Ein Interview mit Helma Fries. Seit 1981 ist Helma in der Berliner Compagnie tätig, deren Mitbegründerin sie auch ist. Hier spielte sie in allen Produktionen, ist zusammen mit Elke Schuster künstlerische Leiterin und darüber hinaus verantwortlich für die Stücktexte wie für die Print-Grafik. 2009 erhielt die Berliner Compagnie den nationalen Aachener Friedenspreis.
Helma über sich selber:
Es ist etwas verwirrend,
aber im Grunde ganz einfach: Auf der Bühne und im Film spiele ich Männerrollen (als Gerhard bzw. H.G. Fries); im Alltag jedoch - und laut Amtsgericht Schöneberg ganz offiziell - bin ich
Frau Helma Fries
Inhaltsverzeichnis
Vorwort:
Wie sind wir auf die Idee gekommen, Helma Fries zu einem Gespräch einzuladen.?
Im Zuge der Vorbereitungen der Friedensdemo am 03. Oktober 2024 erhielt die Initiative „1918unvollendete Revolution“ eine E-Mail von Helma Fries, in der sie uns auf Ihr Plakat aus dem Jahre 1981 aufmerksam machte. Zufälligerweise fand ich unter den vielen Teilnehmern der Friedensdemo das Plakat, ohne zu wissen, dass es Helma war.
Auf Ihrer Mail hin, antwortete ich und frug Helma, ob sie für uns etwas über die Plakataktion schreiben würde. Darauf hin war Ihre Antwort, schreiben weniger, jedoch wäre sie für ein Interview bereit. Daraufhin entschieden wir uns zu einem spontanen Theaterbesuch mit anschließendem Interview.
Hier das Interview:
eine kleine Gliederung des Interviews:
- Vorstellung Plakat
- Bundeskanzler Scholz war mal aktiv in der Friedensbewegung
- Rede von Gerhard Eppler, Rede zum Gedenktag am 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion ein.
- Rede Putins im Bundestag
- Verhandlungen 2022 Russland – Ukraine
- Helma spricht über die Protokolle der Kuba-Kriese
- Helma berichtet über den Appell an die Menschen in den USA
- über Daniel Ellsberg
- Sammlung von Unterschriften von Bischöfen und Generälen
Das Interview führte Benedikt Hopmann und die Aufnahme sowie Bearbeitung erledigte Ingo Müller. Das Interview wurde am 06. Oktober durchgeführt.
0:04 Vorstellung des Plakates durch Benedikt:
ab 0:56 – Unser jetziger Bundeskanzler Scholz war mal aktiv in der Friedensbewegung, hier ein Beispiel:
ab 0:06 geht Helma kurz auf die Anzahl der Stützpunkte der USA und Russland ein
ab 6:45 geht sie kurz auf die Rede von Gerhard Eppler, Rede zum Gedenktag am 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion ein.
ab 7:45 geht sie auf die Rede Putins im Bundestag ein wo er bejubelt wurde, 2007 auf der Münchener Konferenz genau das Gegenteil.
ab 8:37 zur Thematik Verhandlungen 2022 Russland – Ukraine
ab 9:47 geht Helma auf die Protokolle der Kuba-Krise ein
ab 22:35 berichtet Helma über den Appell an Menschen in den USA:
ab 23:50 wird über Daniel Ellsberg gesprochen
ab 24.30 die Sammlung von Unterschriften von Bischöfen und NATO-Generalen
ab 30:57 liest Helma das letzte Zitat von Daniel Ellsberg auf dem Plakat vor:
„Die US-amerikanische Regierung ist zu einem Nuklearkrieg entschlossen. Um sich Rohstoffe und Weltmärkte zu sichern, ist sie – nach den großen Verlusten der USA im Vietnamkrieg – nunmehr bereit, kleine, sog. taktische Atomwaffen ( z.B. die Neutronenbombe) gegen Befreiungsbewegungen und Länder der Dritten Welt einzusetzen, die selber keine Atomwaffen besitzen. Da anzunehmen ist, dass jene Länder mit der UdSSR verbündet sind, soll diese von einem Gegenschlag mit ihren eigenen taktischen Atomwaffen abgeschreckt werden: durch die in Europa aufgestellten Pershing II und Cruise Misseles.
