Wem gehört die Welt?

Karl-Marx-Relief

Dieses Karl-Marx-Relief befindet sich in Berlin-Neukölln. Über dem Straßenschild ist vermerkt: „Karl Marx Begründer des Wissenschaftlichen Sozialismus 1818 – 1883“ Die Karl-Marx-Straße heißt so seit dem 31.7.1947. Seine Lehren werden bis heute von den Kommunisten, und wurden vor Jahrzehnten einmal von den Sozialdemokraten als theoretischer Ausgangspunkt anerkannt. Karl Marx war Philosoph und Ökonom. Zu seinen wichtigsten Werken gehören „Das Kapital„, „Zur Kritik der politischen Ökonomie„, „Der Bürgerkrieg in Frankreich„, „Die Heilige Familie„, „Der 18te Brumaire des Louis Bonaparte„. Das berühmteste Werk, gemeinsam mit Friedrich Engels verfasst, war und ist „Das Kommunistische Manifest„.


Einführung:

Es gab einmal eine Zeit, die mit dem Ziel der Vergesellschaftung von Konzernen große Hoffnungen verband – nicht zufällig im Anschluss an den Ersten Weltkrieg. Die Möglichkeit, großes Kapital zu enteignen, wurde 1919 in die damaligen Weimarer Verfassung aufgenommen. Und auch nicht zufällig wurde diese Forderung nach dem Zweiten Weltkrieg ins Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland übernommen. Damit war etwas anderes gemeint als Enteignung von Privatgrundstücken für den Bau von Autobahnen. Es ging um die Enteignung des großen Kapitals, allen voran der Schwerindustrie, die eine große Verantwortung für diese Kriege hatte. Auch ging es darum, der Gesellschaft ein demokratisches Fundament zu geben. Wirtschaftliche Weichenstellungen sollten nicht mehr in der Hand von wenigen privaten Konzernen liegen, sondern von der ganzen Gesellschaft entschieden werden.

In den vergangenen jahrzehnten wurde jedoch die Enteignung von privatem Kapital von den Freunden des Kapitals in umgekehrter Richtung thematisiert und dann auch praktiziert: Es wurde Staatseigentum privatisiert. Die Post wurde privatisiert. Die Bahn ist bis heute von der Priviatisierung bedroht. Die Rente wird Schritt für Schritt in private Hände gegeben.

Über Jahrzehnte wurde die Rente über den sogenannten Generationenvertrag finanziert: Immer zahlt die jüngere Generation, die arbeitet, die Renten der älteren Generation, die nicht mehr arbeiten kann. Dies wurde in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt aufgebrochen. Ziel ist die sogenannte kapitalgedeckte Rente, bei der jeder und jede das Kapital aufbauen soll, das im Alter als Rente verbraucht wird. Keine guten Aussichten für die jungen Menschen, die einmal im Alter von ihrer Rente leben wollen. Das Beispiel Schweden zeigt, dass Schritte in die kapitalgedeckte Rente ein Irrweg sind. Vorbild für uns sollte Österreich sein; dort geht es den Rentner besser.

Vor einigen Jahren entwickelten sich Gegenbewegungen, die nicht nur Privartisierungen abwehrten, sondern auch die Vergesellschaftung von großen privaten Konzernen forderten. Es geht vor allem um die Sicherung der sogenannten Daseinsvorsorge, also um die Erfüllung elementarer Grundbedürfnisse, um eine bezahlbare Wohnung, um die Gesundheit, um die Versorgung mit Energie und Wasser.

Ein erster wichtiger Schritt war der erfolgreiche Berliner Volksentscheid „Das Wasser gehört allen!“. Das Wasser in Berlin war zu einem erheblichen Teil privatisiert worden. Diese Privatisierung konnte mit dem Volksentscheid wieder rückgängig gemacht werden.

Vor allem mit dem erfolgreichen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne in Berlin – „Deutsche Wohnen & Co enteignen!“ – ist die Forderung nach Vergesellschaftung, die schon 1919 in die Weimarer Reichsverfassung aufgenommen wurde, wieder in den Köpfen vieler Menschen angekommen. Die Enteignung und Vergesellschaftung großen Kapitals wird zunehmend als ein Schlüssel für eine demokratische Wende in der Gesellschaft erkannt.

Auf dieser Seite werden Aktionen dokumentiert, die die anhaltenden Bemühungen der Privatisierung von Staatseigentum bekämpfen und zugleich der Forderung nach Vergesellschaftung mehr Nachdruck verleihen.

Auch der Kampf um Klimaschutz und die Transformation zu einer umweltverträglichen Arbeit gehört in diesen Zusammenhang. Große Konzerne zerstören die Welt und sind für die Klimaaufheizung in hohem Maße verantwortlich. Das gilt in besonderem Maße für Konzerne der Energiewirtschaft, aber auch für andere Konzerne wie die der Automobilindustrie oder der Zemetindustrie. Das wichtigste Ziel einer raschen Transformation ist eine Produktion, die frei von schädlichen Emissionen ist. obwohl dieses Thema der Bewohnbarkeit cer Welt in einem engen Zusammenhang mit der Frage „Wem gehört die Welt?“ steht, haben wir es wegen seiner Bedeutung zu einem eigenständigen Thema gemacht: Bewohnbarkeit der Welt.

Wer die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beenden will, muss das Privateigentum an Produktionsmitteln abschaffen.

Wer den Imperialismus bekämpfen will, muss sich mit dem Fundament des Imperialismus befassen: Mit dem prägenden Einfluss des großen Kapitals auf alle Lebensbereiche. Solange das große Kapital nicht vergesellschaftet ist, ist die Frage, die auf dieser Seite gestellt wird, beantwortet: Die Welt gehört den großen privaten Konzernen.

Inhaltsverzeichnis:


Wessen Welt ist die Welt?

Nicht nur das Gesundheitswesen wurde von einer systematischen Privatisierung überzogen, sondern viele andere Bereiche des Lebens auch, das Wasser, Wohnungen – nichts blieb verschont. Alles wurde zu einer Kapitalanlage. Aber es gibt auch die andere Seite, den Widerstand … Rede von Benedikt Hopmann am 9. November 2021 aus Anlass des Jahrestages der Novemberrevolution 1918: weiterlesen hier:


Der Kampf um die Vergesellschaftung großer Konzerne: Das Recht

Maria Metzke, Richterin a.D, stellte schon auf einem Symposium „Die unvollendete Revolution 1918/1919“ im Jahr 2019 im IG Metall-Haus Berlin dar, welche Möglichkeiten das Grundgesetz zur Enteignung und Vergesellschaftung eröffnet.

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Der Kampf um die Vergesellschaftung großer Konzerne: Die Geschichte

Der Historiker Dietmar Lange sprach zwei Jahre später über die Geschichte des Kampfes um die Vergesellschaftung großen Kapitals. Auch diese Veranstaltung wurde von der Koordination „Die unvollendete Revolution 1918/1919“ durchgeführt.

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Deutsche Wohnen & Co. enteignen!

Über eine Millionen Menschen – 56,4 Prozent – stimmten 2021 am Tag zu den Wahlen zum Bundestag und Abgeordnetenhaus in einem Volksentscheid für die Enteignung der großen Wohnungskonzerne. Nur 39,0 Prozent stimmten dagegen. Bis jetzt steht die notwendige Vorlage eines Enteignungsgesetzes in den Sternen. Die Kampagne lässt sich jedoch nicht entmutigen und wird alles tun, damit das Votum von über eine Millionen Menschen für die Enteignung umgesetzt wird. Weiterlesen hier

Foto: Ingo Müller

Am 11. September 2021 gingen erstmalig Mieter*inneninitiativen und -vereine, stadtpolitische Gruppen, Gewerkschaften und Verbände aus dem gesamten Bundesgebiet in Berlin auf die Straße, um gemeinsam einen radikalen Kurswechsel in der Mieten- und Wohnungspolitik von der zukünftigen Bundesregierung einzufordern.


Keine Privatisierung der S-Bahn!

Die S-Bahn wurde zu 2/3 ausgeschrieben. Die Länder Berlin und Brandenburg bieten in der Ausschreibung den Bewerbern ein Grundstück für die Errichtung einer  Werkstatt  an, es werden neue Fahrzeuge für die S-Bahn gekauft, mit denen kommunales Eigentum in einer “Landesanstalt für Schienenfahrzeuge” aufgebaut werden soll, und schließlich stellt das Land Berlin über eine landeseigene Beschäftigungsgesellschaft Werkstattpersonal. Alle diese Maßnahmen öffnen privaten Unternehmen die Tür zum Betrieb der S-Bahn und zur Wartung der Fahrzeuge. Damit droht die Privatisierung der S-Bahn. Muss das so sein? Warum nicht gleich alles in landeseigener Regie übernehmen, also auch den Betrieb und die Instandhaltung der landeseigenen Fahrzeuge in landeseigener Regie durchführen?

Es sei daran erinnert, dass Berlin schon einmal die S-Bahn in eigener Regie betrieben hat, und zwar vor 1989 drei Jahre lang. Es wäre möglich ein eigenes Bahn-Unternehmen in Berlin zu schaffen, eventuell auch unter Beteiligung der Deutschen Bahn. Dann kann rechtssicher auf eine Ausschreibung verzichtet werden. Nur dann wäre die Gefahr der Zerschlagung der S-Bahn gebannt. Daher müssen diejenigen, die gegen die Zerschlagung der S-Bahn sind, auch gegen ihre Ausschreibung sein.     

