„Kauft grüne Rüstungsaktien!“

Am Montag ist eine Kundgebung vor der Parteizentrale von DIE GRÜNEN geplant, die eher nicht bereit sein werden, ihre Politik auf dieser Kundgebung darzulegen, so dass das wohl einige Demonstrantinnen und Demonstranten übernehmen müssen. Hier einige Vorschläge:

„Feuer löscht man mit Benzin!“

„Grüne Moral bis zum letzten Ukrainer!“

„Atomkriegsprovokation ist grünes Menschenrecht!“

„Guten Tag, Kriegstreiber:innen!“

„Kauft grüne Rüstungsaktien!“

„Kauft Aktien der Energiewirtschaft – Wir schützen vor jedem Risiko!“

„Helft euren grünen Asow-Kameraden!“

„Klimakollaps – jetzt!“

„Panzer in die Ukraine!“

„Söldner in die Ukraine!“

„Auch wir wollen für die Freiheit töten und sterben!“

„Die NATO in die Ukraine!“ 

„Russland vernichtend besiegen!“

„Nie mehr Entspanungspolitik!“

„Peter Brandt, gib den Nobelpreis Deines Vaters zurück!“


„Hunderttausende Tote in Afghanistan, im Irak und Libyen reichen nicht – Wir brauchen Zerstörung und Chaos in Europa!“

„Wir haben lang genug auf den Dritten Weltkrieg gewartet!“

„Keine Angst: Nur CIA-Chef Burns nimmt die Atomkriegsgefahr ernst!“


Feuer löscht man nicht mit Benzin

Die Friedenskoordination Berlin hatte am 1. September 2022 zu einer Fahrraddemonstration aufgerufen. Hier Bilder von dieser Demonstration.

Während eines kleinen Zwischenstopp vor der Bundeszentrale der SPD, dem Willy Brandt Haus, hielt Benedikt Hopmann eine Rede, die hier in schriftlicher Form vorgelegt wird und nur um wenige Sätze ergänzt wurde:

Wer denkt an diesem Tag vor diesem Haus nicht an die Entspannungspolitik, die über Jahrzehnte weithin ein anerkanntes Merkmal sozialdemokratischer Außenpolitik war? Willy Brandt war das Gesicht dieser Außenpolitik.

Wir haben in den vergangenen Monaten erlebt, wie die letzten Reste dieser Politik regelrecht zerschossen wurden. Es war eine bewusste Abkehr.

Die Entspannungspolitik war unter der Kanzlerschaft von Willy Brandt entwickelt worden. Sie beendete den kalten Krieg zwischen den Blöcken Warschauer Pakt mit der Führungsmacht Sowjetunion und NATO mit der Führungsmacht USA. Diese beiden Blöcke verteidigten als militärische Bündnisse jeweils ihre Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.

Das Ziel der Entspannungspolitik war nicht nur, den kalten Krieg zu beenden, sondern auch einen heißen Krieg zwischen den Blöcken zu verhindern.

Dazu wurden Verträge geschlossen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit intensiviert, der Abschluss von Abrüstungsverträgen gefördert und blockübergreifend die KSZE geschaffen, die heute als OSZE weiter besteht.

Es ist wichtig und sollte nicht vergessen werden: Die Politik der Entspannung ging nicht von den USA aus, sondern von Europa.

Sie wurde von keinem der nachfolgenden Kanzler grundsätzlich in Frage gestellt, auch nicht von Kohl und Bundeskanzlerin Merkel, allerdings wurde sie auch nicht mit der Konsequenz fortgeführt, mit der sie einmal begonnen worden war.

Schon unter Helmut Schmidt entstand eine mächtige Friedensbewegung, weil Schmidt die Stationierung atomarer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland befürwortete und sein Nachfolger Helmut Kohl dann auch diese Stationierung durchsetzte.

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Dann änderten sich die Bedingungen gewaltig.

Im 2 + 4 – Vertrag zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten wurde die Übernahme der DDR durch die Bundesrepublik international abgesichert.

Gleichzeitig erhielt Deutschland seine volle Souveränität zurück. Aber die Bundesrepublik nutzte sie bis heute, also auch 30 Jahre später, nicht.

Sie lässt immer noch zu, dass in Büchel in der Eifel US-amerikanische Atomraketen stationiert sind. Die sogenannte nukleare Teilhabe, nach der der Transport dieser Raketen an ihr Ziel in den Händen deutscher Piloten liegt, verstößt gegen das Völkerrecht. Der Abwurf von Atomwaffen durch deutsche Piloten ist unvereinbar mit dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen. Deutschland braucht überhaupt keine Atomwaffen.

Auch lässt Deutschland zu, dass die USA einen großen Militärstützpunkt in Rammstein betreiben, über den sie weit über Europa hinaus Krieg führen. Anstatt sich von der amerikanischen Militärpolitik unabhängig zu machen, lässt sich Deutschland tief in sie hineinziehen.

Kurze Zeit nach Abschluss des 2 + 4 – Vertrages zerfiel die Sowjetunion in mehrere Einzelstaaten, darunter Russland und die Ukraine. Der Warschauer Pakt löste sich auf.

Nun hätte man denken können, dass sich auch die NATO auflöst, denn sie hatte sich ja immer als Verteidigungsbündnis gegen den Warschauer Pakt definiert.

Das wäre die große Stunde einer konsequenten Fortführung der Entspannungspolitik gewesen: Eine Zusammenarbeit von Lissabon bis Wladiwostok unter völliger Abschaffung der alten Militärblöcke.

Doch die NATO löste sich nicht auf. Das größte Interesse daran mussten die USA haben. Sie waren und sind die Führungsmacht in diesem Militärbündnis und beherrschen darüber einen wichtigen Teil Europas.

Es waren die USA, die mit aller Konsequenz den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien vorantrieben und 1999 auch durch setzten. Das hatte nichts mehr mit Entspannungspolitik zu tun, die ja gerade darauf ausgerichtet ist, Krieg zu vermeiden. Russland wurde vollständig an den Rand gedrängt. Jugoslawien wurde bombardiert und Deutschland bombardierte mit.

Die NATO beschloss noch während des Krieges ein neues strategisches Konzept, das Einsätze in der ganzen Welt erlaubt. Schon 1997 hatte die NATO die Tür für Polen, Tschechien und Ungarn geöffnet. 1999 öffnete sie zahlreichen weiteren Ländern im Osten die Tür für eine NATO-Mitgliedschaft, im Jahr 2008 auch der Ukraine – und das obwohl die USA ursprünglich versichert hatten, die NATO nach Osten nicht zu erweitern.

Wer kann Russland verdenken, wenn es Ende des Jahres 2021 keine weitere Erweiterung der NATO nach Osten forderte und verlangte, doch zumindest die militärische NATO-Präsenz auf den Stand von 1997 zurückgefahren wird? Es forderte nicht einmal die Rücknahme der ab 1997 neuen NATO-Mitgliedschaften.

Doch nichts geschah. Auf die immer stärker werdende Bedrohung reagierte Russland schließlich mit dem Einmarsch seiner Truppen in die Ukraine.

Dazu Klaus von Dohnanyi: “Was ich so traurig und bedrückend finde, ist, dass es man hat sehen können und dass man es nicht verhindert hat”. Auf die Nachfrage “Und Sie meinen, auch so kurzfristig hätte man es noch verhindern können?” antwortet Dohnanyi: “Aber natürlich, der amerikanische Präsident hätte nur sagen müssen: “Präsident Putin, wir werden jetzt über die Zukunft der Ukaine mit Ihnen reden. Nachdem wir sehen, dass Sie offenbar ernst machen, werden wir über die Zukunft der Ukraine mit Ihnen reden”. Das hatte er ausdrücklich verweigert. Putin hatte ja im Dezember 2021 an die Amerikaner geschrieben: “Ich brauche es diesmal schriftlich, damit wir von Ihnen wissen, woran wir mit der Ukraine in Zukunft sind. Ich möchte schriftlich von Ihnen wissen, wie wir in Zukunft mit der Ukraine umgehen wollen.” Und darauf hat Präsindent Biden gesagt: “Über diese Frage werden mit Ihnen gar nicht verhandeln” und als das passierte, da hätte es wirklich einen Aufstand auf deutscher Seite geben müssen, um zu sagen: Das kann doch nicht wahr sein. Denn wenn das jetzt wirklich zu einem Krieg führt, wie Ihr selber gesagt habt, ihr Amerikaner, dann führt es natürlich auch Deutschland mitten in diese Problematik.”

Der Einmarsch der russichen Truppen war völkerrechtswidrig, aber ein Vergleich mit dem Handeln der USA gegenüber Jugoslawien ist doch sehr instruktiv: War Jugoslawien jemals auch nur im Entferntesten für die USA oder die NATO eine Bedrohung wie es aber der sich immer enger schließende NATO-Ring um Russland ist?

Und jetzt haben wir wieder Krieg in Europa. Bundeskanzler Olaf Scholz nahm das zum Anlass, in seiner Zeitenwende-Rede im Februar diesen Jahres der Ukraine die volle Unterstützung im Krieg gegen Russland zu versichern und gleich auch noch einen hundert Milliarden schweren Sonderfond für die Bundeswehr anzukündigen. Die Abgeordneten erhoben sich von den Sitzen und klatschten Beifall als gälte es einen großen Sieg zu feiern.

Danach gab es permanente Angriff auf alle, die in irgendeiner Weise sich um Entspannung und Zusammenarbeit bemüht hatten.

Angeheizt wurde das Ganze von dem ukrainischen Botschafter Melnyk, dem Presse und Fernsehen bereitwillig ein Podium boten. Niemand blieb verschont, nicht Bundespräsident Steinmeier, nicht die Minsterpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig und auch nicht Angela Merkel. Diejenigen, die noch aktiv in der Politik sind, wie Steinmeier und Schwesig, sahen keinen anderen Ausweg, sich auf ihrem Posten zu halten, als den Rückzug anzutreten. Steinmeier räumte ein, dass Nordstream 2 ein Fehler gewesen sei.

Nordstream 2 wurde beerdigt. Und jetzt haben wir die immensen Preisssteigerungen und einen enormen zusätzlichen Ausstoss von klimaschädlichen Emissionen, weil als Ersatz auf Flüssiggas und Kohle zurückgegriffen wird. Außenministerin Baerbock verkündete vor zwei Tagen: “Der Krieg kann noch lange dauern … Die Ukraine gehört zur Krim.”

