Hinweisgebergesetz: Whistleblowerschutz als Denunziantenschutz

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Das Hinweisgeberschutzgesetz zum Schutz von Whistleblowern wurde im Februar 2023 vom Bundesrat gestoppt. Danach sollten auch Hinweise geschützt werden, die Informationen enthalten über “Äußerungen von Beamtinnen und Beamten des Bundes, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen”[1]§ 2 Absatz 1 Nr. 10 HinSchG.

Was unter Verfassungsgtreue zu verstehen ist, hängt davon ab, wie die Verfassung ausgelegt und angewendet wird. Es käme darauf an, das Grundgesetz so auszugelegen und anzuwenden, dass wir ein antifaschistisches Prinzip im Grundgesetz anerkennen und diesem Prinzip eine vorrangige Bedeutung zumessen.

Zahlreiche historischer Erfahrungen belehren uns jedoch, dass das Grundgesetz anders ausgelegt wird. Vom Gesetz zum Schutz der Republik des Jahres 1922 bis zu den Berufsverboten gilt: Es wurden immer vor allem Demokraten und Linke bekämpft – unter dem Deckmantel der Bekämpfung aller Verfassungsfeinde von links und rechts, die alle in den einen Topf des Extremismus geworfen wurden.

Bisher war das allerdings immer Sache der Obrigkeit. Neu ist nun, dass das zur Aufgabe der Kolleginnen und Kollegen gemacht wird.

Nun haben die Ampel-Fraktionen einen neuen Anlauf genommen und brachten am 17. März gleich zwei neue Gesetzesentwürfe in erster Lesung in den Bundestag ein. Im Ergebnis wird das gesetzlich angeordnete Denunziantentum sogar noch verschärft.

In den beiden neuen Gesetzesentwürfen werden weiter Informationen über “Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen” geschützt. Die beiden Gesetzesentwürfe unterscheiden sich nur darin, dass in dem einen nur Äußerungen von Beamtinnen und Beamten des Bundes geschützt werden und in dem anderen auch Äußerungen von Beamtinnen und Beamte in den Ländern und Gemeinden.[2]über den sogenannten persönlichen Anwendungsbereich. Der erste neue Gesetzesentwurf[3]§§ 1 Absatz 3, § 2 Absatz 1 Nr. 10 HinSchG bleibt also bei der Beschränkung auf den Bund, der zweite neue Gesetzesentwurf [4]§§ 1 Absatz 3, § 2 Absatz 1 Nr. 10 HinSchG bezieht auch die Beamtinnen und Beamte der Länder und Gemeinden ein. Nach diesem zweiten Gesetzesentwurf, der sich wohl durchsetzen wird, werden damit alle denunzierenden Beamtinnen und Beamte geschützt – gleichgültig, ob sie für den Bund, ein Land oder eine Gemeinde arbeiten.

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie.[5]Eine Differenzierung im persönlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes zwischen Beamtinnen und Beamte von Bund, Ländern und Gemeinden ist nicht mit der EU-Richtlinie vereinbar, eine Streichung … Continue reading

In der EU-Richtlinie wird – wie in dem deutschen Hinweisgeberschutz-Gesetz – aufgezählt, welche Informationen geschützt werden, wenn sie durch Whistleblowing bzw. Hinweisgebung gemeldet oder offengelegt werden[6]der sogenannte sachliche Anwendungsbereich, Artikel 2 EU-Whistleblowing-Richtlinie, so zum Beispiel Informationen über Verstösse gegen die Verkehrssicherheit, gegen den Umweltschutz, gegen Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit, Informationen über Verstösse gegen die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, gegen die Tiergesundheit und Tierschutz, gegen die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz. Ein Schutz von Informationen über “Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen”, findet sich dort nicht. Der Schutz der Informationen über solche Äußerungen ist offensichtlich eine Spezialität Deutschlands.

References

References
1 § 2 Absatz 1 Nr. 10 HinSchG
2 über den sogenannten persönlichen Anwendungsbereich
3, 4 §§ 1 Absatz 3, § 2 Absatz 1 Nr. 10 HinSchG
5 Eine Differenzierung im persönlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes zwischen Beamtinnen und Beamte von Bund, Ländern und Gemeinden ist nicht mit der EU-Richtlinie vereinbar, eine Streichung dieses Denunziantenschutzes im sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes aber schon
6 der sogenannte sachliche Anwendungsbereich, Artikel 2 EU-Whistleblowing-Richtlinie