Es wurde das Wasser privatisiert und musste dann nach einem erfolgreichen Volksentscheid wieder für viel Geld zurück gekauft werden. Dann wurden tausende Wohnungen städtischer Wohnungsbaugesellschaften privatisiert. Jetzt kämpft die Kampagne “Deutsche Wohnen & Co enteignen” um die Rückführungen dieser Wohnungen in die kommunale Hand. Müssen wir mit der Privatisierung des S-Bahn Betriebs ein drittes Mal wiederholen, was schon zwei Mal nur Schaden gebracht hat?

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Das Wasser gehört allen!

Logo berliner-wassertisch

Im Kampf um das Wasser sind unser Gegner große Konzerne. Sie sehen im Wasser eine Kapitalanlage. Ihnen geht es um Gewinne. Der Kampf um das Wasser wird weltweit geführt. Auch in Berlin wurde der Widerstand gegen den Verkauf des Wassers organisiert. Er war erfolgreich. Die Initiative ging vom Berliner Wassertisch aus. Das Wasser gehört uns allen!

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Privatisierung der Post, Postgesetz

Die Post und Telekommunikation waren einmal in staatlicher Hand. Die Geschichte der Privatisierung der Post ist eine Geschichte des Unheils. Aktuell geht der Kampf um die Regulierung der Dienst der Post: Das Postgesetzt. Auch setzen sich immer mehr private Interessen durch. Die Interessen der beschäftigten und derjenigen, die von diesen Diensten abhängig sind bleiben auf der Strecke.

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Stromkonzerne enteignen, Energieproduktion vergesellschaften

Zu einer Demonstration in Köln am 27. August 2022 wurde ein bemerkenswerter Aufruf verfasst, der sich auf die Forderung konzentriert: Stromkonzerne enteignen und Energieproduktion vergesellschaften.

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Bewohnbarkeit der Welt: Klimaschutz + Transformation

Die Bewohnbarkeit der Welt hängt davon ab, wie auf dieser Welt gearbeitet wird, mit welchen Rohstoffen, mit welcher Energie und zu welchem Zweck.

Der Transformationsatlas der IG Metall im Jahr 2019 war ein wichtiger Auftakt, um mit dem Handeln für eine umweltverträgliche Arbeit zu beginnen.

Wir sind als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in doppelter Hinsicht gefragt, wenn es um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen geht. Wir müssen die Unternehmen zwingen, das Arbeiten umweltverträglich umzustellen. Und wir müssen die Unternehmen zwingen, die Lasten dieser Umstellung nicht auf unserer Kolleginnen und Kollegen abzuwälzen. Denn schon jetzt läuft es in den Zuliefererfirmen der Autoindustrie nach dem üblichen Strickmuster: Wo umweltschädliche Arbeitsplätze wegfallen, werden nicht umweltverträgliche Ersatzarbeitsplätze angeboten; es wird entlassen. Das geht bis zu Betriebsschließungen. Auch in den Stammbetrieben sind Beschäftigte von Arbeitslosigkeit bedroht.

Wenn wir uns aber im Kampf gegen Entlassungen und schlechtere Arbeitsbedingungen von den Unternehmen gegen den Umweltschutz instrumentalisieren lassen, richtet sich das nur gegen uns selbst. Es ist in unserem Intersse, dass die Welt bewohnbar bleibt.

Es reicht nicht, sich auf die Kritik zu beschränken, die Unternehmen hätten sich immer noch nicht auf die Transformation vorbereitet. Es ist notwendig, betriebs- und unternehmensbezogen die Transformation voranzutreiben und dabei die Kolleginnen und Kollegen vor Entlassung und Absenkung sozialer Standards zu schützen. Dazu brauchen wir mehr Rechte in den Betrieben und Unternehmen.

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Gemeinsam für Vergesellschaftung!

Foto: Ingo Müller

Die Enteignung und Vergesellschaftung großen Kapitals wird zunehmend als ein Schlüssel für eine demokratische Wende in der Gesellschaft erkannt. Hier die Dokumentatione weiterer Aktionen zur Forderungen nach Vergesellschaftung großer Konzerne

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Keine weitere Privatisierung der Rente!

Eine Privatisierung der Rente bietet keine guten Aussichten für die jungen Menschen, die einmal im Alter von ihrer Rente leben wollen. Das Beispiel Schweden zeigt, dass Schritte in die kapitalgedeckte Rente ein Irrweg sind.

Warum Schweden nicht als Vorbild taugt

Seit dem Jahr 2000 wurden in Schweden von den 18,5% Rentenversicherungsbeiträgen 2,5% an die Prämienrente abgezweigt und an unzählige Renten- bzw. Investmentfonds weitergeleitet. In den ersten zehn Jahren machten die Fondskurse eine regelrechte Achterbahnfahrt durch und sprangen von +8% auf -8%. Wie sich die Kursentwicklung fortsetzt, ist völlig unklar und reine Glückssache. Die Erträge der Prämienrente sind bis jetzt überschaubar, sie machten 2020 gerade einmal 3% der insgesamt ausgezahlten Rentenleistungen aus. Diese Rente spielt bestenfalls eine bescheidene Rolle bei der Altersversorgung in Schweden. Überhaupt rangieren die schwedischen Nettorenten gerade einmal auf Platz 18 der OECD-Liste. Das ist wohl kaum ein nachahmenswertes Beispiel.

Für eine Rente wie in Österreich

Das Vorhaben zur Einführung von Aktienrenten muss gestoppt werden. Jede weitere Fortsetzung der Vorsorgeprivatisierung und damit Schwächung der umlagefinanzierten Rente wäre unverantwortlich. Stattdessen muss eine Reform für eine nachhaltige und ausreichende Altersversorgung so schnell wie möglich angepackt werden. Dabei gibt es eine sehr gute Orientierung aus dem Nachbarland Österreich …

Weiterlesen „Für eine Rente wie in Österreich!“


Das Wasser gehört allen!

Einführung:

Im Kampf um das Wasser sind unser Gegner große Konzerne. Sie sehen im Wasser eine Kapitalanlage. Ihnen geht es um Gewinne. Der Kampf um das Wasser wird weltweit geführt.[1]siehe Maude Barlow: „Wasser als Menschenrecht, Wasser als Gemeineigentum!“ Auch in Berlin wurde der Widerstand gegen den Verkauf des Wassers organisiert. Er war erfolgreich[2]siehe: Der Kampf um das Berliner Wasser. Die Initiative ging vom Berliner Wassertisch aus.[3]siehe: Johanna Erdmann: Wem gehört das Wasser?“

Unsere Losung: Das Wasser gehört uns allen.

Inhaltsverzeichnis:


Johanna Erdmann: Wem gehört das Wasser?

Johanna Erdmann, Mitbegründerin des Berliner Wassertisches, spricht 3 1/2 Minuten zu folgenden Themen:

  • Verkauf und Rückkauf des Berliner Wassers
  • Wie begann die Privatisierung der Wasserbetriebe?
  • Warum waren die Menschen dagegen?


Der Kampf um das Berliner Wasser: Verkauf und Rückkauf des Berliner Wassers

Einführung

Die Initiative Berliner Wassertisch‘ arbeitete unter dem Motto: „Wasserprivatisierung – Nein danke!“. Dabei ging es darum die vollzogene Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) rückgängig zu machen. Die Berliner Wasserbetriebe sind der größte kommunale Wasserversorger Europas. Der Initiative ‚Berliner Wassertisch‘ gelang es mit ihrer Kampagne zur Rückführung der Wasserbetriebe in städtisches Eigentum Unternehmenseigentum zu einem großen Thema zu machen. Die Initiative hatte Erfolg.

Im Folgenden wollen wir diese Auseinandersetzung um die Privatisierung und Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe wiedergeben. Wir stützen uns dabei auf eine Darstellung von Gerlinde Schermer.[4]Gerlinde Schermer „Privatisierung und Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe – Konsequenzen für das Berliner Streikrecht“ in: Koordination ‚Unvollendete Revolution 1918“ (Hrsg.) … Continue reading Gerlinde Schermer ist SPD-Mitglied und am Berliner Wassertisch beteiligt. Sie war von 1991 bis 1999 Mitglied im Berliner Abgeordnetenhausund stimmte 1999 gegen den verkauf von 49,9 % der Berliner Wasserbetriebe an die Konzeren RWE und Veolia (frher: Viviendi). Sie folgte damit nicht der großen Koalition, an der ihre Patei beteiligt war und die damals die Landesregierung, den Berliner Senat, stellte. Alle Zitate unter den folgenden Ziffern haben als Quelle die geannte Darstelung von Gerlinde Schermer[5]Gerlinde Schermer „Privatisierung und Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe – Konsequenzen für das Berliner Streikrecht“ in: Koordination ‚Unvollendete Revolution 1918“ (Hrsg.) … Continue reading

Inhaltsverzeichnis

Der Verkauf

Als Grund für die Privatisierungen in Berlin wurde die Schulden der Stadt Berlin angeben, die von etwa 10 Milliarden € im Jahr 1990[6]Siehe: https://www.tagesspiegel.de/politik/verschuldung-wie-viel-griechenland-zeigt-sich-in-berlin/4214866.html auf 33 Milliarden € bis 1998 angestiegen waren[7]So wurde der Berliner Haushalt nach der Wende noch zu einem Drittel aus Bundesmitteln finanziert, siehe: https://www.heise.de/tp/features/Die-Schuld-an-den-Schulden-3408431.html.

