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USA und Frankreich stürzten 2004 Aristide in Haiti

Jeb Sprague und Kit Klarenberg haben am 1.3.24 auf der anti-Geheimdienst-Plattform The Greyzone eine jüngst freigegebene Quelle zum US-gesteuerten Putsch gegen Jean-Bertrand Aristide auf Haiti besprochen. Aus dieser Quelle geht hervor, daß die damalige US-Botschafterin in Haiti, Janice Elmore, maßgeblich an der Planung eines Gefängnisausbruches von Aristide-Gegnern und Bandenführern in Gonaïves am 18 September 2002 beteiligt war, der zur Bildung der Todesschwadron FLRN führte, die maßgeblich den gewaltsamen Sturz der Aristide-Regierung im Februar 2004 und die Massaker an Putschgegnern herbeiführte. Sprague und Klarenberg gehen dann auf den Hintergrund von Janice Elmore ein, die nicht nur CIA-Agentin war und bei SOL ausgebildet wurde, einer heute nicht mehr aktiven Trainingsorganisation für Terror-, Putsch-, und Regimechange-Abenteurer, sondern auch bei der Finanzierung der Nicaragua-Contras über Drogengeschäfte mitgewirkt hatte. In dem Beitrag von Jeb Sprague und Kit Klarenberg heißt es:

“… Der Gefängnisausbruch setzte eine gewaltsame Kampagne zum Regimewechsel in Gang, durch die Aristide schließlich am 29. Februar 2004 aus dem Amt gedrängt wurde. Nachdem er abgesetzt und nach Südafrika ausgeflogen worden war, behauptete Aristide, von US-Streitkräften “entführt” worden zu sein, und beschuldigte Washington direkt, das Komplott inszeniert zu haben. Sein Land verwandelte sich schnell in einen despotischen gescheiterten Staat, in dem rücksichtslose Paramilitärs die Bevölkerung mit Füßen traten. US-Marines und später UN-Truppen wurden eingesetzt, um “den Frieden zu wahren”, was in der Praxis bedeutete, dass nicht nur gegen bewaffnete Putschisten, sondern auch gegen empörte Demonstranten und Zivilisten gewaltsam vorgegangen wurde.

Im Jahr 2022 gab der ehemalige französische Botschafter in Haiti zu, dass Frankreich und die USA tatsächlich den “Putsch” inszeniert hatten, der, wie er einräumte, “wahrscheinlich” auf die wiederholten Forderungen Aristides zurückzuführen war, den Haitianern die 21 Milliarden Dollar an Reparationen zurückzugeben, die sie seit 1825 an ihre ehemaligen Sklavenhalter in Paris gezahlt hatten. Der ehemalige Botschafter sagte der New York Times, dass Aristide im Exil “unsere Aufgabe erleichtert” habe, die Forderungen der Haitianer nach einer Rückerstattung zu untergraben.

US-Beamte haben wiederholt jegliche Beteiligung an Aristides Sturz bestritten und behauptet, sie hätten erst danach eingegriffen, um die Ordnung wiederherzustellen. Doch das geheime diplomatische Kabel, das The Grayzone erhalten hat, erzählt eine ganz andere Geschichte …”

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TAURUS: Wohin steuert die Bundesrepublik?

Eine Ergänzung am 8. März 2024: Kujat beschreibt die Funktionsweise des Marschflugkörpers TAURUS. Er warnt vor allem auch davor, dass deren Einsatz den Eintritt Deutschlands in den Krieg mit Russland zur Folge hat (siehe unten unter 5.).

Vier Meldungen der letzten Tage: 1. “Kanonen und Butter – das wird nicht gehen”, 2. Hohe deutsche Offiziere sprechen über den Einsatz von TAURUS gegen die Krimbrücke, 3. Kriegspropaganda für TAURUS im ZDF-Kinderprogramm und 4. Harald Kujat: Es gibt keine Wunderwaffen, aber es gab im März 2022 das Instanbuler Kommunique, das von beiden Verhandlungsführern paraphiert wurde.