Das ist die komplette Umkehrung jeder Entspannungspolitik.

Alles auf Kriegskurs, der Löhne, Klima und unzählige Menschenleben zerstört.

Feuer löscht man nicht mit Benzin. Aber genau das ist der Kurs der Bundesregierung, permanent angetrieben von den USA.

Die wichtigste Frage ist jetzt, wie kommen wir daraus? Wie beenden wir den Krieg? Aber genau dieser Frage verweigert sich die Bundesregierung konsequent.

Da müssen wir eine Änderung herbeizwingen – gegen die Bundesregierung und gegen die USA.

Keine Waffenexporte an die Ukraine! Auch keine Sanktionen gegen Russland. Sie schaden nur uns selbst. Keine 100 Milliarden an die Bundeswehr. Das Geld brauchen wir für die Schulen und die Bekämpfung von Armut.

Ich habe vor ein Paar Wochen ein Pappschild gelesen, auf dem stand:

“Wir können auch mal ein paar Jahre weniger Lebensglück ertragen” – Gauck. Keine SEKUNDE Lebensglück für eure Kriege!

Handwerk gegen Krieg, Sanktionen und Preissteigerungen

28. August 2022: Kundgebung der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau


Zusammenfassung

ca. 2.000 Menschen nahmen an der Kundgebung am 28. August 2022 in Dessau teil


Fotogalerie


Redebeiträge von der Kundgebung:


Karl Krögel

Video: Ingo Müller, 28.08.2022

Reiner Braun

Video: Ingo Müller, 28.08.2022

Michael Müller

Video: Ingo Müller.28.08.2022

Kai Boeddinghaus

Video: Ingo Müller, 28.08.2022

René Schönau

Video: Ingo Müller, 280.08.2022

Erik Schulz

Video: Ingo Müller, 28.08.2022

Weitere Infos und Unterstützung der Petition „Nordstream 2 statt Gasumlage“

Hier findet Ihr die Petition: „NORDSTREAM 2 STATT GASUMLAGE“ zum lesen und zum unterschreiben

Link zur Petition:

und hier die PDF-Datei:

Infos zum Aufruf zur Kundgebung sowie Pressestimmen u. v. m. sind hier:

weiterlesen hier:


Presseberichte:

„Handwerker für den Frieden – Hunderte demonstrieren in Dessau“

Radio SAW, 28.08.2022

„Handwerker-Protest gegen Russland-Sanktionen“

MDR, 28.08.2022

„Handwerker für den Frieden – Über 2.000 Menschen protestieren in Dessau gegen Russland-Sanktionen“

Mitteldeutsche Zeitung, 29.08.2022

Was sollen deutsche Militärflugzeuge in Singapur?

In den letzten Tagen konnten wir in den Hauptnachrichtensendungen Bilder von Flugzeugen der Bundeswehr sehen, die in der Luft aufgetankt wurden – auf ihrem weiten Weg in den Indo-Pazifik.

Man fragt sich: „Was zum Teufel suchen bundesdeutsche Militärmaschinen in Singapur?“

Das Bundesministerium für Verteidigung veröffentlichte schon am 15. August dazu diese Meldung:

„Am 15. August verlegt die Luftwaffe mit einem Verbund aus mehreren Luftfahrzeugen in den indo-pazifischen Raum und demonstriert so ihre Einsatzbereitschaft: Sechs Eurofighter, vier A400M und drei A330 MRTTMulti Role Tanker Transport (Multi Role Tanker Transport) haben den Auftrag, Singapur in nur 24 Stunden zu erreichen. 

Mit der anschließenden Verlegung nach Australien und der Teilnahme an zwei internationalen Übungen dort testet die Luftwaffe ihre Interoperabilität mit Bündnispartnern innerhalb und außerhalb der NATO im Indo-Pazifik. … Bei der Luftkampfübung Pitch Black werden die Eurofighter mit den internationalen Partnern in größeren Formationen Luftangriffe und Verteidigung üben. … Bei der multinationalen Seekampfübung Kakadu schützen die Partner darüber hinaus Schiffe aus der Luft. Rund 250 Soldatinnen und Soldaten der Luftwaffe sind beteiligt.

Vor der Rückverlegung nach Deutschland üben die beteiligten Verbände gemeinsam mit der Singapur Air Force und besuchen Verbündete in Japan und Südkorea. Die beiden Kurzbesuche von deutschen Teilflotten in Japan und Südkorea dienen ebenfalls der Vertiefung der Beziehungen zu den dortigen Wertepartnern“. 

Und dann verweist das Bundesministerium für Verteidigung auf einen „ersten Schritt“ im vergangenen Jahr: „Ein erster Schritt zu mehr deutscher militärischer Präsenz im indo-pazifischen Raum war die Entsendung der Fregatte „Bayern“. Von August 2021 bis Februar 2022 war das Schiff der deutschen Marine im Seegebiet zwischen dem Horn von Afrika, Australien und Japan unterwegs“.

Diese Übungen sind auch im Zusammenhang mit dem strategischen Konzept zu sehen, das die NATO auf ihrem Gipfel in Madrid vom 28.-30. Juni 2022 beschloss [1]Das Bundesministerium für Verteidigung beschreibt die Bedeutung dieses strategischen Konzept so: „Das strategische Konzept ist – nach dem NATO-Vertrag – das zweitwichtigste Dokument für … Continue reading

Über die Zielrichtung dieses Konzepts informiert das Bundesministerium so:

„Russland ist die größte Bedrohung für die NATO und China spielt nun eine größere Rolle in der sicherheitspolitischen Betrachtung.“[2]Bundesministerium für Verteidigung: NATO-Gipfel 2022 – Neues strategisches Konzept beschlossen

„Die Russische Föderation ist die größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euroatlantischen Raum“, heißt es im neuen strategischen Konzept.“[3]siehe a.a.O

Und zu China heißt es: „Mit Sorge blicken die NATO-Mitglieder auf die immer enger werdende strategische Partnerschaft zwischen China und Russland. Die Volksrepublik setze „ein breites Spektrum an politischen, wirtschaftlichen und militärischen Instrumenten ein, um ihren weltweiten Fußabdruck und ihre Machtprojektion zu vergrößern.““[4]siehe a.a.O

Jürgen Wagner von der Informationsstelle gegen Militarisierung e.V. dazu unter der Überschrift „Bollwerk des Westens – Die Nato ruft mit ihrem strategischen Konzept endgültig die globale Großkonkurrenz aus“:

„Es lässt sich wohl mit Fug und Recht sagen, dass die NATO mit der Verabschiedung ihres neuen Strategischen Konzeptes auf dem Madrider Gipfeltreffen Ende Juni 2022 endgültig die „Ära der Konkurrenz großer Mächte“ (Ursula v.d. Leyen) ausgerufen hat. Während Russland im bis dato gültigen Konzept aus dem Jahr 2010 noch überwiegend in einem positiven Licht erschien und von China gleich überhaupt keine Rede war, hat sich der Wind schon seit einigen Jahren spürbar gedreht. Das nun verabschiedete Strategische Konzept stellt somit den vorläufigen Höhepunkt sich bereits seit Längerem abzeichnender Entwicklungen dar. Seit Jahren wird immer eindringlicher vor der Gefahr gewarnt, dass es zu einem Krieg zwischen den Großmächten, der NATO auf der einen und Russland und/oder China auf der anderen Seite kommen könnte – nach der Lektüre des neuen NATO-Konzeptes sollte allen klar sein, dass es sich hierbei keineswegs um Panikmache handelt. Besonders beunruhigend ist dabei vor allem die darin vorgenommene regionale wie funktionale Entgrenzung der besagten Großmachtkonkurrenz, ohne gleichzeitig irgendwelche Wege aufzuzeigen, wie aus der immer gefährlicher werdenden Krise wieder herausgekommen werden kann“.

Diese Orientierung wurde allerdings schon mit dem Jugoslawien-Krieg eingeleitet. So schrieb Gunter Hoffmann in DIE ZEIT im April 1999 mit Blick auf den Jugoslawien-Krieg: „Im Auswärtigen Amt entsteht jetzt der Eindruck, die USA wollten versuchen, einen Präzedenzfall dafür zu schaffen, dass nicht nur sie, sondern die NATO zur Verteidigung weltweiter Interessen ohne Sicherheitsbeschluss militärisch handeln können“[5]Gunter Hoffmann „Wie Deutschland in den Krieg geriet“ in: Die Zeit, 20/1999, S. 17-21; zitiert nach Heinz Loquai „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg. Die … Continue reading. Zwei Beobachtungen von Gunter Hoffmann sind bedeutsam: 1. Nicht nur die USA, sondern auch die NATO verteidigt weltweite Interessen. 2. Diese weltweiten Interessen werden auch ohne Beschluss des Sicherheitsrates der UNO und damit völkerrechtswidrig militärisch verteidigt.

References

References
1 Das Bundesministerium für Verteidigung beschreibt die Bedeutung dieses strategischen Konzept so: „Das strategische Konzept ist – nach dem NATO-Vertrag – das zweitwichtigste Dokument für das Bündnis“, siehe Bundesministerium für Verteidigung: NATO-Gipfel 2022 – Neues strategisches Konzept beschlossen
2 Bundesministerium für Verteidigung: NATO-Gipfel 2022 – Neues strategisches Konzept beschlossen
3, 4 siehe a.a.O
5 Gunter Hoffmann „Wie Deutschland in den Krieg geriet“ in: Die Zeit, 20/1999, S. 17-21; zitiert nach Heinz Loquai „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg. Die Zeit vom Ende Novemer 1997 bis März 1999“ Baden-Baden 2000, S. 154

Hintergründe und Lösungsperspektiven des Ukraine-Krieges

Der Bundesausschuss Friedensratschlag formulierte im Juni 2022 ein Positionspapier zum Ukraine-Krieg, das auch noch im August aktuell ist. Es lohnt, sich etwas Zeit zu nehmen und diesen Beitrag zu lesen. Wir veröffentlichen ihn daher hier noch einmal in voller Länge und an hervorgehobener Stelle.

Die Hoffnungen vieler nach dem Ende des Kalten Krieges auf eine friedlichere Welt haben sich nicht erfüllt. Durchgängig herrschte in den letzten Jahren in über 30 Ländern weltweit Krieg. Wirtschaftliche Erpressungspolitik, Blockaden und Handelskriege zerstören weltweit ökonomische und ökologische Existenzgrundlagen. Immer mehr Menschen sind wegen Krieg, Armut und Umweltzerstörung auf der Flucht. Mit der Ukraine kam ein weiterer Krieg hinzu, mit dramatischen Auswirkungen auf Europa und die ganze Welt.

