Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag über den Antrag von Nikaragua

Mit freundlicher Genehmigung des IGH. Alle Rechte vorbehalten.
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30. April 2024. Die Begründung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), mit der er (im Verfahren Nikaragua ./. Deutschland) den Antrag Nikaraguas auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme zurückgewiesen hat, ist einer Zusammenfassung zu entnehmen, die sich in der Original Fassung in Englisch auf der Homepage des IGH findet:

Der Gerichtshof erinnert an seine Beschlüsse vom 26. Januar 2024 und vom 28. März 2024 (Südafrika ./. Israel). Diese Beschlüsse gelten weiterhin und damit gilt auch ein völkerrechtliches Verbot, Kriegswaffen an Israel zu liefern.

Nachdem der Gerichtshof den Antrag Nikaraguas noch einmal wörtlich zitiert, gibt der Gerichtshof die Ansicht Nikaraguas wieder, dass Deutschland durch seine Waffenlieferungen und die Aussetzung der finanziellen Hilfe an UNRWA seine Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention verletzt habe.

Danach wiederholt der Gerichtshof den Vortrag Deutschlands in Den Haag: Insbesondere wiederholt er den Vortrag Deutschlands, dass es an strenge Regeln der EU zum Export von Militärtechnologie und Waffen gebunden sei. Außerdem habe Deutschland seine Lieferungen an Israel erheblich zurückgefahren und nach dem 7. Oktober 2023 im Wesentlichen nur 3.000 tragbare Panzerabwehrwaffen geliefert. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass Israel im Jahr 2023 an die deutsche Regierung wegen Panzermunition herangetreten ist und dass bisher keine Entscheidung Deutschlands bezüglich dieses Ersuchen ergangen ist.

Der Gerichtshof erklärt an keiner Stelle, dass Deutschland an Israel Kriegswaffen liefern dürfe, sondern stellt – gestützt auf die Erklärungen Deutschlands – fest, dass es keine Kriegswaffen an Israel geliefert hat, und erklärt – gestützt auf das Völkerrecht – dass Deutschland keine Kriegswaffen an Israel liefern darf.

Der Gerichtshof erklärt wörtlich: „Der Gerichtshof hält es für besonders wichtig, alle Staaten an ihre internationalen Verpflichtungen in Bezug auf den Transfer von Waffen an Parteien eines bewaffneten Konflikts zu erinnern, um das Risiko zu vermeiden, dass diese Waffen für Verstöße gegen die oben genannten Konventionen verwendet werden. Alle diese Verpflichtungen obliegen Deutschland als Vertragsstaat der genannten Konventionen bei der Lieferung von Waffen an Israel.“ Der Gerichtshof macht also unmissverständlich deutlich, dass Deutschland keine Waffen an Israel liefern darf.

Damit macht der Gerichtshof deutlich, dass die sechs von 47 Mitgliedern des Menschenrechtsrats, die am 5. April 2024 gegen die Forderung nach Waffenstillstand und Waffenstopp stimmten, darunter die USA und Deutschland, sich gegen das Völkerrecht stellten.

Beachtenswert ist die abweichende Stellungnahme des ad-hoc-Richters Al-Khasawneh. Er unterstützte den Antrag Nikaraguas mit der Begründung, dass Deutschland an Israel 3.000 Panzerabwehrwaffen zum Einsatz gegen einen Feind lieferte, der keine Panzer hat und deren Einsatz gegen zivile Wohnhäuser in Gaza durch Beweise belegt ist. Die Lieferung von 3.000 Panzerwaffen hatte Deutschland eingeräumt.

Das Hauptverfahren ist mit dieser Entscheidung nicht beendet. Denn dem Antrag Deutschlands auf Streichung der Rechtssache folgte der Gerichtshof nicht; dies begründete der Gerichtshof damit, dass er nicht offensichtlich unzuständig ist. Die Konsequenz ist: Deutschland muss damit rechnen, im Haupverfahren doch noch verurteilt zu werden, wenn sich herausstellt, dass Deutschland nach dem 7. Oktober über die 3.000 Panzerwaffen hinaus Kriegswaffen an Israel geliefert hat oder noch liefert – zum Beispiel die Panzermunition, um die Israel gebeten, über deren Lieferung an Israel aber Deutschland nach eigenen Angaben noch nicht entschieden hat.

Auszüge aus der Zusammenfassung des IGH im Folgenden als DeepL Übersetzung, zum besseren Verständnis an einigen Punkten leicht korrigiert:


„Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass Nicaragua am 1. März 2024 bei der Kanzlei des Gerichtshofs Klage gegen Deutschland wegen angeblicher Verstöße gegen bestimmte internationale Verpflichtungen in Bezug auf das besetzte palästinensische Gebiet eingereicht hat. Die Klage enthielt einen Antrag auf Erlass einstweiliger Maßnahmen.

Am Ende seiner mündlichen Erklärungen hat Nicaragua den Gerichtshof ersucht
„in äußerster Dringlichkeit, bis der Gerichtshof in der Sache entschieden hat und nachdem er die Parteien an die Verpflichtung zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie der Verpflichtung zur Zusammenarbeit, um alle schwerwiegenden Verstöße gegen zwingende Normen des Völkerrechts zu beenden, die folgenden vorläufigen Maßnahmen zu treffen
in bezug auf Deutschland in bezug auf seine Beteiligung an dem andauernden mutmaßlichen Völkermord und schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und andere zwingende Normen des allgemeinen Völkerrechts, im Gazastreifen und in anderen Teilen Palästinas anzuordnen:
(1) Deutschland muss seine Hilfe für Israel sofort aussetzen, insbesondere seine militärische Militärhilfe, die Ausfuhr und die Genehmigung der Ausfuhr von Rüstungsgütern und Kriegswaffen auszusetzen, soweit diese Hilfe dazu verwendet wird oder verwendet werden könnte schwere Verstöße gegen die Völkermordkonvention, das humanitäre Völkerrecht oder andere zwingende Normen des allgemeinen Völkerrechts zu begehen;
(2) Deutschland muss unverzüglich sicherstellen, dass militärische Ausrüstung, Kriegswaffen und andere militärisch genutzte Ausrüstung, die bereits von Deutschland und deutschen
an Israel geliefert wurden, nicht zur Begehung oder Erleichterung schwerer Verstöße gegen die Völkermordkonvention, des humanitären Völkerrechts oder anderer zwingender Normen des allgemeinen Völkerrechts verwendet werden;
(3) Deutschland muss seine Unterstützung und Finanzierung des UNRWA in Bezug auf dessen Operationen in Gaza wieder aufnehmen.“

In dem Beschluss weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass er nach Artikel 41 der Satzung „befugt ist, wenn es die Umstände erfordern, vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die zur Wahrung der jeweiligen Rechte einer der Parteien zu treffen sind“. Im vorliegenden Verfahren ist der Gerichtshof der Auffassung zunächst zu prüfen, ob Nicaragua hinreichend dargelegt hat, dass die Umstände, wie sie sich dem Gerichtshof jetzt darstellen, die Ausübung seiner Befugnis erfordern, einstweilige Maßnahmen anzuordnen.

