Nipperdey im Jahr 1943

Im Folgenden Zitate aus Hans Carl Nipperdey’s Zusammenfassung des faschistischen Arbeitsrechts in „Grundgedanken des nationalsozialistischen Arbeitsrechts“ aus dem Jahr 1943, zu finden in: J. v. Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch:


„III. Die Grundgedanken des nationalsozialistischen Arbeitsrechts:

1. Erster Grundgedanke: Beseitigung des kollektiven Arbeitsrechts

Im Verfolg der revolutionären Entwicklung, die mit der Beseitigung der freien Gewerkschaften am 2.5.1933 begann, wurden 11 der bisher wichtigsten Gesetze des kollektiven Arbeitsrechts aufgehoben. Koalitionsrecht, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Schlichtung und Arbeitskämpfe gehören der Vergangenheit an. Der nationalsozialistische Staat hat es für richtig gehalten, den Kollektivismus durch neue Formen des Arbeitsrechts ganz zu überwinden. Das Kollektivrecht, das aufbaute auf Koalitionen, deren Existenz durch den Gedanken des Klassenkampfes bedingt war, die in dem Partner den grundsätzlichen Gegenspieler sahen, deren Interessen notwendig im Widerspruch zu den eigenen stehen müssen, trat immer stärker in Gegensatz zu den Bedürfnissen der Volksgemeinschaft. Das Bewußtsein einer schicksalsmäßigen Verbundenheit aller Arbeitenden war verlorengegangen. Die Folge war steter Kampf, in dem es nur Waffenstillstand, aber keinen wirklichen Frieden gab. … Die Vereinbarung der Arbeitsbedingungen … entbehrte der Elastizität, nahm nicht hinreichend Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Wirtschaftlichkeit des einzelnen Betriebes. …


2. Zweiter Grundgedanke: Überwindung des Klassenkampf durch den Gemeinschaftsgedanken

An der Spitze des ersten Abschnitts des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit steht der grundlegende Satz, dass der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Arbeiter und Angestellten als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung des Betriebes und zu gemeinsamem Nutzen von Volk und Staat arbeiten (§ 1). Es besteht eine echte deutsche sozialistische Gemeinschaft, zu der alle arbeitenden Volksgenossen, Unternehmer wie Arbeiter zu erziehen sind. Es gilt die Überwindung des Gegensatzes von Unternehmer und Arbeiter, die beide schicksalsmäßig an den Betrieb gebunden sind, dessen Förderung ihrer beider Lebensaufgabe ist. Und wenn diese Betriebsförderung hineingestellt ist in den Dienst der Nation, als Dienst an der Nation aufgefasst wird, so bedeutet das die Überwindung der Interessengegensätze in einer wahren Synthese. Unternehmer und Arbeiter erscheinen nicht mehr als kämpfende Einzelwesen, sondern als Träger und Glieder einer Gemeinschaft, in der sie aufgehen. …

4. Vierter Grundgedanke: Das Führerprinzip im Betrieb

Ein weiteres Grundprinzip des Gesetzes ist die Übertragung des im Frontsoldatentum des Weltkrieges und in der Zeit des nationalsozialistischen Kampfes um die Macht herausgearbeiteten Führergedankens in den Betrieb, d.h. in die Betriebsgemeinschaft. Dieses Führertum wurzelt in der Gemeinschaft, weil wahres Führertum nur denkbar ist in einer Gemeinschaft gleichstrebender Mitarbeiter. Das Führeramt steht grundsätzlich dem Unternehmer zu. …“[1]Staudinger-Nipperdey Kommentar zum BGB, II. Band, Recht der Schuldverhältnisse, 3. Teil, §§ 611 – 740, München -Berlin und Leipzig, 1943, 10. Auflg., Vorbemerkung 283, 284, 286 zu § 611

References

References
1 Staudinger-Nipperdey Kommentar zum BGB, II. Band, Recht der Schuldverhältnisse, 3. Teil, §§ 611 – 740, München -Berlin und Leipzig, 1943, 10. Auflg., Vorbemerkung 283, 284, 286 zu § 611

Aufruf von VVN-BdA Mitgliedern zur Kundgebung am 3. Oktober 2024 in Berlin

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

Die Situation in Europa und Nahost entwickelt sich gefährlich in Richtung Großkrieg. Statt sich für Frieden einzusetzen, liefert der Westen – einschließlich der Bundesregierung – immer mehr Waffen und beschleunigt die Eskalation durch die Erlaubnis, diese auch gegen russisches Gebiet einzusetzen. Atomwaffen werden wieder einsatzfähig gemacht.

Die am 10. Juli zwischen den USA und Deutschland getroffene Vereinbarung, ab 2026 US-amerikanische Mittelstreckenraketen SM-6 und Dark-Eagle sowie Marschflugkörper des Typs Tomahawk in unbekannter Zahl in Deutschland zu stationieren, ist höchst alarmierend. Dieser Beschluss bringt uns alle in Gefahr, denn er erhöht die Atomkriegsgefahr in Deutschland und Europa enorm.

Die deutsche Regierung rüstet auf wie nie zuvor. Wir alle sollen kriegstüchtig gemacht werden. Eine „neue“ Wehrpflicht droht. Globale Herausforderungen, die weltweit nur gemeinsam gelöst werden können, um den Generationen, die uns folgen, eine lebenswerte Welt zu erhalten, werden nicht in Angriff genommen. Was für Panzer und Raketen ausgegeben wird, fehlt im Gesundheitswesen, bei der Bildung und dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Je mehr den Herren und Damen des Rüstungskapitals und überhaupt dem großen Kapital gegeben wird, desto mehr wird uns genommen. Wir wissen: Das ist der Boden, auf dem der Nazismus gedeiht.

Als Mitglieder der VVN-BdA, der größten und ältesten antifaschistischen Organisation, ist unsere Erinnerung an die Vergangenheit in die Gegenwart und Zukunft gerichtet: “Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel” (Schwur von Buchenwald).

Wir rufen zur Teilnahme an der bundesweiten Friedensdemonstration in Berlin am 3. Oktober 2024:

  • Keine Waffenlieferungen an die Ukraine, Israel und in alle Welt!
  • Den Stationierungsbeschluss von US-amerikanische Mittelstreckenraketen SM-6, Dark-Eagle sowie Marschflugkörper des Typs Tomahawk zurücknehmen!
  • Atomwaffen raus aus Deutschland! Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen!– Keine Modernisierung der Atomwaffen und keine atomare Teilhabe!
  • Statt Aufrüstung und Krieg kollektive Sicherheit von Lissabon bis Peking!
  • Keine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit! Die Kriminalisierung von grundgesetzlich geschützten Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit Palästina/Israel  beenden.
  • Keine Milliarden in die Rüstung!
  • Keine „neue“ Wehrpflicht! – Aufrechterhaltung der Zivilklausel an Universitäten und Hochschulen! – Keine Bundeswehr an Schulen!
  • Recht auf Kriegsdienstverweigerung überall! – Keine Zwangsrekrutierung!
  • Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