Um diese verhängnisvolle Entwicklung zu wenden, müssen wir zurück zu den friedenspolitischen Ansätzen der 1970er und 1980er Jahre und den mit konkreten Abkommen verbundenen Bestrebungen in den 1990er Jahren nach Ende des Kalten Krieges, die durch die Expansionspolitik der NATO zu Grabe getragen wurden. Eine Entspannungspolitik und Sicherheitsarchitektur, die die Sicherheitsinteressen aller Konfliktparteien berücksichtigt, ist alternativlos. Angesichts gigantischer globaler Probleme – Hunger und
Elend, soziale Ungleichheit, Erderwärmung und Artensterben, Verseuchung von Böden, Flüssen und Meeren – sind Krieg und Aufrüstung unverantwortlich. Ohne internationale Zusammenarbeit und die Aufwendung aller zur Verfügung stehenden Mittel sind die globalen Probleme nicht zu lösen.

Sicherheit für uns Menschen kann nicht durch Hochrüstung und militärische Interventionen erreicht werden, sondern nur durch eine gerechte Politik und nachhaltiges, vorausschauendes Handeln. Ein Streben nach Dominanz, unfaire Handelsbeziehungen und die
politisch geschaffene immer größere Kluft zwischen Arm und Reich stehen dem diametral entgegen.

Wir sind für eine neue Politik der Zusammenarbeit statt Konfrontation, für eine Friedenspolitik der vertrauensbildenden Maßnahmen, die zu Entspannung und Abrüstung führt, zu einem System gemeinsamer Sicherheit und kontrollierter Abrüstung in Europa und weltweit, für eine Friedenspolitik, wie sie 1990 mit der Charta von Paris und folgenden Abkommen angestrebt worden war.

Statt der Berufung auf eine westlich definierte regelbasierte Ordnung fordern wir die Beachtung des Völkerrechts von allen Seiten und ein Ende der Doppelmoral.

KRIEG ZWISCHEN NATO UND RUSSLAND

Krieg als Mittel der Politik lehnen wir grundsätzlich ab. Wir haben uns stets entschieden dafür eingesetzt, Krieg als Mittel der Politik zu verhindern, auch bei dem Konflikt zwischen NATO, Ukraine und Russland. Der russische Einmarsch in die Ukraine ist daher ein
Rückschlag für alle, die sich für Frieden engagiert haben – und gleichzeitig eine Herausforderung für die Friedensbewegung, ihre Bemühungen für zivile Lösungen zu intensivieren. Nicht zu viel Entspannungspolitik ist das Problem gewesen, sondern zu wenig.

Als Bürger:innen eines NATO-Staates richten wir unsere Kritik in erster Linie an die NATO-Staaten. Denn der Krieg hätte verhindert werden können und müssen. An eindringlichen Warnungen, auch von zahlreichen führenden westlichen Außenpolitikern und Experten, dass die Missachtung essentieller Sicherheitsinteressen Russlands eine solche Reaktion provozieren könnte, hat es nicht gefehlt. Wir weisen zudem die Doppelmoral zurück, mit der ausgerechnet die Regierungen der USA und ihrer Verbündeten den
russischen Einmarsch als Völkerrechtsbruch anprangern, sich als Richter aufspielen und härteste Sanktionen verhängen, nachdem sie selbst verheerende Angriffskriege geführt und Völkerrecht gebrochen haben.

Dieser Krieg in Europa ist wie alle anderen zuvor eine Katastrophe, vor allem für die direkt Betroffenen. Die Regierung der Russischen Föderation hat damit eine Zäsur in ihren Beziehungen zum Westen vollzogen. Statt sich weiter auf diplomatischem Wege um einen Abbau der Spannungen und um Sicherheitsvereinbarungen zu bemühen, verschärfte sie nun durch ihr militärisches Vorgehen selbst die Konfrontation. Die NATO-Staaten halten frontal dagegen und eskalieren sie durch ihre massive militärische und propagan-
distische Unterstützung Kiews und einen umfassenden Wirtschaftskrieg weiter. Auf diese Weise handelt es sich nicht nur um einen
Krieg zwischen Russland und der Ukraine, sondern ‒ wie Reaktionen der NATO-Staaten auf den Krieg klar erkennen lassen ‒ um einen hybriden Krieg der NATO gegen Russland. Die Stellungnahmen ihrer führenden Politiker:innen lassen auch keinen Zweifel am Ziel, den geopolitischen Rivalen entscheidend und dauerhaft zu schwächen, zu ruinieren, wie es u.a. Außenministerin Baerbock ausdrückte.

Die USA und ihre Verbündeten würden daher den Wirtschaftskrieg vermutlich auch dann nicht beenden, wenn sich die russischen Streitkräfte aus den seit 24. Februar besetzten ukrainischen Gebieten zurückziehen würden, sondern gemäß US-Außenminister Blinken
und seiner britischen Kollegin Liz Truss erst, wenn garantiert sei, dass Russland zukünftig keine solche Offensive mehr unternehmen kann.

In der Auseinandersetzung in und um die Ukraine überlagern sich zwei zentrale Konfliktfelder – zum einen das Konfliktpotential, das durch den chaotischen Zerfall der Sowjetunion entstand, wodurch territoriale und Minderheitenfragen ungelöst blieben, und zum
anderen der Kampf der USA und ihrer Verbündeten um den Erhalt der Dominanz des Westens in der Welt, die sie seit 500 Jahren auf unterschiedliche Weise ausüben.

Dieser Krieg wird nicht nur auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung geführt, sondern faktisch auf dem Rücken der ganzen Welt, insbesondere auf dem der ärmeren Länder und Bevölkerungsgruppen. Er ist militärisch aktuell weitgehend noch auf das
Territorium der Ukraine und auf konventionelle Waffen beschränkt, auf wirtschaftlicher Ebene tobt er jedoch unbegrenzt. Es ist zunehmend auch ein kultureller Medien- und Informationskrieg, der alle Aspekte unseres täglichen Lebens betrifft.

DER WEG IN DEN KRIEG

Im Westen wurde von Beginn des russischen Einmarschs an seine Vorgeschichte medial ausgeblendet: das herrschende Narrativ heißt, Putin strebe nach Wiederherstellung des Zarenreichs oder der Sowjetunion.

Wer Frieden will, und wer Opfern helfen und neues Leid vermeiden will, der sollte die Genesis von Konflikten und Kriegen zur Kenntnis nehmen.

Tatsächlich ist der Krieg Russlands eine Antwort auf die von der Friedensbewegung seit langem kritisierte
NATO-Osterweiterung und westliche Aufrüstungs- und Konfrontationspolitik, von der sich Russland zunehmend existenziell bedroht fühlt. Sie begann bereits in den 1990er Jahren mit der Ausweitung der NATO ‒ entgegen klarer, verbindlicher Zusagen gegenüber Moskau, das Militärbündnis keinen Zoll nach Osten auszuweiten, und entgegen rechtlich bindender Vereinbarungen wie dem Vertrag zur Deutschen Einheit, in der zukünftigen Friedensordnung die Sicherheitsinteressen eines jeden beidseitig zu berücksichtigen.
Die Ostexpansion ging einher mit der Missachtung und Kündigung von Abkommen zur Rüstungs- und Stationierungskontrolle durch die USA und NATO und wurde von einer Reihe Farb-Revolutionen in ehemaligen Sowjetrepubliken begleitet, in denen pro-russische
oder zu unabhängige Regierungen mit westlicher Unterstützung gestürzt wurden. Nach dem Umsturz in Jugoslawien im Jahr 2000, der als Blaupause diente, folgten Georgien (2003), Ukraine (2004) und Kirgisien (2005).

1999 hatte die NATO militärische Interventionen ohne UN-Mandat zum festen Bestandteil ihres strategischen Konzepts gemacht. Und schließlich unterstrichen die USA und ihre Verbündeten mit ihren Kriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen ihre Bereitschaft, sich in der Verfolgung ihrer geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen skrupellos über UN-Charta und Völkerrecht hinwegzusetzen.

Die von den Herrschenden der USA damit verfolgte Strategie wurde bereits 1992, in einer an die New York Times durchgestochenen Version der Verteidigungsrichtlinien des Pentagons (Defense Planning Guidance) so zusammengefasst: Jede in Frage kommende feindliche Macht muss daran gehindert werden, in einer Region dominant zu werden, die für unsere Interessen von ausschlaggebender Bedeutung ist.[1]Excerpts From Pentagon’s Plan: ‚Prevent the Re-Emergence of a New
Rival‘, NYT, 8.3.1992
Sie blieb Bestandteil aller nachfolgenden Strategiepapiere und richtet sich nun verstärkt auch gegen China. Wir sind in einem Wettstreit um den Sieg im 21. Jahrhundert, so US-Präsident Biden auf dem G7-Treffen im Juni 2021, und der Startschuss ist gefallen.

Mittlerweile sind im westlichen Militärbündnis fast alle europäischen Staaten vereint. Russland und seinen wenigen Verbündeten stehen nun insgesamt 30 Länder gegenüber, einige in direkter Nachbarschaft. Immer mehr NATO-Truppen sind in ehemaligen
Sowjetrepubliken stationiert, viele unweit der russischen Grenzen. In riesigen Land- und Marinemanövern wird Jahr für Jahr der Krieg gegen Russland geprobt.

Bereits 2002 trat Washington aus dem ABM-Vertrag zur Begrenzung von antiballistischen Raketenabwehrsystemen aus, um wieder weltweit solche Systeme errichten zu können. Diese Maßnahme destabilisierte die globale strategische Sicherheitsarchitektur. 2016
stellten die USA in Rumänien und 2018 in Polen Raketenabwehrsysteme auf, die auch als Angriffswaffen einsetzbar sind und aus russischer Sicht daher den INF-Vertrag über das Verbot nuklearer Mittelstreckenwaffen in Europa verletzen. 2019 kündigten
die USA unter Präsident Donald Trump diesen Vertrag und forcieren seither die Entwicklung moderner Mittelstreckenraketen. Die ersten sollen ab 2023 in Europa stationiert werden. Besonders gefährlich ist die Hyperschall-Rakete des Typs Dark Eagle, einer Enthauptungsschlagwaffe, die nicht abzufangen ist und von Wiesbaden aus kommandiert werden wird. Insgesamt erhöhten die NATO-Staaten ihre Militärausgaben bis 2021 auf das 18-fache des russischen Militäretats.