1993 wurden die Eigenbetriebe Behala, BSR, BVG und BWB in Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt.

In der Zeit von 1996 bis 2001 wurden die BEWAG komplett verkauft, die Wasserbetriebe teilprivatisiert und die Wohnungen der GEHAG verkauft.

Zwar gab es zunächst Widerstände in SPD und Gewerkschaften, dann aber setze sich die SPD-Führung durch[8]„Unvergessen die Rede des Vorsitzenden des BWB-Gesamtpersonalrates Norbert Öttl zu den SPD-Delegierten. Eben noch ein Kämpfer an unserer Seite gegen die Wasserprivatisierung, wurde er massiv von … Continue reading.

1998 beschloss der Senat den Verkauf von 49,9 % der Berlin Wasserbetriebe an die Konzerne RWE und Vivendi (später Veolia). Diese Teilprivatisierung war zum damaligen Zeitpunkt die größte Privatisierung in Europa[9]Carl Waßmuth „Für Transparenz und Rekommunalisierung“ in Mieterecho Nr. 420 September 2021 S. 20.

2002 bis 2006 führten SPD und PDS diesen „Konsolidierungskurs“[10]Alle Zitate unter der laufenden Ziffer haben als Quelle die genannte Darstellung von Gerlinde Schermer, es sei denn, es ist eine andere Quelle angegeben verschärft weiter mit dem Verkauf der GSW und – über die BVG – der GHG Wohnen.

Bis 2008 wurde Landesvermögen für 13,8 Milliarde € verkauft. Mit dem sogenannten Anwendungstarifvertrag wurden bei den Landesbeschäftigten deutliche Lohn- und Gehaltskürzungen durchgesetzt.

Widerstand und Rückkauf

Vorbereitet durch verschiedene Aktionen von attac, wurde am 23. Mai 2006 der Berliner Wassertisch gegründet.

In Augsburg, Ulm, Hamburg, Kiel München, Stuttgart regte sich ebenfalls Widerstand. In Cochabamba (Bolivien) wütete der Wasserkrieg gegen den Ausverkauf des Wassers an internationale Konzerne.

Die negativen Folgen der Wasserprivatisierung wurden ab 2004 über die steigenden Wasserpreise spürbar. “Da die Politiker über die Geheimverträge den Mantel des Schweigens deckten, kam es darauf an, Licht in das Dunkel zu bringen. Alle Proteste hatten nichts gebracht. Die Kollegen der Wasserbetriebe haben zwar protestiert, aber nicht gestreikt. Stattdessen hat die Gewerkschaftsführung einen Kompromiss ausgehandelt. Warum? Das haben sich viele Gewerkschafter auch gefragt, die bereit waren zu kämpfen. Also entschlossen wir uns zum Volksbegehren: ‚Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück‘“. Gleichzeitig entwarf der Wassertisch ein Gesetz zur Offenlegung der geheimen Verträge mit den privaten Konzernen.

Im Februar 2008 war die erste Stufe mit der Sammlung von knapp 40.000 Unterschriften geschafft. „Doch der Senat erklärte im März 2008 das Volksbegehren für unzulässig. Sein Argument: Mit der Veröffentlichung würde das Grundrecht des Vertrauensschutzes verletzt“. Der Wassertisch klagte vor dem Berliner Landesverfassungsgericht – erfolgreich. Das Abgeordnetenhaus hätte nun den Gesetzesentwurf des Wassertisches übernehmen können, tat es aber nicht.

In der zweiten Stufe des Volksbegehrens von Juli bis Oktober 2010 wurden 320.000 Unterschriften gesammelt, 120.000 Unterschrift wäre notwendig gewesen. 

Im Volksentscheid am 13. Februar 2011 sagten 98,2 % „Ja“, insgesamt 666.235 stimmten für das Gesetz. …

So etwas hatte es noch nie gegeben. Die politische Aussage war klar: Re-Kommunalisierung, sonst droht der Absturz! Die BerlinerInnen wollen keine private Wasserver- und -entsorgung haben“. Der Senat verhandelte unter dem Druck des Volksentscheids mit RWE.

Gleichzeitig lief ein Preismissbrauchsverfahren des Bundeskartellamts gegen die BWB. Die Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts wurde zwar von den BWB juristisch angefochten, aber ohne Erfolge. Die Trinkwasserpreis mussten um 15 % gesenkt werden und die überhöhten Beträge für 2012 und 2013 zurückerstattet werden. Die Kalkulationsvorgaben für die Wassertarife wurden gesetzlich an die im Vertrag garantiert Rendite angepasst, die Berliner hatten lediglich zu zahlen.

2012 wurden die RWE-Anteile für 618 Millionen € und 2013 die Veolia-Anteile für 590 € zurückgekauft. Die Finanzierung der Schuldenbremse erfolgte wegen der „Schuldenbremse“ nicht aus dem Landeshaushalt, in den 1999 die Einnahmen aus dem Verkauf der BWB-Anteile geflossen waren, sondern über Kredite von 1,26 Milliarden €, die von den  Berliner Wasserbetrieben bis 2043 abgezahlt werden. Die privaten Konzerne erhielten „in den Jahren von 1999 bis 2011 insgesamt 1,526 Milliarden Gewinn. Mit dem Rück-Verkauf der Anteile haben sie faktisch den Kaufpreis in doppelter Höhe zurückerhalten“.     

Die Berliner Wasserbetriebe

Die Berliner Wasserbetriebe die Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Sie sind ein Produktionsbetrieb. Die Produktionsmittel sind u.a. (https://www.bwb.de/kennzahlen.php)

  • die Pumpen, mit denen Wasser aus dem Grundwasser gepumpt wird,
  • die 9 Wasserwerke, mit denen es zu Trinkwasser aufbereitet wird,
  • das Rohrnetz mit einer Länge von 7.827 km zur Verteilung des Wassers,
  • die Kanalisation mit einer Länge von 9.758 km zur Sammlung des Abwassers und Regenwasser sowie
  • die 5 Klärwerke zur Reinigung des Abwassers.

Im Jahr 2019 arbeiteten 4.560 Menschen bei den Berliner Wasserbetrieben.[11]https://www.bwb.de/Jahrespressekonferenz.php Die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2020 wies einen Jahresüberschuss von 286,3 Mio € aus.[12]https://www.bwb.de/kennzahlen.php 

Gründe für den Erfolg der Initiative „Berliner Wassertisch“

Zwei Gründe für den Erfolge der Kampagne der Initiative ‚Berliner Wassertisch‘: 

Es gibt eine lange Tradition, die Aufbereitung und Verteilung die Weiterleitung des Wassers, die Sammlung und Reinigung des Abwassers in kommunale Hand zu geben. Das wird das mit dem hohen Gebrauchswert des Wassers begründet. Ohne Wasser kein Leben. Ohne Wasser schon gar nicht menschliches Leben. Der Berliner Wassertisch: „Wasser ist ein Menschenrecht“.

Jeder spürte die Folgen der Privatisierung im eigenen Portemonnaie. Sie führte zu einer erheblichen Erhöhung der Wasserpreise.

Nicht erfüllte Forderungen

Gerlinde Schermer schließt ihre Darstellung über die Kampagne der Initiative ‚Berliner Wassertisch‘ mit vier Forderungen:

  • Die gesetzlichen Grundlagen einer profitorientierten Wasserversorgung und Abwasserentsorgung blieben auch nach der Rekommunalisierung erhalten (Betriebegesetz und Wassertarifforderung). Das muss geändert werden;
  • Entscheidungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung müssen  von den Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar getroffen werden, weil es sich  um eine elementare, lebenswichtige Ressource handelt; Transparenz und Mitbestimmung sind die natürlichen Antagonisten des Demokratieabbaus. Ob das Geld der Wasserkunden nicht besser in die Wasserversorgung, für Personal und sinnvolle Investitionen statt in den Landeshaushalt gesteckt werden sollte, muss diskutiert werden. Es wird ein öffentliches Investitionsmonitoring gefordert. Wir werden weiterhin das Ziel verfolgen, demokratische Kontrolle im Interesse des Gemeinwohls über die Berliner Wasserbetriebe auszuüben.
  • Dazu gehört der Kampf dafür, dass die Betriebe und Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge wieder unter die völlige Kontrolle des Landes, des Parlaments kommen.
  • Wir können uns solidarisch mit dem Kampf der Gewerkschaften verbinden und Initiativen zur Unterstützung für die Verwirklichung eines uneingeschränkten Streikrechts ergreifen. Die Vereinigung der Kräfte könnte ein Beitrag sein, um Ausgründungen und Rendite-Erwirtschaftung IN Betrieben der Daseinsvorsorge zu beenden.

