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Tesla

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28. Dezember 2020 von benhop

Tesla (Grünheide) und die Tarifbindung

In Grünheide in Brandenburg hat Tesla mit der Errichtung einer Gigafactory begonnen. Es sollen Anlagen für ein Presswerk, eine Gießerei, Karosseriefertigung, Sitzfertigung, Endmontage und die notwendige Standortlogistik aufgebaut werden. Obwohl Tesla auch Batterien herstellen will, wurde bisher eine Batteriefertigung nicht genehmigt[1] https://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/gigafactory-disign-von-tesla-in-gruenheide-unterlagen-ab-donnerstag-online-50381203.html . Es sollen dort 7.000 Menschen arbeiten. Schon 2021 soll begonnen werden.

Doch das Beispiel Tesla in Grünheide zeigt, dass bei solchen Neu-Ansiedlungen Forderungen über die   Bedingungen, unter denen zukünftig gearbeitet werden soll, zurückgestellt werden. Grund dafür ist die überlegene Position der Unternehmen, die allein über ihre Investitionen entscheiden und bei solchen Investitionsentscheidungen immer einen Standortwettbewerb zwischen mehreren Regionen oder auch Ländern entfachen, um sich dann das beste Angebot herauszupicken. So verhandelte Tesla auch über Standorte an der deutsch-französischen Grenze und in Großbritannien[2]  https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tesla-musk-gigafactory-deutschland-brandenburg-1.4680397.html. Eine Region, die den Zuschlag bekommen will, wird sich hüten, irgendwelche Vorgaben bei den Arbeitsbedingungen zu machen. Stattdessen werden staatliche Fördermittel angeboten. Auch Tesla bekommt staatliche Unterstützung[3] https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-02/tesla-subventionen-gruenheide-elektromobilitaet-elon-musk. Nach Angaben des Ministerpräsidenten von Brandenburg verhandelten 30 Leute sechs Monate lang; alles sei „absolut vertraulich“ geblieben[4]https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tesla-musk-gigafactory-deutschland-brandenburg-1.4680397.html.

Der Chef der Arbeitsagentur Frankfurt (Oder) Jochem Freyer berichtete im November 2020, es soll ein rollierendes Schichtsystem sechs Tage in der Woche geben[5]https://app.handelsblatt.com/politik/deutschland/jochem-freyer–im-interview–arbeitsagenturchef-lobt-tesla-die-bezahlung-ist-einfach-mal-ein-kracher/26604268.html. Und weiter: „Für Tesla ist es kein No Go, jemanden einzustellen, der schon längere Zeit ohne Job war oder keine abgeschlossene Berufsausbildung hat“. Diese Person erwarte ein eine unbefristete Vollzeitstelle mit einem Bruttomonatslohn von 2.700 €. „Die Bezahlung ist einfach mal ein Kracher für diese Ebene,“ wird Freyer zitiert. Gleichzeitig verkündet Jochem Freyer, Tesla wolle den Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie nicht übernehmen und nicht anwenden[6] https://app.handelsblatt.com/politik/deutschland/jochem-freyer–im-interview–arbeitsagenturchef-lobt-tesla-die-bezahlung-ist-einfach-mal-ein-kracher/26604268.html. Birgit Dietze, Bezirksleiterin der IG Metall, wendet zu Recht ein, dass der Bruttoeinstiegslohn allein wenig aussagt. Es kommt darauf an, wie viele Stunden dafür gearbeitet werden muss, wie viel Urlaub es gibt, ob es Urlaubs- und Weihnachtsgeld gibt und welche Zuschläge bezahlt werden usw. Das alles ist in Tarifverträgen geregelt.

„Ich finde, es ist schon ein großer Fortschritt, wenn wir uns einem Industrietarifvertrag annähern“, erklärt Jochem Freyer[7] https://app.handelsblatt.com/politik/deutschland/jochem-freyer–im-interview–arbeitsagenturchef-lobt-tesla-die-bezahlung-ist-einfach-mal-ein-kracher/26604268.html. Man muss nur einmal die älteren Kolleginnen und Kollegen fragen: Sie können bestätigen, dass es einmal Zeiten gab, da war eine solche Aussage undenkbar. Eine solche Aussage von einem Arbeitsagenturchef hätte einen handfesten Skandal ausgelöst. Gegenwärtig sind alle Autofirmen in Deutschland tarifgebunden, auch das amerikanische Unternehmen Ford. Dieser Flächentarif schließt aus, dass sich ein Autounternehmen über schlechtere Arbeitsbedingungen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen verschafft. Dass Tesla von vornherein erklärt, sich nicht an die einschlägigen Tarifverträge binden zu wollen, ist alarmierend.  Der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDA, Christian Bäumler, fordert die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie mit der Begründung: „Tesla darf kein zweites Amazon werden“. Im Einzelhandel ist schon seit Jahren die Zerstörung des Flächentarifs zu beobachten. Zwischen 2010 und 2019 verloren fast die Hälfe der Beschäftigten den Schutz der Tarifverträge. Fielen 2010 noch 50 % unter diesen Schutz, so sind es jetzt nur noch 28 % der Beschäftigten[8] https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/darmatischer-rueckgang-der-tarifbindung–im-einzelhandel/. Ver.di versucht seit sieben Jahren vergeblich Amazon in die Tarifbindung zu zwingen. Ver.di fordert auch schon seit Jahren die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge des Einzelhandels. Ebenfalls bisher vergeblich.


References

References
1 https://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/gigafactory-disign-von-tesla-in-gruenheide-unterlagen-ab-donnerstag-online-50381203.html
2  https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tesla-musk-gigafactory-deutschland-brandenburg-1.4680397.html
3 https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-02/tesla-subventionen-gruenheide-elektromobilitaet-elon-musk
4 https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tesla-musk-gigafactory-deutschland-brandenburg-1.4680397.html
5 https://app.handelsblatt.com/politik/deutschland/jochem-freyer–im-interview–arbeitsagenturchef-lobt-tesla-die-bezahlung-ist-einfach-mal-ein-kracher/26604268.html
6 https://app.handelsblatt.com/politik/deutschland/jochem-freyer–im-interview–arbeitsagenturchef-lobt-tesla-die-bezahlung-ist-einfach-mal-ein-kracher/26604268.html
7 https://app.handelsblatt.com/politik/deutschland/jochem-freyer–im-interview–arbeitsagenturchef-lobt-tesla-die-bezahlung-ist-einfach-mal-ein-kracher/26604268.html
8 https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/darmatischer-rueckgang-der-tarifbindung–im-einzelhandel/