Dieser Aufruf wird unterstützt von: VVN-BdA Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.; Kreisvereinigung Karlsruhe,VVN-BdA;Norbert Birkwald, Landessprecher der VVN-BdA Hessen;Silvia Rölle, Landessprecherin der VVN- BdA Landesvereinigung NRW;Gisela Blomberg, GLA, VVN- BdA NRW; Birgit Meier, Landessprecherin der VVN-BdA Niedersachsen; Uwe Bröckl, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin;Rüdiger Deißler, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin;Christine Kohl,  Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin;Brigitte Renkl, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin;Peter Bürger, VVN-BdA NRW; Jochen Gester, VVN-BdA Berlin; Dunja Di Matteo- Görg, Vorstand VVN-BdA Köln; Victor Grossman, VVN-BdA; Heike Hänsel, VVN-BdA Tübingen; M. Hartung, Landesvorstand VVN-BdA Niedersachsen, Kreisvorstand VVN-BdA Wolfsburg; Alfred Hartung; VVN-BdA Wolfsburg, Niedersachsen; Benedikt Hopmann, VVN-BdA Kreuzberg; Gisela Kehrer-Bleicher, Kreisvorstand Tübingen, Mitglied im Landesvorstand Baden-Württemberg; Gertrud Kindl, VVN/BDA Kreisvereinigung Kassel; Uwe Koopmann, VVN-BdA Düsseldorf; Hermann Kopp, VVN-BdA Düsseldorf; André Leisewitz, VVN Frankfurt/Main; Petra Lindenau, VVN/BdA; Charles Melis, VVN-BdA, Mitglied des Arbeitskreises Frieden bei der VVN-BdA Berlin;Barbara Majd Amin, VVN-VdA Tempelhof-Schöneberg;Gisela Notz, VVN-BdA;Bettina Ohnesorge, VVN-BDA Düsseldorf; Michael Petter, VVN-BdA (Kreisvereinigung Lübeck / Herzogtum Lauenburg); Silvia Gingold, VVN-BdA Kassel; Sascha Görg, Vorstandsmitglied der VVN-BdA Köln; Klaus Meier, Landesfinanzkommission Niedersachsen, Sprecher VVN-BdA KV Celle; Klaus Oberschewen, VVN-BdA; Susanne Rößling, VVN-BdA; Harff-Dieter Salm, VVN-BdA Taunus (Hessen); Dr. Andrej Reder, Sprecherrat des AK Frieden der Berliner VVN-BdA; Martin Schmidt, VVN-BdA; Christiane Schnura (verdi); Axel Köhler-Schnura (verdi); Leonie Schnura (verdi); Inge Trambowsky, VVN-BdA Düsseldorf; Bernhard Trautvetter; Klaus Winkes, VVN-BdA Düsseldorf; Prof. Dr. Hannes Wandt, VVN-BdA, Nürnberg; Peter Wegner, VVN-BdA; Elisabeth Wissel; VVN-VdA Tempelhof-Schöneberg

V.i.S.d.P.: RA Benedikt Hopmann, Schönhauser Allee 72a, 10437 Berlin, hopmann@kanzei72a.de

Warum verwendet Amnesty International den Begriff Apartheid für Israel und die besetzten Gebiete?

Der folgende Text ist der Homepage von Amnesty International entnommen.

Warum verwendet Amnesty International den Begriff Apartheid für Israel und die besetzten palästinensischen Gebiete?

Das Völkerrecht definiert Apartheid als ein institutionelles System der Unterdrückung und Herrschaft einer Gruppe gegen eine andere. Die umfangreichen Recherchen und rechtlichen Analysen von Amnesty International zeigen, dass die institutionelle Diskriminierung von Palästinenserinnen und Palästinensern in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten sowie von palästinensischen Flüchtlingen durch Gesetze und Praktiken israelischer Behörden dieser völkerrechtlichen Definition von Apartheid entspricht. 

Unterdrückungs- und Herrschaftssysteme sind niemals identisch, daher ziehen wir auch keinen Vergleich zu der Situation in Südafrika. Das Verbot und die Kriminalisierung des Systems der Apartheid waren zwar eine Reaktion auf die Situation in Südafrika, aber die internationalen Konventionen und Verträge, die das System verurteilen, verbieten und unter Strafe stellen, sind universell formuliert. 

Eine stetig wachsende Zahl palästinensischer, israelischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen sowie Juristen und Juristinnen und Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen kommt zu dem Schluss, dass die die Situation in den besetzten palästinensischen Gebieten und/oder in Israel dem rechtlichen Tatbestand der Apartheid entspricht. 

Hier findest du die deutsche Übersetzung der Zusammenfassung des Amnesty-Berichts zum Apartheid-System in Israel:

Weitere Fragen & Antworten findest du hier:

Solidarität mit Ramsis Kilani!

Ramsis Kilani ist auf Antrag von Katina Schubert und Martin Schirdewan aus der Partei DIE LINKE ausgeschlossen worden.

Ramsis Kilani nahm dazu wie folgt Stellung:

„Heute hat mich die Landeskommission der Linken Berlin auf Antrag von Katina Schubert und Martin Schirdewan mit sofortiger Wirkung aus der Partei ausgeschossen.

Dazu nehme ich wie folgt Stellung:

Obwohl in der Anhörung die Anklagepunkte widerlegt wurden, wurden dieselben substanzlosen Unterstellungen als Begründung für den Ausschluss wieder mit herangezogen und die Entkräftungen ignoriert.

Ein zentrales Argument für den Ausschluss war, dass es eine mediale Kampagne gäbe, infolge derer Institutionen die Zusammenarbeit mit der Linken wegen meiner Aktivitäten in der Palästina-Solidarität infrage gestellt hätten.

Auch wenn mir in der mündlichen Urteilsbegründung bescheinigt wurde, dass mir kein Antisemitismus vorzuwerfen sei und dass ich der Linken keinen vorsätzlichen Schaden zugefügt hätte, wurde ich mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen.“[1]https://www.instagram.com/p/DDR5d7-M2ka/?utm_source=ig_embed&ig_rid=015e1bbc-1ccd-4417-b759-cf40a9f65d5f&img_index=1; siehe auch … Continue reading

Hier eine Stellungnahme von Ramsis Kilani auf Youtube:

Aufruf von VVN-BdA Mitgliedern zur Kundgebung am 3. Oktober 2024 in BerlinNie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!


Die Situation in Europa und Nahost entwickelt sich gefährlich in Richtung Großkrieg. Statt sich für Frieden einzusetzen, liefert der Westen – einschließlich der Bundesregierung – immer mehr Waffen und beschleunigt die Eskalation durch die Erlaubnis, diese auch gegen russisches Gebiet einzusetzen. Atomwaffen werden wieder einsatzfähig gemacht.

Die am 10. Juli zwischen den USA und Deutschland getroffene Vereinbarung, ab 2026 US-amerikanische Mittelstreckenraketen SM-6 und Dark-Eagle sowie Marschflugkörper des Typs Tomahawk in unbekannter Zahl in Deutschland zu stationieren, ist höchst alarmierend. Dieser Beschluss bringt uns alle in Gefahr, denn er erhöht die Atomkriegsgefahr in Deutschland und Europa enorm.

Die deutsche Regierung rüstet auf wie nie zuvor. Wir alle sollen kriegstüchtig gemacht werden.

Eine „neue“ Wehrpflicht droht. Globale Herausforderungen, die weltweit nur gemeinsam gelöst werden können, um den Generationen, die uns folgen, eine lebenswerte Welt zu erhalten, werden nicht in Angriff genommen. Was für Panzer und Raketen ausgegeben wird, fehlt im Gesundheitswesen, bei der Bildung und dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Je mehr den Herren und Damen des Rüstungskapitals und überhaupt dem großen Kapital gegeben wird, desto mehr wird uns genommen. Wir wissen: Das ist der Boden, auf dem der Nazismus gedeiht.

Als Mitglieder der VVN-BdA, der größten und ältesten antifaschistischen Organisation, ist unsere Erinnerung an die Vergangenheit in die Gegenwart und Zukunft gerichtet: “Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel” (Schwur von Buchenwald).

  • Wir rufen zur Teilnahme an der bundesweiten Friedensdemonstration in Berlin am 3. Oktober 2024:
  • Keine Waffenlieferungen an die Ukraine, Israel und in alle Welt!
  • Den Stationierungsbeschluss von US-amerikanische Mittelstreckenraketen SM-6, Dark- Eagle sowie Marschflugkörper des Typs Tomahawk zurücknehmen!
  • Atomwaffen raus aus Deutschland! Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen! – Keine Modernisierung der Atomwaffen und keine atomare Teilhabe!
  • Statt Aufrüstung und Krieg kollektive Sicherheit von Lissabon bis Peking!
  • Keine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit! Die Kriminalisierung von grundgesetzlich geschützten Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit Palästina/Israel beenden.
  • Keine Milliarden in die Rüstung!
  • Keine „neue“ Wehrpflicht! – Aufrechterhaltung der Zivilklausel an Universitäten und Hochschulen! – Keine Bundeswehr an Schulen!
  • Recht auf Kriegsdienstverweigerung überall! – Keine Zwangsrekrutierung!
  • Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