Und hier die ergänzenden Forderungen von Carl Waßmuth, einer der führenden Köpfe von ‚Gemeineigentum in Bürgerhand“ (GiB):

  • „Ab dem 1.  Januar 2022 wollen die Wasserbetriebe Gebühren statt Preise erheben. Daraus folgt ein völlig anderes Kontrollsystem, ob die Höhe der Entgelte angemessen ist.
  • Dazu kommen die Herausforderungen des Klimawandels mit den Themen Regenwasser zum Straßenbaum und Schwammstadt Berlin“.[13]Carl Waßmuth „Für Transparenz und Rekommunalisierung“ in Mieterecho Nr. 420 September 2021 S. 20 

Maude Barlow: Wasser als Menschenrecht, Wasser als Gemeineigentum

Wer ist Maude Barlow?

  • Die Kanadierin ist die weltbekannteste Wasseraktivistin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises.
  • Sie war 2010 Beraterin in der UNO und initiierte mit andern die Aufnahme des Grundrechts auf Wasser und sanitäre Grundversorgung in die Charta der Allgemeinen Menschenrechte. 
  • Der Beschluss der UN wird noch lange nicht überall in die Praxis umgesetzt.
  • Sie schrieb 14 Bücher, wie z.B. „Blaues Gold“, „Blaue Zukunft“, „Das Wasser gehört uns allen!“, „Still Hopeful“. 
  • Als Vorsitzende des Council of Canadians begründete sie das globale Projekt Blue Community.

Was ist eine Blue Community?

Berlin ist Teil der Blue Community.

Blue Community bedeutet die Selbstverpflichtung einer Stadt, Gemeinde, Universität oder Kirche zu folgenden Prinzipien:

  • Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung real umsetzen
  • Wasserver- und -Entsorgung in öffentlicher Hand
  • Leitungswasser vor Flaschenwasser
  • Partnerschaften zum Austausch von Know-how mit Ländern des Südens
  • Und Berlin hat noch als Punkt ergänzt: Schutz der Gewässer

Maude Barlow spricht in dem folgenden Vortrag, den sie im Jahr 2022 im Rathaus Charlottenburg in Berlin hielt. Sie spricht Englisch, aber es wird übersetzt. Die Tonqualität ist nicht sehr gut, aber wir haben uns entschlossen, den Vortrag trotzdem zu veröffentlichen, weil der Inhalt wichtig ist. Der Vortrag dauert gut 20 Minuten.

Zu empfehlen ist auch Buch von Maude Barlow „Das Wasser gehört uns allen“, erschienen 2020 im Kunstmann-Verlag                     


                     

References

References
1 siehe Maude Barlow: „Wasser als Menschenrecht, Wasser als Gemeineigentum!“
2 siehe: Der Kampf um das Berliner Wasser
3 siehe: Johanna Erdmann: Wem gehört das Wasser?“
4 Gerlinde Schermer „Privatisierung und Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe – Konsequenzen für das Berliner Streikrecht“ in: Koordination ‚Unvollendete Revolution 1918“ (Hrsg.) „Dokumentation des Symposiums „Die unvollendete Revolution“ 2019, S. 71 ff.
5 Gerlinde Schermer „Privatisierung und Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe – Konsequenzen für das Berliner Streikrecht“ in: Koordination ‚Unvollendete Revolution 1918“ (Hrsg.) „Dokumentation des Symposiums „Die unvollendete Revolution“ 2019, S. 71 ff.
6 Siehe: https://www.tagesspiegel.de/politik/verschuldung-wie-viel-griechenland-zeigt-sich-in-berlin/4214866.html
7 So wurde der Berliner Haushalt nach der Wende noch zu einem Drittel aus Bundesmitteln finanziert, siehe: https://www.heise.de/tp/features/Die-Schuld-an-den-Schulden-3408431.html
8 „Unvergessen die Rede des Vorsitzenden des BWB-Gesamtpersonalrates Norbert Öttl zu den SPD-Delegierten. Eben noch ein Kämpfer an unserer Seite gegen die Wasserprivatisierung, wurde er massiv von Gewerkschaftsspitzen unter Druck gesetzt und gezwungen zu sagen: „Ich brauche die Redezeit nicht, stimmt zu, der Vertrag ist wasserdicht.“ (Schermer a.a.O.)
9, 13 Carl Waßmuth „Für Transparenz und Rekommunalisierung“ in Mieterecho Nr. 420 September 2021 S. 20
10 Alle Zitate unter der laufenden Ziffer haben als Quelle die genannte Darstellung von Gerlinde Schermer, es sei denn, es ist eine andere Quelle angegeben
11 https://www.bwb.de/Jahrespressekonferenz.php
12 https://www.bwb.de/kennzahlen.php

103 Jahre Politischer Mord – 100 Jahre Politischer Streik

Jetzt das Video zum Thema.

Am 24. Juni 1922 wurde der deutsche Außenminister Walther Rathenau (DDP) von Mitgliedern der rechtsextremen Organisation Consul ermordet.

Am 27. Juni 1922 folgten Millionen Menschen einem halbtägigen Demonstrationsstreik „Zur Verteidigung der Republik und der Grundrechte der Arbeitnehmerschaft“.

Aufgerufen dazu hatten die drei Arbeiterparteien MSPD, USPD, KPD und die Gewerkschaften ADGB und AfA-Bund

Vortrag Günter Watermeier (Autor der Studie: Politischer Mord und Kriegskultur an der Wiege der Weimarer Republik)

Vortrag Benedikt Hopmann (Jurist) und anschliessende Diskussion.

Referenten:

Günter Watermeier: Der politische Mord.

Benedikt Hopmann: Der politische Streik

  • 00:00:00 Vortrag Günter Watermeier
  • 00:00:21 Einführung
  • 00:01:51 103 Jahre politischer Mord
  • 00:03:27 Wer war Rathenau?
  • 00:07:07 Wer war Erzberger?
  • Vortrag Benedikt Hopmann
  • 00:11:25 Übersicht über Vortrag
  • 00:11:59 Kundgebung einen Tag nach Rathenaumord, Sonntag, 25. Juni 1922
  • 00:12:58 Rede von Kurt Rosenfeld auf dieser Kundgebung
  • 00:14:18 Ausruf von Reichskanzler Wirth im Reichstag am Samstag, den 24. Juni 1922
  • 00:15:11 Aufruf am Montag zum politischen Demonstrationsstreik am Dienstag, 27. Juni 1922
  • 00:16:38 Bericht über politischen Demonstrationsstreik am 27. Juni 1922
  • 00:18:36 Die Forderungen: Berliner Abkommen „Zur Verteidigung der Republik und der Grundrechte der Arbeitnehmerschaft“
  • 00:19:55 Das Gesetz zum Schutz der Republik
  • 00:22:46 Die Mängel dieses Gesetzes wie sie schon in den Lesungen im Reichstag offenbar wurden
  • 00:27:37 Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?
  • Diskussion
  • 00:30:33 Die Gefahr kommt nicht vom Extremismus, sondern von Rechts – aktuelle Bezüge –
  • 00:37:14 Wehret den Anfängen! – Reaktionen damals und heute im Vergleich –
  • 00:40:03 Arbeitsniederlegungen im Jahr 2020 aus Anlass der Morde in Hanau
  • 00:42:31 Wann wurde das Streikrecht eingeschränkt, welche Möglichkeiten bestehen, diesen Einschränkungen zu begegnen?


Veranstalter: Koordination 1918 unvollendet
1918unvollendet.org

Wir zahlen nicht für eure Kriege! Fotogalerie und Anmerkungen.

Kundgebung gegen den Krieg am 2. Juli 2022 Berlin Bebelplatz. Foto: Ingo Müller


Hinweis: Am 1. Oktober 2022 ist eine weitere bundesweite Demonstration geplant.


Der Kundgebung und Demonstration am 2. Juli 2022 – mit einer herausragenden Rede von Rolf Becker zum Schluss der Veranstaltung – war folgender Gedanke vorangestellt: Am Ende seiner Rede zitierte Rolf Becker das Gedicht, das Wolfgang Borchert kurz vor seinem Tod 1947 schrieb: „Dann gibt es nur eins!

„Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzen würden.“ (A. Einstein 1933)

Die Veranstaltung am Samstag, den 2. Juni 2022 unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Kriege!“ begann um 14:00 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Bebelplatz, dann folgte eine Demonstration vom Bebelplatz durch das Regierungsviertel zurück zum Bebelplatz.

Auf dieser Seite zu finden ist:

Die Veranstalterinnen und Veranstalter dieser Kundgebung zeigen auf ihrer Seite ebenfalls einen Rückblick, der hier einzusehen ist.

Foto: Ingo Müller

Mehr Infos

Für die Dokumentation und die vertiefte Auseinandersetzung sind alle Rede- und Kulturbeiträge gefilmt worden. Die ersten Videos sind bereits hochgeladen und werden hier sukzessive ergänzt:

https://youtube.com/playlist?list=PLKdNIB3v2sDh0DvDDOWac_K674x7Eootz.

Fotoshow: Eindrücke von der bundesweiten Demonstration am Samstag, den 02.07.2022, um 14 Uhr, Bebelplatz in Berlin.

Ein detaillierter Rückblick auf Kundgebung und Demonstration von Jochen Gester auf der Seite gewerkschaftliche Linke lesen.


