff von Vermögensmilliardären.

Inhalt:

Im Januar 2013 hatten die Arbeitgeber im Einzelhandel die Tarifverträge gekündigt – erst im Februar 2014 konnten die letzten neuen Verträge abgeschlossen werden. Hinter der Formel von der »Modernisierung der Tarifverträge« standen rabiate Lohnsenkungen für Tätigkeiten an der Kasse, Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Einschränkung von Mitbestimmungsrechten, Streichung von Nachtarbeitszuschlägen usw. – in einer Branche, in der die Spaltung der Gesellschaft besonders krass zum Vorschein kommt: Während das Tarifgehalt einer Vollzeit arbeitenden Verkäuferin über 2.315 Euro brutto nicht hinausgeht, stehen »Einzelhändler« auf den ersten vier Rängen der deutschen Vermögensskala: Familie Albrecht, Familie Brenninkmeijer, Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland), Familie Otto.
In diesem Buch stehen die Erfahrungen, phantasievollen Aktionen, innovativen Kampfformen und die neuen Eindrücke praktischer Solidarität im Vordergrund, die es möglich gemacht haben, das Arbeitgeberdiktat zu brechen. Eine spannende Erfahrungs- und Streikgeschichte.

Der Autor:
Anton Kobel, Mannheim/Heidelberg, ist seit 1971 gewerkschaftlich aktiv für Gewerkschaften als soziale Bewegung (»social movement unionism«), von 1979-2004 hauptamtlich für HBV und ver.di im Handel, seit 2004 in der Bildungsarbeit und als Berater.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Wir sind keine Schnäppchen

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Karl Kamp / Klaus Schroeder / Benedikt Hopmann
»Wir sind keine Schnäppchen«
Auch Beschäftigte in sozialen Diensten brauchen Tarifverträge
96 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2013 | EUR 9.00
ISBN 978-3-89965-566-7

Kurztext:

Der Kampf von »Lebenshilfe«-Beschäftigten in Berlin um ein besseres Gehalt, gewerkschaftliche Interessenvertretung und einen Tarifvertrag ging auch um ihre Anerkennung. Es ging damit um die Wertschätzung von sozialen Berufen.

Inhalt:

Das Berliner Unternehmen »Lebenshilfe gGmbH« war nicht tarifgebunden, aber die Kolleginnen und Kollegen hatten einen Betriebsrat gewählt. Kann ein Betriebsrat Gehaltssenkungen verhindern? Der Betriebsrat führte diesen Streit bis zum Bundesarbeitsgericht. Dann wehrten sich die Kolleginnen und Kollegen mit Unterstützung der Gewerkschaft. Über fünf lange Jahre. Mit öffentlichen Protesten. An einem Tag streikten sogar Kolleginnen und Kollegen in einer Wohnstätte. Das hatte es in 50 Jahren »Lebenshilfe« Berlin noch nicht gegeben!
Am Ende steht der Abschluss eines Tarifvertrages. Der Kampf um dessen Durchsetzung wird in diesem Buch beschrieben – als Ermunterung an alle, die in einer vergleichbaren Situation sind. Es darf nicht sein, dass diejenigen, die behinderte Menschen betreuen, besonders schlecht bezahlt und ihnen ihre Grundrechte verwehrt werden, weil Unternehmen glauben, dass sie aufgrund ihres »Dienstauftrags« keine Tarifverträge mit Gewerkschaften abschließen müssen.

Die Autoren:
Karl Kamp war langjähriger Betriebsratsvorsitzender der Lebenshilfe gGmbH in Berlin; Klaus Schroeder ist Vorsitzender des Hauptpersonalrats für die Behörden, Gerichte und nichtrechtsfähigen Anstalten des Landes Berlin; Benedikt Hopmann ist Rechtsanwalt in Berlin.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Altenpflegerin schlägt Alarm

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Brigitte Heinisch / Benedikt Hopmann
Altenpflegerin schlägt Alarm
Über das Recht, Missstände anzuzeigen
48 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2012 | EUR 6.00
ISBN 978-3-89965-515-5 1
Titel nicht lieferbar!

Kurztext:

Altenpflegerin ./. Bundesrepublik Deutschland. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschied im Juni 2011 zugunsten der Klägerin. Ihr durfte nicht gekündigt werden.