Dieser Aufruf wird unterstützt von: VVN-BdA Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.; Kreisvereinigung Karlsruhe,VVN-BdA; Norbert Birkwald, Landessprecher der VVN-BdA Hessen; Silvia Rölle, Landessprecherin der VVN- BdA Landesvereinigung NRW; Gisela Blomberg, GLA, VVN- BdA NRW; Birgit Meier, Landessprecherin der VVN-BdA Niedersachsen; Uwe Bröckl, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin; Rüdiger Deißler, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin; Christine Kohl, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin; Brigitte Renkl, Vorstand VVN-VdA e.V. Berlin; Peter Bürger, VVN-BdA NRW; Jochen Gester, VVN-BdA Berlin; Dunja Di Matteo- Görg, Vorstand VVN-BdA Köln; Victor Grossman, VVN-BdA; Heike Hänsel, VVN-BdA Tübingen; M. Hartung, Landesvorstand VVN-BdA Niedersachsen, Kreisvorstand VVN-BdA Wolfsburg; Alfred Hartung; VVN-BdA Wolfsburg, Niedersachsen; Benedikt Hopmann, VVN-BdA Kreuzberg; Gisela Kehrer-Bleicher, Kreisvorstand Tübingen, Mitglied im Landesvorstand Baden-Württemberg; Gertrud Kindl, VVN/BDA Kreisvereinigung Kassel; Uwe Koopmann, VVN-BdA Düsseldorf; Hermann Kopp, VVN-BdA Düsseldorf; André Leisewitz, VVN Frankfurt/Main; Petra Lindenau, VVN/BdA; Charles Melis, VVN-BdA, Mitglied des Arbeitskreises Frieden bei der VVN-BdA Berlin; Barbara Majd Amin, VVN-VdA Tempelhof-Schöneberg; Gisela Notz, VVN-BdA; Bettina Ohnesorge, VVN-BDA Düsseldorf; Michael Petter, VVN-BdA (Kreisvereinigung Lübeck / Herzogtum Lauenburg); Silvia Gingold, VVN-BdA Kassel; Sascha Görg, Vorstandsmitglied der VVN-BdA Köln; Klaus Meier, Landesfinanzkommission Niedersachsen, Sprecher VVN-BdA KV Celle; Klaus Oberschewen, VVN-BdA; Susanne Rößling, VVN-BdA; Harff-Dieter Salm, VVN-BdA Taunus (Hessen); Dr. Andrej Reder, Sprecherrat des AK Frieden der Berliner VVN-BdA; Martin Schmidt, VVN-BdA; Christiane Schnura (verdi); Axel Köhler-Schnura (verdi); Leonie Schnura (verdi); Inge Trambowsky, VVN-BdA Düsseldorf; Bernhard Trautvetter; Klaus Winkes, VVN-BdA Düsseldorf; Prof. Dr. Hannes Wandt, VVN-BdA, Nürnberg; Peter Wegner, VVN-BdA; Elisabeth Wissel; VVN-VdA Tempelhof-Schöneberg

V.i.S.d.P.: RA Benedikt Hopmann, Schönhauser Allee 72a, 10437 Berlin, hopmann@kanzei72a.de

Drei Rider ziehen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg

Drei Ridern des ehemaligen Lieferdienstes Gorillas – Duygu, Fernando und Ronnie – wurde 2021 gekündigt, weil sie an einem verbandsfreien Streik in Berlin beteiligt waren.

Ihre Klagen gegen die Kündigung blieben bisher in allen Instanzen erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht nahm ihre Beschwerde nicht an. Es hat noch nie über verbandsfreie Streiks entschieden.

Nun haben die drei Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGfMR) in Straßburg eingereicht, obwohl der EGfMR inzwischen festgestellt hat, dass verbandsfreie Streiks nicht durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützt werden. Nicht entschieden hat der EGfMR jedoch bisher, welche Voraussetzungen eine Koalition von abhängig Beschäftigten erfüllen muss, um zum Streik aufrufen zu dürfen.

In Deutschland sind die Hürden dafür sehr hoch, weil das Streikrecht an die Tariffähigkeit gebunden ist. Diese Bindung wollen wir beenden: Auch Koalitionen, die keine Tarifverträge vereinbaren können, sollen das Recht zum Streik haben. 

Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte (EASR), der die Einhaltung des Streikrechts nach der Europäischen Sozialcharta überwacht, kritisierte schon 2014, dass die Beschäftigten in Deutschland nicht „problemlos und ohne unangemessene Anforderungen oder Formalitäten eine Gewerkschaft zum Zwecke eines Streiks gründen können.“[1]„In den Schlussfolgerungen XV-1 (2001), XVI-1 (2003), XVII-1 (2005), XVIII-1 (2006) und XIX-3 (2010) stellte der Ausschuss fest, dass die Situation in Deutschland nicht mit Artikel 6 Absatz 4 … Continue reading Das  wollen wir mit dieser Beschwerde ändern: Wenn Beschäftigte einen Streik für notwendig halten, sollen sie zu diesem Zwecke „problemlos und ohne unangemessene Anforderungen oder Formalitäten“ eine Koalition gründen können, die zum Streik aufrufen darf. Dann hat sich der Streit um den verbandsfreien Streik erledigt.

Das Streikrecht ist bis heute von Hans Carl Nipperdey, dem ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, geprägt, der sich im Faschismus in der „Akademie für Deutsches Recht“ an der Umsetzung des NSDAP-Programms in Recht beteiligte und auch das faschistische Arbeitsrecht, das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ (AOG), kommentierte. In der Adenauer Ära beschränkte er das Streikrecht auf die Funktion eines Hilfsinstruments zur Durchsetzung von Tarifverträgen. Diese Prägungen müssen endlich aus dem deutschen Streikrecht entfernt werden. Die deutschen Gerichte müssen sich endlich an das Völkerrecht halten.

Berlin, 5. Dezember 2024

Benedikt Hopmann
Rechtsanwalt


T: +49 0(30) 62 98 55 89

F: +49 0(30) 62 98 55 92

Handy: 0170 38 25 372

e-mail: hopmann@kanzlei72a.de

References

References
1 „In den Schlussfolgerungen XV-1 (2001), XVI-1 (2003), XVII-1 (2005), XVIII-1 (2006) und XIX-3 (2010) stellte der Ausschuss fest, dass die Situation in Deutschland nicht mit Artikel 6 Absatz 4 vereinbar ist, da die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellen. Diese Schlussfolgerungen berücksichtigen die in der deutschen Rechtsprechung festgelegten Kriterien, die eine Gewerkschaft erfüllen muss, um einen rechtmäßigen Streik ausrufen zu können, und stützen sich auf den vom Ausschuss aufgestellten Grundsatz, dass es mit der Charta vereinbar sein kann, das Streikrecht den Gewerkschaften vorzubehalten, wenn die Arbeitnehmer problemlos und ohne unangemessene Anforderungen oder Formalitäten eine Gewerkschaft zum Zwecke eines Streiks gründen können (vgl. Schlussfolgerungen XV-1 (2001), Schweden)“, siehe: https://widerstaendig.de/europaeische-sozialcharta-esc/#easr2014. 2022 wiederholte der EASR seine Kritik und kommt u.a. „zu dem Schluss, dass die Situation in Deutschland nicht im Einklang mit Artikel 6 Nr. 4 der Charta von 1961 steht, und zwar aus folgenden Gründen: … die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, stellt eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts dar“ siehe https://widerstaendig.de/europaeische-sozialcharta-esc/#ESC2023. Der Gerichtshof EGfMR entscheidet zwar auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention, zieht aber bei seinen Entscheidungen die Feststellungen des EASR heran

Das Budapester Memorandum

Am 24. Februar 2022 begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. Schon vor dem 24. Februar 2022 drohte die Ukraine mehrfach mit einer eigenen atomaren Bewaffnung. Eine atomare Bewaffnung der Ukraine wäre eine verheerende Eskalation des Krieges. Anstatt ein weiteres Land mit Atomwaffen zu bewaffnen, müssen diese Waffen von der Erdfläche verbannt werden. Die Ukraine begründete ihr Recht zur eigenen atomaren Bewaffnung mit der Erklärung, sich nicht mehr an das Budapester Memorandum gebunden zu fühlen. Doch unterzeichnete die Ukraine auch den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen. Dieser Vertrag ist nicht von einer Bindung der Ukraine an das Budapester Memorandum abhängig. Die Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen gelten für die Ukraine in jedem Fall. Dass die Ukraine sich nicht mehr an das Budpester Memorandum gebunden fühlt, begründet sie mit einem Bruch dieses Memorandums durch Russland.[1]Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, dass diejenigen, die sich bei einer Beurteilung des Krieges in der Ukraine mit der Vorgeschichte des Konflikts nicht befassen wollen, diese Geschichte in den … Continue reading Wann begann der Bruch des Budapester Memorandum? Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden.