Rolf Becker hielt zum Schluss der Kundgebung eine herausragende Rede, die wir jedem empfehlen anzuhören:

Am Ende seiner Rede zitierte Rolf Becker das Gedicht, das Wolfgang Borchert kurz vor seinem Tod 1947 schrieb:

Wolfgang Borchert
Dann gibt es nur eins!

Du. Mann an der Maschine und Mann in der
Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du
sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe
mehr machen – sondern Stahlhelme und
Maschinengewehre, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Mädchen hinterm Ladentisch und
Mädchen im Büro. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst Granaten füllen und
Zielfernrohre für Scharfschützengewehre
montieren, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Besitzer der Fabrik. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst statt Puder und Kakao
Schießpulver verkaufen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod
erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Dichter in deiner Stube. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst keine Liebeslieder,
du sollst Haßlieder singen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst die Männer
kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst den Mord segnen
und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Kapitän auf dem Dampfer. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst keinen Weizen
mehr fahren – sondern Kanonen und Panzer,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen
befehlen, du sollst Bomben und Phosphor
über die Städte tragen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Schneider auf deinem Brett. Wenn sie
dir morgen befehlen, du sollst Uniformen zuschneiden,
dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Richter im Talar. Wenn sie dir morgen befehlen,
du sollst zum Kriegsgericht gehen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

 Du. Mann auf dem Bahnhof. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst das Signal zur Abfahrt
geben für den Munitionszug und für den
Truppentransport, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der
Stadt. Wenn sie morgen kommen und dir den
Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

Du. Mutter in der Normandie und Mutter in
der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London,
du, am Hoangho und am Mississippi, du,
Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und
Oslo - Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der
Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt
Kinder gebären, Krankenschwestern für
Kriegslazarette und neue Soldaten für neue
Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es
nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!

Denn wenn ihr nicht NEIN sagt, wenn IHR nicht nein sagt, Mütter, dann:
dann:

 In den lärmenden dampfdunstigen Hafenstädten werden die großen Schiffe
stöhnend verstummen und wie titanische Mammutkadaver wasserleichig träge
gegen die toten vereinsamten Kaimauern schwanken, algen-, tang- und
muschelüberwest den früher so schimmernden dröhnenden Leib, friedhöflich
fischfaulig duftend, mürbe, siech, gestorben –

 die Straßenbahnen werden wie sinnlose glanzlose glasäugige Käfige blöde
verbeult und abgeblättert neben den verwirrten Stahlskeletten der Drähte und
Gleise liegen, hinter morschen dachdurchlöcherten Schuppen, in verlorenen
kraterzerrissenen Straßen –

 eine schlammgraue dickbreiige bleierne Stille wird sich heranwälzen,
gefräßig, wachsend, wird anwachsen in den Schulen und Universitäten und
Schauspielhäusern, auf Sport- und Kinderspielplätzen, grausig und gierig,
unaufhaltsam –

 der sonnige saftige Wein wird an den verfallenen Hängen verfaulen, der Reis
wird in der verdorrten Erde vertrocknen, die Kartoffel wird auf den
brachliegenden Äckern erfrieren und die Kühe werden ihre totsteifen Beine wie
umgekippte Melkschemel in den Himmel strecken –

 in den Instituten werden die genialen Erfindungen der großen Ärzte sauer
werden, verrotten, pilzig verschimmeln –

 in den Küchen, Kammern und Kellern, in den Kühlhäusern und Speichern
werden die letzten Säcke Mehl, die letzten Gläser Erdbeeren, Kürbis und
Kirschsaft verkommen – das Brot unter den umgestürzten Tischen und auf
zersplitterten Tellern wird grün werden und die ausgelaufene Butter wird
stinken wie Schmierseife, das Korn auf den Feldern wird neben verrosteten
Pflügen hingesunken sein wie ein erschlagenes Heer und die qualmenden
Ziegelschornsteine, die Essen und die Schlote der stampfenden Fabriken
werden, vom ewigen Gras zugedeckt, zerbröckeln - zerbröckeln - zerbröckeln
–
 
 dann wird der letzte Mensch, mit zerfetzten Gedärmen und verpesteter
Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig glühenden Sonne und unter
wankenden Gestirnen umherirren, einsam zwischen den unübersehbaren
Massengräbern und den kalten Götzen der gigantischen betonklotzigen
verödeten Städte, der letzte Mensch, dürr, wahnsinnig, lästernd, klagend - und
seine furchtbare Klage: WARUM? wird ungehört in der Steppe verrinnen, durch
die geborstenen Ruinen wehen, versickern im Schutt der Kirchen, gegen
Hochbunker klatschen, in Blutlachen fallen, ungehört, antwortlos, letzter
Tierschrei des letzten Tieres Mensch - all dieses wird eintreffen, morgen,
morgen vielleicht, vielleicht heute nacht schon, vielleicht heute nacht, wenn – –
wenn – –



                                      wenn ihr nicht NEIN sagt.

zitiert aus: Wolfgang Borchert, Das Gesamtwerk, Rowohlt 1986, Seite 318 ff


Ingo Müller schrieb für die Newsletter der Reinickendorf Linke einen Leserbrief.

Auszug aus dem Leserbrief:

„Es wurden nach Angaben der Organisatoren ca. 4000 Teilnehmer unterschiedlicher Gruppen, Parteien und aus der Zivilbevölkerung gezählt. Gemeinsam war die Sorge um eine Eskalation des Krieges in der Ukraine, die Ablehnung der angeblich alternativlosen militärischen Konfliktlösungsstrategien sowie die entschiedene Absage an all das, was uns eine Große Koalition aus Regierung und Opposition im Deutschen Bundestag als zwingende „Zeitenwende“ verkaufen möchte. Es gab auf der Demo nicht eine Weltsicht, sondern durchaus Vielstimmigkeit, die auch unterschiedliche Weltsichten und Lösungsvorstellungen widerspiegelt.“

Der ganze Leserbrief ist hier:


Für den 1. Oktober 2022 ist eine weitere bundesweite Demonstration geplant.

Anwaltsvereine für umfassendes Streikrecht

Gemeinsame Stellungnahme
der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) und des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) vom 22.07.2022
zum
Streik der Gorilla-Riders und dem europarechtlichen Streikrecht:
Mehr rechtlichen Schutz für die Gorillas-Beschäftigten: RAV und VDJ fordern Anerkennung des europarechtlich gewährleisteten Streikrechts in Deutschland

Die Fahrer:innen des Berliner Startups Gorillas hatten seit dem 9. Juni 2021 über Monate mehrmals in Berlin und Leipzig für sichere Beschäftigung, höhere Löhne und gesunde Arbeitsbedingungen gestreikt, ohne dass eine Gewerkschaft dazu aufgerufen hatte. Daraufhin wurden rund 30 Fahrer:innen entlassen. Nur kurz darauf versuchte die Geschäftsführung auch die Wahl eines Betriebsrats im Wege der einstweiligen Verfügung zu stoppen. Dieses misslang, der Betriebsrat wurde gegen den Widerstand der Unternehmensführung gewählt. Gegen die Kündigungen haben Fahrer:innen Klage beim Arbeitsgericht Berlin erhoben. Die ersten Urteile hierzu liegen vor. Das Arbeitsgericht Berlin kommt zu unterschiedlichen Ergebnissen, teilweise sieht es die Kündigungen als zulässig an; teilweise bewertet es die Kündigungen als unrechtmäßig.

Die 20. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin wies am 06.04.2022 die Kündigungsschutzklage von drei Fahrer:innen ab, denen aufgrund ihrer Teilnahme an diesem verbandsfreien Streik gekündigt worden war. Das Gericht erachtete zwei der außerordentlichen Kündigungen für wirksam, weil die Teilnahme an einem Streik nur dann rechtmäßig sei, wenn dieser von einer Gewerkschaft getragen werde.[1]Siehe auch die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Berlin Nr. 05/22 vom 06. 04. 2022: https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1194236.php; der … Continue reading Dabei lässt es die europarechtlichen Vorgaben zu Unrecht außer Acht.

In einem weiteren Kündigungsschutzprozess vor der 19. Kammer desselben Gerichts hatte ein Rider dagegen Erfolg.[2]Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 07.03.2022, 19 Ca 10127/21, abgerufen am 13.5.2022 unter https://www.arbeitsrecht-berlin.de/urteil-des-arbeitsgerichts-berlin-zum-wilden-streik/ Die 19. Kammer hat der Klage unter anderem mit folgender Begründung stattgegeben:

„Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Streikrecht nicht kodifiziert ist und somit auch die propagierte Notwendigkeit, dass ein Streik gewerkschaftlich organisiert sein muss, keine gesetzliche Grundlage hat. Dementsprechend vertritt die Literatur (…) auch die Auffassung, dass das ganze Spektrum von Handlungsmöglichkeiten, die Artikel 28 EU-GRC eröffnet, jeder Gewerkschaft, aber auch jeder gemeinsam handelnden Arbeitnehmergruppe zustehe. Artikel 28 EU-GRC schütze daher auch den nicht gewerkschaftlichen „wilden“ Streik. […].