Inhalt:

Brigitte Heinisch arbeitete seit 2002 als Altenpflegerin in einem Pflegeheim der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH und erlebte am eigenen Leib die Überlastung der Pflegekräfte. Gemeinsam mit sieben weiteren Kolleg:innen schlug sie Alarm und erstattete gegenüber der Pflegedienstleistung eine Überlastungsanzeige. Damit brachte sie einen Stein ins Rollen: dreimalige Kündigung seitens Vivantes, verbunden mit dem Versuch, ihre Kollegen gegen sie auszuspielen, Klage gegen die Kündigung und nahezu unglaubliche juristische Auseinandersetzungen über alle Instanzen vom Arbeitsgericht Berlin über das Bundesverfassungsgericht bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Fazit: Im Wachstumsmarkt Pflege geht es nicht um den menschenwürdigen Umgang mit alten Menschen oder gute Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte. Da geht es oft nur um Profit. Dagegen war Brigitte Heinisch mit Erfolg widerständig. Das sollte auch anderen Mut machen.

Die Autor:innen:
Brigitte Heinisch ist Altenpflegerin. Benedikt Hopmann ist Rechtsanwalt in Berlin.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

»Emmely« und die Folgen

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Barbara Emme / Benedikt Hopmann / Reinhold Niemerg
»Emmely« und die Folgen
Über kleine »Siege« dank großer Solidarität
96 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2012 | EUR 9.00
ISBN 978-3-89965-516-2

Kurztext:

Juristische »Erfolge« und vielfältige Solidaritätsarbeit im Arbeitsrechtsstreit gegen Unternehmen und Konzerne sind möglich!

Inhalt:

Der »Fall Emmely« machte bundesweit Schlagzeilen: Barbara Emme – genannt »Emmely« – wurde wegen der Einlösung von zwei Flaschenpfandbons im Wert von 130 Cent und damit der »rechtswidrigen« Schädigung des Vermögens der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann GmbH fristlos gekündigt. Gemeinsam mit dem Komitee »Solidarität mit Emmely«, unterstützt von ihren Anwälten und den Gewerkschaften, konnte sie vor Gericht die Rücknahme der Kündigung erstreiten.
Der juristische Erfolg zeigt: Das Arbeitsrecht als in weiten Teilen erkämpftes Recht der Arbeiter und Angestellten kann als »Klassenjustiz« im umgekehrten Sinne, also gegen die Unternehmen gerichtetes Recht wirksam sein. Der Fall »Emmely« lehrt zweierlei: wie Unternehmen ihr Eigentums- und Vermögensrecht bis zum Äußersten verteidigen, aber auch: Rechtspositionen des Kapitals sind nicht unumstößlich und öffentliche Empörung kann Rechtsprechung im Sinne der Arbeitnehmer.Innen verändern.

Die Autor.Innen:
Barbara Emme arbeitet seit 1977 im Einzelhandel, zuletzt als Kassiererin. Benedikt Hopmann und Reinhold Niemerg sind Rechtsanwälte in Berlin.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Ohne uns läuft hier nix!

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Celia Bouali/Julia Bringmann/Laura Haßler/Christian Keil/Matthias Neis/Pablo Nuñez von Voigt (Hrsg.)

»Ohne uns läuft hier nix!«

Der Arbeitskampf der studentischen Beschäftigten in Berlin

96 Seiten | WIDERSTÄNDIG | 2019 | EUR 9.00
ISBN 978-3-96488-015-4

Kurztext: 

Studentische Beschäftigte an Hochschulen: prekär, unterbezahlt, unersetzlich … und streikbereit. Drei Jahre kämpften sie in Berlin um einen neuen Tarifvertrag: zur Nachahmung empfohlen!

Inhalt:

Mehr als 40 Tage haben die studentischen Beschäftigten der Berliner Hochschulen im ersten Halbjahr 2018 für einen neuen Tarifvertrag gestreikt: mit Erfolg. Nach 17 Jahren ohne Lohnsteigerungen konnten sie einen neuen und besseren »TVStud« durchsetzen, den bundesweit einzigen Tarifvertrag für diese Gruppe.

In allen anderen Bundesländern legen die Arbeitgeber*innen einseitig Löhne und Beschäftigungsbedingungen fest. Das ist wenig erstaunlich, denn kaum eine Gruppe hat so schlechte Voraussetzungen für die kollektive Durchsetzung ihrer Interessen: 100% Befristung, 100% Teilzeit, meist weniger als zehn Stunden pro Woche und kaum jemand bleibt länger als ein paar Jahre.

Zugleich sind studentische Beschäftigte schon lange unverzichtbar. Ohne sie würde der Betrieb in vielen Bereichen zusammenbrechen. Billige, hochflexible Beschäftigte, die kaum in der Lage sind, große Forderungen zu stellen: eine attraktive Mischung für Arbeitgeber*innen.