Der Gerichtshof stellt fest, dass nach Ansicht von Nicaragua Deutschland durch die Lieferung von Waffen an Israel und dadurch, dass es die Bereitstellung von Mitteln für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) aussetzte, gegen seine Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention und dem humanitären Völkerrecht, einschließlich der Genfer Konventionen vom 30. August 1949 und den Zusatzprotokollen vom 8. Juni 1977, sowie dessen unübertretbare Grundsätze verletzt.
Nicaragua macht geltend, dass die deutsche Regierung für das Jahr 2023 Ausfuhren von „militärischen Rüstungsgüter und Kriegswaffen“ im Wert von mehr als dem Zehnfachen des Jahres 2022 genehmigt habe, wobei der überwiegende Teil der Großteil davon nach Beginn der israelischen Militäroperation im Gaza-Streifen genehmigt wurde.
Nicaragua behauptet, dass Deutschland die Situation in Gaza nicht ignorieren konnte und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass die von Deutschland bereitgestellten „militärischen Ausrüstungen und Kriegswaffen“ von Israel dazu verwendet würden „um Tausende von palästinensischen Kindern, Frauen und Männern zu bombardieren und zu töten“. Es behauptet außerdem, dass Deutschland nicht nur gegen seine Verpflichtungen zur Verhütung und Bestrafung von Verstößen gegen die Völkermordkonvention und das humanitäre Völkerrecht verstoßen habe, sondern sich auch „durch Beihilfe und Unterstützung der Begehung [dieser] Verstöße“ völkerrechtswidrig verhalten habe.

In seiner Antwort stellt der Gerichtshof fest, dass Deutschland zunächst erklärt, es habe die Verpflichtung erfüllt die den Vertragsstaaten der Völkermordkonvention obliegt, das Auftreten von Völkermord zu verhindern, indem es kontinuierlich alle ihm zur Verfügung stehenden angemessenen Mittel eingesetzt hat, um seinen Einfluss auf Israel geltend zu machen, um die Situation in Gaza zu verbessern und humanitäre Hilfe für die Bevölkerung von Gaza zu leisten. Zweitens trägt es vor, dass die Verpflichtung, die sich aus dem gemeinsamen Artikel 1 der Genfer Konventionen ableiten lasse, die Nichtparteien eines bewaffneten Konflikts treffe, einen Staat nicht dazu verpflichte, einem Staat, der an einem bewaffneten Konflikt beteiligt sei, keine militärische Unterstützung zu gewähren. Deutschland macht ferner geltend, dass es über strenge Genehmigungsstandards verfügt, um zu beurteilen, ob die Gefahr von schweren Verstößen gegen die Völkermordkonvention, des humanitären Völkerrechts und anderer zwingender Normen des Völkerrechts durch den Empfängerstaat besteht. Nach Auffassung Deutschlands gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Lieferung von Rüstungsgütern an Israel zu einem mutmaßlichen Völkermord oder zu Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht beigetragen hätte.

Der Gerichtshof stellt fest, dass Deutschland, wie es erklärt hat, durch den Vertrag über den Waffenhandel vom 2. April 2013 und durch den Gemeinsamen Standpunkt des Europäischen Rates vom 8. Dezember 2008 in der Fassung vom September 2019, der gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und von Militärtechnologie und Militärgütern festlegt, gebunden ist.
Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass, wie Deutschland ebenfalls erklärt hat, der deutsche Rechtsrahmen für die Herstellung, Vermarktung und Ausfuhr von Waffen und sonstigen Rüstungsgütern ein behördenübergreifendes Verfahren mit Prüfung durch mindestens zwei Ministerien und möglicherweise weitere Ministerien je nach dem Inhalt des Genehmigungsantrags verlangt. Nach diesem Rechtsrahmen gibt es zwei Kategorien von genehmigungspflichtiger Militärtechnologie und Militärgütern: „Kriegswaffen“, deren Ausfuhr Kriegsmaterial“, für dessen Ausfuhr zwei Genehmigungen erforderlich sind, und „sonstige Rüstungsgüter“, für deren Ausfuhr nur eine Genehmigung erforderlich ist. Unter dem deutschen Rechtsrahmen wird für jede erteilte Genehmigung von der Bundesregierung geprüft, ob ein eindeutiges Risiko besteht, dass das genehmigungspflichtige Gut zur Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder schweren Verstößen der vier Genfer Konventionen verwendet wird.

Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass, wie von Deutschland angegeben, seit November 2023 ein erheblicher Rückgang des Materials zu verzeichnen ist, für das die Lizenzen erteilt wurden, von ca. 200 Millionen Euro im Oktober 2023 auf ca. 24 Millionen Euro im November 2023, auf etwa 1 Million € im März 2024. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass seit dem 7. Oktober 2023 nach Angaben Deutschlands nur vier Genehmigungen für „Kriegswaffen“ erteilt wurden: zwei für Übungsmunition, eine für Treibladungen zu Testzwecken und eine für die Ausfuhr von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen. Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass Israel im Jahr 2023 an die deutsche Regierung wegen Panzermunition herangetreten ist und dass bisher keine Entscheidung der Beklagten bezüglich dieses Ersuchen ergangen ist. Darüber hinaus ist nach Angaben Deutschlands die Genehmigung für den Export eines U-Boots nach Israel anhängig, da bisher nur eine der beiden für diesen Export erforderlichen Genehmigungen erteilt worden ist.

Schließlich nimmt der Gerichtshof die Erklärung Deutschlands zur Kenntnis, dass 98 Prozent der seit dem 7. Oktober 2023 erteilten Genehmigungen „sonstige Rüstungsgüter“ und nicht „Kriegswaffen“ betrafen.

