Wir schlagen folgende Garantie des Streikrechts im Grundgesetz vor, die insbesondere die immer noch bestehenden Einschränkungen des deutschen Streikrechts gegenüber anderen europäischen Ländern beendet:
„Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, wird das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts anerkannt, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus Tarifverträgen.“ .
Bisher wird die Koalitionsfreiheit in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz mit den folgenden beiden Sätzen garantiert:
„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig„.
Zwar hat das Bundesarbeitsgericht 1984 festgestellt, dass Tarifverhandlungen ohne Streikrecht „kollektives Betteln“ wären, und auch das Bundesverfassungsgericht hat dem Recht auf Streik Verfassungsrang eingeräumt, aber eine ausdrückliche Streikgarantie enthält das Grundgesetz nur indirekt: 1968 wurden nach sehr scharfen außerparlamentarischen und parlamentarischen Auseinandersetzungen im Bundestag die Einschränkung zahlreicher Freiheitsrechte im Falle eines Notstands beschlossen. Wegen der zahlreichen Proteste, die auch von den Gewerkschaften mitgetragen wurden, wurden ein Satz hinzugefügt, der anordnet, dass diese Notstands-maßnahmen sich nicht gegen „Arbeitskämpfe, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden„, richten dürfen[1]„Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und … Continue reading.
Wir fordern, den oben vorgeschlagenen und rot gekennzeichnete Satz voranzustellen, der das Streikrecht direkt und umfassend garantiert.
Damit würde eine Regelung in das Grundgesetz aufgenommen, die in der Europäischen Sozialcharta (ESC) enthalten ist und der der Bundestag schon vor vielen Jahren zugestimmt hat. Sie ist damit jetzt schon wie ein einfaches Gesetz zu beachten. Durch Aufnahme in das Grundgesetz würde der Rang dieser Regelung erhöht und ihrer andauernden Nichtbeachtung ein Riegel vorgeschoben. Die antifaschistische Ausrichtung des Grundgesetzes würde mit dieser Regelung erheblich verstärkt.
Die Regelung der Europäischen Sozialcharta[2]Artikel 6 Nr. 4 ESC lautet:
„Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien, …
und anerkennen,
4) das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus Gesamtarbeitsverträgen“
Gesamtarbeitsverträge heißen in Deutschland Tarifverträge.
Mit dem von uns geforderten zusätzlichen Satz würde Koaltionsfreiheit und Streikrecht umfassend gesichert. Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz würde dann lauten:
„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, wird das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts anerkannt, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus Tarifverträgen. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden „.
References
↑1 | „Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden„, Art 9 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz; die vielen Verweisungen in diesem Satz beziehen sich alle auf Notstandsregelungen |
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↑2 | Artikel 6 Nr. 4 ESC |