Die Regierung der Ukraine wirft Russland mit der Abspaltung und Eingliederung der Krim nach Russland im Frühjahr 2014 einen Bruch seiner Verpflichtungen aus Nr. 1 dieses Memorandums vor, die „Unabhängigkeit und Souveränität sowie die bestehenden Grenzen der Ukraine zu achten“.[2]Klaus von Dohnany schreibt: „Im Jahr 1991 dokumentierte (bei einer Wahlbeteiligug von 80 Prozent) ein Referendum, das damals über 93 Prozent der Krim-Bevölkerung für eine Angliederung der … Continue reading

Doch sollte eine andere Verpflichtung nicht übersehen werden: Unter Punkt 3 des Memorandums heißt es: „Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen ihre Verpflichtung gegenüber der Ukraine, im Einklang mit den Grundsätzen der KSZE-Schlußakte von wirtschaftlichem Zwang abzusehen, der darauf abzielt, die Ausübung der ihrer Souveränität innewohnenden Rechte durch die Ukraine ihren eigenen Interessen unterzuordnen und sich dadurch Vorteile jeder Art zu verschaffen.“

Gegen diese Verpflichtung verstießen die USA, in dem sie zusammen mit EU-Vertretern alle Hebel in Bewegung setzten, damit die Regierung der Ukraine das EU-Assoziierungsabkommen unterzeichnete: Im November 2013 hatte die Regierung Janukowitsch entschieden, die Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der EU zu verschieben.[3]Lothar Schröder „Der Ukraine-Krieg“, Berlin, 2024, S. 89 Am 22. November 2013 nannte Ministerpräsident Asarow vor dem Parlament die Gründe: Prognostizierter Rückgang der Produktion in verschiedenen Bereichen und Rückgang der Exporte nach Russland, Indonesien und Südkorea.[4]Lothar Schröder a.a.O. S. 89 Am 4. Februar 2014 fand das inzwischen legendäre Telefongespräch zwischen der Staatsekretärin der USA Victoria j. Nuland („Fuck the EU“) und dem Botschafter der USA statt, in dem unmissverständlich deutlich wurde, dass die USA auf einen Sturz der Regierung der Uraine hinarbeiteten; am 13. Dezember 2013 erklärte Nuland, die USA hätten über 5 Milliarden Dollar investiert, um die Janukowitsch-Regierung zu destabilsieren.[5]Lothar Schröder „Der Ukraine-Krieg“, Berlin, 2024, S. 117. Lothar Schröder beschreibt in seinem Buch „Der Ukrainekrieg“ detailliert, wie die Regierung Janukowitsch im Februar 2014 mit allen Mitteln, schließlich auch mit verfassungswidrigen Methoden aus dem Amt gedrängt wurde, es war am Ende ein Putsch.[6]Lothar Schröder a.a.O. S. 126 f. Nach dem verfassungswidrigen Sturz der bestehenden Regierung Janukowitsch wurde von der neuen Übergangsregierung der politische Teil des EU-Assoziierungsabkommens am 21. März 2014 unterschrieben.[7]https://de.wikipedia.org/wiki/Assoziierungsabkommen_zwischen_der_Europ%C3%A4ischen_Union_und_der_Ukraine#Unterzeichnung, abgerufen am 8.12.2024 um 21:21 Uhr

Der Druck der EU und der USA auf die Ukraine, die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland zugunsten der EU einzuschränken, die Unterstützung der Maidan Unruhen, die massiv das Assoziationsabkommen der Ukraine mit der EU forderten, sowie die Anerkennung der neuen Staatsführung danach können wohl nicht anders als Verstoß gegen diese Verpflichtung der USA aus Nr. 3 des Memorandums verstanden werden. Die „Ausübung der ihrer Souveränität innewohnenden Rechte durch die Ukraine“ hatten die USA und Vertreter der EU „ihren eigenen Interessen untergeordnet“ und sich „dadurch Vorteile verschafft.“ Es waren geopolitische Interessen, weil die Ukraine aus der engen Kooperation mit Russland herausgebrochen wurde, und Interessen des Kapitals, weil über dieses Abkommen Schritt für Schritt die Ukraine als zusätzlicher Markt und als Standort für Billigproduktionen geöffnet werden konnte.


Ergänzungen:

Erklärung Selenskijs auf der Münchener Sicherheitskonferenz

Wortlaut des Budapester Memorandums

Kommentierungen aus dem Glossar des IPPNW


Am 19. Februar 2022 sagte Selenskij auf der Münchener Sicherheitskonferenz: „Ich initiiere Konsultationen im Rahmen des Budapester Memorandums. Der Außenminister wurde beauftragt, sie einzuberufen. Wenn sie nicht wieder stattfinden oder zu keinen konkreten Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit unseres Staates führen, wird die Ukraine mit Recht glauben, dass das Budapester Memorandum nicht funktioniert und alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden“. In diesem Budapester Memorandum verpflichteten sich am 5. Dezember 1994 Russland, die USA und England in drei separaten Erklärungen gegenüber Kasachstan, Belarus und der Ukraine, die nach der Auflösung der Sowjetunion alle im Besitz von Nuklearwaffen waren, die Souveränität und die Grenzen dieser Länder als Gegenleistung zu einem Nuklearverzicht zu achten. Wenn die Ukraine glaubt, dass „alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden“, betrachtet sie sich nicht mehr an dieses Memorandum gebunden.


Das Budapester Memorandum sind drei gemeinsame Erklärungen der Russischen Föderation, Großbritanniens und der USA , eine gemeisame Erklärung gegenüber der Ukraine, eine gemeinsame Erklärung gegenüber Kasachstan und eine gemeisame Erklärung gegenüber Belorussland[8]https://web.archive.org/web/20170421194559/http://www.exportlawblog.com/docs/security_assurances.pdf, dort unter K-5, K-6 und K-7. Auf dem Boden dieser drei Länder waren während des Bestehens der UdSSR Atomwaffen der UdSSR stationiert worden. Der Teil des Budapester Memorandums, der die Erklärung gegenüber der Ukraine umfasst, hat folgenden Wortlaut, wobei der englische Original-Wortlaut im Folgenden ins Deutsche übersetzt wurde:

„Die Ukraine, die Russische Föderation, das Vereingte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinibten Staaten von Amerika,

in Würdigung des Beitritts der Ukraine zum Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen als Nicht-Kernwaffenstaat,

in Anbetracht der Verpflichtung der Ukraine, innerhalb eines bestimmten Zeitraums alle Kernwaffen aus ihrem Hoheitsgebiet zu entfernen,

in Anbetracht der Veränderungen in der weltweiten Sicherheitslage, einschließlich des Endes des Kalten Krieges, die die Voraussetzungen für eine tiefgreifende Verringerung der Atomstreitkräfte geschaffen haben,

bestätigen Folgendes:

  1. Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen ihre Verpflichtung gegenüber der Ukraine, in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der KSZE-Schlußakte die Unabhängigkeit und Souveränität sowie die bestehenden Grenzen der Ukraine zu achten.
  2. Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen ihre Verpflichtung, sich der Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit der Ukraine zu enthalten, und daß keine ihrer Waffen jemals gegen die Ukraine eingesetzt wird, es sei denn zur Selbstverteidigung oder auf andere Weise im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen.
  3. Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen ihre Verpflichtung gegenüber der Ukraine, im Einklang mit den Grundsätzen der KSZE-Schlußakte von wirtschaftlichem Zwang abzusehen, der darauf abzielt, die Ausübung der ihrer Souveränität innewohnenden Rechte durch die Ukraine ihren eigenen Interessen unterzuordnen und sich dadurch Vorteile jeder Art zu verschaffen.
  4. Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen ihre Zusage, sich um ein sofortiges Tätigwerden des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu bemühen, um der Ukraine als Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ist, Hilfe zu leisten, falls die Ukraine Opfer einer Angriffshandlung oder Gegenstand einer Angriffsdrohung werden sollte, bei der Kernwaffen eingesetzt werden.
  5. Die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen im Falle der Ukraine ihre Verpflichtung, keine Kernwaffen gegen einen Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ist, einzusetzen, außer im Falle eines Angriffs auf sie selbst, ihre Hoheitsgebiete oder abhängigen Gebiete, ihre Streitkräfte oder ihre Verbündeten durch einen solchen Staat, der mit einem Kernwaffenstaat assoziiert oder verbündet ist.
  6. Die Ukraine, die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika werden sich konsultieren, falls eine Situation eintritt, die eine Frage bezüglich dieser Verpflichtungen aufwirft.

