Antwortschreiben der NATO

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  1. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis und stellt keine Bedrohung für Russland dar. Wir haben uns immer für Frieden, Stabilität und Sicherheit im euro-atlantischen Raum eingesetzt und für ein Europa als Ganzes, frei und in Frieden. Dies sind nach wie vor unsere Ziele und unsere bleibende Vision.
  2. Wir sind der festen Überzeugung, dass Spannungen und Meinungsverschiedenheiten durch Dialog und Diplomatie und nicht durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt gelöst werden müssen. In Anbetracht der erheblichen, unprovozierten, ungerechtfertigten und anhaltenden andauernden russischen militärischen Aufrüstung in und um die Ukraine und in Belarus fordern wir Russland auf, die Situation unverzüglich in einer überprüfbaren, zeitnahen und dauerhaften Weise zu deeskalieren. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine, einschließlich der Krim, innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen. Die Lösung des Konflikts in der und um die Ukraine herum, im Einklang mit den in durch vereinbarte Formate verankerten Minsker Vereinbarungen, würde die Sicherheitslage und die Aussichten auf Stabilität in Europa erheblich verbessern.
  3. Die NATO bleibt den Grundprinzipien und Vereinbarungen zur Untermauerung der europäischen Sicherheit fest verpflichtet. Wir bedauern Russlands Verstoß gegen die Werte, Grundsätze und Verpflichtungen, die es mitentwickelt hat und die den Beziehungen zwischen der NATO und Russland zugrunde liegen. Die NATO-Bündnispartner sind der Auffassung, dass die euro-atlantische Sicherheit zum Nutzen aller am besten verbessert werden kann, wenn alle Staaten bekräftigen, dass sie sich zu den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen, der auf Regeln beruhenden internationalen Ordnung und diesen Instrumenten in ihrer Gesamtheit freiwillig verpflichtet haben: der Schlussakte von Helsinki von 1975, der Charta von Paris von 1990 und der Istanbuler Charta für europäische Sicherheit. Russland trägt die gleiche Verantwortung für die Umsetzung dieser Grundsätze und Instrumente.
  4. Eine stabile und berechenbare Beziehung zwischen der NATO und Russland liegt in unserem gemeinsamen Interesse. Während des NATO-Russland-Rates (NRC) am 12. Januar 2022 hatten wir eine erste Diskussion, in der alle Anwesenden ihre Sicherheitsbedenken zur Sprache brachten. Die NATO-Verbündeten schlugen vor, den Dialog im NRC über Möglichkeiten zur Stärkung der Sicherheit aller fortzusetzen. Die Verbündeten sind bereit, Sicherheitsfragen mit Russland zu erörtern. Unser Dialog müsste auf der Grundlage der Gegenseitigkeit geführt werden, auf den Grundprinzipien der europäischen Sicherheit beruhen und die Sicherheit aller stärken.
  5. In Anbetracht der von Russland vorgelegten Vorschläge zur Sicherheit und unter Berücksichtigung unserer eigenen Bedenken haben die NATO-Bündnispartner Bereiche ermittelt, in denen in wir einen tiefgehenden Dialog konstruktiv eintreten können. Unser Ziel sind konkrete und für beide Seiten vorteilhafte Ergebnisse. Wir unterstützen den Vorschlag des NATO-Russland-Rates, eine Reihe von thematischen Treffen Sitzungen abzuhalten, um den Stand der Beziehungen zwischen der NATO und Russland zu erörtern; die Sicherheitslage in Europa, einschließlich in und um die Ukraine herum, sowie Fragen der Risikominderung, Transparenz und Rüstungskontrolle.
  6. Die euro-atlantische Sicherheit kann durch die Umsetzung folgender Vorschläge verbessert werden:

7. Stand der Beziehungen zwischen NATO und Russland

7.1 Umfassende Nutzung der bestehenden militärischen Kommunikationskanäle, um Vorhersehbarkeit und Transparenz zu fördern, sowie Risiken zu reduzieren.