Sollte sich die UdSSR davon nicht abschrecken lassen, der USA in einem Land der Dritten Welt atomar zu antworten, würde sie durch die von Westeuropa aus gestarteten Mittelstreckenraketen so hart angeschlagen, dass sie – unterhalb der Selbstmordoption eines Angriffs mit Interkontinentalwaffen auf die USA – nur noch zu einem Gegenschlag auf Westeuropa fähig ist. Der Nuklearkrieg bliebe auf Europa begrenzt; die UdSSR wäre schwer verwundet, Europa eine verseuchte Wüste mit Millionen Toten, die USA aber blieben verschont.
Die USA weisen Europa die Funktion eines Puffers zu, der verhindern soll, dass ein begrenzter Atomkrieg in der Dritten Welt zu einem für die USA selbst tödlichen, globalen Nuklearkrieg eskaliert.“
Daniel Ellsberg, vormaliger Präsidentenberater und Atomkriegsexperte des US-Verteidigungsministerium, in einer Rede an der TU Berlin am 29.6.81
Kleine Bildergalerie
Foto: Ingo Müller, Benedikt Hopmann und Helma Fries im Gespräch, 06.10.2024
Das Plakat:
Die Texte der Zitate:
Linke Spalte
„Wir leben in einer Vorkriegs- und nicht in einer Nachkriegszeit“
Eugene Rostow, Leiter der Rüstungskontroll- und Abrüstungsbehörde der USA, in Playboy 12/82, S. 300
„Die militärischen Planer der USA sind überzeugt, daß es früher oder später zum Krieg zwischen den USA und der UdSSR kommen wird – und dieser Krieg wird ein nuklearer sein.
Die Amerikaner gehen davon aus, das der dritte Weltkrieg ebenso wie der Erste und Zweite in Europa ausgefochten wird.“
US-Admiral La Rocque, Frankfurter Rundschau, 29.04.1981
„Das Schlachtfeld des nächsten konventionellen Krieges wird Europa sein und nicht die Vereinigten Staaten“
US-Verteidigungsminister Weinberger, Frankfurter Rundschau, 29.04.1981
„ Es ist einfach eine Tatsache, dass – wie unglücklich und schrecklich das auch für die Welt sein würde – möglicherweise einige Kernwaffen zum Einsatz kommen könnten im Zusammenhang mit einem Krieg, der bis zu jenem Zeitpunkt ausschließlich auf dem europäischen Schauplatz geführt worden wäre.“
US-Verteidigungsminister Weinberger,
in einem Fernsehinterview mit der NBC am 27.10.81
nach: Der Plan Euroshima. Aus Reden und Schriften v. R. Reagan, A. Haig, C. Weinberger u.a., Köln 1982, S. 24/25
„Schließlich hat Japan den Atomangriff nicht nur überlebt, sondern hat danach eine Zeit der Blüte erlebt.“
Eugene Rostow, Leiter der Rüstungskontroll- und Abrüstungsbehörde der USA, nach Robert Scheer: Und brennend stürzen Vögel vom Himmel.