Die Bedrohung wuchs aus russischer Sicht massiv, als 2008 die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine auf die Agenda gesetzt und ihre faktische militärische Integration in die NATO sukzessive vorangetrieben wurde. Der Konflikt wurde heiß, als die Ukraine durch
den Putsch 2014 unter westliche Vorherrschaft kam.

Die maßgeblichen Kräfte bei dem von den USA und der EU geförderten verfassungswidrigen Sturz des amtierenden Präsidenten, Wiktor Janukowytsch, waren extrem nationalistische, russophobe bis faschistische Kräfte – darunter der NPD-Partner Swoboda –
sowohl ideologisch als auch praktisch auf der Straße, in den Sicherheitskräften und den Institutionen. Sie gewannen in der Folge einen dominierenden Einfluss, Der Staatsstreich stieß auf Widerstand in der Bevölkerung, vor allem bei der russischen.

Während die als Reaktion darauf erfolgte Abspaltung der Krim nahezu gewaltfrei verlief, kam es in den anderen überwiegend russischsprachigen Provinzen zu bewaffneten Aufständen. Sie gingen in einen Bürgerkrieg über, der zwischen Kiew und den Volksrepubliken Donezk und Luhansk bis zum russischen Einmarsch andauerte und mehr als 14.000 Menschenleben forderte.

Obwohl die ukrainische Regierung das völkerrechtlich bindende Abkommen Minsk II unterschrieben hatte, das einen besonderen Autonomiestatus für die abtrünnigen Provinzen innerhalb der Ukraine vorsah, boykottierte sie die Umsetzung – mit westlicher
Duldung und Unterstützung. Die ukrainische Armee wurde fortan von den USA und Großbritannien massiv aufgerüstet und nach NATO-Standard ausgebildet.

Für alle Seiten war klar, dass die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine für Russland eine rote Linie bedeutet ‒ und dies unabhängig davon, wer in Moskau regiert. Bedrohlich sind bereits die NATO-Truppen im Baltikum, von wo aus St. Petersburg schon mit Kurzstreckenraketen erreicht werden kann. Mit der Ukraine würde die NATO an eine weitere, 2000 km lange direkte Grenze zu Russland vorrücken. Die Vorwarnzeit für Enthauptungsschläge auf russische Zentren würde durch dort stationierte Mittelstreckenraketen auf wenige Minuten sinken, während der potentielle Angreifer USA aus 10.000 Kilometer Entfernung vom Kriegsgeschehen agieren kann.

Am 10. November 2021 unterzeichneten die USA und die Ukraine eine neue, offensiv gegen Russland gerichtete Charta der strategischen Partnerschaft, die u.a. den NATO-Beitritt der Ukraine und die Rückeroberung der Krim als Ziel formuliert. Diese Charta überzeugte Russland davon, so Henri Guaino, führender Berater Nicolas Sarkozy in dessen Zeit als französischer Präsident, dass es angreifen muss oder angegriffen wird.

Moskau unternahm im Dezember 2021 einen letzten Versuch, die Bedrohungslage durch vertragliche Vereinbarungen zu entspannen. Die russischen Vertragsvorschläge enthielten die fünf Kernforderungen:

• Keine weitere Erweiterung der NATO nach Osten
• Rückbau der militärischen NATO-Präsenz auf den Stand der Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und der Russischen Föderation (NATO-Russland-Grundakte) von 1997
• Truppenreduzierung beiderseits der Grenze in einer gemeinsam festzulegenden Breite
• Keine Stationierung von Atomwaffen außerhalb der nationalen Territorien (also auch keine nukleare Teilhabe)
• Keine Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa

Diese Forderungen sind aus friedenspolitischer Sicht unterstützenswert. Sie wurden aber von den USA und der NATO Anfang Februar brüsk und ohne jegliche Diskussion darüber abgelehnt. Die russische Regierung zeigte sich trotzdem verhandlungsbereit, kündigte in
ihrer Antwort vom 17. Februar 2022 allerdings unmissverständlich an, sich bei Ausbleiben von Sicherheitsgarantien genötigt zu sehen, auch mit militärtechnischen Maßnahmen zu reagieren.

Gleichzeitig nahmen laut OSZE Angriffe der ukrainischen Armee, die bereits ihre Hauptstreitmacht im westlichen Donbass für eine Offensive konzentriert hatte, auf die Donbass-Republiken massiv zu, sodass diese damit begannen, Menschen nach Russland zu
evakuieren.

Am 21. Februar erkannte Moskau die Unabhängigkeit der Donbass-Republiken an. Drei Tage später begann die russische Armee gemeinsam mit den Truppen der Volksrepubliken ihre Offensive gegen die ukrainischen Truppen im Donbass und darüber hinaus entlang der Schwarzmeerküste und im Nordosten der Ukraine, um so die Offensive der ukrainischen Armee zurückzuschlagen.
Die russische Regierung rechtfertigt ihren Krieg u.a. als kollektive Selbstverteidigung gegen den bevorstehenden Angriff der ukrainischen Truppen auf die DonbassRepubliken, mit denen sie sofort nach ihrer Anerkennung ein entsprechendes Hilfsabkommen unterzeichnet hatte.

Diese Argumentation ist völkerrechtlich nicht haltbar, weil ein Ruf einer Volksgruppe nach militärischer Hilfe von außerhalb – so verständlich er auch sein mag – keinen Staat zum militärischen Eingreifen berechtigt. Dies könnte nur der UN-Sicherheitsrat autorisieren.

Bei der völkerrechtlichen Argumentation darf aber nicht vergessen werden, dass dem russischen Völkerrechtsbruch andere vorrausgingen, wie die Verletzung der ukrainischen Souveränität durch die Förderung des Putsches 2014, die eklatante Missachtung des verbindlichen Minsker Abkommens und die Stationierung von NATO-Truppen an den russischen Grenzen.

Der russische Präsident begründete den Einmarsch ins Nachbarland auch mit der Bedrohung durch künftige ukrainische Atomwaffen. Dies ist nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Ukraine hat sich im Budapester Memorandum 1994 gemeinsam mit Weißrussland und Kasachstan verpflichtet, die auf seinem Territorium lagernden Atomwaffen an Russland abzugeben und in Zukunft keine anzuschaffen oder zu stationieren. Im Gegenzug erhielten sie von Russland, den USA und Großbritannien Sicherheitsgarantien.
2000 hat das ukrainische Parlament aber ein Gesetz verabschiedet und 2015 konkretisiert, das anderen Staaten zeitlich begrenzt die Stationierung von nuklearen Waffen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt.

Die Ukraine produziert zudem bereits in ihren AKWs waffenfähiges Material. Allein im AKW Saporoschje sammelte sie laut besorgten Aussagen des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, 40 kg Uran und 30 kg Plutonium an.[2]Louise Guillot, Atomic energy chief: Ukraines’s nuclear safety situation ‘far from being resolves’, Politico, 10.5.2022, LaurenceNorman, U.N. Atomic Agency Chief Presses for Access to … Continue reading Seit März 2021 weigert sich Kiew, diese nach Russland zur Wiederaufarbeitung auszuführen und verweigert der IAEA die Aufsicht darüber. Dadurch ist unklar, ob sich dieses nukleare Material noch dort befindet oder ob etwas zum Verkaufen oder zum Bau einer schmutzigen Bombe abgezweigt wurde.

Präsident Selenskij hat schließlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 19. Februar 2022 seine Forderung nach einem klaren Zeitrahmen für den NATO-Beitritt der Ukraine mit der Drohung der Kündigung des Budapester Memorandums verbunden.
Einige namhafte Experten, wie der Politologe Robert Wade von der London School of Economics, vermuten, dass diese Rede der letzte Anlass für das Umschwenken der russischen Führung auf einen Kriegskurs gewesen sei.[3]Robert H. Wade, A ‘Diplomatic Solution’ to the Ukraine Crisis”, Global Policy Journal, 1.3.2022 Bei der Erläuterung der Gründe geht es nicht um eine Rechtfertigung des Krieges, sondern darum, seine Hintergründe und seine Entstehung möglichst genau aufzuzeigen. Aus ihnen lassen sich realistische Ansätze für eine politische Lösung des Konfliktes ableiten.

DEUTSCHLAND IM KRIEG

Mit der Lieferung von Waffen sind Deutschland und seine NATO-Verbündeten recht schnell in den Krieg eingetreten. Die NATO eskaliert den Krieg seither immer weiter, angeführt von den USA und Großbritannien. So rief die US-Regierung Ende April die Minister aus 40 Ländern zu einem Kriegsrat auf ihrer Air Base Ramstein in der Pfalz zusammen, um die Verbündeten auf noch stärkere militärische Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte einzuschwören.

Auch die deutsche Regierung ließ sich nun zur Lieferung von schweren Waffen verpflichten. Eine patriotische Mehrheit im Bundestag hat dies umgehend, zusammen mit der Ankündigung eines gigantischen Aufrüstungsprogramms, abgesegnet ‒ nur drei Tage nachdem Kanzler Scholz seine Befürchtung geäußert hatte, schwere Waffen würden die Gefahr eines dritten Weltkrieges erhöhen.
Damit, und durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an modernen Waffen, wurde ‒ wie die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags bestätigen – Deutschland eindeutig auch im völkerrechtlichen Sinne zur Kriegspartei. 81 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg werden wieder deutsche Panzer russischen gegenüberstehen – ein historischer Tabubruch, der nicht im Einklang mit dem Grundgesetz und seinem Friedensgebot steht. Die Kriegshysterie erinnert an 1914.

GEFAHR EINES GROßEN KRIEGES

Die Lieferungen von immer mehr und immer schwereren Waffen führen nur zur Verlängerung des Krieges, zu mehr Opfern und zu größeren Zerstörungen.

Moskau muss um jeden Preis besiegt werden, so die Parole, und mit der massiven militärischen Unterstützung feuert man die ukrainische Regierung an, keinerlei Zugeständnisse bei Verhandlungen über eine Feuerpause und einen Waffenstillstand zu machen.