Inhaltsverzeichnis:

  1. “Kanonen und Butter – das wird nicht gehen”.
  2. Hohe Offiziere sprechen über den Einsatz von Taurus gegen die Krim-Brücke.
  3. Kriegspropaganda für Kinder.
  4. Harald Kujat am 26.2 2024: Es gibt keine Wunderwaffen, aber es gab im März 2022 das Istanbuler Kommunique, das von beiden Verhandlungsführern paraphiert wurde.
  5. 6. März 2024: Kujat über die Funktionsweise und die Folgen des Einsatzes von TAURUS
  6. TAURUS: Atomwaffenfähig?
  7. 9.3.24: Morgenpost meldet: “Gemeindebund – stillgelegte Bunker wieder in Betrieb nehmen!”

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat ein mehrjähriges Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen verlangt, um mehr Geld in Verteidigung investieren zu können. “Wenn es uns gelänge, mal drei Jahre mit dem auszukommen, was wir haben, dann wäre das ein ganz großer Schritt zur Konsolidierung”, sagte der FDP-Chef in der ZDF-Sendung “Maybrit Illner”.

Dabei geht es um die Preissteigerung während dieser Zeit. Im Jahr 2023 betrug sie noch 5,9 Prozent[1]https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1046/umfrage/inflationsrate-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahr/, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr. Im Januar 2024 2,9 Prozent[2]https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/02/PD24_051_611.html, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr. Rechnet man in den nächsten drei Jahren mit jährlich 2 Prozent Preissteigerungen, wäre ein “Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen, um mehr Geld in Verteidigung investieren zu können” gleichbedeutend mit einer Kürzung dieser Sozialausgaben um 6 Prozent.

Clemens Fuest, der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo, geht davon aus, dass an Kürzungen im Sozialbereich kein Weg vorbeiführen werde. “Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland. Das geht nicht. Sondern Kanonen ohne Butter.” Der Sozialstaat werde weiter finanziert, “aber er wird halt kleiner ausfallen”.[3]https://www.tagesschau.de/inland/lindner-moratorium-100.html, abgerufen am 2.3.2024 um 16:51 Uhr Rudolf Hess warb 1936 für sein Rüstungsprogramm mit demselben Motto: „Wir werden zu Not auch … Continue reading

Die Berliner Zeitung unterscheidet in den Reaktionen auf die Veröffentlichung dieses podcast zwischen den Vielen, die das ausschließlich als eine Frage der Spionage und Spionageabwehr sehen, und den sehr Wenigen, die sehen, dass Deutschland immer mehr die Sicherheit der Bevölkerung in Deutschland gefähret. So zitiert die Berliner Zeitung Sevim Dagdelen: “”Die Angriffsplanungen führender Bundeswehroffiziere mit Taurus inklusive ihrer Vertuschungsabsicht sind weder mit dem Grundgesetz noch mit dem Völkerrecht vereinbar. Der Krieg in der Ukraine ist kein deutscher Verteidigungskrieg. Russland hat Deutschland nicht angegriffen. Diese Planspiele riskieren eine direkte Kiegsbeteiligung Deutschlands und gefähren so massiv die Sicherheit der Bevölkerung in Deutschland. Dieser Wahnsinn muss sofort gestoppt werden! Wir brauchen dringend einen Waffenstillstand und Diplomatie statt eine weitere Eskalation direkter Kriegsbeteiligung.”[4]Berliner Zeitung v. 4. März 2024, S. 13, “Deutschland kaviert”

Gleichzeitig wird im ZDF für den Einsatz des Marschflugkörpers TAURUS geworben.