Mithin ist es keineswegs gesichertes Recht, dass ein Aufruf zu einem sogenannten wilden Streik einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstellt. Die Frage, ob die Teilnahme hieran einen Kündigungsgrund darstellt, stellt sich somit heute grundlegend anders als vor dem Inkrafttreten der Europäischen Grundrechtecharta (…).“

Die 19. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin greift damit im Kern die völker- und europarechtlichen Argumente auf, die kritische Jurist:innen bereits seit Jahrzehnten gegen das durch obergerichtliche Rechtsprechung geprägte restriktive Verständnis des deutschen Streikrechts anführen.

Art. 6 Nr.4 der Europäischen Sozialcharta (ESC)[3]Art. 6 Nr.4 ESC lautet: „Um die wirksame Ausübung des Rechtes auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsstaaten […] das Recht der Arbeitnehmer und der … Continue reading gewährleistet den Arbeitnehmer:innen  das Recht auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts. Eine Beschränkung der Träger:innen des Streikrechts auf tariffähige Gewerkschaften oder eine Beschränkung der Ziele des Streiks auf den Abschluss von Tarifverträgen kennt die ESC hingegen nicht. Die ESC wurde 1965 von der Bundesrepublik ratifiziert. Es handelt sich damit um verbindliches Völkerrecht, welches   nicht nur wie ein einfaches Gesetz zu beachten, sondern maßgeblich auch bei der Auslegung des Grundgesetzes heranzuziehen ist. Der Sachverständigenausschuss des Ministerkomitees des Europarats, der die Einhaltung der Europäischen Sozialcharta in den einzelnen Mitgliedsstaaten überwacht, erklärt seit Jahren, dass in Deutschland das „Verbot aller Streiks, die nicht auf Tarifverträge ausgerichtet sind und nicht von den Gewerkschaften ausgerufen oder übernommen werden“ ein Verstoß gegen die Sozialcharta sei. Das Ministerkomitee selbst sprach deswegen 1998 sogar eine sogenannte „Empfehlung“ aus, die höchste Sanktionsstufe, die ihm zur Verfügung steht.[4]„Empfehlung zur Anwendung der Europäischen Sozialcharta durch Deutschland während des Zeitraums v. 1993-1994 (13. Kontrollzyklus Teil IV), beschlossen v. Ministerkomitee am 3.2.98“ in: … Continue reading  

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwaltsverein e.V. und die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. fordern die konsequente Anwendung europäischen Rechts und damit die Anerkennung weitergehender Streikmöglichkeiten als sie die deutsche Rechtsprechung bislang erlaubt. Diese Rechtsprechung wurde maßgeblich von Hans Carl Nipperdey geprägt,[5]Rechtsgutachten vom 2. Januar 1953 von Hans Carl Nipperdey im Auftrag des BDA „Die Ersatzansprüche für Schäden, die durch den von den Gewerkschaften gegen das geplante Betriebsverfassungsgesetz … Continue reading der  während der Zeit des Faschismus in führender Position an der juristischen Umsetzung der Prinzipien des Nationalsozialismus beteiligt war, u.a. als Autor eines Kommentars zum faschistischen Arbeitsrecht AOG.

Mit den vorliegenden europarechtswidrigen, in der Sache arbeitnehmerfeindlichen Zurückweisungen der Kündigungsschutzklagen verstößt die 20. Kammer gegen die Sozialcharta und eine völkerrechtsfreundliche Auslegung des Grundgesetzes und perpetuiert sehr unrühmliche, überkommene und demokratiefeindliche Rechtsstandpunkte. Wir vertreten die Auffassung, dass die Entscheidungen der 20. Kammer keinen Bestand haben dürfen und fordern, die betroffenen Beschäftigten mit allen Rechten weiter zu beschäftigen.

Wegen der herausragenden Bedeutung des Streikrechts für die Sicherung unserer Demokratie sollte endlich eine Diskussion über die Überwindung des restriktiven und rückständigen Verständnisses der Rechtsprechung zum Streikrecht in Gang kommen. Diese Diskussion sollte auf die Implementierung eines „umfassendes Streikrecht“ gerichtet sein, wie schon 2012 der Wiesbadener Appell forderte.[6]Wiesbadener Appell: https://politischer-streik.de Dazu gehört auch das Recht auf den politischen Streik, dessen pauschales Verbot ebenfalls mit der Sozialcharta unvereinbar ist.

Presserückfragen an Rechtsanwalt Dr. Andreas Engelmann, Bundessekretär der VDJ, telefonisch unter 069 71163438 oder per E-Mail an bundessekretaer@vdj.de

Dieser Beitrag kann auch auf der homepage der vdj werden unter: https://www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/mehr-rechtlichen-schutz-gelesenfuer-die-gorillas-beschaeftigten-rav-und-vdj-fordern-anerkennung-des-europarechtlich-gewaehrleisteten-streikrechts-in-deutschland/

 

References

References
1 Siehe auch die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Berlin Nr. 05/22 vom 06. 04. 2022: https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1194236.php; der Volltext liegt bislang nicht vor.
2 Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 07.03.2022, 19 Ca 10127/21, abgerufen am 13.5.2022 unter https://www.arbeitsrecht-berlin.de/urteil-des-arbeitsgerichts-berlin-zum-wilden-streik/
3 Art. 6 Nr.4 ESC lautet: „Um die wirksame Ausübung des Rechtes auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsstaaten […] das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten […] anzuerkennen …“
4 „Empfehlung zur Anwendung der Europäischen Sozialcharta durch Deutschland während des Zeitraums v. 1993-1994 (13. Kontrollzyklus Teil IV), beschlossen v. Ministerkomitee am 3.2.98“ in: AuR 4/1998, S. 156
5 Rechtsgutachten vom 2. Januar 1953 von Hans Carl Nipperdey im Auftrag des BDA „Die Ersatzansprüche für Schäden, die durch den von den Gewerkschaften gegen das geplante Betriebsverfassungsgesetz geführten Zeitungsstreik vom 27.-29. Mai 1952 entstanden sind“.
6 Wiesbadener Appell: https://politischer-streik.de

Gedenkstättenfahrt nach Wolfenbüttel

Die Kreisvereinigung der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA) hat gemeinsam mit der Antifaschistischen Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh in Buchholz/ Nordheide eine „Tagesgedenkstättenfahrt nach Wolfenbüttel“ am Sonntag, dem 19. Juni 2022 durchgeführt.


Pünktlich um 08.00 Uhr ging es von Berliner-Ostbahnhof mit dem Bus, vom „Solibus e. V.“ in Richtung Wolfenbüttel. Dieses Busunternehmen ist kein gewöhnliches- und kommerzielles Unternehmen, man kann sich den Bus nur auf Anfragen buchen.

Das Soli-Bus Projekt wurde 2019 gestartet und versteht sich als Teil einer politischen, sozialen Struktur, die eine gemeinschaftliche Mobilität und Teilhabe an bundes- und europaweiten Aktivitäten ermöglicht. Wer mehr hierüber Wissen möchte, schaut hier rein.

Foto: Ingo Müller, 19.06.2022


Dort angekommen wurden wir von Gedenkstättenleiterin Martina Staats, Robert Heldt und Bea Trampenau begrüßt. Sie führten uns durch die Gedenkstätte. Bea Trampenau ist heute Geschäftsführerin der antifaschistischen Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh. Sie berichtet über ihren Vater und seinen Aufenthalt in Wolfenbüttel im April 1945. Es waren 7 Tage, die die 12 Jahre Einzelhaft in Harburg, Hannover und Celle davor in den Schatten stellten ….

Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel ist eine Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und befindet sich am historischen Ort des ehemaligen Strafgefängnisses Wolfenbüttel, mit einer 1937 eingerichteten Hinrichtungsstätte. Hier wurden von 1937 bis 1945 über 500 Menschen durch das Fallbeil ermordet. Die Gedenkstätte, die sich direkt in der JVA Wolfenbüttel befindet, thematisiert die Geschichte von Justiz und Strafvollzug im Nationalismus. Sie wurde im November 2019 um ein Dokumentationszentrum mit einer multimedialen Dauerausstellung erweitert. Das Doku-Zentrum trägt den Titel:

„Recht. Verbrechen. Folgen. Das Strafgefängnis Wolfenbüttel im Nationalsozialismus.“ [1]https://www.stiftung-ng.de/en/news/news-detailseite/news/detail/News/recht-verbrechen-folgen-in-wolfenbuettel-wurde-die-zentrale-gedenkstaette-zu-justiz-und-strafvoll/

Sie dokumentiert das historische Geschehen im Strafgefängnis sowie die Kontinuitäten und Brüche in der frühen Bundesrepublik, die Entwicklung der Gedenkstätte und die Auswirkungen von Verfolgung, Haft und Hinrichtung für Angehörige bis heute.


Folgender Beitrag zur „Tagesgedenkstättenfahrt“ schrieb Frieder Böhne, Mitglied der VVN-BdA.

Foto: Ingo Müller

Unsere Gedenkstättenfahrt zur JVA Wolfenbüttel am 19. Juni 2022

Eigentlich hatten wir diese Fahrt schon für 2020 geplant. Doch wegen der Corona-Pandemie konnten wir in den letzten beiden Jahren keine Gedenkstättenfahrt organisieren.
Wolfenbüttel, 13km südlich von Braunschweig gelegen, ist durch seine Altstadt und als Lessing-Stadt bekannt. Dass sich hier auch ein Zuchthaus und in der Zeit des Faschismus eine Hinrichtungsstätte befand, erfuhr eine breitere Öffentlichkeit erst in den letzten zwanzig Jahren.