Hinsichtlich der Forderung Nicaraguas, dass Deutschland „seine Unterstützung und Finanzierung des UNRWA für seine Maßnahmen im Gazastreifen“ fortsetzen müsse, stellt der Gerichtshof fest, dass Deutschland entschieden habe, seinen Beitrag zum UNRWA am 27. Januar 2024 im Hinblick auf die Maßnahmen in Gaza auszusetzen. Diesbezüglich
stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Beiträge zum UNRWA freiwilliger Natur sind. Zweitens stellt er fest, dass nach den ihm von Deutschland vorgelegten Informationen in den Wochen nach der Ankündigung der Bekanntgabe seiner Entscheidung keine neue Zahlung fällig war. Schließlich stellt der Rechnungshof fest, dass Deutschland erklärte, dass es Initiativen zur Finanzierung der Arbeit der Agentur unterstützt hat, und zwar insbesondere durch die Zahlung von 50 Millionen Euro durch die Europäische Union an das UNRWA am 1. März 2024 sowie finanzielle und materielle Unterstützung für andere im Gazastreifen tätige Organisationen.

Auf der Grundlage der von den Parteien vorgetragenen Sachinformationen und rechtlichen Argumente kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Umstände derzeit nicht so sind, dass er von seiner Befugnis nach Artikel 41 der Satzung Gebrauch machen muss, einstweilige Maßnahmen anzuordnen.

Was den Antrag Deutschlands auf Streichung der Rechtssache von der Liste betrifft, so stellt der Gerichtshof fest, dass er in der Vergangenheit entschieden hat, dass er bei offensichtlicher Unzuständigkeit die Rechtssache im Stadium der vorläufigen Maßnahmen von der Liste streichen kann. Umgekehrt kann der Gerichtshof bei Fehlen einer solchen offensichtlichen Unzuständigkeit die Rechtssache in diesem Stadium nicht streichen. Da im vorliegenden Fall kein offensichtlicher Mangel an Zuständigkeit gibt, kann der Gerichtshof dem Antrag Deutschlands nicht stattgeben.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass er in seinem Beschluss vom 26. Januar 2024 in der Rechtssache betreffend die Anwendung der der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes im Gazastreifen (Südafrika gegen Israel) festgestellt hat, dass die militärische Operation, die Israel nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 zu „einer großen Zahl von Toten und Verletzten sowie zur massiven Zerstörung von Häusern, die gewaltsame Vertreibung der großen Mehrheit der Bevölkerung und umfangreiche Schäden an der zivilen Infrastruktur“ geführt hat. Darüber hinaus ist der Gerichtshof weiterhin tief besorgt über die katastrophalen Lebensbedingungen der Palästinenser im Gaza-Streifen, insbesondere angesichts des weit verbreiteten Entzugs von Nahrungsmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern, dem sie ausgesetzt sind, wie der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 28. März 2024 in der gleichen Rechtssache festgestellt hat.

Der Gerichtshof weist ferner darauf hin, dass nach dem gemeinsamen Artikel 1 der Genfer Konventionen alle Vertragsstaaten verpflichtet sind, die Konventionen „unter allen Umständen zu achten und für ihre Einhaltung zu sorgen“. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass jeder Vertragsstaat dieser Konventionen, unabhängig davon, ob er an einem bestimmten Konflikt beteiligt ist oder nicht, verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass die völkerrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Eine solche Verpflichtung ergibt sich nicht nur aus den Konventionen selbst, sondern aus den allgemeinen Grundsätzen des humanitären Rechts, denen die Konventionen lediglich konkretisiert werden. Was die Völkermordkonvention betrifft, so hatte der Gerichtshof Gelegenheit gehabt, festzustellen, dass die Verpflichtung, die Begehung des Verbrechens des Völkermordes nach Artikel I von den Vertragsstaaten verlangt, die sich der ernsten Gefahr bewusst sind oder normalerweise hätten bewusst sein müssen, dass ein Völkermord begangen worden wäre, bewusst sind oder normalerweise hätten bewusst sein müssen, alle ihnen vernünftigerweise zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um Völkermord so weit wie möglich zu verhindern. Ferner sind die Vertragsstaaten durch die Völkermordkonvention verpflichtet, keine anderen in Artikel III aufgezählten Handlungen zu begehen.

Darüber hinaus hält es der Gerichtshof für besonders wichtig, alle Staaten an ihre internationalen Verpflichtungen in Bezug auf den Transfer von Waffen an Parteien eines bewaffneten Konflikts zu erinnern, um das Risiko zu vermeiden, dass diese Waffen für Verstöße gegen die oben genannten Konventionen verwendet werden. Alle diese Verpflichtungen obliegen Deutschland als Vertragsstaat der genannten Konventionen bei der Lieferung von Waffen an Israel.

Der vollständige Wortlaut des verfügenden Teils des Beschlusses lautet wie folgt:
„Aus diesen Gründen,
DER GERICHTSHOF ,
Mit fünfzehn Stimmen gegen eine Stimme,
stellt fest, dass die Umstände, wie sie sich dem Gerichtshof jetzt darstellen, nicht so sind, dass sie die Ausübung seiner Befugnis nach Artikel 41 der Satzung erfordern, um vorläufige Maßnahmen anzuordnen.
DAFÜR: Präsident Salam, Vizepräsident Sebutinde, Richter Tomka,
Abraham, Yusuf, Xue, Bhandari, Iwasawa, Nolte, Charlesworth, Brant,
Gómez Robledo, Cleveland, Aurescu, Tladi;
DAGEGEN: Ad-hoc-Richter Al-Khasawneh.“
*
Vizepräsident SEBUTINDE fügt dem Beschluss des Gerichts eine gesonderte Stellungnahme bei; Richterin IWASAWA fügt dem Beschluss des Gerichtshofes eine gesonderte Stellungnahme bei; die Richter CLEVELAND und TLADI fügen dem Beschluss des Gerichtshofes Erklärungen bei; der Ad-hoc-Richter AL -KHASAWNEH fügt dem Beschluss des Gerichtshofes eine fügt dem Beschluss des Gerichtshofes eine abweichende Stellungnahme bei.“


Abweichende Meinung des Richters ad hoc Al-Khasawneh
Richter ad hoc Al-Khasawneh sieht sich gezwungen, eine abweichende Meinung zu vertreten. Diesbezüglich stellt er zunächst fest, dass den ungewöhnlichen Charakter des Gerichtsbeschlusses, insbesondere den minimalistischen Ansatz des Gerichts und den Mangel an Begründung, die in krassem Gegensatz zur umfangreichen und konstanten Rechtsprechung des Gerichtshofs steht. Er stellt fest dass es dennoch klar ist, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen im vorliegenden Fall erfüllt sind …
Die erste Frage ist die der Dringlichkeit, auf die sich der Ad-hoc-Richter Al-Khasawneh bezieht, u.a. auf die Verbringung von 3.000 Panzerabwehrwaffen zum Einsatz gegen einen Feind, der keine Panzer hat und deren Einsatz gegen zivile Wohnhäuser in Gaza durch Beweise belegt ist. Er verweist auch auf die bis weit in das Jahr 2024 hinein fortbestehenden Genehmigungen für den Export von Waffen und anderen militärischen Ausrüstungen, und zwar nicht zu Ausbildungs- oder Testzwecken, wie von Deutschland in Bezug auf frühere Genehmigungen behauptet. Er stellt fest dass Deutschlands Entscheidung, Israel zu unterstützen, inmitten von blutigen, völkermörderischen Erklärungen der israelischen Führung erfolgte.
….


