Politischer Streik am 1. März in Leipzig? Das Arbeitsgericht hat entschieden

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Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) beantragten den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den geplanten Streik von ver.di in Leipzig. Der Warnstreik soll vom 1. März 3 Uhr bis 3. März 6 Uhr früh dauern. Das Gericht sollte diesen Streik untersagen.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe argumentieren, tatsächlich richte sich der Streik nicht gegen die Verkehrsbetriebe, sondern gegen die Verkehrspolitik. Das respektable Ziel einer Klima – und Verkehrswende sei ein politisches Ziel. Adressat sei die Politik[1]siehe Erklärung der LVB, abgerufen am 29.2. um 15:07 Uhr: https://www.l.de/verkehrsbetriebe/nachrichten/ansicht/lvb-reichen-einstweilige-verfuegung-beim-arbeitsgericht-ein-8046/ .

Die 14. Kammer des Arbeitsgerichts Leipzig verhandelte am Donnerstag, 29. Februar 2024, um 15:30 Uhr[2]Leipziger Volkszeitung 29.02.2024, um 12:56, abgerufen am 29.2. um 15:07 Uhr: … Continue reading und entschied wenige Stunden später: Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde nicht stattgegeben.

Die LVB beklagten schon in ihrer Presseerklärung, die bestehenden Tarifforderungen würden zu einer wirtschaftlichen Mehrbelastung der Leipziger Verkehrsbetriebe in Höhe von ca. 12 Mio. EUR im Jahr führen. Als Tarifforderungen richten sich diese Forderungen erkennbar nicht an die Politik als Adressaten, sondern an die Verkehrsbetriebe. Auch der Warnstreik beschränkt sich auf diese Tarifforderungen.

Ver.di bleibt es unbenommen, zugleich mit der Klimabewegung „Fridays for future“ die Kampagne „Wir fahren zusammen“ voranzutreiben und zur selben Zeit, an dem sie zum Warnstreik aufrufen, sich an dem Klimaaktionstag zu beteiligen. Die LVB beachten nicht, dass die Tarifforderungen das eine ist, und der gleichzeitig stattfindende Klimaaktionstag zusammen mit „Fridays for future“ am 1. März das andere ist. Die politischen Forderungen am Klimaaktionstag sind keine Tarifforderungen[3]vgl. B. Hopmann „Politik und Streik“, Vortrag zum Hochschulaktiostag am 20. November 2023.

Entsprechend verteidigte verdi ihr Handeln in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht: Der Streikaufruf sei am Mittwoch nur von der Gewerkschaft und nicht auch von Klimagruppen unterzeichnet worden. In diesem sei es auch ausschließlich um Forderungen im Tarifkonflikt gegangen. „Wir können aber natürlich niemandem im Streik vorschreiben, was er in der Freizeit tut. Die Klimademo mit Fridays for Future ist nur ein Angebot – keine Pflicht für die Streikenden“, so Gewerkschaftsanwalt Ronny Jochim[4]Leipziger Volkszeitung 29.02.2024, 18:22 Uhr: https://www.lvz.de/lokales/leipzig/lvb-streik-in-leipzig-kann-stattfinden-leipziger-richterin-entscheidet-VJTRMESUMJGJ7NBFLSBD2PCBOA.html, abgerufen um … Continue reading

Warum können wir in Deutschland nicht wie in Frankreich streiken? Es wird höchste Zeit, dass das Verbot des politischen Streiks beendet wird. Dann haben sich solche Rechtsstreitigkeiten, ob ein Streik politisch ist oder nicht, erledigt. Es wird Zeit, dass Demokratie nicht länger auf die Abstimmung an der Wahlurne und den Feierabend beschränkt wird. Demokratie darf vor den Betriebseingängen nicht aufhören.    

Berlin 29. Februar 2024