Die Berliner Zeitung schreibt: “Das Publikum, das sind in diesem Falle keine Erwachsenen und auch keine Satire-Liebhaber, sondern: Kinder. Es ist das Zweite Deutsche Fernsehen, eine Anstalt öffentlichen Rechts – die im Kinderprogramm per Videoclip gerade astreine Kriegspropaganda für die Kleinen liefert, kann das wirklich sein? Man reibt sich verwundert die Augen und zahlreiche User im Netz, wo der Clip an diesem Freitag die Runde machte, fragen sich dasselbe: Ist das echt?”[5]siehe https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/kriegspropaganda-fuer-kinder-beim-zdf-wirbel-um-videoclip-zu-taurus-lieferung-an-die-ukraine-li.2192668 ,abgerufen am 2.2.2024 um 16:30Uhr

Ja, es ist echt. Aber hinter der Frage steht eine Feststellung: So eine Sendung – Kriegspropaganda für Kinder – wäre vor dem Ukrainekrieg unmöglich gewesen. Jetzt nicht mehr. In schnellen Schritten wird die gesamte Gesellschaft militarisiert.

In einer Petiton gegen diese Militarisierung der Kinderzimmer heißt es: “So eine kriegsvorbereitende und kriegsakzeptierende Beeinflussung von Kindern, wie jetzt im ‘Staatssender’ ZDF, hat es zuletzt bei den Nazis gegeben, als Goebbels 1943 im Berliner Sportpalast seine furchtbare Rede über den totalen Krieg hielt.
Wie können Sie es wagen, massenmordende Waffen (Taurus-Marschflugkörper) als lustige Spielpuppen darzustellen, die traurig sind, wenn sie (im Krieg wohlgemerkt!) nicht dabei sein dürfen? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Wozu wird Friedenserziehung in Kindertagesstätten und an Schulen in unserem Lande praktiziert? Damit beauftragte, offenbar ‘hirnlose’ Comic-Zeichner*innen von unseren Steuermitteln bezahlt, fröhlich den Krieg verharmlosen und um lustiges Mitmachen bemüht sind?
Ich möchte so etwas nicht noch einmal – staatlich lizenziert und von unseren Gebühren bezahlt – im öffentlich-rechtlichen TV sehen.”

Hier die Petition gegen diese KIKA-Serie “LOGO” macht Kinder kriegstüchtig unterschreiben.

Harald Kujat, ehemaliger Oberbefehlshaber der NATO und Generalinspekteur der Bundeswehr: “Diesen Glauben an Wunderwaffen kenne wir ja aus unserer eigenen Geschichte zu Genüge. Diese Wunderwaffe gibt es nicht. … Sie haben Verhandlungen gehabt Ende März in Istanbul – mit einem hervorragenden Ergebnis für die Ukrainer. Alle toten Ukrainer und auch alle toten Russen , die seit dem 9. April gestorben oder verwundet oder verletzt wurden, sind darauf zurückzuführen, dass die Ukrainer daran gehindert wurden, diesen Friedenvertrag zu unterschreiben”



“»TAURUS« (Abkürzung für »Target Adaptive Unitary and Dispenser Robotic Ubiquity System«) ist ein Marschflugkörper deutscher Produktion mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Er wird von Flugzeugen abgefeuert, ist schwer zu bekämpfen und kann als »Bunkerknacker« auch tief vergrabene und gehärtete Ziele zerstörenii. Bundeskanzler Scholz wird nachgesagt, er lehne (bislang) die Lieferung von TAURUS nach Kiew ab, weil Moskau so in die Reichweite einer deutschen Mittelstreckenrakete gelangt und Deutschland zur Kriegspartei macht. »Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein«, führte Scholz am 26. Februar auf einer Pressekonferenz aus. Die Sorge, Kriegspartei gegen Russland zu werden, ist berechtigt. Doch diese Debatte verschleiert einen weitaus gefährlicheren Aspekt:

Wenn eine TAURUS auf russische Ziele anfliegt, kann die russische Abwehr nicht wissen, wie diese TAURUS konkret bewaffnet ist. Die russische Verteidigung müsste davon ausgehen, dass der TAURUS-Marschflugkörper einen nuklearen Sprengkopf trägt. Ein nuklearer Gegenschlag könnte die Folge sein, jedes Leben in Europa ein Ende finden.