Auch wenn der Widerstand der ukrainischen Streitkräfte bisher stärker war als erwartet, werden diese jedoch nach Ansicht der meisten hochrangigen NATO-Militärs und -Experten auch mit neuen und effektiveren Waffen die russischen Truppen nicht zurückschlagen können.[4]So bezeichnet Avril Haines, Chefin aller 18 US-Geheimdienste, die Annahme, die ukrainische Armee könne an Russland verlorene Gebiete militärisch zurückgewinnen, für abwegig.(The War in Ukraine Is … Continue reading Sie könnten aber ‒ so das tatsächliche westliche Kalkül ‒ Russland eventuell in einen längeren zermürbenden Krieg verwickeln.

NATO-Falken verweisen dabei gerne auf das Beispiel Afghanistan. Dies wäre ein Horrorszenario nicht allein für die Ukraine, sondern auch für das übrige Europa. Je länger der Krieg dauert, desto mehr wächst auch die Gefahr einer Ausweitung des Krieges hin zu einer nicht mehr kontrollierbaren Eskalation, bei der sich Atommächte gegenüberstehen. Unkalkulierbare, existenzielle Risiken für ganz Europa bergen zudem auch die 15 Atomreaktoren, die in der Ukraine am Netz sind.

VERHANDLUNGSLÖSUNG VOM WESTEN BLOCKIERT

Wenn die Ursachen des Krieges zur Kenntnis genommen werden, liegen die zentralen Ansätze für ein rasches Ende des Blutvergießens und für eine längerfristige politische Lösung des Konflikts auf der Hand.

Bei den Verhandlungen in Ankara lag das, was Moskau verlangte und das, worüber Selenskij sich bereit erklärt hatte zu reden, schon nahe beieinander. Die im März anfänglich von Präsident Selenskij ins Gespräch gebrachten Angebote ‒ Neutralität, Einigung über die
Anerkennung der Krim und Referenden über den zukünftigen Status der Donbass-Republiken ‒ schienen eine reelle Chance für politische Lösungen und eine baldige Waffenruhe zu bieten.

Doch Washington und London blockierten.[5]s. Überblick von Sevim Dagdelen, Wie ein Verhandlungsfrieden im
Ukraine-Krieg torpediert wird, NachDenkSeiten, 16.5.2022
Sie drängten Kiew offen, keinerlei Kompromisse einzugehen und verstärkten gleichzeitig ihre militärische Unterstützung. Auch die EU arbeitete faktisch gegen eine Verständigung Kiews mit Moskau.

Als Selenskij am 25.2. seine Bereitschaft erklärte, mit Russland über einen Neutralitätsstatus und über Sicherheitsgarantien zu verhandeln, reagierte Brüssel mit der Zusage von Waffenlieferungen für 450 Millionen Euro, und als er Russland in öffentlichen Ankündigungen noch deutlicher entgegenkam, wurden der Ukraine weitere Waffen im Wert von 500 Millionen Euro angedient.
Aber selbst wenn die ukrainische Regierung wollte, ohne aktive Unterstützung des Westens ist ihr innenpolitischer Spielraum gegenüber den dominierenden rechtsextremen Kräften gering. Sie bedrohen offen jeden mit dem Tod, der sich zu Zugeständnissen bereit erklärt. [6]Im Mai 2019 drohte Dmytro Jarosch, Chef der Miliz Rechter Sektor und Berater des Oberbefehlshabers der Armee, Selenskij im ukrainischen Medium Obozrewatel offen mit dem Tod, falls er sich mit … Continue reading

Auch in diesem Krieg wird die Berichterstattung von Kriegspropaganda dominiert. Berichte über Gräuel und mutmaßliche Kriegsverbrechen kommen von beiden Seiten ‒ wahrgenommen werden jeweils aber nur die Meldungen über die Verbrechen der anderen Seite.

Verifizieren lassen sie sich in der Regel nicht, wirklich glaubwürdige, unabhängige Untersuchungen blieben bisher aus. Vorsicht ist stets angesagt, da es starke Kräfte in der Ukraine und im Westen gibt, die ein direkteres Eingreifen der NATO erwirken wollen.
Gräueltaten werden mit Sicherheit begangen, von beiden Seiten ‒ das gehört zum Wesen eines Krieges.

Der einzige Weg sie zu verhindern ist, alles zu tun, um die Kampfhandlungen so schnell wie möglich zu stoppen.

SCHRITTE ZUR DEESKALATION UND ZUM FRIEDEN

Allein mit Appellen an Moskau, seine Truppen zurückzuziehen, wird man ein Ende der Kämpfe nicht erreichen. Wer sie konträr zu jeglicher Konfliktlösungslogik zur Vorbedingung für Verhandlungen macht, will nicht verhandeln. Die Führung der Atommacht Russland hat die enormen Kosten des Einmarschs nicht in Kauf genommen, um ihre Erfolge in einem Konflikt, bei dem es ihrer Sicht nach um existenzielle Interessen geht, ohne substantielle Zugeständnisse preiszugeben.

Man muss den Krieg vom Ende her denken, stellte der ehemalige militärische Berater von Angela Merkel, Brigadegeneral a.D. Erich Vad, Mitte April treffend fest. Wenn wir den Dritten Weltkrieg nicht wollen, müssen wir früher oder später aus dieser militärischen Eskalationslogik raus und Verhandlungen aufnehmen.

Er warnte zudem davor, den russischen Präsidenten Wladimir Putin als krankhaften Despoten abzustempeln, mit dem man nicht mehr reden könne. So völkerrechtswidrig und furchtbar der Ukraine-Krieg sei, er stehe doch in einer Kette vergleichbarer Kriege jüngeren Datums. Irak, Syrien, Libyen, Afghanistan – so neu ist das alles nicht.[7]Ukraine-Krieg: Ex-Merkel-Berater Vad warnt vor Lieferung von schweren Waffen, Stern, 12.04.2022

Schließlich muss der Westen beginnen, über den Krieg hinaus zu schauen, um eine Beziehung zu Russland zu retten, die die Tür für ein Mindestmaß an Zusammenarbeit offen hält, so Prof. Charles Kupchan vom einflussreichen US-amerikanischen Council on Foreign Relations (CfR). Selbst wenn sich ein neuer Kalter Krieg anbahnt, wird der Dialog noch wichtiger sein als während des Kalten Krieges. In einer stärker voneinander abhängigen und globalisierten Welt wird der Westen zumindest ein gewisses Maß an pragmatischer Zusammenarbeit mit Moskau benötigen, um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen, z. B. Verhandlungen über die Rüstungskontrolle, die Eindämmung des Klimawandels, die Verwaltung der Cybersphäre und die Förderung der globalen Gesundheit. Zu diesem Zweck ist eine rasche Beendigung des Krieges durch einen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung bei weitem besser als ein Krieg, der sich in die die Länge zieht, oder ein neuer eingefrorener Konflikt, der in einer feindlichen Pattsituation endet.[8]Charles Kupchan, Ukraine’s Way Out. The Atlantic, 18.5.2022, 11 Italien legt Friedensplan für Ukraine vor, Tagesspiegel, 21.05.2022 12 Siehe z.B. Henry Kissinger: Ukraine must give Russia, The … Continue reading

Zunächst muss über substantielle Verhandlungsangebote ein dauerhafter Waffenstillstand erreicht werden, um Zeit für Verhandlungen zu schaffen. Folgerichtig sehen die italienischen Vorschläge vom Mai als Erstes Vereinbarungen über lokale Kampfpausen vor, danach über einen dauerhaften Waffenstillstand und Entmilitarisierung der Frontlinie.

Diesen soll dann eine internationale Konferenz über einen zukünftigen neutralen, durch Schutzgarantien abzusichernden Status der Ukraine folgen.

An einer Verpflichtung zur strikten Neutralität der Ukraine, wie sie zwischen 1991 und 2014 in der ukrainischen Verfassung verankert war, führt kein Weg vorbei. So bitter dies angesichts militärischer Gewalt auch für Kiew sein mag, eine neutrale Ukraine war schon immer im Interesse aller, die Frieden in Europa anstreben. Die ukrainische Regierung hat prinzipiell auch schon ihre Bereitschaft dazu erklärt.

Strittig ist aber noch, wie weit vertraglich vereinbarte Sicherheiten gehen und von welchen Staaten sie garantiert werden. Die ukrainische Neutralität muss Teil eines umfassenderen europäischen Sicherheitsabkommens zwischen dem Westen und Russland werden.

Selbst führende Vertreter des geopolitischen Establishments raten Kiew zudem, auch die Abspaltung der Krim zu akzeptieren. Da diese unstrittig dem Willen der Mehrheit ihrer Bewohner:innen entspricht, könnte sie ohnehin nur mit Gewalt, um den Preis eines neuen Bürgerkrieges, revidiert werden.

Vermutlich erst im letzten Schritt könnten die Verhandlungen über den zukünftigen Status der Donbass-Republiken und anderer mehrheitlich russisch-sprachiger Gebiete folgen und damit auch über den Rückzug russischer Truppen. Eine Lösung könnte eine sehr weitgehende Autonomie innerhalb der Ukraine sein, mit eigenen Sicherheitskräften und Russland als offizieller Schutzmacht, ähnlich wie Österreich für Südtirol. Ob am Ende die Autonomie einiger Provinzen stehen wird oder ihre Abspaltung, wird von Zugeständnissen der NATO bzgl. berechtigter Sicherheitsinteressen Russlands abhängen.

Italiens Friedensplan sieht daher auch ein multilaterales Abkommen über Frieden und Sicherheit in Europa vor.

Waffenstillstand und Verhandlungsfortschritte müssten mit der Aufhebung westlicher Embargomaßnahmen einhergehen.

Die Redaktionskommission (Editorial Board) der New York Times empfahl in ihrem viel beachteten Leitartikel vom 19. Mai den USA und ihren Verbündeten, der ukrainischen Regierung die Grenzen ihrer Unterstützung aufzuzeigen und sie zu einer realistischen Einschätzung ihrer Mittel zu drängen: Die Konfrontation mit dieser Realität mag schmerzhaft sein, aber sie bedeutet keine Beschwichtigungspolitik. Dies ist die Pflicht der Regierungen, und nicht einem illusorischen ‚Sieg‘ hinterherzujagen.

NEIN ZU WIRTSCHAFTSBLOCKADEN

Mit den Embargomaßnahmen von beispiellosem Umfang, die die NATO-Staaten und ihre engsten Verbündeten gegen Russland verhängten, wird internationales Recht weiter beschädigt. Umfassende Wirtschaftsblockaden treffen immer zuallererst die ärmeren
Bevölkerungsschichten, nicht nur die in Russland, sondern in der ganzen Welt. Sie haben noch nie einen Krieg beendet, aber schon zig Millionen Menschen in vielen Ländern ins Elend gestürzt.