Dieses Memorandum tritt mit seiner Unterzeichnung in Kraft.

Unterzeichnet in vier Exemplaren mit gleicher Gültigkeit in ukrainischer, englischer und russischer Sprache.

FÜR UKRAINE:

(Unterschrift Leonid Kutschma)

FÜR DIE RUSSISCHE FÖDERATION:

(Unterschrift Boris Jelzin)

FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH VON GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND:

(Unterschrift John Major)

FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA:

(Unterschrift Bill Clinton)

Budapest, 5. Dezember 1994″.


In dem Online Glossar des IPPNW wird das Budapester Memorandum so kommentiert:

Mit dem Ende des Kalten Krieges „erbte“ das Land 176 strategische und mehr als 2.500 taktische Atomwaffen und damit das drittgrößte Atomwaffenarsenal der Welt. Alle Kontrollsysteme waren jedoch in Russland und die ukrainischen Militärs hatten keine Startcodes für die Atomwaffen, die mit PAL-Sperren ausgestattet waren. Somit hatte Kiew keine direkte Verfügungsgewalt über diese Atomwaffen.

Nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 wurde oft die Frage gestellt, ob die Ukraine die Atomwaffen hätte behalten sollen. Der ehem. Präsident Krawtschuk sagte dazu in einem Interview mit der Deutschen Welle, dass sich diese Frage nicht wirklich gestellt hätte, weil der Preis zu hoch gewesen wäre. Eine Eigenproduktion von nuklearen Sprengköpfen für die in der Ukraine produzierten Trägersysteme wäre zu teuer gewesen und „die Staatskasse war leer“, so Krawtschuk. Allerdings erklärte die Ukraine damals ihre Absicht, operationelle Kontrolle über die strategischen Atomwaffen zu erzielen, die auf ihrem Territorium geblieben waren. Russland machte daraufhin deutlich, dass dies als Kriegshandlung interpretiert werden könnte.

Das Memorandum war eine Vereinbarung ohne Sanktionsmechanismus und blieb daher schließlich wirkungslos. Russland behauptete im April 2014, dass die Krim freiwillig aus der Ukraine ausgetreten und daher das Budapester Memorandum nicht betroffen sei.

Die USA sahen sich auch nicht in der Pflicht, nach der Krim-Annexion die Ukraine zu verteidigen, weil laut dem ehem. US-Botschafter in Kiew Jeffrey Payett, das Memorandum „keine Sicherheitsgarantien“ enthalte, sondern nur eine Verpflichtung, die Souveränität und Grenzen der Ukraine zu respektieren. Allerdings steht im Artikel 4 eine klare Verpflichtung „Hilfe zu leisten, falls die Ukraine Opfer eines Aggressionsaktes oder Angriffsdrohung wird, wo Atomwaffen verwendet werden“. Ob hier Atomwaffen im Spiel waren, ist Interpretationssache.

Darüber hinaus ist der Rechtscharakter des Memorandums umstritten, da es bestimmte Formulierungen nicht enthält, die es für die USA zu einem rechtsverbindlichen Vertrag machen würden. Daher blieb die Vereinbarung für die USA auf der Ebene einer politischen Willenserklärung.

Die USA und Großbritannien werfen Russland eine Nichteinhaltung des Memorandums durch die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine vor. Russland sieht die Einmischung der EU und der USA wegen der Unruhen in Kiew und die Sanktionen gegen die damalige Staatsführung sowie die Anerkennung der neuen Staatsführung nach einer Machtübernahme ebenfalls als Bruch der Vereinbarung an.“[9]Atomwaffen A-Z unter dem Stichwort Budapester Memorandum: https://www.atomwaffena-z.info/glossar/begriff/budapester-memorandum.

References

References
1 Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, dass diejenigen, die sich bei einer Beurteilung des Krieges in der Ukraine mit der Vorgeschichte des Konflikts nicht befassen wollen, diese Geschichte in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen rücken, wenn es um eine Beurteilung des Budapester Memorandums und der Verstöße gegen dieses Memorandum geht.
2 Klaus von Dohnany schreibt: „Im Jahr 1991 dokumentierte (bei einer Wahlbeteiligug von 80 Prozent) ein Referendum, das damals über 93 Prozent der Krim-Bevölkerung für eine Angliederung der Krim an Russland als autonome sozialistische Republik (ASSR) stimmten. … Völkerrechtlich ist die Annexion der Krim zwar nicht zu rechtfertigen … Und doch: So komplex das Verhältnis der Krim zur Ukraine und Russland auch ist, im Jahr 2014 hätte die Annexion waahrscheinlch nicht stattgefunden, wenn 2008 in Bukarest die Tür zur NATO für die Ukraine und damit auch für die Krim nicht so weit aufgestoßen worden wäre. … Hat man im Westen nie bedacht, was es heißen würde, wenn Sewastopol ein Hafen für amerikanische NATO-Kriegsschiffe würde? Aus innenpolitscher Sicht war das doch für einen russischen Präsidenten eine unannehmbare Perspektive: Die Krim gehörte seit 1783 zu Russland. Tolstoi verteidigte Sewastopol im Krimkrieg 1884 gegen England und Frankreich („Sewastopoler Erzählungen“) … Natürlich rechtfertigt diese lange staatliche und historische Verbundenheit Russlands mit der Krim völkerrechtlich heute keine Annexion … aber konnte man nicht die Folgen voraussehen?“(Klaus von Dohnany „Nationale Interessen“, München, 2022, 3. Auflg. S. 99 f.).; Klaus Schröder bezweifelt, dass es sich um eine Annexion der Krim durch Russland handelte; siehe Klaus Schröder „Der Ukrainekrieg“ Berlin 2024 S. 56 f.
3 Lothar Schröder „Der Ukraine-Krieg“, Berlin, 2024, S. 89
4 Lothar Schröder a.a.O. S. 89
5 Lothar Schröder „Der Ukraine-Krieg“, Berlin, 2024, S. 117
6 Lothar Schröder a.a.O. S. 126 f.
7 https://de.wikipedia.org/wiki/Assoziierungsabkommen_zwischen_der_Europ%C3%A4ischen_Union_und_der_Ukraine#Unterzeichnung, abgerufen am 8.12.2024 um 21:21 Uhr
8 https://web.archive.org/web/20170421194559/http://www.exportlawblog.com/docs/security_assurances.pdf, dort unter K-5, K-6 und K-7
9 Atomwaffen A-Z unter dem Stichwort Budapester Memorandum: https://www.atomwaffena-z.info/glossar/begriff/budapester-memorandum.

Es wird immer gefährlicher …

Wir haben die Nachricht vom 19. November am 21. November 2024 aktualisiert: Nachdem wir am 19. November den Einsatz der ATACMS gegen Russland durch die Ukraine meldeten, wurde heute bekannt, dass Russland das mit der Abfeuerung einer Mittelstreckenrakete auf die Ukraine erwiderte. Im Einzelnen:

Am 19. November 2024 wurde gemeldet: Biden hat der Ukraine erlaubt, Russland mit Mittelstreckenraketen vom Typ „ATACMS“ mit einer Reichweite von 300 Kilomer zu beschießen. Die erste Rakete vom Typ „ATACMS“ hat Russland erreicht[1]Tagesschau vom 19.11.2024 um 17:31 Uhr: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lawrow-drohung-atomdoktrin-100.html, abgerufen 19.11.2024 um 22:43 Uhr.

Nun wird auch der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz immer größer. Bis jetzt verweigert er den Einsatz von deutschen Mittelstreckenraketen Taurus gegen Russland.