Kiew setzt Grundrechte nach EU-Menschenrechtscharta außer Kraft

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Kiew hat dem Europarat am Sonntag offiziell mitgeteilt, dass die Ukraine ihre Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtscharta „teilweise aussetzt“. 

In Artikel 15, „Abweichungen im Notfallstand“, der Europäischen Menschenrechtscharta wird dies explizit erlaubt, wenn „das Leben der Nation durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand bedroht“ wird. Hier ist auch geregelt, dass die Vetreter des Landes den Generalsekretär des Europarats „umfassend über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe“ unterrichten müssen. Eine „mündliche Mitteilung“ eines ukrainischen Vertreters darüber war bereits am 4. April beim Europarat eingegangen.

Unter dem Kriegsrecht, das in der Ukraine am Tag der russischen Invasion vor mehr als zwei Jahren in Kraft getreten war, werden einige Artikel der Verfassung teilweise ausgesetzt. Das sind u. a. die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Briefgeheimnis, die Nichteinmischung in das Privatleben, die Freizügigkeit, die Rede- und die Versammlungsfreiheit.

Von Anne Frieda Müller mit Agenturen

Quelle:

„From the river to the sea – Palestine will be free“

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„… dass die Parole … nicht strafbar ist.“ Auszug aus Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen

Inhaltsverzeichnis


Mitteilung der Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.: Zur Sache 13 – 2024

Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.

Sehr geehrte Mitglieder der DPG e.V., liebe Leserin, lieber Leser,

Das Verwaltungsgericht Bremen hat in einem Beschluss zu einem einstweiligen Rechtschutzverfahren einer Bremerin mit palästinensischen Wurzeln geurteilt, dass etliche Auflagen der Bremer Innenbehörde, die bei einer Demonstration gelten sollten, „offensichtlich rechtswidrig“ sind. .

In der beigefügten Ausgabe 13-2024 unserer Reihe „Zur Sache“ finden Sie dieganze Begründung des Urteilsspruchs und die Klagebegründung´

Mit freundlichen Grüßen

Das Ende der Besatzung ist der Schlüssel für den Frieden

*DR. R I B H I  Y O U S E F*

Schatzmeister
Vizepräsident Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.

Quelle:

Das Verwaltungsgericht Bremen hat in einem Beschluss zu einem einstweiligen Rechtschutzverfahren einer Bremerin mit palästinensischen Wurzeln geurteilt, dass etliche Auflagen der Bremer Innenbehörde, die bei einer Demonstration gelten sollten, „offensichtlich rechtswidrig“ sind. Die vom Ordnungsamt gemachten 17 verschiedenen Auflagen entsprachen den auch vom Bundesinnenministerium schon verbotenen Slogans wie zum Beispiel „From the river to the sea/Palestine will be free/ Kindermörder Israel“ u.a. Die vom Ordnungsamt beanstandeten Äußerungen durften also auf der Demo folgenlos verbreitet werden, da das Bremer Innenressort wegen der Kurzfristigkeit auch nicht mehr rechtzeitig das OVG anrufen konnte. Jetzt aber wird sich das OVG damit befassen und es ist offen, ob es ähnlich wie in Hessen am Ende zugunsten der Klägerin entscheidet und die Parolen grundsätzlich erlaubt werden.

In der Bremer Politik haben sich inzwischen etliche Politiker der zweiten Reihe vehement gemeldet und laufen Sturm mit fatalen Äußerungen wie „die Richter hätten die aktuellen politischen Dynamiken ausgeblendet“. Dies dürfte eher für die von wenig Sachverstand getrübten Blicke der shitstormlaufenden Politiker zutreffen. Ebenso heftig war die Reaktion des Vertreters der Jüdischen Gemeinde Bremens, der sogar die absurde Frage aufwarf „ob wir hier noch willkommen sind“! Andere Politiker sahen sogar, dass das „Sicherheitsgefühl der Jüdinnen und Juden in unserem Lande geschwächt“ wird.

Das alles ist besonders absurd angesichts der Tatsache, dass am 27.4. die 30te große Demonstration der „Palästinensischen Gemeinde Bremen und Umland e.V.“ in Zusammenarbeit mit Unterstützung der „Bremer Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V.“ gegen den Gaza Krieg stattfand und es zu keinem Zeitpunkt seit dem Oktober 2023 irgendwelche nennenswerten Vorfälle gegeben hat, wie die Bremer Polizei jedes Mal anschließend mitteilte. Da auch alle Demonstrationen von dem Filmteam der DPG Marlies und Sönke Hundt in voller Länge aufgezeichnet und ins Netz gestellt wurden, kann jeder, der will, alle Abläufe und Reden noch nachvollziehbar – als YouTube-Film oder auf der Homepage „Nahost-Forum-Bremen.de“ – überprüfen. Man darf auf das Urteil des OVG gespannt sein, ob sie sich von einzelnen Politikern und medialer Begleitung beeinflussen lassen oder ebenso präzise und ausführlich begründet dem Unfug der Auflagen entgegentreten.

Die ganze Begründung des Urteilsspruchs und die Klagebegründung sind im Folgenden nachzulesen!