Vor allem im Nahen Osten sowie in großen Teilen Afrikas drohen demzufolge neue Hungersnöte, die nach UN-Angaben das Leben von Millionen Menschen gefährden. Auch in Europa sind es in erster Linie die sozial Benachteiligten, die unter den steigenden
Kosten für Energie und Lebensmittel leiden. Während Rüstungskonzerne und westliche Lieferanten mit fossiler Energie Milliardengeschäfte machen, werden die Kosten den unterprivilegierten Menschen aufgebürdet, die mit erheblichen Preissteigerungen für Lebensmittel und Energie fertig werden sollen.

Die meisten nichtwestlichen Staaten verurteilen zwar den russischen Einmarsch in der Ukraine, lehnen den Wirtschaftskrieg aber entschieden ab. Sie verweisen auf die Kriege und eklatanten Völkerrechtsverletzungen der USA und NATO, die noch nie zu solchen
Reaktionen führten. Sie protestieren dagegen, dass die USA und die EU keine Anstrengungen unternehmen, den Krieg in Europa zu stoppen, der zusammen mit den Blockaden ihre Länder in Mitleidenschaft zieht.

Die Wirtschafts- und Finanzblockaden gegen Russland könnten für das westliche Europa zum Bumerang werden. Es zeigt sich, dass ein so mächtiges Land mit so großen Ressourcen kaum effektiv blockiert werden kann. Während Russland aufgrund der gestiegenen
Preise für Öl und Gas trotz geringerer Exportmengen aktuell höhere Einnahmen als zuvor erzielt und die negativen Auswirkungen auf Währung und Wirtschaft bisher in Grenzen halten konnte, leidet die Wirtschaft der anderen europäischen Staaten immer stärker
unter den Embargomaßnahmen.

Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Staaten haben grundsätzlich eine gewisse friedenserhaltende Wirkung, da sich alle Beteiligten durch die Eskalation eines Konflikts selbst schaden. Im Kalten Krieg waren die Wirtschaftsbeziehungen Westeuropas zur Sowjetunion faktisch die materielle Basis der friedlichen Koexistenz. Russland nun wirtschaftlich vom Westen völlig abzukoppeln, ist daher eine für die zukünftige Stabilität Europas gefährliche Blockbildung.

NEUE BLOCKBILDUNG

Der russische Einmarsch brachte eine einheitliche Front des Westens gegen Russland zusammen, wie sie Washington seit langem anstrebt. Auch offiziell neutrale europäische Länder, wie die Schweiz und Österreich, beteiligen sich an den Wirtschaftsblockaden. Die Regierungen Finnlands und Schwedens nutzen die Hysterie, um auch formal Mitglied der NATO zu werden.

Die außenpolitische Isolierung Russlands ist jedoch bisher gescheitert. Stattdessen kristallisiert sich eine neue Blockbildung heraus. Die vom Westen zum Feind erklärten Länder wie Russland, China, Iran, Kuba und Venezuela rücken enger zusammen, und parallel dazu entsteht ein weiterer bedeutender Block von Staaten ‒ von Indien über die Golfstaaten und Südafrika bis Brasilien und Mexiko ‒, die dem Westen die Gefolgschaft verweigern und ihre Zusammenarbeit mit Russland fortführen. Sie kritisieren mit Verweis auf die
US- und NATO-Kriege die westliche Doppelmoral, beteiligen sich nicht an den Wirtschaftsblockaden, prangern den Missbrauch des internationalen Finanzsystems an und wollen nun gemeinsam mit China und Russland die Abhängigkeit vom Dollar verringern.

NEIN ZU ROT-GELB-GRÜNEN GROßMACHTSPIELEN

Das von der Ampel-Koalition eingeleitete gigantische Aufrüstungsprogramm und der immer lauter werdende Ruf nach Atomwaffen für die EU gießen weiter Öl ins Feuer. Mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr und der Erhöhung der
Rüstungsausgaben auf durchschnittlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung wollen die Herrschenden Deutschland als Militärmacht gewaltig ausbauen und die Bundeswehr für neue Kriege ertüchtigen.

Mit medialem Trommelfeuer wird jetzt der Krieg in der Ukraine genutzt, um jede Opposition gegen Aufrüstung und Krieg zum Schweigen zu bringen. Man ist erinnert an den Beginn des ersten Weltkriegs oder die heißesten Phasen des Kalten Krieges: Bedingungslose Zustimmung wird zur ersten Bürgerpflicht. Das politische Klima wird vergiftet und nach rechts verschoben.
Die Werbung für Hochrüstung und Kriegsbeteiligung ist hochgradig widersprüchlich. So soll die Bereitstellung alter NATO-Panzer die ukrainischen Streitkräfte befähigen können, die russische Armee zu besiegen. Andererseits soll die russische Armee eine derart gewaltige Bedrohung für die NATO-Staaten darstellen, dass diese gezwungen sind, ihre Rüstungsausgaben vom 18-fachen auf das womöglich 25-fache der russischen zu steigern.

Die Propaganda der Ampel-Regierung erweckt den Eindruck, dass der 100 Milliarden Sonderfonds für die Aufrüstung der Bundeswehr und die Steigerung des Militäretats Deutschlands auf über zwei Prozent der Wirtschaftsleistung eine Hilfe für die Ukraine darstellen.

Dieser Täuschung und der damit verbundenen Hoch- und Atomrüstung stellt die Friedensbewegung ihren Widerstand entgegen. Atombomber F 35 für Nuklearschläge, Drohnenbewaffnung, künstliche Intelligenz für den Luftkrieg und weitere High Tech-Rüstungsprojekte untergraben die Aussicht auf eine soziale, friedliche und ökologische Zukunft.


Die Friedensbewegung stellt sich ihrer Verantwortung für die Zukunft und sagt zur Eskalation ‚Nein‘, da es ohne eine Friedensperspektive keine Zukunft gibt.

Von der Bundesregierung fordern wir:

• Keine Waffenlieferungen, weder an die Ukraine noch in andere Länder
• Ernsthaftes diplomatisches Engagement für eine Deeskalation – unilateral sowie in der EU und NATO
• Keine Beteiligung an Wirtschaftsblockaden – Ausstieg aus dem Wirtschaftskrieg gegen Russland
• Aufnahme von Flüchtenden und Desertierenden ungeachtet ihrer Herkunft
• Keine Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen (Dark Eagle) in Europa
• Rückzug der Bundeswehr aus Osteuropa
• Bemühungen um die Wiederaufnahme von umfassenden Rüstungskontrollverhandlungen – gemeinsame Sicherheit statt NATO
• Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags, Abzug der Atomwaffen aus Deutschland, Ende der nuklearen Teilhabe
• Statt horrender Summen für Waffen und Militär mehr Geld für Bildung, Gesundheit, Klima, internationale Entwicklung und ein solidarisches Sozialsystem

ES IST ZEIT FÜR EINE RADIKALE KEHRTWENDE

Aufrüstung und Kriegspolitik stehen im Gegensatz zur solidarischen Kultivierung der Gesellschaft. Gegen 100 Milliarden mehr für die Bundeswehr und die weitere Erhöhung der Rüstungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung (pro Jahr durchschnittlich ca. 80 Milliarden Euro), engagieren wir uns verstärkt für eine neue Entspannungspolitik und massive öffentliche Investitionen in eine humane Zukunft. Jetzt erst recht.


V.i.S.d.P.: Bundesausschuss Friedensratschlag,
Germaniastr. 14, 34110 Kassel
Spendenkonto: IBAN: DE77 5205 0353 0217 0012 32
www.friedensratschlag.de

1 Blinken sets a standard for lifting sanctions: an ‚irreversible‘ Russian
withdrawal, NPR, 16.3.2022
U.K.: Russia Sanctions Could ‚Come Off With Full Cease-Fire And
Withdrawal‘ From Ukraine, RFE/RL, 27.3.2022 2 Peter Wahl, Attac AG Globalisierung & Krieg, Der Ukraine-Krieg und
seine geopolitischen Hintergründe, 11 Seiten 18. März 2022,
https://www.attacnetzwerk.de/fileadmin/user_upload/AGs/Globalisierung_und_Krieg/r
eader/20220318_AG_GuK_Ukraine.pdf

References

References
1 Excerpts From Pentagon’s Plan: ‚Prevent the Re-Emergence of a New
Rival‘, NYT, 8.3.1992
2 Louise Guillot, Atomic energy chief: Ukraines’s nuclear safety situation ‘far from being resolves’, Politico, 10.5.2022, Laurence
Norman, U.N. Atomic Agency Chief Presses for Access to Zaporizhzhia Nuclear Plant Wall Street Journal, 25.5.2022
3 Robert H. Wade, A ‘Diplomatic Solution’ to the Ukraine Crisis”, Global Policy Journal, 1.3.2022
4 So bezeichnet Avril Haines, Chefin aller 18 US-Geheimdienste, die Annahme, die ukrainische Armee könne an Russland verlorene Gebiete militärisch zurückgewinnen, für abwegig.(The War in Ukraine Is Getting Complicated, and America Isn’t Ready, The Editorial Board, The New York Times, 19.5.2022) https://www.thepioneer.de/originals/thep ioneer-briefing-business-classedition/briefings/20220523
5 s. Überblick von Sevim Dagdelen, Wie ein Verhandlungsfrieden im
Ukraine-Krieg torpediert wird, NachDenkSeiten, 16.5.2022
6 Im Mai 2019 drohte Dmytro Jarosch, Chef der Miliz Rechter Sektor und Berater des Oberbefehlshabers der Armee, Selenskij im ukrainischen Medium Obozrewatel offen mit dem Tod, falls er sich mit Russland einigt. Wörtlich Jarosch: Wenn Zelensky die Ukraine verrät, wird er nicht sein Amt, sondern sein Leben verlieren, Obozrewatel, 27.05.2019, s.a. Zelensky And The Fascists: He will hang on some tree on Khreshchatyk, Moon of Alabama, 5.3.2022)
7 Ukraine-Krieg: Ex-Merkel-Berater Vad warnt vor Lieferung von schweren Waffen, Stern, 12.04.2022
8 Charles Kupchan, Ukraine’s Way Out. The Atlantic, 18.5.2022, 11 Italien legt Friedensplan für Ukraine vor, Tagesspiegel, 21.05.2022 12 Siehe z.B. Henry Kissinger: Ukraine must give Russia, The Telegraph, 23.5.2022 oder der erwähnte Charles Kupchan in Ukraine’s Way Out The Atlantic, 18.5.2022, sowie zusammen mit Stephen Twitty, ehem. stellvertretender Befehlshaber des U.S.-European Command in Stuttgart, in einer Expertenrunde des Council on Foreign Relations,
Russia’s War in Ukraine: How Does it End?, 31.5.2022

August 2022: Stand der S-Bahn Ausschreibung

Jörn Hasselmann berichtete am 14. August 2022 im Tagesspiegel, dass es nur noch einen Bewerber für den Betrieb der S-Bahn gebe: Die S-Bahn GmbH, die schon jetzt die S-Bahn betreibt.