Aus Russland wurde gemeldet: Russland hat seine Richtlinien, unter welchen Vorraussetzungen es Atomwaffen einsetzt, verschärft. „Der russische Präsident Wladimir Putin hat einen Erlass unterzeichnet, der es seinem Land erlaubt, Atomwaffen gegen einen Nicht-Atomstaat einzusetzen, falls dieser von Atommächten unterstützt wird. „Die Aggression eines nicht-nuklearen Staates unter Beteiligung eines nuklearen Staates wird als gemeinsamer Angriff betrachtet“, erklärte Kremlsprecher Peskow. Russland habe Atomwaffen stets als „Abschreckungsmaßnahme“ verstanden und werde diese nur einsetzen, wenn es sich dazu „gezwungen“ sehe. Die neue Doktrin erlaubt auch eine atomare Antwort auf „massive“ Luftangriffe, selbst wenn bei diesen nur herkömmliche Waffen eingesetzt werden.“[2]Berliner Zeitung vom 19.11.2024 um 11:19 Uhr: https://www.berliner-zeitung.de/news/russland-putin-unterzeichnet-erlass-ueber-erweiterten-einsatz-von-atomwaffen-li.2273480, abgerufen 19.11.2024 um … Continue reading

Am 21. November wurde gemeldet, dass Russland eine neuartige Mittelstreckenrakete (Oreschnik) auf die Ukraine abfeuerte. Russland bestätigt diesen Einsatz und gab bekannt, dass diese Rakete auch Atomsprengköpfe tragen kann. Die ZDF Nachrichten berichten um 19:00 Uhr, der Einsatz dieser Mittelstreckenrakete sei eine Reaktion auf den Einsatz der ATACMS durch die Ukraine, Experten wurden zitiert, der Einsatz der russischen Raketen habe einen atomaren Einsatz simulieren und eine Warnung sein sollen.

Es wird immer gefährlicher …

Olaf Scholz verurteilte, dass auf dem G 20 – Gipfel keine Verurteilung Russlands in die Abschlusserklärung aufgenommen wurde[3]Tagesschau vom 19.11.2024 um 22:15 – 22:50 Uhr, abgerufen 19.11.2024 um 22:43 Uhr. Die weltweiten Machtverhältnisse verändern sich. Hoffentlich bleibt Scholz bei seiner Meinung und liefert keine TAURUS an die Ukraine.

References

References
1 Tagesschau vom 19.11.2024 um 17:31 Uhr: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lawrow-drohung-atomdoktrin-100.html, abgerufen 19.11.2024 um 22:43 Uhr
2 Berliner Zeitung vom 19.11.2024 um 11:19 Uhr: https://www.berliner-zeitung.de/news/russland-putin-unterzeichnet-erlass-ueber-erweiterten-einsatz-von-atomwaffen-li.2273480, abgerufen 19.11.2024 um 22:43 Uhr
3 Tagesschau vom 19.11.2024 um 22:15 – 22:50 Uhr, abgerufen 19.11.2024 um 22:43 Uhr

Internationale Strafgerichtshof erlässt Strafbefehle gegen Netanjahu und Gallant

aktualisiert 23.11.2023: Reaktionen der Bundesregierung auf die Haftbefehle auf einer Pressekonferenz am 22.11.2024

Am 21. November 2024 erließ der Internationale Strafgerichtshof gegen Netanjahu und Gallant Haftbefehle wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Es wurde auch bekannt gegeben, dass zwei Anträgen Israels zurückgewiesen wurden. Das Ziel dieser Anträge Israels war, dass der Internationale Strafgerichtshof Israel auffordert, selbst gegen Netanjahu und Gallant zu ermitteln und solange die Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof auszusetzen.

Besonders lesenwert ist, wegen welcher Verbrechen die Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallan erlassen werden (siehe unten: Vorgeworfene Verbrechen)

In der Tagesschau wurde berichtet, dass auch Haftbefehl gegen den unter dem Namen Mohammed Deif bekannten Militärchef der Hamas erlassen worden sei[1]Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:07 Uhr: Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:https://www.tagesschau.de/ausland/asien/haftbefehl-netanyahu-100.html, abgerufen am 21.11.2024 um 18:30 Uhr. Richtig ist, dass Chefankläger Khan auch gegen Hamas-Führer Jahja Sinwar, Ismail Hanija und Mohammed Deif Haftbefehle beantragte [2]https://unric.org/de/strafgerichtshof-anklaeger-khan-haftbefehl-gegen-netanyahu-und-hamas-anfuehrer-beantragt/ . Jahja Sinwar und Ismail Hanija wurden in den vergangenen Monaten von Israel ermordet[3]Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:07 Uhr: Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:https://www.tagesschau.de/ausland/asien/haftbefehl-netanyahu-100.html, abgerufen am 21.11.2024 um 18:30 Uhr. Israel meldete ebenfalls den Tod von Mohammed Deif, der jedoch von der Hamas bisher nicht betätigt worden sein soll[4]Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:07 Uhr: Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:https://www.tagesschau.de/ausland/asien/haftbefehl-netanyahu-100.html, abgerufen am 21.11.2024 um 18:30 Uhr.

Nun kommt es darauf an, dass der Haftbefehl vollstreckt wird. Hier ist der Internationale Gerichtshof darauf angewiesen, dass die 124 Länder, die dem Römischen Statut beigetreten sind, ihren Verpflichtungen aus diesem Statut nachkommen. Das Römische Statut ist die rechtliche Grundlage für den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag und enthält zugleich Verpflichtungen der Unterzeichner-Staaten, zu vollstrecken.

Bisher haben die Niederlande und Irland ausdrücklich erklärt, dass sie diesen Haftbefehl vollstrecken werden.[5]https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/eu-aussenbeauftragter-haftbefehl-gegen-netanjahu-fuer-alle-eu-staaten-bindend/ So erklärte der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp: „Die Niederlande respektieren die Entscheidung des Gerichthofs, einen Haftbefehl gegen den israelischen Premierminister Netanjahu zu erlassen. Wenn er niederländischen Boden betritt, wird er verhaftet.“[6]https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/eu-aussenbeauftragter-haftbefehl-gegen-netanjahu-fuer-alle-eu-staaten-bindend/

Auch Deutschland hat das Römische Statut unterzeichnet und ist damit zur Vollstreckung vom Haftbefehlen des IGH verpflichtet. Hält sich eine mit Haftbefehl gesuchte Person in einem Mitgliedstaat auf, kann der IStGH den Staat um Festnahme und Überstellung der Person ersuchen[7]Art. 89 des Römischen Statuts. Entsprechende Regelungen zur Umsetzung dieser Regel finden sich in Deutschland im Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem IStGH (IStGH-Gesetz): Nach entsprechendem Ersuchen des IGH müssen die erforderlichen Maßnahmen zur Festnahme des Verfolgten ergriffen werden[8]§ 9 IStHG-Gesetz. Zuständig für die Fahndungsmaßnahmen wäre die Generalstaatsanwaltschaft Berlin.

Wir zitieren aus der Pressemitteilung des internationalen Strafgerichtshof. Die Pressemitteilung kann im Original auf der Homepage des Internationalen Strafgerichtshofs nachgelesen werden: https://www.icc-cpi.int/news/situation-state-palestine-icc-pre-trial-chamber-i-rejects-state-israels-challenges

Inhalt der Pressemitteilung:


Heute, am 21. November 2024, hat die Vorverfahrenskammer I des Internationalen Strafgerichtshofs („Gerichtshof“) … einstimmig zwei Entscheidungen erlassen, mit denen sie die Anfechtungen des Staates Israel („Israel“) gemäß Artikel 18 und 19 des Römischen Statuts („Statut“) zurückgewiesen hat. Außerdem erließ er Haftbefehle gegen Benjamin Netanyahu und Yoav Gallant.

Entscheidungen über Anträge des Staates Israel

Die Kammer hat am 26. September 2024 über zwei Anträge Israels entschieden. Mit dem ersten Antrag hat Israel die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Situation im Staat Palästina im Allgemeinen und für israelische Staatsangehörige im Besonderen auf der Grundlage von Artikel 19(2) der Satzung angefochten. Mit dem zweiten Antrag beantragte Israel, dass die Kammer die Staatsanwaltschaft anweist, ihren Behörden eine neue Mitteilung über die Einleitung einer Untersuchung gemäß Artikel 18 Absatz 1 des Statuts zu übermitteln[9]Artikel 18 Absatz 1 des Status lautet: „(1) Wurde eine Situation nach Artikel 13 Buchstabe a dem Gerichtshof unterbreitet und hat der Ankläger festgestellt, dass eine hinreichende Grundlage … Continue reading. Israel beantragte außerdem, dass die Kammer alle Verfahren vor dem Gerichtshof in der betreffenden Situation aussetzt, einschließlich der Prüfung der von der Staatsanwaltschaft am 20. Mai 2024 eingereichten Anträge auf Haftbefehle gegen Benjamin Netanyahu und Yoav Gallant.