Die NATO hat in Osteuropa ein Raketenabwehrsystem aufgebaut und bekundet offiziell, ihre Marschflugkörper nicht nuklear zu bewaffnen. Landgestütze Mehrzweck-Abschussrampen der NATO in Rumänien und in Polen sind als Raketenabwehrsystem deklariert. Russland betrachtet diesen Abwehrschirm dennoch als Teil der Nuklear-Strategie der USA, weil die Marschflugkörper in kürzester Zeit auch mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. …”[6]zitierte nach Beitrag der VVN-BdA Aachen: https://aachen.vvn-bda.de/taurus-atomwaffenfaehig-atomkriegsgefahr-erhoeht/

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Die Morgenpost meldet, wie die Gesellschaft kriegstüchtig gemacht werden soll, “Das Bewusstsein sollten wir schon in den Kitas und Schulen wecken” – so André Berghegger, Chef des Städte- und Gemeindebundes, der Milliarden für den Bevölkerungsschutz ausgegeben will. Anstatt Kriege zu verhindern, will er Bunker bauen lassen.

Frage: “Russlands Überfall auf die Ukraine hat eine Zeitenwende eingeleitet – auch für die deutschen Kommunen. Wie gut wären sie vorbereitet, sollte auch Deutschland in einen Krieg verwickelt werden? André Berghegger, neuer Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, fordert Milliarden-Investitionen in den Bevölkerungsschutz. Der Nachfolger von Gerd Landsberg nimmt auch Schulen und Kitas in die Pflicht.

André Berghegger: “Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht ganz allgemein um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren. Die Stärkung unserer Widerstandsfähigkeit ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen.

… Im Kalten Krieg hatte Deutschland mehr als 2000 öffentliche Schutzräume. Davon sind nur noch 600 vorhanden, die Schutz für rund 500.000 Personen bieten. Es ist dringend notwendig, stillgelegte Bunker wieder in Betrieb zu nehmen. Und wir müssen neue, moderne Schutzräume bauen. In Ballungszentren kann man sicher auch Tiefgaragen und U-Bahn-Schächte nutzen.

… Was Bevorratung angeht, hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe viele gute Hinweise für Privathaushalte gegeben. Das wird manchmal belächelt, aber Wasser, Lebensmittel, Medikamente oder Kerzen sollte jeder zu Hause haben. Wir sollten die Menschen dafür sensibilisieren, dass sie im Katastrophen- oder Verteidigungsfall möglicherweise einige Tage aus eigener Kraft überstehen müssen. Das Bewusstsein dafür sollten wir schon in Kitas und Schulen wecken. Dort lassen sich auch Zivilschutzübungen abhalten.”[7]Morgenpost v. 9.3.24, abgerufen am 17.03.2024: https://www.morgenpost.de/politik/article241845924/Gemeindebund-Stillgelegte-Bunker-wieder-in-Betrieb-nehmen.html

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References

References
1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1046/umfrage/inflationsrate-veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahr/, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr
2 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/02/PD24_051_611.html, abgerufen 2.3.2024 um 17:07 Uhr
3 https://www.tagesschau.de/inland/lindner-moratorium-100.html, abgerufen am 2.3.2024 um 16:51 Uhr

Rudolf Hess warb 1936 für sein Rüstungsprogramm mit demselben Motto: „Wir werden zu Not auch einmal ohne Butter fertig werden, niemals aber ohne Kanonen.“((https://www.imi-online.de/2024/02/27/kanonen-statt-butter/, abgerufen am 2.2.2024 um 16:58 Uhr)

Diese Herren reden immer von “Wir”, meinen aber nie sich selbst.