Über 500 Todesurteile wurden hier vollstreckt, davon fast die Hälfte an sogenannten Nacht- und Nebelgefangenen und Zwangsarbeitern aus den von den Faschisten eroberten Gebieten. Daneben saßen hier weitere tausende Opfer der Nazijustiz ihre Haftstrafen ab, darunter viele politische Häftlinge, Kommunisten, Sozialdemokraten, aber auch sogenannte Wehrkraftzersetzer, Feindbegünstiger, Arbeitsscheue und Schwule.

Bea Trampenau, Geschäftsführerin der antifaschistischen Begegnungsstätte Heideruh, mit der wir gemeinsam diese Fahrt durchführte, stellte in einem sehr persönlichen Vortrag das Leben ihres Vaters Richard Trampenau vor, der von 1933 bis 1945 in verschiedenen Zuchthäusern gefangen war und zuletzt in Wolfenbüttel Schrecken und Grausamkeit eines in aussichtsloser Lage befindlichen Mordsystems erleiden musste. Es waren 7 Tage, die die 12 Jahre Einzelhaft in Harburg, Hannover und Celle davor in den Schatten stellten.

Anschließend führte uns die Leiterin der Gedenkstätte durch die neu konzipierte und 2019 eröffnete Ausstellung. Eine Besonderheit dieser Ausstellung ist, dass hier nicht nur die Verbrechen der Faschisten, sondern auch die Kontinuitäten in der Nachkriegszeit thematisiert werden. Über 100 Kommunisten waren hier in den 50ger und 60ger Jahren wegen illegaler Betätigung nach dem KPD-Verbot inhaftiert, oftmals verurteilt von denen, die auch schon vor 1945 in der Justiz tätig waren.

Weitere Informationen zur Gedenkstätte und Zuchthaus:

https://wolfenbuettel.stiftung-ng.de/de/

https://www.unsere-zeit.de/haftanstalt-wolfenbuettel-121698/embed/#?secret=Vq5o7XjsHv#?secret=9TV0mQthii


Gespräche

In der Reihe sprechen Kolleginnen und Kollegen über ihre Arbeit als Gewerkschaftsmitglied und ihren Einsatz gegen Krieg und Faschismus.


Alle, die im Betrieb mit ihrer antifaschistischen Überzeugung nicht „hinter dem Berg halten“, werden sehr rasch erkennen, dass sie vor allem dann überzeugen, wenn sie zugleich die täglichen Sorgen im Blick haben und dabei Wege zu gemeinsamen Handeln suchen.


Für antifaschistisches und gewerkschaftliches Handeln gilt ganz allgemein folgender Zusammenhang: Der Faschismus löste die Gewerkschaften auf und beseitigte mit der ersten deutschen Republik alle kollektiven Rechte, die sich die Gewerkschaften erkämpft hatten. Das Tarifrecht, das Betriebsrätegesetz – alles wurde mit einem Federstrich zunichte gemacht. Eine „Deutsche Arbeitsfront“ mit den Unternehmern als „Betriebsführer“ und den Beschäftigten als „Gefolgschaft“ wurde etabliert. Jede Art von Widerstand oder gar Streik wurde unterdrückt. „Nie wieder Faschismus“ heißt dagegen Stärkung der Gewerkschaften und Verteidigung und Ausbau der Rechte der abhängig Beschäftigten. Entschiedenes gewerkschaftliches Handeln im Betrieb ist in diesem Sinne immer auch antifaschistisches Handeln.

Siehe auch: https://widerstaendig.de/buchreihe/


Günter Triebe:

Mitglied des Ortsvorstands IG Metall Berlin, erzählt über seine vielfältige und bewegte Arbeit in der Gewerkschaft IG Metall und als langjähriges Mitglied des Betriebsrats Otis. Günter Triebe, Mitglied der VVN-VdA, vermittelt nicht nur ein anschauliches Bild über die Berliner Geschichte der letzten 50 Jahre aus der Perspektive eines kämpferischen Gewerkschafters, sondern diese vier Interviews geben auch reichlich Anregungen, wie Kolleginnen und Kollegen im Betrieb konsequent ihre Interessen wahrnehmen können. Sie sind also vor allem auch für junge Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sehr lehrreich.


Teil 1: Von ‚Ausbildung bei Siemens 1966′ bis ‚Arbeit bei Otis bis 1990‘

Im 1. Teil erzählt Günter Triebe :

wie er seine Ausbildung bei Siemens begann,

wie zwei Jahre später der amerikanische Präsident Nixon das Siemens Dynamowerk besuchte,

über das Handeln gegen Rechts der Schülermitverantwortung (SMV) in der Berufsschule,

über seinen Eintritt in die IG Metall – mit Hindernissen,

wie er aktiv in der Jugend der IG Metall war,

über Auseinandersetzungen mit der Ortsverwaltung der IG Metall Berlin,

über sein Bemühen um konsequente gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb.


Teil 2: Vertrauensmann – Verlagerung und Rationalisierungen

Im 2. Teil erzählt Günter Triebe:

von seiner Arbeit als Vertrauensmann ,

vom Kampf um die 35-Stunden-Woche,

über Tarifverhandlungen und kalte Aussperrung,

vom politischen Demonstrationsstreik,

von der Beschwerde beim Betriebsrat,

über Verlagerungen und Rationalisierungen.


Teil 3: Von ‚Otis kauft BAF‘ bis ‚Europäischer Betriebsrat

im 3. Teil erzählt Günter Triebe über folgende Themen:

Otis kauft BAF,

Otis droht mit Verlagerung,

Arbeit im Europäischen Betriebsrat.


Teil 4: Gewerkschaft und Politik

Im 4. Teil, Günter Triebe erzählt über folgende Themen:
Kampf um Rückkehr der Gewerkschaften am 1. Mai auf die Straße,
Demonstrationen gegen den Krieg der USA gegen Vietnam,
Protest gegen Besuche des amerikanischen Präsidenten in Berlin ,
Protest gegen den Irak-Krieg,
Protest gegen den Jugoslawien-Krieg,
Arbeit im IG Metall – Arbeitskreis der Senioren,
Besuch des KZ Mauthausen mit der IG Metall Jugend.

Lebensglück

Wir können auch mal ein paar Jahre weniger Lebensglück ertragen“ – Gauck.

Keine SEKUNDE Lebensglück für eure Kriege!

Das Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Gauck und die Antwort dazu waren auf einem Pappschild zu lesen, das während der Feier „50-Jahre-Georg-von-Rauch-Haus“ aufgestellt worden war.

Das Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten ist hier zu lesen. Altbundespräsident Joachim Gauck hat sich für ein Öl- und Gasembargo gegen Russland ausgesprochen. „Wir können auch mal frieren für die Freiheit. Wir können auch mal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben“, sagte Gauck in der ARD-Talksendung „maischberger. die woche“. Ein Importstopp für Öl und Gas aus Russland, sei „ein Mittel, wo wir noch offener unser Solidarität mit den Opfern der Aggression zeigen können.“[1]siehe auch: https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/joachim-gauck-ex-bundespraesident-auch-einmal-frieren-fuer-die-freiheit-id62012816.html

50 Jahre Georg von Rauch Haus

Das 50-jährige Jubiläum war im letzten Jahr und wurde in diesem Jahr mit allen, die damals dabei waren, und vielen anderen gefeiert. Sie trafen sich vom 10. bis zum 12. Juni 2022 im und um das Georg von Rauch Haus. Am Freitag wurde der Film „Allein machen sie dich ein“ über die Besetzung des Martha Maria Hauses und die Zeit danach gezeigt. Am Samstag spielten zahlreiche Bands, darunter auch Ton-Steine-Scherben. Am Sonntag waren Lesungen von damaligen Aktivistinnen und Aktivisten.

Das Georg von Rauch Haus am Mariannenplatz 1a in Kreuzberg war früher ein Haus, wo Schwestern wohnten.

Foto: Ingo Müller. 17.06.2022

Sie arbeiteten gleich neben dem Schwesternhaus im Haupthaus, dem Krankenhaus Bethanien.

Das Schwesternhaus stand 1971, wie auch die übrigen Gebäude des Krankenhauses, leer.

Unten ein Bild vom Haupteingang zum ehemaligen Krankenhaus Bethanien.

Foto: Ingo Müller, 17.06.2022

Jugendliche besetzten das Schwesternhaus im Dezember 1971.

Foto, Ingo Müller, 17.06.2022

Das Schwesternhaus hieß vor der Besetzung Martha Maria Haus und wurde danach auf den Namen Georg von Rauch umbenannt. Georg von Rauch war wenige Tage vor der Besetzung von der Polizei erschossen worden.

Das Rauchhaus gehört jetzt einer Genossenschaft.