7.2 Wiederherstellung der gegenseitigen Präsenz von NATO und Russland in Moskau und in Brüssel.

7.3 Bearbeitung des russischen Vorschlags zur Einrichtung einer zivilen Hotline zur Aufrechterhaltung von Notfallkontakten.

8. Europäische Sicherheit, einschließlich der Lage in der und um die Ukraine

8.1 Alle Staaten respektieren und befolgen die Grundsätze der Souveränität, Unverletzlichkeit der Grenzen und territoriale Integrität der Staaten und Unterlassung der Androhung und Anwendung von Gewalt.

8.2 Alle Staaten respektieren das Recht anderer Staaten, Sicherheitsvereinbarungen zu wählen oder zu ändern, und ihre eigene Zukunft und Außenpolitik frei von Einmischung von außen zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund bekräftigen wir unsere Verpflichtung für die NATO-Politik der Offenen Tür gemäß Artikel 10 des Washingtoner Vertrages.

8.3 Russland zieht seine Streitkräfte aus der Ukraine, Georgien und der Republik Moldau ab, wo sie ohne Zustimmung des Gastlandes stationiert sind.

8.4 Alle Parteien engagieren sich konstruktiv in verschiedenen Konfliktlösungsformaten, denen sie angehören, u.a. dem Normandie-Format, der Trilaterale Kontaktgruppe, der Internationalen Genfer Diskussion und die 5+2-Gespräche.

8.5 Russland verzichtet auf die Anwendung von Zwangsmaßnahmen, auf aggressive nukleare Rhetorik und bösartige Aktivitäten gegen Verbündete und andere Länder.

9. Risikoverminderung, Transparenz und Rüstungskontrolle. Die Bündnispartner können auf eine lange Erfolgsbilanz in den Bereichen Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung verweisen. Wir sind weiterhin offen für sinnvolle Rüstungskontrollgespräche und einen Dialog mit Russland über gegenseitige Transparenz und vertrauensbildende Maßnahmen, unter anderem durch die folgenden Vorschläge:

9.1 Fortsetzung der Praxis des Austauschs von Informationen über russische und NATO-Übungen im NATO-Russland-Rat mit dem Ziel, die Vorhersehbarkeit und Transparenz zu fördern und Risiken zu verringern.

9.2 Konstruktiver Einsatz für die Modernisierung des Wiener Dokuments in der OSZE;

9.3 Erhöhung der Transparenz von Übungen und Kurzzeitübungen durch Senkung der Schwellenwerte für Benachrichtigung und Beobachtung;

9.4 Verhütung gefährlicher Zwischenfälle militärischer Natur durch verstärkte Transparenz und Bemühungen um Risikominderung.

9.5 Abhaltung gegenseitiger Briefings über die Nuklearpolitik Russlands und der NATO und Ausarbeitung weiterer möglicher gegenseitiger strategischer Maßnahmen zur Risikominderung.

9.6 Beratung über Möglichkeiten zur Verringerung von Bedrohungen für Weltraumsysteme, unter anderem durch Bemühungen zur Förderung eines verantwortungsvollen Verhaltens im Weltraum; und Russland verzichtet auf die Durchführung von Anti-Satellitentests, die große Mengen von Trümmern verursachen.

9.7 Förderung eines freien, offenen, friedlichen und sicheren Cyberspace durch Konsultationen über Möglichkeiten zur Verringerung von Bedrohungen im Cyber-Bereich, indem Bemühungen zur Verbesserung der Stabilität durch Einhaltung der internationalen rechtlichen Verpflichtungen und freiwilligen Normen für verantwortungsvolles staatliches Verhalten fortgesetzt werden; und alle Staaten nehmen von böswilligen Cyber-Aktivitäten Abstand.

9.8 Beratung über konkrete Möglichkeiten zur Verhinderung von Zwischenfällen in der Luft und auf See, um das Vertrauen wiederherzustellen und die Vorhersehbarkeit in der euro-atlantischen Region zu steigern.