RT hat in einem podcast ein Gespräch hoher deutscher Offiziere über den Einsatz von TAURUS veröffentlicht: https://podtail.com/de/podcast/rt-deutsch-podcast Bundeskanzler Scholz begründet bisher seine Ablehnung des Einsatzes von TAURUS damit, dass er vermeiden will, dass Deutschland Kriegspartei wird. Man kann darüber streiten, ob Deutschland nicht schon jetzt Kriegspartei ist. Aber diejenigen, die diesen Einsatz von TAURUS immer heftiger fordern, scheint das nicht zu kümmern. Und Scholz hat nicht das erste Mal rote Linien gezogen und sie dann gerissen. Wir erinnern uns an sein Versprechen, keine schweren Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Die Offiziere sagen in dem abgehörten Gespräch: Dieser Einsatz von TAURUS “wird nicht kriegsentscheidend sein”. Sie sprechen über einen möglichen Einsatz gegen die Krim-Brücke. Jedenfalls heizt ein Einsatz von TAURUS-Flugkörpern den Krieg an; wer glaubt, alle Konsequenzen im Blick zu haben, kann sich täuschen. Inzwischen bestätigte das Verteidigungsministerium dieses Gespräch((https://www.ndr.de/nachrichten/info/Super-GAU-fuer-die-Bundeswehr-Taurus-Abhoerfall-sorgt-fuer-Wirbel,audio1584782.html , abgerufen am 2.3.2024 um 16:04 Uhr

4 Berliner Zeitung v. 4. März 2024, S. 13, “Deutschland kaviert”
5 siehe https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/kriegspropaganda-fuer-kinder-beim-zdf-wirbel-um-videoclip-zu-taurus-lieferung-an-die-ukraine-li.2192668 ,abgerufen am 2.2.2024 um 16:30Uhr
6 zitierte nach Beitrag der VVN-BdA Aachen: https://aachen.vvn-bda.de/taurus-atomwaffenfaehig-atomkriegsgefahr-erhoeht/
7 Morgenpost v. 9.3.24, abgerufen am 17.03.2024: https://www.morgenpost.de/politik/article241845924/Gemeindebund-Stillgelegte-Bunker-wieder-in-Betrieb-nehmen.html

Politischer Streik am 1. März in Leipzig? Das Arbeitsgericht hat entschieden

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) beantragten den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den geplanten Streik von ver.di in Leipzig. Der Warnstreik soll vom 1. März 3 Uhr bis 3. März 6 Uhr früh dauern. Das Gericht sollte diesen Streik untersagen.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe argumentieren, tatsächlich richte sich der Streik nicht gegen die Verkehrsbetriebe, sondern gegen die Verkehrspolitik. Das respektable Ziel einer Klima – und Verkehrswende sei ein politisches Ziel. Adressat sei die Politik[1]siehe Erklärung der LVB, abgerufen am 29.2. um 15:07 Uhr: https://www.l.de/verkehrsbetriebe/nachrichten/ansicht/lvb-reichen-einstweilige-verfuegung-beim-arbeitsgericht-ein-8046/ .

Die 14. Kammer des Arbeitsgerichts Leipzig verhandelte am Donnerstag, 29. Februar 2024, um 15:30 Uhr[2]Leipziger Volkszeitung 29.02.2024, um 12:56, abgerufen am 29.2. um 15:07 Uhr: … Continue reading und entschied wenige Stunden später: Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde nicht stattgegeben.

Die LVB beklagten schon in ihrer Presseerklärung, die bestehenden Tarifforderungen würden zu einer wirtschaftlichen Mehrbelastung der Leipziger Verkehrsbetriebe in Höhe von ca. 12 Mio. EUR im Jahr führen. Als Tarifforderungen richten sich diese Forderungen erkennbar nicht an die Politik als Adressaten, sondern an die Verkehrsbetriebe. Auch der Warnstreik beschränkt sich auf diese Tarifforderungen.

