„Extremismus“-Vorwurf als Waffe gegen Kommunisten und Demokraten

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Unter diesem Begriff werden „Rechtsextremismus“ und „Linksextremismus“ gleich gesetzt: Beide sollen Bestrebungen fördern, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. Dabei werden nicht nur vom bayrischen Verfassungsschutz Mitglieder der DKP von vornherein als linksextrem eingestuft. Das steht in einer Tradition, die nach dem 2. Weltkrieg den anfangs bestehenden antifaschistischen Konsens aufkündigte, wie er etwa im Schwur von Buchenwald zum Ausdruck kam. Dieser Konsens hatte selbstverständlich auch die KPD einbezogen, die im Kampf gegen den Faschismus besonders viele  Opfer gebracht hatte. Der Bruch mit diesem Konsens unter der Adenauer-Regierung führte dazu, dass in den Ministerien und Gerichten diejenigen wieder eingestellt wurden, die schon während des Hitlerfaschismus in Amt und Würden gewesen waren. Globke – während der Nazizeit Mitverfasser der Rassegesetze – wurde unter Adenauer Chef des Bundeskanzleramtes. Wie in einem Brennglas zeigte sich diese restaurative Politik Adenauers in dem Verbot der KPD. Die drei westlichen Besatzungsmächte erwarteten von der Bundesregierung ein Verbot der Sozialistische Reichspartei (SRP), eine Nachfolgepartei der NSDAP, die 1951 in Niedersachsen auf Anhieb 11 % der Stimmen erreicht hatte[1]Foschepoth „Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg“ Göttingen 2017 S. 111. Der Einfluss der Naziideologie war jedoch in der Bundesregierung und in den sie tragenden Fraktionen von CDU/CSU, FDP und DP so stark, dass ein einseitiges Vorgehen gegen den Rechtsradikalismus durch ein Verbot der SRP nicht durchsetzbar war[2]a.a.O. S. 115, 125 ff.. Adenauer schrieb an den französischen Außenminister: „Es gibt wohl manche Stimmen im Auslande, die unter Hinweis auf rechtsradikale Tendenzen in Deutschland davor warnen, der Bundesregierung ein zu großes Maß an Souveränität zu geben“. Die Bundesregierung beobachte die Entwicklung mit größter Aufmerksamkeit und „ist –  ich darf das mit Nachdruck versichern – entschlossen, mit aller Schärfe gegen alle Feinde der Republik vorzugehen.“ [3]a.a.O. S. 114. Dieses Schreiben von Adenauer kommentiert Foschepoth in seinem Buch „Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg“ so:

„Hier war sie wieder, die Formel, mit der Adenauer sein innen- und außenpolitisches Problem zu verknüpfen und zu lösen suchte: Die seiner Ansicht nach völlig überschätzte rechte Gefahr sollte mit der völlig unterschätzen linken Gefahr verknüpft werden“[4]a.a.O, S. 115.

Der Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der SRP wurde am 19. November 1951, der Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD wurde am 22. November 1951 vom Bundesminister des Inneren unterzeichnet.

Und das, obwohl sich die Besatzungsmächte mehrfach gegen eine KPD-Verbot ausgesprochen hatten[5]a.a.O. S. 115. Foschepoth weiter:

„Auch der Ausschuss zum Schutz der Verfassung des Deutschen Bundestages hatte sich intensiv mit der Frage eines Verbots von SRP und KPD beschäftigt. Bezüglich der SRP waren sich die Ausschussmitglieder rasch einig. Die Klage gegen die SRP wurde gebilligt. Nicht so die Klage gegen die KPD. Hier machten „alle Konferenzteilnehmer erhebliche rechtliche und politische Bedenken gegen die gegen die Einreichung der Klage gegen die KPD geltend Die Abgeordneten bezweifelten, dass die Klage mit der vorgelegten Begründung, die sich vor allem auf historische und ideologische Erwägungen stützte, Erfolg haben würde. Die KPD sei nach dem Krieg nicht nur von den Alliierten, sondern auch von deutschen Stellen ausdrücklich anerkannt worden. In etlichen Landesregierungen sei die KPD jahrelang vertreten gewesen. Die KPD habe beim Wiederaufbau Deutschlands tatkräftig mitgeholfen …“[6]a.a.O, S. 129.

Der Antikommunismus war zur Konstante deutscher Politik geworden. Während der Nazizeit waren die Kommunisten in Konzentrationslage geschickt  worden. 1956 wurde die KPD verboten. Und in der Folge dieses Verbots wurde auch  die VVN mit einem Verbot bedroht. Inzwischen wird das Verbot der KPD durch das  Bundesverfassungsgericht auch von Verfassungsrichtern als verfassungswidrig gewertet[7]Foschepoth „Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg“ Göttingen 2017/. Aber es ist bis heute nicht aufgehoben worden, obwohl dies nicht unmöglich wäre[8]a.a.O, S. 325, 333,. Das Bundesverfassungsgericht selbst hatte in seine Verbots-Entscheidung hineingeschrieben, dass es möglich sei, die KPD wieder zuzulassen „bei einer unmittelbar bevorstehenden Wiedervereinigung Deutschlands“[9]a.a.O. S. 319. Die Wiedervereinigung ist inzwischen 30 Jahre alt. Aber das KPD Verbot besteht immer noch. Auch der Begriff „Extremismus“ wird immer noch eingesetzt, zum Beispiel als Begründung für die Abereknnung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA [10]§ 51 Abs. 3 AO. In die Landesverfassung von Mecklenburg Vorpommern wurde der Begriff „Extremismus“ aufgenommen, um den Rechtsextremismus zu bekämpfen.

Siehe auch Interview mit Benedikt Hopmann in der Jungen Welt zum Vorwurf des Extremismus: „Es wird nur von Extremismus gesprochen


                                                                                                                                                                         

References

References
1 Foschepoth „Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg“ Göttingen 2017 S. 111
2 a.a.O. S. 115, 125 ff.
3 a.a.O. S. 114
4 a.a.O, S. 115
5 a.a.O. S. 115
6 a.a.O, S. 129
7 Foschepoth „Verfassungswidrig! Das KPD-Verbot im Kalten Bürgerkrieg“ Göttingen 2017/
8 a.a.O, S. 325, 333,
9 a.a.O. S. 319
10 § 51 Abs. 3 AO