1. Was verbirgt sich hinter der Ausschreibung des S-Bahn Betriebs?

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7. September 2020 von benhop

Wenn es um Steuergelder geht, kommt es auf eine sparsame Haushaltsführung an: Die soll  durch eine Ausschreibung gesichert werden. Wenn es aber um Leistungen geht, die bisher immer durch den Staat angeboten wurden, dann ist die Ausschreibung weit mehr: Sie wird zum Türöffner für die Privatisierung dieser staatlicher Leistungen. Wenn nach der Ausschreibung der S-Bahn ein oder mehrere Privat-Unternehmen den Zuschlag bekommen, ist der Betrieb der S-Bahn auf den Teilnetzen Nord-Süd und Stadtbahn für 15 Jahre und die Instandhaltung der Fahrzeuge auf diesen Teilnetzen für 30 Jahre in privater Hand.

Es geht um ein Gesamtvolumen von 8 Milliarden Euro. Es geht um viele Beschäftigte, die jetzt noch bei der S-Bahn GmbH arbeiten. Und es geht um die Sicherung eines guten und zuverlässigen Personennahverkehrs. Mit der Privatisierung des S-Bahn Betrieb gibt das Land Berlin seine unmittelbare Verantwortung für einen guten Personennahverkehr, für den Schutz der Umwelt und für gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten an ein privates Unternehmen ab. Für ein privates Unternehmen steht an erster Stelle die Verzinsung des eingesetzten Kapitals.

Die Berliner haben in den vergangenen Jahren nur schlechte Erfahrungen mit  Privatisierungen gemacht. Das Wasser wurde privatisiert und die Wasserpreise stiegen in  astronomische Höhe. Erst ein erfolgreicher Volksentscheid erzwang, dass das Wasser wieder zurück in Landeseigentum geführt wurde. Dafür musste viel Geld gezahlt werden. Dann wurden Wohnungen privatisiert. Jetzt gibt es die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Die Deutsche Wohnen AG ist inzwischen im Deutschen Aktien Indes (Dax) als eines der großen Unternehmen in Deutschland gelistet.  Es ist zu hoffen, dass auch die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ erfolgreich ist und die Wohnungen in kommunale Hand zurückgeführt werden. Aber dann muss wieder viel Geld als Schadenersatz für die Enteignung auf den Tisch gelegt werden. Es ist nicht zu verstehen, dass der Senat nun ein drittes Mal die Privatisierung einer staatlichen Leistung vorantreibt.

Wenn die Ausschreibung durchgezogen wird, wird es auf jeden Fall eine Teilprivatisierung geben. Denn selbst wenn die S-Bahn GmbH den Zuschlag bekommen wird, wird die Instandhaltung in den Werkstätten zum Teil ausgelagert werden. Die S-Bahn GmbH bietet in der laufenden Ausschreibung zusammen mit Siemens und Stadler. Diese Privatfirmen werden nicht nur die Fahrzeuge liefern, sondern auch auch für die schwere Instandhaltung zuständig sein, für die jetzt die Werkstätten der S-Bahn GmbH zuständig sind.

Diejenigen, die hoffen, dass die Beschäftigten und Kunden der S-Bahn mit ‚einem blauen Auge‘ davon kommen und die S-Bahn GmbH den Zuschlag bekommt, können nicht ausschließen, dass am Ende – anders als sie gehofft haben – ein privates Unternehmen die Ausschreibung gewinnt. Eine Ausschreibung ist russisches Roulette. Man weiß ja, wie das ausgehen kann.