In Bezug auf die erste Rüge stellte die Kammer fest, dass die Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichts durch Israel nicht erforderlich ist, da das Gericht seine Zuständigkeit auf der Grundlage der territorialen Zuständigkeit Palästinas ausüben kann, wie von der Vorverfahrenskammer I in einer früheren Zusammensetzung festgestellt. Darüber hinaus vertrat die Kammer die Auffassung, dass die Staaten gemäß Artikel 19(1) des Statuts nicht berechtigt sind, die Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäß Artikel 19(2) vor dem Erlass eines Haftbefehls anzufechten. Die Anfechtung Israels ist daher verfrüht. Dies gilt unbeschadet möglicher künftiger Anfechtungen der Zuständigkeit des Gerichtshofs und/oder der Zulässigkeit eines bestimmten Falls.

Entscheidung über Israels Anfechtung der Zuständigkeit des Gerichtshofs gemäß Artikel 19(2) des Römischen Statuts

Die Kammer wies auch den Antrag Israels nach Artikel 18(1) des Statuts zurück. Die Kammer erinnerte daran, dass die Staatsanwaltschaft Israel im Jahr 2021 von der Einleitung einer Untersuchung in Kenntnis gesetzt hatte. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich Israel trotz eines Klärungsantrags der Staatsanwaltschaft, keinen Antrag auf Verschiebung der Ermittlungen zu stellen. Darüber hinaus war die Kammer der Ansicht, dass die Parameter der Untersuchung in dieser Situation gleich geblieben sind und folglich keine neue Mitteilung an den Staat Israel erforderlich war. In Anbetracht dessen sahen die Richter keinen Grund, die Prüfung der Anträge auf Erlass eines Haftbefehls auszusetzen.

Entscheidung über den Antrag Israels, die Staatsanwaltschaft anzuweisen, eine Mitteilung nach Artikel 18 Absatz 1 zu machen

Haftbefehle

Die Kammer erließ Haftbefehle gegen zwei Personen, Herrn Benjamin Netanyahu und Herrn Yoav Gallant, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die mindestens vom 8. Oktober 2023 bis mindestens zum 20. Mai 2024, dem Tag, an dem die Staatsanwaltschaft die Anträge auf Haftbefehle stellte, begangen wurden.

Die Haftbefehle sind als „geheim“ eingestuft, um Zeugen zu schützen und die Durchführung der Ermittlungen zu gewährleisten. Die Kammer hat jedoch beschlossen, die nachstehenden Informationen freizugeben, da ein ähnliches Verhalten wie das in den Haftbefehlen angesprochene offenbar noch andauert. Außerdem ist die Kammer der Ansicht, dass es im Interesse der Opfer und ihrer Familien liegt, dass sie von der Existenz der Haftbefehle erfahren.

Zunächst ist die Kammer der Auffassung, dass das mutmaßliche Verhalten von Herrn Netanyahu und Herrn Gallant in die Zuständigkeit des Gerichts fällt. Die Kammer erinnerte daran, dass sie bereits in einer früheren Besetzung entschieden hatte, dass sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs in dieser Situation auf den Gazastreifen und das Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, erstreckt. Außerdem lehnte es die Kammer ab, von ihrem Ermessensspielraum proprio motu Gebrauch zu machen, um die Zulässigkeit der beiden Rechtssachen in diesem Stadium zu bestimmen. Dies gilt unbeschadet einer späteren Entscheidung über die Zuständigkeit und Zulässigkeit der Fälle.

In Bezug auf die Verbrechen hat die Kammer hinreichende Gründe für die Annahme gefunden, dass Herr Netanyahu, geboren am 21. Oktober 1949, Ministerpräsident Israels zur Zeit der relevanten Handlungen, und Herr Gallant, geboren am 8. November 1958, Verteidigungsminister Israels zur Zeit der angeblichen Handlungen, jeweils als Mittäter strafrechtliche Verantwortung für die folgenden Verbrechen tragen, weil sie die Handlungen gemeinsam mit anderen begangen haben: das Kriegsverbrechen des Aushungerns als Methode der Kriegsführung und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Mordes, der Verfolgung und anderer unmenschlicher Handlungen.

Die Kammer fand außerdem hinreichende Gründe für die Annahme, dass Herr Netanyahu und Herr Gallant als zivile Vorgesetzte für das Kriegsverbrechen der vorsätzlichen Leitung eines Angriffs gegen die Zivilbevölkerung strafrechtlich verantwortlich sind.

Vorgeworfene Verbrechen

Die Kammer fand hinreichende Gründe für die Annahme, dass während des relevanten Zeitraums das humanitäre Völkerrecht im Zusammenhang mit dem internationalen bewaffneten Konflikt zwischen Israel und Palästina Anwendung fand. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Israel und Palästina zwei Hohe Vertragsparteien der Genfer Konventionen von 1949 sind und dass Israel zumindest Teile Palästinas besetzt hält. Die Kammer stellte außerdem fest, dass das Recht für nicht internationale bewaffnete Konflikte auf die Kämpfe zwischen Israel und der Hamas anwendbar ist. Die Kammer stellte fest, dass das mutmaßliche Verhalten von Herrn Netanjahu und Herrn Gallant die Aktivitäten israelischer Regierungsstellen und der Streitkräfte gegen die Zivilbevölkerung in Palästina, insbesondere die Zivilbevölkerung in Gaza, betraf. Es ging also um das Verhältnis zwischen zwei Parteien in einem internationalen bewaffneten Konflikt sowie um das Verhältnis zwischen einer Besatzungsmacht und der Bevölkerung in besetzten Gebieten. Aus diesen Gründen hielt es die Kammer im Hinblick auf die Kriegsverbrechen für angemessen, die Haftbefehle nach dem Recht des internationalen bewaffneten Konflikts zu erlassen. Die Kammer stellte auch fest, dass die angeblichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit Teil eines weit verbreiteten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung in Gaza waren.

Die Kammer ist der Auffassung, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass beide Personen der Zivilbevölkerung im Gazastreifen mindestens vom 8. Oktober 2023 bis zum 20. Mai 2024 vorsätzlich und wissentlich überlebenswichtige Güter vorenthalten haben, darunter Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und medizinische Versorgung sowie Treibstoff und Strom. Diese Feststellung beruht auf der Rolle von Herrn Netanyahu und Herrn Gallant bei der Behinderung der humanitären Hilfe unter Verletzung des humanitären Völkerrechts und auf ihrem Versäumnis, die Hilfe mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu erleichtern. Die Kammer stellte fest, dass ihr Verhalten dazu führte, dass die humanitären Organisationen nicht mehr in der Lage waren, die bedürftige Bevölkerung in Gaza mit Nahrungsmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern zu versorgen. Die genannten Beschränkungen sowie die Unterbrechung der Stromversorgung und die Reduzierung der Treibstofflieferungen hatten auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Wasser in Gaza und die Fähigkeit der Krankenhäuser, medizinische Versorgung zu leisten.

Die Kammer stellte auch fest, dass die Entscheidungen, humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zuzulassen oder zu verstärken, häufig an Bedingungen geknüpft waren. Sie wurden nicht getroffen, um Israels Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht zu erfüllen oder um sicherzustellen, dass die Zivilbevölkerung in Gaza angemessen mit den benötigten Gütern versorgt wird. Vielmehr waren sie eine Reaktion auf den Druck der internationalen Gemeinschaft oder auf Bitten der Vereinigten Staaten von Amerika. In jedem Fall reichten die Aufstockungen der humanitären Hilfe nicht aus, um den Zugang der Bevölkerung zu lebenswichtigen Gütern zu verbessern.

Darüber hinaus fand die Kammer hinreichende Gründe für die Annahme, dass für die Zugangsbeschränkungen für humanitäre Hilfsmaßnahmen kein eindeutiger militärischer Bedarf oder eine andere Rechtfertigung nach dem humanitären Völkerrecht festgestellt werden konnte. Trotz der Warnungen und Appelle u.a. des UN-Sicherheitsrats, des UN-Generalsekretärs, der Staaten sowie von Regierungs- und zivilgesellschaftlichen Organisationen bezüglich der humanitären Lage in Gaza wurde nur ein Minimum an humanitärer Hilfe genehmigt. In diesem Zusammenhang berücksichtigte die Kammer den langen Zeitraum der Entbehrung und die Erklärung von Herrn Netanjahu, der den Stopp der lebensnotwendigen Güter und der humanitären Hilfe mit den Zielen des Krieges in Verbindung brachte.