Das Buch der am Berliner Beispiel Beteiligten zeigt aber, dass studentische Beschäftigte trotz all dem erfolgreich gemeinsam kämpfen können. Weit über 1.000 von ihnen haben erkannt, dass es sich lohnt, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Sie sind Mitglied in ver.di oder der GEW geworden.

Hunderte von Aktiven haben den Streik in einer Vielzahl von kreativen Aktionen in den Hochschulen und der Stadt unübersehbar gemacht. Dieses Buch zieht die Bilanz einer ungewöhnlichen Tarifkampagne, zeigt Erfolge wie Probleme und will zur Nachahmung anregen, denn »Kämpfen lohnt sich!«


Die Herausgeber*innen:

Celia Bouali, Julia Bringmann, Laura Haßler, Christian
Keil
 und Pablo Nuñez von Voigt waren bei den Streiks aktiv, Matthias Neis war bei ver.di für die Kampagne zuständiger Gewerkschaftssekretär und leitet heute beim ver.di-Bundes­vorstand die Bundesarbeitsgruppen Hochschulen, Forschung, ABD und Studierende im Fachbereich Bildung, Wissen­schaft und Forschung.

Zu bestellen über den: VSA Verlag

Buchreihe – weiterlesen

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Die Buchreihe WIDERSTÄNDIG beschreibt widerständiges Handeln in Betrieben und Verwaltungen. Im Mittelpunkt steht das konkrete Beispiel. Es geht vor allem um das gemeinsame, gewerkschaftlich orientierte widerständige Handeln, aber auch um das widerständige Handeln Einzelner.

Die Reihe „WIDERSTÄNDIG“ entsteht in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften.

Immer kommen die Handelnden und Betroffenen selbst zu Wort. Das Beispiel soll Andere zum widerständigen Handeln ermuntern.

Zum besseren Verständnis werden ökonomische, juristische und historische Erläuterungen gegeben. Ökonomie als Kritik an den herrschenden Macht – und Eigentumsverhältnissen. Geschichte als Geschichte der abhängig Beschäftigten. Recht als Widerstandsrecht.

Die Lehren aus der Geschichte sollen nicht vergessen werden. Deshalb wird die Reihe „WIDERSTÄNDIG“ zusammen mit einem der Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN – BdA) und Historiker Dr. Ulrich Schneider herausgegeben, der in jedem Buch ein Vorwort schreibt.

Der Faschismus löste die Gewerkschaften auf und beseitigte alle kollektiven Rechte, die sich die Gewerkschaften erkämpft hatten. Das Tarifrecht, das Betriebsrätegesetz – alles wurde mit einem Federstrich zunichte gemacht. Eine „Deutsche Arbeitsfront“ mit den Unternehmern als „Betriebsführer“ und den Beschäftigten als „Gefolgschaft“ wurde etabliert. „Nie wieder Faschismus“ heißt dagegen Stärkung der Gewerkschaften und Verteidigung und Ausbau der Rechte der abhängig Beschäftigten. „Widerständiges“ Handeln im Betrieb ist in diesem Sinne immer auch antifaschistisches Handeln.

Die Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald erklärten in dem Schwur von Buchenwald 1945: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Wir haben die historische Funktion des großen Kapitals als Wegbereiter des deutschen Faschismus nicht vergessen. Wir haben das Ziel nicht aufgegeben, einem Wiederaufleben des Faschismus diese ökonomische Grundlage zu entziehen. Die Bücher der Reihe „WIDERSTÄNDIG“ und das Handeln, das in diesen Büchern beschrieben wird, sind ein Beitrag im Kampf um dieses Ziel.

Die Reihe wird herausgegeben von der Gewerkschaftssekretärin Jana Seppelt, einem der Bundessprecher der VVN-BdA und Historiker Dr. Ulrich Schneider und dem Rechtsanwalt Benedikt Hopmann.

Im Jahr 2020 erschien zum 100. Jahrestages der Betriebsverfassung das Buch Gegenmacht statt Ohnmacht, das sich mit der Geschichte der Betriebsverfassung, dem Kampf der Lohnabhängig um grundlegende Veränderungen, Erfolge und Niederlagen beschäftigt. Alle anderen Bücher der Reihe beschäftigten sich mit gegenwärtigen Beispielen widerständigen Handelns in Betrieben und Verwaltungen.

Zu den Zielen der Buchreihe in zehn Punkten

Zu bestellen über den: VSA Verlag