1. Februar 2021 von benhop
Rechte des Betriebsrates
1. Einigungsstelle nach § 85 BetrVG:
Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Beschwerde ein Rechtsanspruch ist und damit der Beschäftigte, der sich beschwert, diesen Anspruch vor den Gerichten durchsetzen kann. Da die Entscheidung, ob eine Einigungsstelle eingesetzt wird oder nicht, nie weiter geht als bis zu den Landesarbeitsgerichten, wird je nach Bundesland unterschiedlich beurteilt, welche Beschwerden keine Rechtsansprüche sind und damit in einer Einigungsstelle über ihre Berechtigung entschieden werden kann. Typische Fälle sind in den Kommentaren zum § 85 BetrVG zu finden1. Nach einer Entscheidung des LAG Frankfurt kann eine Einigungsstelle über aus ableitbare Nebenansprüchen entscheiden, die nicht klar gegeben, nicht allgemein anerkannt und nicht oder nur schwer konkretisierbar sind2. Bejaht die Einigungsstelle die Berechtigung der Beschwerde, muss der Arbeitgeber ihr abhelfen3. Diese Möglichkeit der Beschwerde leidet unter nicht nur der Einschränkung, dass eine individuelle Beeinträchtigung verlangt wird (siehe oben), sondern darunter, dass die Einigungsstelle nur über die Beschwerde entscheiden kann, wenn kein Rechtsanspruch besteht.
Eine entsprechende Vorschrift fehlt im PersVG.
2. Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG
Sogenannte „Compliance-Regeln“ (Regeln zur Regeltreue) oder „Ethik-Richtlinien“ können mitbestimmungsfreie und mitbestimmungspflichtige Regeln enthalten. Mitbestimmungsfrei sind Regelungen, die lediglich die „UN-Philosophie“, allgemeine Programmsätze uns Selbstverpflichtungen des UN wiedergeben, oder Regeln, die ausschließlich das Arbeitsverhältnis betreffen. Mitbestimmungspflichtig sind dagegen Vorschriften zum allgemeinen Ordnungsverhalten, so z.B. Vorschriften zur Mitteilung von Verstößen gegen eine solche „Ethik-Richtlinie“, hotlines für Whistleblower, Telefonleitungen, auf denen Beschäftigte Verstöße von Kollegen gegen Gesetze oder interne Richtlinien persönlich oder anonym melden können/sollen/müssen. Allerdings sind solche Regelungen nur sehr begrenzt zulässig4.
3. Mitbestimmungsrechte abhängig vom Missstand
Der Betriebsrat hat, anhängig vom angezeigtem Missstand, Mitbestimmungsrechte, mit denen er ggfs. gegen die angezeigten Missstände vorgehen kann; z.B. im Fall der von Brigitte Heinisch angezeigten Missstände eine Gefährungsanalyse und die sich daraus ergebenden notwendigen Maßnahmen erzwingt (§ 5 ArbSchG).
4. Der Betriebsrat macht selbst Missstände öffentlich, nachdem interne und / oder externe Meldungen keinen Erfolg gebracht haben.
Hinweis: Eine Offenlegung (Öffentlichmachung) sollte unter allen Umständen nur unter Zuhilfenahme eines Anwalts erfolgen.
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1 Z.B. Kittner/Däubler- Buschmann BetrVG 16. Auflg. § 85 Rn. 16
2 LAG Frankfurt15.9.92 – 4 TaBV 52/92; ebenso 12.3.02 – 4 TaBV 75/01 ; 3.3.09 – 4 TaBV14/09; Kittner/Däubler- Buschmann BetrVG 16. Auflg. § 85 Rn. 18
3 LAG München 27.11.90 – 2 Sa 542/90; Kittner/Däubler- Buschmann BetrVG 16. Auflg. § 85 Rn. 25
4 Kittner/Däubler- Klebe BetrVG 16. Auflg. § 87 Rn. 62 mit Verweis auf Klebe/Wroblewski GS Zachert S. 314 (S. 318 ff. m.w.N.); LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 8.7.16 juris (Tz. 95 m.w.N.), Leitsatz: I.d.R. keine Verpflichtung, Fehlverhalten von Kollegen dem Arbeitgeber anzuzeigen