Ver.di bleibt es unbenommen, zugleich mit der Klimabewegung „Fridays for future“ die Kampagne „Wir fahren zusammen“ voranzutreiben und zur selben Zeit, an dem sie zum Warnstreik aufrufen, sich an dem Klimaaktionstag zu beteiligen. Die LVB beachten nicht, dass die Tarifforderungen das eine ist, und der gleichzeitig stattfindende Klimaaktionstag zusammen mit „Fridays for future“ am 1. März das andere ist. Die politischen Forderungen am Klimaaktionstag sind keine Tarifforderungen[3]vgl. B. Hopmann “Politik und Streik”, Vortrag zum Hochschulaktiostag am 20. November 2023.

Entsprechend verteidigte verdi ihr Handeln in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht: Der Streikaufruf sei am Mittwoch nur von der Gewerkschaft und nicht auch von Klimagruppen unterzeichnet worden. In diesem sei es auch ausschließlich um Forderungen im Tarifkonflikt gegangen. „Wir können aber natürlich niemandem im Streik vorschreiben, was er in der Freizeit tut. Die Klimademo mit Fridays for Future ist nur ein Angebot – keine Pflicht für die Streikenden“, so Gewerkschaftsanwalt Ronny Jochim[4]Leipziger Volkszeitung 29.02.2024, 18:22 Uhr: https://www.lvz.de/lokales/leipzig/lvb-streik-in-leipzig-kann-stattfinden-leipziger-richterin-entscheidet-VJTRMESUMJGJ7NBFLSBD2PCBOA.html, abgerufen um … Continue reading

Warum können wir in Deutschland nicht wie in Frankreich streiken? Es wird höchste Zeit, dass das Verbot des politischen Streiks beendet wird. Dann haben sich solche Rechtsstreitigkeiten, ob ein Streik politisch ist oder nicht, erledigt. Es wird Zeit, dass Demokratie nicht länger auf die Abstimmung an der Wahlurne und den Feierabend beschränkt wird. Demokratie darf vor den Betriebseingängen nicht aufhören.    

Berlin 29. Februar 2024


Richter vertagen Entscheidung über Verfahren von Julian Assange in der letzten Berufungsverhandlung am 20. und 21. Februar 2024 vor dem britischen High Court

Erstbericht 19.12.2023 Benedikt Hopmann

Ergänzung 22.02.2024 , Ingo Müller

Eine Anhörung vor einem Gericht in London endete ohne Entscheidung – die Richter wollen zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ob dem WikiLeaks-Gründer ein volles Berufungsverfahren zusteht. Eine Entscheidung soll es nach Angaben der Nachrichtenagentur AP frühestens im März geben.[1] Quelle:



Dezember 19, 2023

Der britische High Court hat bestätigt, dass am 20. und 21. Februar 2024 eine öffentliche Anhörung stattfinden wird. Die zweitägige Anhörung könnte die letzte Chance für Julian Assange sein, seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten zu verhindern. Im Falle einer Auslieferung droht Assange eine Strafe von 175 Jahren wegen der Aufdeckung von Kriegsverbrechen, die von den Vereinigten Staaten im Afghanistan- und Irakkrieg begangen wurden.

Unmittelbar nach Bekanntgabe des Gerichtstermins riefen die Kampagnenguppen zu einer Massenkundgebung am Tag der Anhörung um 8:30 Uhr vor dem Gericht auf. Sie laden alle, die die Pressefreiheit unterstützen, ein, sich ihnen in London und weltweit anzuschließen.

Assange ist im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert, seit er aufgrund eines Auslieferungsersuchens der USA am 11. April 2019 festgenommen wurde. Dies wird sein fünftes Weihnachten in Belmarsh sein.