9.9 Alle Staaten verpflichten sich erneut zur vollständigen Umsetzung und Einhaltung aller ihrer internationalen Verpflichtungen und Zusagen im Bereich der Verpflichtungen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nicht-Weiterverbreitung, einschließlich der vollständigen Umsetzung des Chemiewaffenübereinkommens und des Übereinkommens über biologische Waffen.

9.10 Russland nimmt die Umsetzung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) wieder auf, kehrt zur Teilnahme an der Gemeinsamen Beratungsgruppe zurück und erstellt die im KSE-Vertrag geforderten detaillierten jährlichen Daten und Informationen.

9.11 In Anbetracht der Besorgnis der Bündnispartner über Russlands staatliches  Rüstungsprogramm, einschließlich seiner Bestände an nichtstrategischen Kernwaffen sowie der wachsenden Anzahl und Typen seiner Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen und Trägerraketen, ist Russland zu ermutigen:

  1. Mit den Vereinigten Staaten über künftige Rüstungskontroll- und Abrüstungsabkommen und -vereinbarungen zu verhandeln, die alle amerikanischen und russischen Kernwaffen betreffen, einschließlich nicht-strategischer Nuklearwaffen, nicht-einsatzbereite nukleare Sprengköpfe sowie alle nuklear bewaffneten Trägerraketen mit interkontinentaler Reichweite.
  2. Mit den Vereinigten Staaten ernsthaft über bodengestützte Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen und deren Trägerraketen als Teil einer breiteren Diskussion zu beraten, auch über nächste Schritte mit allen Bündnispartnern und im NATO-Russland-Rat.

10. Seit mehr als 30 Jahren bemüht sich die NATO um den Aufbau einer Partnerschaft mit Russland. Auf dem Londoner Gipfel von 1990, als sich der Kalte Krieg dem Ende zuneigte, reichte das Bündnis die Hand der Freundschaft und bot Dialog und Partnerschaft anstelle von Konfrontation und Misstrauen an. In den darauf folgenden Jahren schuf die NATO die Partnerschaft für den Frieden, und die NATO und Russland unterzeichneten die NATO-Russland-Grundakte Gründungsakte und gründeten den NATO-Russland-Rat, der nach wie vor einen einzigartigen Rahmen und ein Symbol für die Offenheit des Bündnisses für eine Zusammenarbeit mit Russland ist. Keinem anderen Partner wurde eine vergleichbare Beziehung oder ein ähnlicher institutioneller Rahmen angeboten. Dennoch hat Russland das Vertrauen gebrochen, das den Kern unserer Zusammenarbeit ausmacht, und hat die Grundprinzipien der globalen und euro-atlantischen Sicherheitsarchitektur in Frage gestellt.

11. Wir streben weiterhin eine konstruktive Beziehung zu Russland an, wenn seine Handlungen dies möglich machen. Wir ermutigen Russland, sich an einem sinnvollen Dialog über Fragen zu beteiligen, die für alle Mitglieder des NATO-Russland-Rates von Belang sind, um greifbare Ergebnisse zu erzielen. Die Umkehrung der militärischen Aufrüstung Russlands in der und um die Ukraine herum wird für substantielle Fortschritte von wesentlicher Bedeutung sein.

12. Die NATO sucht keine Konfrontation. Aber wir können und werden keine Kompromisse bei Prinzipien eingehen, auf denen unser Bündnis und unsere Sicherheit in Europa und Nordamerika beruhen. Die Bündnispartner bleiben dem Washingtoner Gründungsvertrag der NATO fest verpflichtet. Washingtoner Vertrag verpflichtet, einschließlich der Tatsache, dass ein Angriff gegen einen Bündnispartner als Angriff gegen alle gilt, wie in Artikel 5 verankert.

Wir werden alle erforderlichen Maßnahmen zur Verteidigung und zum Schutz unserer Verbündeten ergreifen, und wir werden bei unserer Fähigkeit, dies zu tun, keine Kompromisse eingehen.