Die Erinnerung an Besetzung des Martha Maria Hauses zeigt, dass die Beschreibung der 68-ziger als eine Bewegung von Stundentinnen und Studenten zu beschränkt ist. Es waren die Jugendlichen aus der Nachbarschaft, also junge Arbeiter und Arbeiterinnen, Auszubildende und Schülerinnen und Schüler, die in das Georg von Rauch Haus einzogen und das Haus besetzt hielten. Dazu gehörten auch die „Roten Steine“, ein Theater von Jugendlichen, die Szenen aus dem Alltag spielten. Die Besetzung wurde unterstützt von der Band „Ton-Steine-Scherben“, die auch mit der Theatergruppe „Rote Steine“ zusammenarbeiteten.

Bevor man früher in das Rauchhaus hinein ging, sah man außen über dem Eingang die Losung:“Friede den Hütten – Krieg den Palästen!“ Diese Losung ist jetzt immer noch zu sehen, wenn man das Haus verlässt – von innen über dem Eingang:

Foto: Ingo Müller, 17.06.2022

Appell für den Frieden – hier lesen – hier unterschreiben.

Es gibt inzwischen zahlreiche offene Briefe und Aufrufe zum Krieg in der Ukraine. Doch dieser Appell richtet sein Augenmerk auf das, was den Krieg schnell beenden könnte. Darüber berichten die großen Zeitungen und Fernsehsender wenig. Aufrufe an Putin helfen da kaum weiter. Dieses Deutschland hat eine Verantwortung. Um diese Verantwortung geht es.

Unter den Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner sind nur wenige Prominente, aber viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und viele Mitglieder der ältesten und größten antifaschistischen Organisation in Deutschland, der VVN-BdA. Wir wissen: Die Folgen des Krieges treffen nur selten die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, aber immer uns, ob wir nun in der Ukraine, in Russland oder in Deutschland leben. Tausende zahlen das mit ihrem Leben. Immer haben wir die wirtschaftlichen Lasten zu tragen.

Der Appell beginnt so:

„Als Bundeskanzler Scholz am 27. Februar 2022 auf einer Sondersitzung des Bundestages einen Sonderfonds für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro verkündete, erhoben sich die meisten Abgeordneten emotional bewegt von ihren Sitzen, brachen in Jubel aus und klatschten Beifall, als gälte es, einen großen Sieg zu feiern …“ Hier den vollständigen Appell für den Frieden lesen.

Und hier der Appell zusammen mit den Belegen für die Behauptungen und den Nachweisen der Zitate, die im Appell verwendet werden.


Ich unterstütze den „Appell für den Frieden“ und bin damit einverstanden, dass mein Name und meine Organisationszugehörigkeit auf der Website des Projekts veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung meiner Angaben erfolgt erst, wenn ich eine Bestätigungs-E-Mail erhalten und dieser Bestätigung nicht widersprochen habe.

Hier den Appell unterschreiben:

Foto: Ingo Müller

Appell für den Frieden:

Kooperation statt Krieg!
Abrüsten statt aufrüsten!

Waffenexporte sofort stoppen!

Als Bundeskanzler Scholz am 27. Februar 2022 auf einer Sondersitzung des Bundestages einen Sonderfonds für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro verkündete, erhoben sich die meisten Abgeordneten emotional bewegt von ihren Sitzen, brachen in Jubel aus und klatschten Beifall, als gälte es, einen großen Sieg zu feiern. Dieser Sonderfonds soll gar durch eine Änderung des Grundgesetzes abgesichert werden, damit spätere Regierungsmehrheiten ihn nicht so leicht wieder einschränken oder abschaffen können.

Dann folgte der nächste Schritt:Wer sich über viele Jahre erfolgreich für eine Kooperation mit der Sowjetunion und später mit Russland eingesetzt hat, soll jetzt Asche auf sein Haupt streuen und ins Büßergewand schlüpfen. Zusammenarbeit statt Konfrontation – das war eine über Jahrzehnte gewachsene politische Überzeugung mit breiter gesellschaftlicher Unterstützung. Doch was gestern alternativlos war, soll heute nur noch naiv sein. Aber es war nicht ein Zuviel an Kooperation mit Russland, das in diesen Krieg geführt hat, sondern ein eklatanter Mangel an gleichberechtigter Zusammenarbeit aller europäischer Staaten in West und Ost.

Die NATO löste sich nicht auf, als es nach dem Zerfall des Warschauer Pakts wirklich keinen Bedarf mehr für sie gab. Es wurde kein gesamteuropäisches Sicherheitssystem unter Einschluss von Russland und den anderen ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten aufgebaut, im Gegenteil: Die NATO wurde – trotz gegenteiliger Versprechen – Richtung Russland nach Osten erweitert. Nur die Intervention Deutschlands und Frankreichs verhinderte 2008 eine Aufnahme der Ukraine in dieNATO. Doch die Absicht, Russland immer dichter auf den Pelz zu rücken, wurde nie aufgegeben. Noch am 14. Juni 2021 beschloss der Nordatlantik-Rat in Brüssel: „Wir bekräftigen unseren auf dem Gipfeltreffen 2008 in Bukarest gefassten Beschluss, dass die Ukraine ein Mitglied des Bündnisses wird.“

Zahlreiche Stimmen warnten, dass dieser permanente Konfrontationskurs unweigerlich auf einen Krieg hinauslaufen werde. Doch alle Mahnungen wurden in den Wind geschlagen. Auf der Münchner Konferenz Anfang 2022 schloss der Präsident der Ukraine sogar die Stationierung von Atomwaffen in seinem Land nicht mehr aus.

Die NATO ist ein aggressives Militärbündnis, über das die USA ihre Vorherrschaft in Westeuropa sichern und soweit wie möglich nach Ost ausdehnen wollen. Ihre „Politik der offenen Tür“ öffnete die Tore für den Krieg. Und das Schlachtfeld heißt nicht USA, sondern Europa.

Die NATO hätte den Vertrag unterschreiben sollen, den Russland im Dezember 2021 angeboten hatte. Die vorgeschlagenen Forderungen nach einer neutralen Ukraine und einem Rückzug von militärischen Kräften und Waffen hätten den Frieden sicherer gemacht.

Wer aber jede Zusammenarbeit mit Russland aufkündigt, weil es das Völkerrecht gebrochen hat, muss auch sofort die Zusammenarbeit mit den USA beenden, die das seit Jahrzehnten in zahllosen Fällen tun. Stattdessen entschloss sich die Bundesregierung, das Feuer mit Benzin zu löschen, und schickte trotz ihres erklärten Grundsatzes, keine Waffen in Krisen- oder gar Kriegsgebiete zu liefern, 100 Maschinengewehre, 16 Millionen Schuss Munition, 2.500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste, 100.000 Handgranaten etc. an die Ukraine. Dennoch hat keine Waffenlieferung die politische Führung der Ukraine bisher zufriedengestellt. Und auch auf deutscher Seite gibt es stets maßgebende Kräfte bei den Grünen, der FDP, der CDU/CSU und auch bei der SPD, die sich in eine Art Kriegstaumel gesteigert haben und ungerührt nach immer mehr Waffen rufen – mit dem Ergebnis, dass Deutschland auf Beschluss einer breiten Mehrheit im Bundestag jetzt auch Panzer an die Ukraine liefert und dabei sehenden Auges eine Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg riskiert. Denkt niemand an die Menschen, die schon jetzt mit den von Deutschland gelieferten Waffen getötet werden? Denkt niemand daran, dass die Bevölkerung umso mehr leidet, je länger der Krieg dauert?

Durch den Kampf gegen den Terror unter der Losung „Verteidigung unserer Freiheit und unserer Demokratie“ starben mehr als eine Million Menschen – und Länder wie der Irak, Libyen und Afghanistan versanken im Chaos. Nun wird „unsere Freiheit“ in der Ukraine verteidigt. Eine solche Denkweise führt direkt in den Abgrund. Wer so redet, wird sich irgendwann die Frage stellen, warum Deutschland nicht auch Soldaten gen Osten schickt. Dieser Amoklauf muss gestoppt werden. Mit jeder Waffenlieferung werden mehr Menschen getötet und sinkt die Schwelle zu einem Dritten Weltkrieg. Wir müssen raus aus dieser militärischen Eskalationslogik.

Auch Wirtschaftssanktionen gegen Russland sind nicht wirklich zu rechtfertigen. Alle wissen, dass solche Sanktionen vielen Millionen Menschen bei uns hier in Deutschland und in aller Welt schweren Schaden zufügen, letztlich auch in der Ukraine, nicht jedoch den Reichen und Mächtigen in aller Welt. Es geht nicht um den Ersatz fossiler Energien durch regenerative, sondern um einen Wirtschaftskrieg, der eher Mittel verbraucht, die bei der notwendigen ökologischen Transformation fehlen werden. Es ist nicht einzusehen, dass wir für diesen irrsinnigen Krieg auch nur einen einzigen Cent zahlen sollen. Denn es geht in Wirklichkeit nicht um Solidarität mit der Ukraine und ihren Menschen, sondern um die Durchsetzung von Kapitalinteressen des „freien Westens“.

Berlin, im Mai 2022

Für eine neutrale Ukraine!

Für ein Sicherheitsbündnis von Lissabon bis Wladiwostok anstelle der NATO!

V.i.S.P.: RA Benedikt Hopmann, Schönhauser Allee 72a, 10437 Berlin

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