In dem Beschluss zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremens vom 19.04.24 über den erfolgreichen Eilantrag gegen Auflagen für eine pro-palästinensische Versammlung (5 V 949/24, VersG § 15 Abs 1, Versammlungsrecht, Beschluss) heißt es unter anderem:

„(1) Die Parole „From the river to the sea – Palestine will be free“, deren Verwendung mit Ziff. 5b der angegriffenen Verfügung untersagt wird, stellt nach summarischer Prüfung keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. 7 Die Kammer geht nach summarischer Prüfung davon aus, dass die Parole als solche nach den oben genannten Grundsätzen voraussichtlich nicht strafbar ist.“

Begründung:

„Bei der strafrechtlichen Einordnung der Parole ist zwar zu berücksichtigten, dass damit der Wunsch nach einem freien Palästina vom (Jordan)Fluss bis zum Mittelmeer ausgedrückt wird, das heißt in einem Gebiet, in dem Israel in seinen heutigen Grenzen liegt. Die Parole sagt aber als solche nichts darüber aus, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Grundsätzlich sind politisch verschiedene Mittel und Wege denkbar, dieses abstrakte Ziel zu erreichen. Ob die verschiedenen Wege politisch realistisch sind, ist dabei unerheblich. Einen zwingenden Aufruf zum bewaffneten Kampf gegen Israel beinhaltet der Slogan als solcher jedenfalls nicht (vgl. dazu ausführlich: HessVGH, Beschl. v. 22.03.2024 – 8 B 560/24 – juris Rn. 21). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung des Slogans durch die Versammlungsteilnehmenden zwingend als Aufruf zu Gewalt und Terror gegen Israel zu verstehen ist, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen und sie sind auch für das Gericht nicht ersichtlich (vgl. HessVGH, Beschl. v. 22.03.2024 – 8 B 560/24 – juris Rn. 21).“

weiter

„(2) Auch Abbildungen des israelischen Staatsgebietes, ausgefüllt mit den Farben der palästinensischen Flagge, die in Ziff. 5a der Verfügung untersagt werden, stellen voraussichtlich keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Sie sind nach Auffassung der Kammer nicht strafbar. Eine solche Abbildung weist im Kern denselben Inhalt auf, wie die Parole „From the river to the sea – Palestine will be free“. Auch mit ihr wird der Wunsch nach einem palästinensischen Staat geäußert, der sich auch auf das derzeitige israelische Staatsgebiet bezieht. Eine Strafbarkeit nach §§ 111, 130 und 140 StGB ist aus den oben zu der genannten Parole ausgeführten, Überlegungen, auf die auch insoweit Bezug genommen wird, zu verneinen.“

Und weiter

„(3) Ausgehend von den oben dargelegten Grundsätzen zur Beachtung von Art. 5 Abs. 1 GG im Rahmen strafrechtlicher Vorschriften, stellt sich auch die unter Ziff. 5c der Verfügung untersagte Parole „Kindermörder Israel“ nicht als strafbare Äußerung dar. Der Ausspruch „Kindermörder Israel“ ist mehreren Deutungsmöglichkeiten zugänglich. Er wird bislang häufig in Verbindung mit Verschwörungsmythen, wonach jüdische Menschen Ritualmorde an Kindern durchführen und das Blut von Kindern trinken würden, gebraucht. Diesem Verständnis liegt auch zugrunde, dass der Staat Israel im öffentlichen Diskurs häufig mit dem Judentum bzw. jüdischen Menschen gleichgesetzt wird. Die beschriebene Deutung ist vor dem Hintergrund aktueller Geschehnisse aber nicht der einzige Bezug, der aus Sicht eines verständigen Beobachters hergestellt werden kann. Es ist auch eine Auslegung dahingehend denkbar, dass mit dem Ausspruch „Kindermörder Israel“ Kritik an der derzeitigen Kriegsführung Israels geübt werden soll. Es ist nicht ausgeschlossen, die Äußerung auch so zu verstehen, dass hiermit nicht jüdische Menschen, sondern der Staat Israel als politischer Akteur gemeint ist. Das Vorgehen der israelischen Regierung und der israelischen Armee in der derzeitigen kriegerischen Auseinandersetzung stößt, auch international, zum Teil auf Kritik. Diese bezieht sich u.a. darauf, dass im Rahmen des Krieges in Gaza auch Kinder zu Tode gekommen sind. Vor diesem Hintergrund kann der Ausspruch „Kindermörder Israel“ auch als von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Kritikäußerung verstanden werden. Die Meinungsfreiheit gestattet dabei auch eine zugespitzte Kritik, bei der zudem keine juristisch präzise Verwendung des Begriffs „Mord“ vorausgesetzt werden darf (eine Strafbarkeit des Ausspruchs verneinend: HessVGH, Beschl. v. 02.12.2023 – 2 B 1715/23 –, juris Rn. 22; VGH BW, Beschl. v. 17.12.2023 – 12 S 1947/23 –, juris Rn. 45 ff.; Beschl. v. 05.06.2021 – 1 S 1849/21 –, juris Rn. 15; VG Münster, Beschl. v. 17.11.2023 – 1 L 1011/23 –, juris Rn. 36 ff.)“


Die vollständige Begründung zum Beschluss in der Verwaltungsrechtssache

19.04.2024 – Versammlungsrecht, 5 V 949/24, Beschluss vom 19.04.2024
Datum der Entscheidung
19.04.2024
Aktenzeichen
5 V 949/24
Normen
VersG § 15 Abs 1
Rechtsgebiet
Versammlungsrecht
Schlagworte
Auflage
Versammlungsauflage
Titel der Entscheidung
Versammlungsrecht, 5 V 949/24, Beschluss vom 19.04.2024 (pdf, 167.8 KB)
Leitsatz
Erfolgreicher Eilantrag (Auflagen für eine pro-palästinensische Versammlung)

Hier geht es zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen einschließlich der vollständigen Begründung:

tabellarische Übersicht: Themen zu Nahost, die nicht als eigene Beiträge zu sehen sind.

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2024-04-28Vom 7. Oktober zum Flächenbrand?Neues Video von : LüdersInhalts Punkt: 2
2024-04-15Regierungspressekonferenz | BPK u. a. “Palästina-Kongress” (Tilo)Mich würde erstmal grundsätzlich interessieren warum die Ministerin diesem Kongress islamistische Propaganda vorgeworfen und diese Menschen die sich da versammelt haben als islamistische Szene bezeichnet hatte.Inhalt Punk 11
2024-04-17Dr. Ghassan Abu-?Sittah: »Morgen ist ein palästinensischer Tag«Am 12. April hinderte die deutsche Regierung Dr. Ghassan Abu-?Sittah an der Einreise in das Land, um auf einer Konferenz in Berlin als Zeuge des Völkermords in Gaza zu sprechen. Am Tag zuvor, am 11. April, wurde Abu-?Sittah nach seiner erdrutschartigen Wahl mit 80 Prozent der Stimmen als Rektor der Universität Glasgow in der Bute Hall eingesetzt. Nachstehend finden Sie eine übersetzte Abschrift von Dr. Abu-?Sittahs Rede.Inhalt Punk 12