Die Kammer fand daher hinreichende Gründe für die Annahme, dass Herr Netanyahu und Herr Gallant die strafrechtliche Verantwortung für das Kriegsverbrechen des Aushungerns als Methode der Kriegsführung tragen.

Die Kammer stellte fest, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass der Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, Elektrizität und Treibstoff sowie an bestimmten medizinischen Hilfsgütern Lebensbedingungen geschaffen hat, die darauf ausgerichtet waren, die Zerstörung eines Teils der Zivilbevölkerung im Gazastreifen herbeizuführen, was zum Tod von Zivilisten, einschließlich Kindern, aufgrund von Unterernährung und Austrocknung führte. Auf der Grundlage des von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Materials, das den Zeitraum bis zum 20. Mai 2024 abdeckt, konnte die Kammer nicht feststellen, dass alle Tatbestandsmerkmale des Verbrechens gegen die Menschlichkeit der Ausrottung erfüllt waren. Die Kammer stellte jedoch fest, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass das Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Mordes in Bezug auf diese Opfer begangen wurde.

Indem sie absichtlich den Zugang zu medizinischen Gütern und Medikamenten, insbesondere zu Anästhetika und Anästhesiegeräten, in den Gazastreifen einschränkten oder verhinderten, sind die beiden Personen auch dafür verantwortlich, dass sie behandlungsbedürftigen Personen durch unmenschliche Handlungen großes Leid zufügten. Die Ärzte wurden gezwungen, Verwundete zu operieren und Amputationen, auch an Kindern, ohne Betäubungsmittel vorzunehmen, und/oder sie waren gezwungen, unangemessene und unsichere Mittel zur Sedierung der Patienten zu verwenden, wodurch diesen extreme Schmerzen und Leiden zugefügt wurden. Dies stellt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form anderer unmenschlicher Handlungen dar.

Die Kammer fand auch hinreichende Gründe für die Annahme, dass die oben genannten Handlungen einen erheblichen Teil der Zivilbevölkerung in Gaza ihrer Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Leben und Gesundheit, beraubten und dass die Bevölkerung aus politischen und/oder nationalen Gründen gezielt angegriffen wurde. Sie stellte daher fest, dass das Verbrechen der Verfolgung gegen die Menschlichkeit begangen wurde.

Schließlich stellte die Kammer fest, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass Netanjahu und Gallant als zivile Vorgesetzte für das Kriegsverbrechen der vorsätzlichen Leitung von Angriffen gegen die Zivilbevölkerung in Gaza strafrechtlich verantwortlich sind. In diesem Zusammenhang stellte die Kammer fest, dass das von der Staatsanwaltschaft vorgelegte Material es ihr nur erlaubte, Feststellungen zu zwei Vorfällen zu treffen, die als vorsätzlich gegen die Zivilbevölkerung gerichtete Angriffe zu qualifizieren waren. Es besteht der begründete Verdacht, dass Herr Netanjahu und Herr Gallant, obwohl ihnen Maßnahmen zur Verfügung standen, um die Begehung von Straftaten zu verhindern oder zu unterdrücken oder um sicherzustellen, dass die Angelegenheit den zuständigen Behörden vorgelegt wird, dies nicht getan haben.

Hintergrund

Am 1. Januar 2015 gab der Staat Palästina eine Erklärung nach Artikel 12 Absatz 3 des Römischen Statuts ab, in der er die Zuständigkeit des Gerichtshofs seit dem 13. Juni 2014 anerkennt.

Am 2. Januar 2015 trat der Staat Palästina dem Römischen Statut bei, indem er seine Beitrittsurkunde beim UN-Generalsekretär hinterlegte. Das Römische Statut ist für den Staat Palästina am 1. April 2015 in Kraft getreten.

Am 22. Mai 2018 übermittelte der Staat Palästina dem Ankläger gemäß Artikel 13 Buchstabe a und Artikel 14 des Römischen Statuts die Situation seit dem 13. Juni 2014, ohne ein Enddatum zu nennen.

Am 3. März 2021 kündigte der Ankläger die Eröffnung der Ermittlungen zur Lage im Staat Palästina an. Dies geschah im Anschluss an die Entscheidung der Vorverfahrenskammer I vom 5. Februar 2021, dass das Gericht seine strafrechtliche Zuständigkeit in der Situation ausüben kann und dass sich der territoriale Geltungsbereich dieser Zuständigkeit mehrheitlich auf den Gazastreifen und das Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, erstreckt.

Am 17. November 2023 erhielt die Anklagebehörde eine weitere Befassung mit der Situation im Staat Palästina von Südafrika, Bangladesch, Bolivien, den Komoren und Dschibuti, und am 18. Januar 2024 übermittelten die Republik Chile und der Staat Mexiko der Anklagebehörde zusätzlich eine Befassung mit der Situation im Staat Palästina.


IStGH-Haftbefehl gegen Netanjahu: Eiertanz der Regierungssprecher statt klarer Begrüßung

Auf der Pressekonferenz wurde ein richtiger Eiertanz bei der Beantwortung der Fragen zum Haftbefehl geführt.

Entweder hat der Regierungssprecher die Frage nicht verstanden oder wollte darauf nicht antworten.

So z. B. wurde eine ganz einfache Frage gestellt: „Ist Herr Netanjahu in Deutschland willkommen?“ wurde wie folgt geantwortet:

„über Reisepläne des israelischen Ministerpräsidenten ist mir nichts bekannt“ daraufhin wurde die Frage etwas konkretisiert:

„ich habe nicht nach einer Reisenplanung gefragt ich habe gefragt ob er willkommen ist“ darauf die gleiche Antwort.

Oder es folgten solche Antworten; „Ich verstehe Ihre Frage nicht“, „Ich verstehe Ihre Frage immer noch nicht“

Hier zeigt sich die Doppelmoral der Politik der Bundesregierung. Bei dem Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin, war die Bunderegierung

Feuer und Flamme, aber hier wird anders reagiert.

Hier die Ausschnitte der PK:

Die ganze Pressekonferenz ist hier zu sehen: https://youtu.be/NRl3X5nN4R4 Zu dem Haftbefehl s, in der Zeit von: 04:55 bis – 31:58.


Hier der Bericht der Tagesschau vom 22.11.2024 über die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs: https://www.youtube.com/watch?v=Ng9eppnEMao


Hier der Bericht von Amnesty International über die erlassenen Haftbefehle


References

References
1, 3, 4 Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:07 Uhr: Tagesschau vom 21.11.2024 um 16:https://www.tagesschau.de/ausland/asien/haftbefehl-netanyahu-100.html, abgerufen am 21.11.2024 um 18:30 Uhr
2 https://unric.org/de/strafgerichtshof-anklaeger-khan-haftbefehl-gegen-netanyahu-und-hamas-anfuehrer-beantragt/
5, 6 https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/eu-aussenbeauftragter-haftbefehl-gegen-netanjahu-fuer-alle-eu-staaten-bindend/
7 Art. 89 des Römischen Statuts
8 § 9 IStHG-Gesetz
9 Artikel 18 Absatz 1 des Status lautet: „(1) Wurde eine Situation nach Artikel 13 Buchstabe a dem Gerichtshof unterbreitet und hat der Ankläger festgestellt, dass eine hinreichende Grundlage für die Einleitung von Ermittlungen bestünde, oder leitet der Ankläger Ermittlungen nach Artikel 13 Buchstabe c und Artikel 15 ein, so benachrichtigt der Ankläger förmlich alle Vertragsstaaten und diejenigen Staaten, die unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Informationen im Regelfall die Gerichtsbarkeit über die betreffenden Verbrechen ausüben würden. Der Ankläger kann diese Staaten vertraulich benachrichtigen und, sofern er dies für notwendig hält, um Personen zu schützen, die Vernichtung von Beweismitteln oder die Flucht von Personen zu verhindern, den Umfang der den Staaten zur Verfügung gestellten Informationen begrenzen.“ Siehe der Wortlaut des Statuts unter: https://www.auswaertiges-amt.de/blob/203446/c09be147948d4140dd53a917c2544fa6/roemischesstatut-data.pdf