Die bevorstehende öffentliche Anhörung wird vor einem Gremium von zwei Richtern stattfinden, die eine frühere Entscheidung des High Court überprüfen werden, die ein Einzelrichter am 6. Juni 2023 getroffen hatte und mit der Herrn Assange die Genehmigung zur Berufung verweigert wurde.

Diese entscheidende Phase im Berufungsverfahren von Herrn Assange wird über eines von zwei Ergebnissen entscheiden: ob Herr Assange weitere Möglichkeiten haben wird, seinen Fall vor den inländischen (britischen) Gerichten zu vertreten, oder ob er alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat, ohne die Möglichkeit, im Vereinigten Königreich weitere Rechtsmittel einzulegen, und somit in das Auslieferungsverfahren eintreten wird. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bleibt eine Möglichkeit.

Assanges Kampagne für seine Freiheit wird von Amnesty International, der National Union of Journalists, Reporter ohne Grenzen und praktisch allen Bürgerrechts-, Pressefreiheits- und Journalistengewerkschaften der Welt unterstützt. Mehr als 70 australische Bundespolitiker haben die USA aufgefordert, die Strafverfolgung einzustellen. In den Vereinigten Staaten wächst die Zahl der Kongressabgeordneten, die die Einstellung des Verfahrens fordern, stetig; derzeit sammelt die von Paul Gosar unterstützte H. Res 934 Unterschriften aus allen politischen Lagern.

John Rees von der Free Assange-Kampagne sagte: “Die USA versuchen, Julian Assange auf der Grundlage des Spionagegesetzes von 1917 zu verurteilen. Wenn sie damit durchkommen, werden sie es geschafft haben, Journalismus als Spionage neu zu definieren. Jeder Journalist wird eingeschüchtert sein. Jede Zeitung und jeder Sender wird sich regierungskritisches Material ansehen und erheblichen Druck verspüren, es nicht zu veröffentlichen, aus Angst vor Strafverfolgung und Inhaftierung. Dies ist der wichtigste Fall von Pressefreiheit im 21. Jahrhundert, und wir müssen sicherstellen, dass wir keine hart erkämpften Freiheiten verlieren.”

Stella Assange, Julians Frau, die er während seiner Haft geheiratet hat und die sich unermüdlich für seine Freiheit einsetzt, sagte: “Die letzten viereinhalb Jahre haben Julian und seine Familie, einschließlich unserer beiden kleinen Söhne, schwer belastet. Sein psychischer und physischer Zustand hat sich erheblich verschlechtert. Angesichts der unzähligen Beweise, die seit der ursprünglichen Anhörung im Jahr 2019 ans Licht gekommen sind, wie etwa die Verletzung des Anwaltsgeheimnisses und Berichte, dass hochrangige US-Beamte an der Ausarbeitung von Attentatsplänen gegen meinen Mann beteiligt waren, lässt sich nicht leugnen, dass ein fairer Prozess, geschweige denn Julians Sicherheit auf amerikanischem Boden, im Falle seiner Auslieferung unmöglich ist. Die Verfolgung dieses unschuldigen Journalisten und Verlegers muss ein Ende haben.”

Auch WikiLeaks hat seinen Gründer während des gesamten Prozesses unterstützt und betont, wie wichtig dieser Fall für die Pressefreiheit ist. Kristinn Hrafnsson, Chefredakteur von WikiLeaks, sagte: “Es gibt keine Presse ohne den Schutz, frei zu arbeiten. Der Fall von Julian ist ein Meilenstein; das Vereinigte Königreich muss entscheiden, ob es ein Hort der Pressefreiheit sein will oder ob es sich am Abbau eines Grundwertes unserer Demokratie mitschuldig machen will. Dies ist die letzte Chance für die Richter im Vereinigten Königreich, diese ungerechte Auslieferung eines Unschuldigen zu stoppen.”

Hier im Original in Englisch lesen

Dieser Beitrag wird auch auf der Seite Solidarität und Befreiung unter Julian Assange: Jornalismus ist kein Verbrechen veröffentlicht.

