Arbeitsgericht für verbandsfreien Streik – ein erster Erfolg!

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Das Arbeitsgericht hat in einem Rechtsstreit, in dem Kollege RA Martin Bechert einen gekündigten Kollegen gegen Gorillas verteidigt hat, die Kündigung wegen Teilnahme an einem verbandsfreien Streik aus mehreren Gründen für unwirksam erklärt:

Unter 1..1.2.1 stellt das Gericht fest, dass Gorillas nicht ausreichend dargelegt habe, ob der Gekündigte überhaupt verstanden hat, um was es ging.

Unter 1.1.2.2. stellt das Arbeitsgericht fest, es sei nicht klar, ob es sich um einen Streik gehandelt habe oder ob der Gekündigte nur von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht habe.

Dann heißt unter 1.1.2.3. wörtlich: „Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Streikrecht nicht kodifiziert ist und somit auch die propagierte Notwendigkeit, dass ein Streik gewerkschaftlich organisiert sein muss, keine gesetzliche Grundlage hat. Dementsprechend vertritt die Literatur (Däubler/Heuschmidt, Arbeitskampfrecht, Seite 172 Randnummer 51) auch die Auffassung, dass das ganze Spektrum von Handlungsmöglichkeiten, die Artikel 28 EU-GRC eröffnet, jeder Gewerkschaft, aber auch jeder gemeinsam handelnden Arbeitnehmergruppe zustehe. Artikel 28 EU-GRC schütze daher auch den nicht gewerkschaftlichen „wilden“ Streik. Entsprechende Bedenken wurden auch in der Tagespresse geäußert (Tagesspiegel vom 02.10.2021, Seite 8). Mithin ist es keineswegs gesichertes Recht, dass ein Aufruf zu einem sogenannten wilden Streik einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstellt. Die Frage, ob die Teilnahme hieran einen Kündigungsgrund darstellt, stellt sich somit heute grundlegend anders als vor dem Inkrafttreten der Europäischen Grundrechtecharta (vergleiche zur früheren Rechtslage Lorenz, AiB 1998, 655).“  

Und wird unter 1.1.2.4 festgestellt, dass den Gekündigten trifft keine Schuld trifft, denn die Rechtslage sei so vielschichtig gewesen, dass er davon ausgehen durfte, dass sein Verhalten rechtmäßig sei.

Außerdem habe es an der erforderlichen Abmahnung gefehlt (siehe 1.1.2.5)

Hier der volle Wortlaut der Begründung: https://www.arbeitsrecht-berlin.de/urteil-des-arbeitsgerichts-berlin-zum-wilden-streik/

Kollege Bechert nimmt in seinem Blog zu diesem Urteil Stellung.

Herzlichen Glückwunsch an den Kollegen RA Bechert! Ein Gespräch der Jungen Welt vom 9. Mai 2022 mit RA Martin Bechert über diesen Erfolg hier lesen.

Mit Sicherheit wird Gorillas in die Berufung gehen. Aber diese Entscheidung des Arbeitsgerichts ist ein wichtiger erster Erfolg.

Es wird ein langer Kampf und eine große Kampagne für ein umfassendes Streikrecht.