Präsidentin des Bundesarbeitsgericht zum Streikrecht

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27. April 2024: In einem Interview im Neuen Deutschland nimmt die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, zum Streikrecht Stellung. Bemerkenswert ist, dass Inken Gallner ausdrücklich darauf hinweist, dass das Bundesarbeitsgericht „in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2002 und 2007 mit Blick auf völker- und menschenrechtliche Garantien zweimal die Frage des Verbots politischer Streiks mit Bezügen zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen berührt.“ Die Präsidentin des Bundesarbeitsgericht fährt dann fort: „Über die Frage wurde aber nicht tragend entschieden.“[1]Die Frage im ND: „An dieser Trennung zwischen politischen und tarifbezogenen Streiks gibt es allerdings auch Kritik, beispielsweise von Theresa Tschenker“. Die Antwort von Inken Gallner: … Continue reading

Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich auf folgenden Satz in einer Entscheidung des Bundesarbeitsgericht aus dem Jahr 2002: „Dabei mag die generalisierende Aussage, Arbeitskämpfe seien stets nur zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele zulässig, im Hinblick auf Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC einer erneuten Überprüfung bedürfen.[2]BAG v. 10.12.2002 – 1 AZR 342/83. Diese Auffassung wiederholte das BAG in einer Entscheidung vom 2007.

Die Präsidentin des BAG gibt, den Hinweis, dass über diese Frage bisher „nicht tragend“ entschieden wurde. „Nicht tragend“ heißt: Das BAG hat seit 2002 keinen Fall entschieden, in dem es darauf ankam, ob Arbeitskämpfe nur zur Durchsetzung von tariflich regelbaren Zielen zulässig sind. Vor diesem Hintergrund war es eine krasse Fehlentscheidung, dass das Landesarbeitsgericht die Revision beim Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen hat. Ebensowenig ist nachvollziehbar, dass das Bundesarbeitsgericht unsere Beschwerde gegen die Nichtzulassung zurückwies.

Im Rechtsstreit der Gorillas – Beschäftigten geht es zwar nicht unmittelbar um den politischen Streik. Jedoch beruht das angebliche Verbot des verbandsfreien Streiks ebenfalls auf dem Argument, der Arbeitskampf sei ausschließlich zur Durchsetzung von Tarifverträgen zulässig. Der Streik der Gorillas war nicht auf einen Tarifvertrag gerichtet. Die Frage war also: War er trotzdem erlaubt?

Der Rechtsstreit der Gorillas – Beschäftigten liegt inzwischen beim Bundesverfassungsgericht.

References

References
1 Die Frage im ND: „An dieser Trennung zwischen politischen und tarifbezogenen Streiks gibt es allerdings auch Kritik, beispielsweise von Theresa Tschenker“. Die Antwort von Inken Gallner: „Ja, die These lautet, dass ein politischer Streik erlaubt ist, wenn er auf ein rechtmäßiges politisches Ziel gerichtet ist, das einen Bezug zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen hat. Dabei geht es auch um die Kontroverse zwischen Wolfgang Abendroth und Ernst Forsthoff in den 1950er-Jahren. Man kann das damals für die Arbeitgeberinnenseite verfasste Gutachten von Forsthoff so verstehen, dass Bürgerinnen nur bei Wahlen Einfluss auf politische Entscheidungen haben sollten. Ein politischer Streik wäre dann ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip. Auch der spätere erste Präsident des BAG Hans Carl Nipperdey hatte sich in einem Gutachten gegen die Rechtmäßigkeit politischer Streiks ausgesprochen. Die Gegenansicht von Abendroth, der das Gutachten für den DGB verfasst hatte, konnte sich in der Rechtsprechung nicht durchsetzen. Allerdings hat das BAG in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2002 und 2007 mit Blick auf völker- und menschenrechtliche Garantien zweimal die Frage des Verbots politischer Streiks mit Bezügen zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen berührt. Über die Frage wurde aber nicht tragend entschieden.“, zitiert nach nd v. 27.4.2024
2 BAG v. 10.12.2002 – 1 AZR 342/83

Deutschland in der Zwickmühle!!

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Sofern Deutschland weiter Kriegswaffen an Israel liefert, droht das Verwaltungsgericht Berlin einen Zwischenbeschluss an, der dies untersagt.

Diese Drohung steht im Zusammenhang mit einer Aufforderung des Verwaltungsgerichts Berlin vom Freitag den 26.04.2024 an die Bundesregierung (Antraggegnerin), "darzulegen, auf welche Weise die Bundesregierung im Fall künftiger unter das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) fallender Waffenlieferungen nach Israel – jedenfalls so lange die Kampfhandlungen im Gaza-Streifen andauern – sicherzustellen beabsichtigt, dass die Erteilung der Genehmigung keine völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik verletzen oder deren Erfüllung im Sinne des § 6 Abs. 3 Nr. 3 des Gesetzes gefährden würde."

Diese Aufforderung an die Bundesregierung steht wiederum im Zusammenhang mit einer Klage vom 19.02.2024. Die Klage hat das Ziel, in einer Eilentscheidung die Lieferung von weiteren Kriegswaffen von Deutschland an Israel zu verhindern.

Rechtsanwältin Beate Bahnweg gab vor wenigen Stunden auf ihrer Facebook-Seite folgende Erklärung ab:Die Bundesregierung bekommt mit der #Kriegswaffenlieferung an #Israel aller Voraussicht nach ein gerichtliches Problem vor dem Berliner Verwaltungsgericht. In unserer #Klage/Eilantrag VG 4 L 44/24 gegen die Waffenlieferungen nach Israel hat das Verwaltungsgericht am Freitag den 26.04.2024 gegen die Bundesregierung (Antraggegnerin) die folgenden Aufforderungen verfügt. Besonders wichtig ist, der letzten Satz des Gerichtes. Sofern Deutschland bis zur Eilentscheidung in dieser Klage vom 19.02.2024 weiter Kriegswaffen an Israel liefert, wird ein Zwischenbeschluss angedroht, der dies untersagt.

