Drei ehemalige Beschäftigte des Lieferdienstes Gorillas klagen gegen ihre Kündigung, die allein damit begründet wurde, dass sie im Oktober 2021 an einem verbandsfreien Streik der Gorillas Beschäftigten im Warehouse Bergmannkiez in Kreuzberg teilgenommen haben (Az.: 20 Ca 10257/21, 20 Ca 10258/21 und 20 Ca 10259/21).
Das Arbeitsgericht entschied gegen eine Verbesserung des Streikrechts.
Im Kern geht der Streit um die Einhaltung der Europäischen Sozialcharta, die sowohl verbandsfreie als auch politische Streiks erlaubt (Artikel 6 Absatz 4 Europäische Sozialcharta).
Allein ein Blick auf unseren Nachbarn Frankreich zeigt, dass Deutschland ein sehr restriktives und rückständiges Streikrecht hat. Und das, obwohl Deutschland in Europa dominierende Wirtschaftsmacht ist und nicht müde wird, die Bedeutung eines vereinten Europas hervorzuheben. Wenn Deutschland aber nicht bereit ist, sein Streikrecht völkerrechtlichen Anforderungen anzupassen, provoziert es die Frage: Welches Europa strebt Deutschland an? Denn das Streikrecht ist nicht ein Recht unter vielen anderen Rechten, sondern ein Grundrecht, ohne dass fundamentale soziale und demokratische Standards weder durchgesetzt noch verteidigt werden können.
Wir werden gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Berufung einlegen.
Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ein besseres Streikrecht durchzusetzen. Wir wollen damit auch zu einer öffentlichen Diskussion über die Bedeutung des Streikrechts für unsere Gesellschaft beitragen. Ohne Streikrecht keine Demokratie.
Frau Duygu Kaya, eine der drei Personen, die gegen ihre Kündigung geklagt haben, wollte eine Erklärung vor dem Arbeitsgericht abgegeben. Der Richter unterband diese Rede, obwohl auf deren Recht auf Gehör von ihrem Anwalt hingewiesen habe. Hier die Erklärung von Duygu Kaya
Zum Recht auf verbandsfreien Streik hier weiterlesen
Berlin 6. April 2022
Benedikt Hopmann
Rechtsanwalt