Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat das Verbot des Kitastreiks bestätigt.
Es korrigierte allerdings die Begründung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin in einem wichtigen Punkt. Das Landesarbeitsgericht folgte nicht der Begründung des Arbeitsgerichts, dass der Kitastreik schon deswegen verboten sei, weil das Land Berlin aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgeschlossen werden könne.[1]In der Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht heißt es: „Das Risiko des Landes, aufgrund des Beschlusses der TdL aus dem Arbeitgeberverband ausgeschlossen zu werden, überwiege nicht das … Continue reading
Das Landesarbeitsgericht stützt das Verbot des Kitastreiks allein auf die Friedenspflicht. Diese Friedenspflicht ergebe sich aus § 52 TV-L. Dazu heißt es in der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts:
„Diese Regelung speziell für Beschäftigte des Sozial- und Erziehungsdienstes der Länder Berlin, Bremen und Hamburg sei in der Tarifrunde zwischen der TdL und der Gewerkschaft ver.di im Dezember 2023 vereinbart worden. Ausgangspunkt dieser Vereinbarung sei die von ver.di geäußerte Erwartung gewesen, die Regelungen zur Entlastung von Erzieherinnen und Erziehern in der TV-L aufzunehmen, die ver.di tariflich mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände im Jahr 2022 geregelt hatte (TVöD-VKA). Dazu gehörten u.a. eine monatliche Zulage für Erzieherinnen und Erzieher und jährlich zwei Rehabilitationstage. Im Zuge der Tarifverhandlungen mit der TdL sei über die diesbezüglichen Regelungen aus dem TVöD-VKA verhandelt worden. Ergebnis der Verhandlung sei die Aufnahme der Zulagenregelung in den TV-L gewesen, während sich die Gewerkschaft mit den weiteren Punkten nicht habe durchsetzen können. Da alle Regelungen des TVöD-Pakets Gegenstand der Verhandlungen gewesen seien, sei dieses Paket abschließend geregelt worden. Die aktuellen Streikforderungen seien teilweise in diesem Regelungspaket enthalten, nämlich hinsichtlich der Regenerationstage und hinsichtlich der Vorbereitungszeit. Dadurch werde die Friedenspflicht verletzt.“[2]https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1493394.php
Dieses Urteil des Landesarbeitgerichts im vorläufigen Verfahren gilt zunächst und kann vollstreckt werden. Nur über ein sogenanntes Hauptsacheverfahren kann dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben werden. Ein solches Hauptsacheverfahren kann sehr lange dauern …
In der Stellungnahme von Ver.di zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts heißt es: „ver.di sieht in dem Urteil eine deutliche Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung sowohl in Berlin als auch bundesweit. Die Gewerkschaft kündigt vor diesem Hintergrund eine intensive Prüfung des Urteils an. Auf der Grundlage dieser Prüfung behält sich ver.di vor, das Land Berlin zu zwingen, ein Hauptsacheverfahren einzuleiten.„[3]In der Pressemitteilung von ver.di zu der Entscheidung des Landesarbeitsgericht heißt es unter anderem: “Das Landesarbeitsgericht hat am heutigen Freitag, dem 11. Oktober 2024, den Streik für … Continue reading
Der Streik mit den bisherigen Forderungen ist „auf unbestimmte Zeit untersagt“, wie ver.di richtig in ihrer Pressemitteilung erklärt.
Aber es gibt einen Satz in der zitierten Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts, der einen Ansatz bietet, den Kitastreik doch durchzuführen. Dieser Satz lautet: „Die aktuellen Streikforderungen seien teilweise in diesem Regelungspaket enthalten, nämlich hinsichtlich der Regenerationstage und hinsichtlich der Vorbereitungszeit.“ Nach Ansicht des Landesarbeitsgericht sollen insoweit die Streikforderungen gegen die Friedenspflicht verstoßen.
Dieser Satz bedeutet, dass mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts noch nicht das ‚Ende vom Lied‘ eingeläutet worden sein muss. Denn die Gewerkschaften könnten die Streikforderungen um die Forderungen ‚bereinigen‘, die nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts gegen die Friedenspflicht verstoßen. Dann wäre der Weg für die Gewerkschaften frei, doch noch zu einem Erzwingungsstreik aufzurufen.
Es geht also darum, zu prüfen, ob die Streikforderungen so geändert werden können, dass die Gewerkschaften doch noch zum Streik aufrufen können. Dabei ist auch zu prüfen, ob zugleich das Hauptsacheverfahren weiter betrieben werden kann.
Darüber kann erst endgültig entschieden werden, wenn die Begründung des Landesarbeitsgerichts vorliegt.
Siehe auch: Kitastreik – Info’s und Mitteilungen
References
↑1 | In der Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht heißt es: „Das Risiko des Landes, aufgrund des Beschlusses der TdL aus dem Arbeitgeberverband ausgeschlossen zu werden, überwiege nicht das Grundrecht der Gewerkschaft auf Arbeitskampfmaßnahmen aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die TdL rechtlich gehindert wäre, ihren Beschluss unter besonderen Umständen zu ändern. Deshalb seien Streiks zur Durchsetzung von Tarifverhandlungen mit dem Land Berlin über Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher in den Eigenbetriebs-Kitas des Landes Berlin nicht grundsätzlich unzulässig.“ Siehe: https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1493394.php |
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↑2 | https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1493394.php |
↑3 | In der Pressemitteilung von ver.di zu der Entscheidung des Landesarbeitsgericht heißt es unter anderem: “Das Landesarbeitsgericht hat am heutigen Freitag, dem 11. Oktober 2024, den Streik für pädagogische Qualität und Entlastung bei den Kita-Eigenbetrieben untersagt. ver.di sieht in dem Urteil eine deutliche Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung sowohl in Berlin als auch bundesweit. Die Gewerkschaft kündigt vor diesem Hintergrund eine intensive Prüfung des Urteils an. Auf der Grundlage dieser Prüfung behält sich ver.di vor, das Land Berlin zu zwingen, ein Hauptsacheverfahren einzuleiten. Dies hat jedoch keine Auswirkung mehr auf die laufende Tarifauseinandersetzung. Mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts sind weitere Streikmaßnahmen auf unbestimmte Zeit untersagt. ver.di wird nach Vorliegen der Entscheidungsgründe des LAG seine weiteren Optionen für den Bereich der Beschäftigten in den Kita- Eigenbetrieben des Landes Berlin prüfen.” Zur Pressemitteilung von ver.di hier: |