Das Schreiben des Verwaltungsgerichts an die Rechtsanwaltskanzlie Redeker, Sellner und Dahs, die die Bundesregierung vertritt, mit den Aufforderungen an die Bundesregierung (Antragsgegnerin) hat folgenden Wortlaut:

Das Gericht bittet die Antragsgegnerin darzulegen, auf welche Weise die Bundesregierung im Fall künftiger unter das KrWaffKontrG [1] Kriegswaffenkontrollgesetz
Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen
fallender Waffenlieferungen nach Israel – jedenfalls so lange die Kampfhandlungen im Gaza-Streifen andauern – sicherzustellen beabsichtigt, dass die Erteilung der Genehmigung keine völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik verletzen oder deren Erfüllung im Sinne des § 6 Abs. 3 Nr. 3 des Gesetzes gefährden würde.

Hierbei erbittet das Gericht insbesondere eine Darstellung der der bisherigen Genehmigungspraxis zugrundeliegenden Erwägungen (inklusive einer konkreten Benennung der her-angezogenen Erkenntnisquellen) und eine konkrete Stellungnahme dazu, ob und bejahendenfalls auf welche Weise sich diese Praxis künftig unter Berücksichtigung der Entwicklung der Militäroperation Israels im Gaza-Streifen seit Januar 2024 sowie deren vorläufiger rechtlicher Bewertung in der Entscheidung des IGH in der Sache Südafrika gegen Israel vom 26. Januar 2024 voraussichtlich darstellen wird.

Dabei sollte auch dargestellt werden, wie die Bundesregierung nunmehr die Genehmigungsfähigkeit von Kriegswaffen, wenn diese potentiell auch im Rahmen der kriegerischen Handlungen in Gaza genutzt werden könnten, konkret beurteilen würde bzw. ob und wenn ja, welche Differenzierungskriterien die Bundesregierung anlegen würde. Das Gericht bittet ferner um Mitteilung, ob und wenn ja welche eventuellen Zusagen von Israel bzgl. des Einsatzes für aus Deutschland ausgeführter Kriegswaffen.

Bislang hatte die Antragsgegnerin wegen der fehlenden Vorbefassung keine Gelegenheit, darzulegen, auf welche Weise sie einer möglicherweise gegenüber den Antragstellern bestehenden Schutzpflicht unter Zugrundelegung ihres Einschätzungs-, Wertungs- und/oder Gestaltungsspielraums künftig konkret nachzukommen gedenkt.

Sollte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Entscheidung des IGH im Eilverfahren Nicaragua gegen Deutschland vorliegen, wird gebeten, diese einzubeziehen und mitzuteilen, ob und wie sich diese aller Voraussicht nach auf die künftige Entscheidungspraxis der Antragsgegnerin zum Export von Kriegswaffen nach Israel für den Zeitraum andauernder Kampfhandlungen im Gaza-Streifen auswirken wird.

Das Gericht geht davon aus, dass bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag keine unter das KrWaffKontrG fallenden Waffenlieferungen nach Israel genehmigt werden. Sollte dies anders sein, wird um umgehende Mitteilung gebeten; ggf. würde dann ein sog. Hängebeschluss ergehen.

References

References
1 Kriegswaffenkontrollgesetz
Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen

25. April 2024: HoWoGe kauft im Auftrag des Senats 4.500 Wohnungen der Vonovia

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25. April 2024: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft HoWoGe kauft im Auftrag des Senats 4.495 Wohnungen von der Vonovia. Dazu Bauflächen für den Neubau für 1.200 Wohnungen. Alles zusammen kostet 700 Millionen €. In diesem Zusammenhang wurde mitgeteilt, dass Berlin über seine sechs landeseigene Wohnungsbaugesellschaften über 366.131 Wohnungen verfügt[1]Berliner Zeitung vom 25. April 2025, Seite 1.

Hinzu kommen ca. 30.000 Wohnungen der berlinovo, die die Skandalfonds der Bankgesellschaft verwaltet und manchmal als eine Art siebte Wohnungbaugesellschaft bezeichnet wird. Der Senat erklärte, dasss er die Zahl der landeseigenen Wohnungen auf 500.000 erhöhen will[2]Berliner Zeitung vom 25. April 2025, Seite 1.

Warum nicht die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ unterstützen und so den Bestand der landeseigenen Wohnungen erhöhen? Bürgermeister Kai Wegner erklärte: „Mit mir als Regierendem Bürgermeister wird es Enteignungen von Wohnungsunternehmen in dieser Stadt nicht geben. Punkt“[3]Tagesspiegel vom 24. April 2024; … Continue reading

Der Senat schmeißt lieber das Geld zum Fenster hinaus.

Am 29. April berichtete die Junge Welt unter Berufung auf die Berliner Zeitung, dass es sich um 4.400 Wohnungen handelt, die „1997 im Zuge der Privatisierungsorgie nach der Annektion der DDR in verschiedene Hände verkauft wurden“. Gestützt auf eine Anfrage der GRÜNEN aus dem Jahr 2.000 hatte die Berliner Zeitung berichtet, dass die HoWoGe bis zum Jahr 2.000 durch den Verkauf von 4.400 Wohnungen 183 Millionen Mark bzw. bzw. 94 Millionen € eingenommen habe[4]JW v. 29.4.2014, https://www.jungewelt.de/artikel/474296.vonovia-deal-mit-skandalkonzern.html, abgerufen am 4.5.24, 21:42 Uhr. Das ist für eine Wohnung ein Kaufpreis von 21.336,00 €. Jetzt zahlte die HoWoGe für jede Wohnung 159.090,00 € (700 Millionen € : 4.400 Wohnungen).

Und noch eine andere, ebenso aufschlussreiche Rechnung: Als der Berliner Senat im Jahr 2005 insgesamt 65.000 Wohnungen verkaufte, bekam er dafür 405 Millionen €[5]https://widerstaendig.de/zur-geschichte-einer-kampagne-wem-gehoeren-die-wohnungen/, also für jede Wohnung 6.231,00 € (405 Millionen € : 65.000 Wohnungen). Jetzt zahlt er für jede Wohnung 122.807,00 € (700 Millionen € : 5.700 Wohnungen). Dabei haben wir schon die 1.200 Neubau-Wohnungen hinzugerechnet, für die mit dem Deal nur die Grundstücke bezahlt werden.

USA legen Veto gegen Antrag Palästinas auf UN-Vollmitgliedschaft ein

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18. April 2024: Im Folgenden eine Mitteilung der Vereinten Nationen über eine Abstimmung im Weltsicherheitsrat, ob Palästina als Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen werden soll:

Der Sicherheitsrat hat am Donnerstag den Antrag Palästinas auf UN-Mitgliedschaft abgelehnt, wobei die Vereinigten Staaten ein Veto einlegten.