Ausgeschrieben wurde der Betrieb von 2/3 des S-Bahn Netzes. Benötigt werden außerdem für die elf Linien der Nord-Süd und Ost-West Strecken 1.308 bis 2.160 Züge.

Die S-Bahn GmbH und das Konsortium Siemens/Stadler bieten gemeinsam sowohl den Betrieb der ausgeschriebenen S-Bahnstrecken als auch den Bau der neuen Züge an, die ebenfalls ausgeschrieben wurden.

Als weiterer Bewerber bietet Alsthom nur den Bau der ausgeschriebenen Züge an. Zunächst wollte Alstom gemeinsam mit dem Unternehmen Transdev auch den Betrieb der ausgeschriebenen Strecken anbieten. Trandev soll aber nach Information des Tagesspiegels inzwischen ausgestiegen sein.

Nach Angaben des Tagesspiegel sollen die Bieter Ende August zu einem verbindlichen Angebot aufgefordert werden.

Der Tagesspiegel befasst sich nicht mit der Frage, ob diese Ausschreibung überhaupt weiter fortgesetzt werden soll oder ob es nicht besser wäre, energisch eine S-Bahn in kommunaler Hand anzustreben, so dass eine Ausschreibung nicht mehr notwendig ist.

Wenn die Ausschreibung fortgesetzt wird und die S-Bahn GmbH zusammen mit Siemens/Stadler die Ausschreibung für den Betrieb der S-Bahn und den Bau der Züge gewinnen sollte, droht eine Teilprivatierung; denn es ist nicht gesichert, dass alle Tätigkeiten, die bisher von der S-Bahn GmbH ausgeführt werden, nicht zumindestens zum Teil von dem Konsortium Siemens/Stadler übernommen und damit privatisiert werden. Dies gilt zum Beispiel für die Wartung der Züge.

Wird die Ausschreibung fortgesetzt, so wird auf lange Zeit eine Chance vertan, die S-Bahn in kommunale Hand zu überführen und damit vor dem Zugriff privater Unternehmen besser zu schützen.

Die Losung “Die S-Bahn gehört allen!” gilt also weiter: S-Bahn in kommunale Hand!

Zwischen Hölle und Vernunft

Von Werner Ruhoff

Jedes Jahr am 6. August, der Tag an dem die erste Atombombe auf Hiroshima abgeworfen wurde, findet in Berlin eine eindrucksvolle Gedenkfeier an der Weltfriedensglocke im Friedrichshainer Volkspark statt. Organisiert wird sie von der Friedensglockengesellschaft Berlin e.V., unter Mitwirkung von Organisationen aus der Friedensbewegung und vom Berliner Bezirk Friedrichshain Kreuzberg. Die Friedensglocke, gestiftet von der in Tokio ansässigen World Peace Bell Association, symbolisiert die Erinnerung an die Opfer der Bombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki sowie die Mahnung, dass solch ein Verbrechen nicht wieder geschieht.

Der Historiker Peter Brandt, ältester Sohn von Willy Brandt, wies auf den Zivilisationsbruch durch den Einsatz der Atombomben in Japan hin. Er bezeichnete die Abwürfe der Bomben, die 300 000 Menschen auf fürchterlichste Weise das Leben auslöschten, als ein schweres Kriegsverbrechen. Das militaristische Japan sei bereits besiegt und zur Kapitulation bereit gewesen, allerdings unter Beibehaltung seines Kaisertums, was die Sieger ihm dann später auch zugestanden. Es ging, wie der Redner es beschrieb, vor allem um eine Machtdemonstration in Richtung des sowjetischen Diktators Stalin und um das Ausprobieren am lebenden Objekt, denn man hätte die Bomben auch auf einer unbewohnten Insel zünden können. Die US-Propaganda begründete den grausamen Massenmord mit der Rettung des Lebens amerikanischer Soldaten. Statt aus dieser Katastrophe die Konsequenz zu ziehen, setzten sich jene durch, die die Bombe als Machtinstrument nutzen wollten.

Ein entfernter Nachfahre des Kernphysikers Klaus Fuchs berichtete über die Bedenken seines Großonkels, der an der Entwicklung der Bombe beteiligt war und seine Kenntnisse an die Sowjetunion weitergab. In der DDR habe sich der Physiker für die Abschaffung dieser Massenvernichtungswaffen eingesetzt. Der Historiker Brandt erinnerte an den Bericht der Palme-Kommission (benannt nach dem ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme) an die 2. UNO-Sonderversammlung für Abrüstung 1982, welche u.a. eine atomwaffenfreie Zone in Europa vorschlug und zitierte Egon Bahr, der an eine gemeinsame Sicherheit für alle Staaten appellierte, weil die überkommene Abschreckungsdoktrin, wer als Erster zündet stirbt als Zweiter, am Ende das zu vernichten droht, was es zu verteidigen gelte. Hinzu kommt heute mehr denn je das Risiko eines ungewollten Atomkrieges. Bereits während der Blockkonfrontation der militärischen Supermächte gab es etliche Unfälle und Beinahkatastrophen. Bekannt ist inzwischen die Verhinderung eines Dritten Weltkrieges mit atomaren Waffen durch den sowjetischen Oberstleutnant Stanislaw Petrow, der 1982 auf den falsch gemeldeten Atomwaffenangriff durch einen Satelliten so besonnen reagierte, dass er einen Gegenangriff verhinderte. Heute gibt es weltweit immer noch mehr als 10 000 Atomsprengköpfe, von denen über 3000 einsatzbereit sind. Dazu gehören Sprengköpfe mit der vielfachen Vernichtungswirkung der Bomben, die von den USA auf Japan abgeworfen wurden.

Ein junger Redner der internationalen Ärzteorganisation gegen einen Atomkrieg wies mit Blick auf den aktuellen Beschuss des Atomkraftwerks in der Ukraine auf den Zusammenhang von ziviler und militärischer Nutzung der Kernenergie hin. Außerdem fehlten die finanziellen Mittel für die Umbaumaßnahmen gegen Umweltzerstörung und Klimawandel wegen der enormen Ausgaben für die militärische und atomare Aufrüstung. Eindrucksvoll schilderte eine sechzehnjährige Schülerin aus der Region Fukushima, welche Konsequenzen die Katastrophe mit dem Kernkraftwerk für sie als Kind hatte; mit dem Verbot draußen zu spielen, mit dem Verlust von Freundinnen und mit der Angst vor der radioaktiven Verseuchung des Essens.

Der Historiker Peter Brandt zitierte den heutigen UNO-Generalsekretär Antonio Guterres mit den Worten: die einzige Garantie dafür, dass ein Atomkrieg verhindert wird, ist die endgültige Abschaffung der Atomwaffen. Seit Januar 2021 ist der UNO-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen durch die Ratifizierung von mehr als 60 Staaten völkerrechtlich gültig, und bereits 1996 urteilte der Internationale Gerichtshof in Den Haag, dass die Drohung mit und der Einsatz von Atomwaffen dem Völkerrecht widerspricht. Trotzdem haben die führenden Atomwaffenmächte wieder enorme Summen für eine Modernisierung ihrer atomaren Waffenpotenziale veranschlagt. Auch die Bundesregierung beschloss die Anschaffung neuer taktischer Atomwaffenbomber bei der amerikanischen Rüstungsfirma Lockheed Martin für etliche Milliarden Euro, damit die neuen Atombomben der USA in der Bundeswehrkaserne in Büchel im Rahmen der sogeannten nuklearen Teilhabe den erhöhten Anforderungen entsprechend eingesetzt werden können. Die Manager und Aktionär*innen der Firma Lockheed Martin wird’s freuen. Deren Aktienwerte sind vom Anfang bis zum Ende des Afghanistankrieges laut Angaben von amerikanischen Journalist*innen um mehr als das Dreizehnfache gestiegen.

Die Doomsday Clock (Weltuntergangsuhr) des in Chicago ansässigen Bulletins for Atomic Scientists, die sich mit den Gefahren eines Atomkriegs beschäftigen, übrigens eine Einrichtung, die 1947 von Albert Einstein mit ins Leben gerufen wurde, steht so dicht vor Zwölf wie selbst während des Kalten Krieges und der Kubakrise nicht. Es wird Zeit, auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und auf die Spannungen im Pazifik, dass die anschwellende Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit und vor allem auch in das Blick- und Handlungsfeld von Gewerkschaften und sozial-ökologischen Bewegungen kommt. Der Aufschwung einer unüberhörbaren Friedensbewegung wie in den achtziger Jahren lässt auf sich warten, und das laute Schweigen wider besseres Wissen auf den verantwortlichen Ebenen hält an. Ebenfalls zur Mahnung und zum Gedenken gab es in Berlin unter dem Motto Büchel goes Berlin eine viertägige Fastenmahnwache vor den neun Botschaften der Atomwaffenstaaten und vor dem Bundeskanzleramt. Und diese Aktion war Teil einer interntionalen Aktion, die auch in Frankreich und Großbritannien stattfand. Im August 1945 schrieb Albert Camus in der Zeitung Combat, die Menschheit müsse sich zwischen Hölle und Vernunft entscheiden.

Berlin 9. August 2022

Die bemerkenswerte Rede von Peter Brandt kann hier nachgelesen werden

Dieser Beitrag wurde für die „www.gewerkschaftliche-linke-berlin.de“ geschrieben und wir bedanken uns für die Genehmigung der Veröffentlichung auf unserer HP.

Für eine Rente wie in Österreich

Die Bundesregierung will die Rente in Zukunft zum Teil durch Kapitaldeckung finanzieren. Sie hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf mit der Drucksache 20/11898 vom 21. Juni 2024 vorgelegt. Über diesen Gesetzesentwurf wird nun in den folgenden Monaten beraten werden.