Reagan und der „begrenzte“ Atomkrieg, München 1983, S. 157
„Die kommenden Jahre werden für die Sache des Westens entscheidend sein“rief Reagan aus, weil der Kommunismus überwunden werde. Der Präsident will sich nicht mit Anklagen gegen den Kommunismus aufhalten: „Wir werden ihn abschließen als ein trauriges, bizarres Kapitel der Geschichte, dessen letzte Seiten eben geschrieben werden.“
US-Präsident Reagan in einer Rede am 18.05.81 nach Neue Züricher Zeitung vom 21.05.81
„Wie Sie wissen, gehe ich immer wieder auf Eure alten Propheten im Alten Testament und auf die Anzeichen zurück, die Armageddon (die biblische Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse) ankündigen. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich Frage, ob wir die Generation sind, die erlebt, wie das auf uns zukommt.“
US-Präsident Reagan nach „Die Welt“ vom 30.10.83
Rechte Spalte
„Die geplante Verlegung des US-Oberkommandos für Europa von Stuttgart-Vaihungen nach Großbritannien begründete NATO Oberbefehlshaber Rogers in einem Hearing des US-Repräsentantenhauses im März 82: „Die Schaffung eines überlebensfähigen Kriegshauptquartiers ist eine dringende Anforderung an das European Command…“
die Tageszeitung vom 17.12.82
Spiegel: „Ist die Stationierung der Pershing II in der Bundesrepublik sowie die Cruise Missiles in der Bundesrepublik und in anderen westlichen Ländern überhaupt verhandelbar?“ Rostow: „Nein. Dies ist eine Verpflichtung, eine Entscheidung, die von der NATO getroffen wurde…“
Eugene Rostow, Leiter der Rüstungskontroll- und Abrüstungsbehörde der USA, „Spiegel“ 30/81
„Der NATO-Plan, 108 Pershing II und 464 landgestützte Cruise Missiles zu stationieren, beabsichtigt nicht, ein Gegengewicht gegen die SS-20 zu schaffen… Die Nato braucht eine gute Anzahl dieser 572 Startrampen, ob nun die Sowjetunion ihre 22-20 bis auf Null abbaut oder nicht.“
Colin S. Gray, Beauftragter Reagans für Abrüstung, in seinem Artikel: „Die Idee der strategischen Überlegenheit“, in Air Force Magazine 3/82, S. 62f.
„Nehmen wir an, es handelt sich um 100 Ziele … wenn wir alle diese 100 Ziele treffen könnten, würden wir jedes Mitglied des Politbüros erwischen, jedes Mitglied des Zentralkomitees, wir würden alle entscheidend wichtige Bürokraten töten, wir würden also dem sowjetischen Huhn den Kopf abschneiden…“
Colin S. Gray in der Washington Post vom 14.05.82
„Grundlage der Atomkriegsstrategie [der USA] wäre die sogenannte Enthauptung, d. h. Schläge gegen die politische und militärische Führung und gegen die Verbindungslinien der Sowjetunion.“
Leitlinien-Dokument des Pentagon, New York Times 30.05,82, nach Blätter für deutsche und internationale Politik 3/83 „Sage niemand, er habe es nicht wissen können“, S. 413
„Es gibt wichtigere Dinge, als im Frieden zu leben.“
US-Außenminister Haig, vor dem Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen 18.1.81 ( s. Blätter für deutsche und internationale Politik 2/81, S. 183f. Und 10781, S. 116f.)
„Die US-amerikanische Regierung ist zu einem Nuklearkrieg entschlossen. Um sich Rohstoffe und Weltmärkte zu sichern, ist sie – nach den großen Verlusten der USA im Vietnamkrieg – nunmehr bereit, kleine, sog. taktische Atomwaffen ( z.B. die Neutronenbombe) gegen Befreiungsbewegungen und Länder der Dritten Welt einzusetzen, die selber keine Atomwaffen besitzen. Da anzunehmen ist, dass jene Länder mit der UdSSR verbündet sind, soll diese von einem Gegenschlag mit ihren eigenen taktischen Atomwaffen abgeschreckt werden: durch die in Europa aufgestellten Pershing II und Cruise Misseles.
Sollte sich die UdSSR davon nicht abschrecken lassen, der USA in einem Land der Dritten Welt atomar zu antworten, würde sie durch die von Westeuropa aus gestarteten Mittelstreckenraketen so hart angeschlagen, dass sie – unterhalb der Selbstmordoption eines Angriffs mit Interkontinentalwaffen auf die USA – nur noch zu einem Gegenschlag auf Westeuropa fähig ist. Der Nuklearkrieg bliebe auf Europa begrenzt; die UdSSR wäre schwer verwundet, Europa eine verseuchte Wüste mit Millionen Toten, die USA aber blieben verschont.
Die USA weisen Europa die Funktion eines Puffers zu, der verhindern soll, dass ein begrenzter Atomkrieg in der Dritten Welt zu einem für die USA selbst tödlichen, globalen Nuklearkrieg eskaliert.“
Daniel Ellsberg, vormaliger Präsidentenberater und Atomkriegsexperte des US-Verteidigungsministerium, in einer Rede an der TU Berlin am 29.6.81