Mit 12 Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen nahm der Rat einen Resolutionsentwurf nicht an, der der Generalversammlung empfohlen hätte, mit den anderen UN-Mitgliedern über die Aufnahme Palästinas als vollwertiges UN-Mitglied abzustimmen.

Der Resolutionsentwurf ist einer der kürzesten in der Geschichte des Rates: „Der Sicherheitsrat empfiehlt nach Prüfung des Antrags des Staates Palästina auf Aufnahme in die Vereinten Nationen (S/2011/592) der Generalversammlung, den Staat Palästina zur Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zuzulassen.

Damit ein Resolutionsentwurf verabschiedet werden kann, müssen mindestens neun Mitglieder des Rates dafür sein und keines der ständigen Mitglieder – China, Frankreich, Russland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten – muss von seinem Vetorecht Gebrauch machen.

Inmitten des anhaltenden Krieges im Gazastreifen hatte Palästina am 2. April beim Generalsekretär beantragt, einen Antrag aus dem Jahr 2011 auf Aufnahme in die UNO zu überdenken.

Im Jahr 2011 hatte der Sicherheitsrat den Antrag geprüft, konnte sich aber nicht auf eine Empfehlung an die Generalversammlung einigen, die gemäß der UN-Charta eine Abstimmung unter Beteiligung ihrer 193 Mitgliedstaaten durchführen muss.

Anfang dieses Monats übermittelte der Sicherheitsrat den jüngsten Antrag an seinen Ausschuss für die Aufnahme von Mitgliedstaaten, der am 8. und 11. April tagte, um die Angelegenheit zu erörtern.

Palästina ist seit 2012 ständiger Beobachter bei den Vereinten Nationen, davor war es Beobachter in der UN-Generalversammlung.

Mehr über den Status Palästinas bei den Vereinten Nationen erfahren Sie in unserer Erklärung hier.

Die Verhandlung kann unter dem folgenden link in Englisch verfolgt werden: https://news.un.org/en/story/2024/04/1148731


* UN Photo/Manuel Elías

A detaillierter Blick zu Beginn der Sitzung des Sicherheitsrats auf die Lage im Nahen Osten, einschließlich der palästinensischen Frage.

„Kanonen und Butter – das wird nicht gehen!“

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Bundesfinanzminister Christian Lindner hat ein mehrjähriges Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen verlangt, um mehr Geld in Verteidigung investieren zu können. „Wenn es uns gelänge, mal drei Jahre mit dem auszukommen, was wir haben, dann wäre das ein ganz großer Schritt zur Konsolidierung“, sagte der FDP-Chef in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“[1]Tagesschau vom 23.2.2024 um 11:15 Uhr: https://www.tagesschau.de/inland/lindner-moratorium-100.html, abgerufen am 17.4.2024 um 23:35; Zeit-online vom 23.2.2024, abgerufen am 17.4.2024 um 23:37 Uhr

Dabei geht es um die Preissteigerung während dieser Zeit. Im Jahr 2023 betrug sie noch 5,9 Prozent[2]https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1046/umfrage/inflationsrate-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahr/, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr. Im Januar 2024 2,9 Prozent[3]https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/02/PD24_051_611.html, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr. Rechnet man in den nächsten drei Jahren mit jährlich 2 Prozent Preissteigerungen, wäre ein „Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen, um mehr Geld in Verteidigung investieren zu können“ gleichbedeutend mit einer Kürzung dieser Sozialausgaben um 6 Prozent.

Clemens Fuest, der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo, geht davon aus, dass an Kürzungen im Sozialbereich kein Weg vorbeiführen werde: „Es gibt Untersuchungen, wie es in der Vergangenheit so war, wenn man mehr für das Militär ausgeben musste, und das Ergebnis ist ganz klar, dann wurde weniger für andere Dinge ausgegeben. Ich verstehe Ihren Wunsch, Frau Lang[4]Ricarda Lang, Parteivorsitzende von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN; sie nahm ebenfalls an der Talk-Runde mit Maybritt Illner teil, wir kürzen ja hier den Sozialstaat zusammen, aber das wird so sein. Also: Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge, aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht, sondern: Kanonen ohne Butter: Das heißt wir werden Einbußen haben. … Auch die Verschuldung ist ja immer nur eine Verlagerung von Lasten in die Zukunft. Das ist ja nicht ein Aus-der-Welt-schaffen von Lasten. Ich stimme Ihnen zu Herr Lindner: Je größer das Problem ist, desto wichtiger ist es, dass wir mehr produzieren; denn das ist eigentlich der einzige Weg heraus. Wenn Sie wollen, dass wir unseren Sozialstaat weiter finanzieren können, den werden wir weiter finanzieren, aber er wird halt kleiner ausfallen oder andere Dinge werden kleiner ausfallen.“[5]Clemens Fuest in der Sendung Maybritt Illner am 22 02.2024: https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/clemens-fuest-kanonen-und-butter-sind-schlaraffenland-maybrit-illner-22-februar-2024-100.html … Continue reading

Rudolf Hess warb 1936 für sein Rüstungsprogramm mit demselben Motto: „Wir werden zu Not auch einmal ohne Butter fertig werden, niemals aber ohne Kanonen.“[6]https://www.imi-online.de/2024/02/27/kanonen-statt-butter/, abgerufen am 2.2.2024 um 16:58 Uhr

Sie reden von „wir“, wenn sie den Verzicht auf Butter predigen, meinen aber nie sich selbst.I


References

References
1 Tagesschau vom 23.2.2024 um 11:15 Uhr: https://www.tagesschau.de/inland/lindner-moratorium-100.html, abgerufen am 17.4.2024 um 23:35; Zeit-online vom 23.2.2024, abgerufen am 17.4.2024 um 23:37 Uhr
2 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1046/umfrage/inflationsrate-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahr/, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr
3 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/02/PD24_051_611.html, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr
4 Ricarda Lang, Parteivorsitzende von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN; sie nahm ebenfalls an der Talk-Runde mit Maybritt Illner teil
5 Clemens Fuest in der Sendung Maybritt Illner am 22 02.2024: https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/clemens-fuest-kanonen-und-butter-sind-schlaraffenland-maybrit-illner-22-februar-2024-100.html abgerufen am 17.4.2024 um 23:30 Uhr; siehe auch dazu IMI: https://www.imi-online.de/2024/02/27/kanonen-statt-butter/
6 https://www.imi-online.de/2024/02/27/kanonen-statt-butter/, abgerufen am 2.2.2024 um 16:58 Uhr