In einer Veranstaltung am 7. Oktober 2023 im Dragonareal war eine sehr präzise Kritik an den Plänen dieser kapitalgedeckten Rentenversicherung formuliert worden. Eine Gegenkampagne „Rwenten wie in Österreich! Jetzt!“ wurde schon im Jahr 2022 gestartet.

Inhaltsverzeichnis:

27. September 2024: Erste Lesung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung im Bundestag

21. Juni 2024: Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur kapitalgedeckten Rente

16. Mai 2024: Reiner Heyse: Jetzt amtlich – das Riester Debakle

21. April 2024: IG Metall protestiert „Kein Roullette mit unserer Rente“

Bericht und Dokumentation der Veranstaltung am 7.10.2023: „Unsere Rente: Kein Spielball für Blackrock & Co.

Gegenkampagne „Renten wie in Österreich! Jetzt!“

17. Januar 2023: Hier die Pläne der Bundesregierung über die Einführung einer Aktienrente.


Zur Debatte im Bundestag über den Gesetzesentwurf der Ampelregierung für eine kapitalgedeckte Rente.

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Am 21. Juni 2024 legte die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf für den Aufbau eines privaten Fonds zur Finanzierung der Rente vor.

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Screenshot

as Finanzministerium hat erstmals Daten zu ausgezahlten Riester-Renten veröffentlicht. Amtlich bestätigt wird damit, wie katastrophal niedrig die ausgezahlten Rentenbeträge ausfallen. Nach 20 Jahren „Riestern“ gibt es mittlerweile (2022) eine Million Menschen, die eine Riester-Rente erhalten. Über 400.00 von ihnen bekommen weniger als 60 Euro im Monat – und davon kommen noch Steuerabzüge runter. Zusätzlich bekamen 85.000 Rentnerinnen und Rentner Einmalbeträge ausbezahlt, weil ihre Riester-Rente unter 30 Euro monatlich betragen hätte.

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Metallerinnen und Metaller haben am 21. April vor dem FDP-Bundesparteitag gegen die Pläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Einführung einer sogenannten Aktienrente protestiert. Unter dem Motto „Kein Roulette mit unserer Rente“ zeigten Gewerkschafter mit einem Roulettetisch und einem Christian-Lindner-Double, wie auf Kosten der Rentenversicherten spekuliert werden soll. Für die IG Metall ist klar: Der Finanzmarkt ist kein sicherer Ort für sozialstaatliche Altersvorsorge.

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„Rente bekomme ich nicht mehr!“ Diesen Spruch hört man immer wieder von jungen Leuten. Dabei entbehrt er jeder Grundlage. Es gibt eine gesetzliche Rente im Umlageverfahren und die kann es auch in 50 Jahren geben, wenn wir uns nicht einwickeln lassen. Machtvolle Lobby-Organisationen wie Blackrock haben andere Interessen. Aktuell „beraten“ sie die Bundesregierung in der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“. Privaten Fondsverwaltungen und Versicherer haben nun im Juli 2023 ihre Pläne vorgelegt, nach denen neben der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente und der Betriebsrente als „Dritte Säule“ erneut die private Altersvorsorge ausgebaut werden soll. Die Baby- Boomer- Generation, also die zwischen 1955 bis 1965 Geborenen, werden in den Medien als die Gefahr für die Rentenkassen dargestellt, obwohl aktuell die Versicherungsbeiträge für die Rente mit 18,6% relativ niedrig sind. Leider trifft dies nicht nur auf die Versicherungsbeiträge zu, sondern auch auf die Höhe der Rentenzahlungen. Der langjährigen Politik der Rentenkürzungen bis hin zur Schröders Agenda 2010 und 2007 Merkels- Rente mit 67 „sei Dank“.

Ein Bericht über die Informations- und Diskussionsveranstaltung am 7. Oktonber 22023 „Unsere Rente: Kein Spielball für BlackRock & Co.! Menschenwürdige Renten für alle – wie in Österreich!“ Die sehr informativen Beiträge können hier angehört werden


6. August 2022. Gastautor Klaus Murawski macht im Folgenden einen Gegenvorschlag für eine Rente wie in Österreich und stellt eine entsprechende Kampagne vor:

Klaus Murawski
Foto: Ingo Müller

„Aufgrund einer Anfrage der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Partei DIE LINKE Sabine Zimmermann an die Bundesregierung wurde bekannt, dass geplant ist, das heutige Rentenniveau von 48% des vorherigen Gehalts erneut zu unterschreiten: auf 43,5 %. Bereits jetzt rangiert die Bundesrepublik auf einem der letzten Plätze innerhalb der OECD-Staaten, was die Quote des Rentenanteils vom vorher bezogenen Einkommen betrifft. In der Konsequenz läuft diese Politik darauf hinaus, dass zukünftig jede(r) zweite Beschäftigte mit Alltagsarmut konfrontiert sein würde. Um das abzuwenden, gibt es jetzt dazu die Kampage „Für eine Rentenversicherung als Bürgerversicherung“, die sich an den österreichischen Erfahrungen orientiert.

Dabei kann sie sich darauf stützen, dass die Gewerkschaften, die Linkspartei und auch einige linke Sozialdemokraten an der Forderung einer Rentenversicherung für alle Beschäftigte festhalten. Als vor 20 Jahren die Schröder- Regierung die Rentenkürzung und Rentenprivatisierung  auf den Weg gebracht hatte, hatte Österreich nach Protesten einen anderen Weg gewählt, den der Bürgerversicherung. Das zahlt sich aus!

In Österreich zahlen jetzt alle in eine „Pensionskasse“ ein und die Rente konnte so sogar erhöht werden. Gutverdienende Beamte und Freiberufler stabilisieren das System gerade jetzt, wo geburtenstarke  Jahrgänge in Rente gehen. Auch der Staat und die Unternehmen beteiligen sich mehr als in Deutschland. Es geht, wenn man will!

Wer für eine Rente wie in Österreich, jetzt ist, sollte deshalb die Kampagne unterstützen.

Die Kampagne ist eine Initiative von RentenZukunft

Dieser Beitrag erschien zuerst in www.gewerkschaftliche-Linke-berlin.de

Recht herzlichen Dank an Klaus Murawski für die zur Verfügung gestellten Infos.

weitere Infos zum Thema:

Infoblatt „Renten wie in Österreich! Jetzt!“, Deutschland ist ein Renten-armes Land.

Rentenvergleich: Österreich – BRD

Renten wie in Österreich! Jetzt! Aufforderung an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages: Unterschriftensammlung


Ein kurzer Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Pläne der Ampel-Regierung für eine Aktienerente

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Was hat die Bundesregierung mit der Bundeswehr vor?

Die Bundeswehr rüstet sich für einen Krieg im Rahmen der NATO und für die Bekämpfung von Krisen im Inneren. Es soll ein Kommando gebildet werden, das die Verlegung alliierter Kräfte durch Deutschland in enger Abstimmung mit den NATO-Kommandos organisiert. Der russische Einmarsch in der Ukraine habe die Notwendigkeit dazu unterstrichen. Mit Aufstellung des Kommandos zum 1. Oktober 2022 könne dann „unmittelbar reagiert werden“[1]„Mit dem neuen Kommando werden auch Kräfte verfügbar gemacht, die in besonderen Situationen schnell für die Kolozierung eines nationalen Krisenstabes in der Bundesregierung … Continue reading.

Die zuständige Ministerin Lambrecht lässt verlauten, es gehe um die nationale territoriale Führungsfähigkeit über das gesamte Spektrum „Frieden, Krise, Krieg“.

Unter dem Stichwort „Krise“ muss man nicht nur an die von der Bundeswehr beispielhaft aufgezählten Krisen denken: „Die Beseitigung von Schneemassen in Bayern, die Bekämpfung des Borkenkäfers, die Eindämmung von Großwaldbränden und die dringenden Hilfeleistungen bei der verheerenden Hochwasserflut Mitte dieses Jahres“.

Auch das widerständige Handeln der abhängig Beschäftigten kann irgendwann als Krise gewertet werden.

In diesem Zusammenhang ist auch der Aussage von Außenministerin Baerbock beim Besuch des RedaktionsNetzwerk Deutschland, am 20.07.2022 Beachtung zu schenken, auch wenn sie diese Aussage später als „überspitzt“ abschwächte: „…dann bekommen wir kein Gas mehr, und dann können wir überhaupt keine Unterstützung für die Ukraine mehr leisten, weil wir dann mit Volksaufständen beschäftigt sind“[2]Quelle: https://www.rnd.de/politik/annalena-baerbock-bei-rnd-vor-ort-kritik-an-kretschmers-ukraine-forderungen-LCS7M3YGWZAIZE65WH5NZB62KA.html.

Das Grundgesetz erlaubt nur in Ausnahmefällen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Dieser Einsatz ist deswegen äußerstes Mittel. Nach der Lesart der Bundeswehr „gilt“ ein solcher Einsatz als äußerstes Mittel. So scheint das Grundgesetz kein Hinderungsgrund, dass ein Generalstabsarzt (Hans-Ulrich Holtherm) seit zwei Jahren Leiter der Abteilung Gesundheitsschutz, Gesundheitssicherheit und Nachhaltigkeit im Gesundheitsministerium ist.

Daraus „erwuchs“, wie es in einer Mitteilung der Bundeswehr heißt, der Corona-Krisenstab, der die Schnittstelle zwischen Gesundheits- und Innenministerium bildete. Damit führte ein Generalstabsarzt das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Vorbereitung, den Start und die Durchführung der Impfaktionen.

Hier die links zu den Meldungen der Bundeswehr:


https://www.bundeswehr.de/de/aktuelles/meldungen/corona-bundeswehr-general-breuer-krisenstab-bundeskanzleramt-5295862
und
https://www.bundeswehr.de/de/aktuelles/meldungen/tagesbefehl-aufstellung-des-territorialen-fuehrungskommandos-5447044

References

References
1 „Mit dem neuen Kommando werden auch Kräfte verfügbar gemacht, die in besonderen Situationen schnell für die Kolozierung eines nationalen Krisenstabes in der Bundesregierung bereitstehen“. Kolozierung heißt Aufstellung
2 Quelle: https://www.rnd.de/politik/annalena-baerbock-bei-rnd-vor-ort-kritik-an-kretschmers-ukraine-forderungen-LCS7M3YGWZAIZE65WH5NZB62KA.html