Weitere Informationen über die Gerichtsanhörung und den anschließenden Protest, der um 8.30 Uhr beginnen soll, sowie darüber, wie man daran teilnehmen kann, finden Sie unter https://freeassange.org/
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Sevim Dagdelen bei der Assange-Anhörung in London

Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (BSW) sprach am 20. Februar auf der Kundgebung vor dem Obersten Gericht in London, um den Journalisten Julien Assange bei seiner Anhörung zu unterstützen.

Übersetzung des Transkript durch Deepl. Übersetzung:

Danke liebe Freunde, es ist schön zu sehen
0:02
euch alle
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hier vor über 12 Jahren hatte ich die Ehre
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als erster Parlamentarier zu besuchen
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Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft
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vor über 12 Jahren und vor über 12 Jahren
0:19
Julian wurde seiner Freiheit beraubt
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und heute steht er vor dem Ende dieser Freiheit
0:27
politischen Schauprozesses im Vereinigten Königreich
0:31
und ich denke, es ist eine Schande für die Justiz
0:34
System im Vereinigten Königreich, wie sie
0:37
sich gegenüber den Regeln der offenen Justiz verhält
0:41
bei der Beschränkung der rechtlichen Beobachter
0:44
politischen Beobachter und die Presse
0:46
Beobachter in dieser Sekte, die heute
0:49
a
0:53
Schande und es ist auch eine Schande und war
0:57
immer alle westlichen Länder
1:00
die uns einen Vortrag halten und die
1:03
den globalen Süden über internationales Recht
1:09
über Menschenrechte und Werte, die
1:14
Werte, die die westlichen Länder haben, haben wir
1:17
dies in den letzten 12 Jahren in ihren
1:21
Verhalten und der politischen Bestrafung
1:25
und die Verfolgung eines Journalisten, der
1:28
uns über die Heuchelei von
1:32
des Westens, die uns den schmutzigen Krieg zeigt
1:35
Verbrechen des Westens in Afghanistan und
1:38
Irak, und deshalb sind wir hier, weil
1:41
unseres Rechts auf Information, was die
1:44
sie in unserem Namen tun, weil ihr Krieg
1:47
Verbrechen sind nicht in unserem Namen und das ist
1:51
warum wir hier protestieren und ich bin
1:53
wir haben es in der Vergangenheit getan, wir
1:57
tun es heute und wir werden es auch in Zukunft tun
2:00
Zukunft tun, solange Julian im Gefängnis ist
2:04
haben wir keine Freiheit und keine freie Presse
2:08
Julians Freiheit ist unsere Freiheit die
2:10
Kampf für Freiheit der Kampf für Julian
2:13
Die Freiheit des Esels ist der Kampf für die Freiheit
2:16
selbst nicht der Journalist, der ist
2:19
Verbrechen Kriegsverbrechen veröffentlicht
2:24
gehört auf die Anklagebank es ist derjenige, der
2:27
der die Kriegsverbrechen anordnet, wie George Bush
2:30
und all die anderen und Tony Blair sie
2:33
sind Teil des Prozesses sie sind
2:36
gehören zum Gefängnis und deshalb
2:39
sind wir hier und wir werden hier bleiben bis
2:41
Julian frei ist, danke
2:46
Sie

Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)


Assange-Prozess: Update zum Ende der Anhörung, Junge Welt 21.02.2024

Zuletzt aktualisiert am 21. Februar um 18:27 Uhr.

“Das Gericht vertagte sich kurz vor 16:15 Uhr Londoner Zeit. Die Richter verließen für einige Minuten den Gerichtssaal; als sie zurückkehrten, baten sie um die Übersendung noch relevanter Unterlagen bis zum 4. März, darunter die Urteilsbegründung des Kriegsgerichts für Chelsea Manning. Die Richter gaben weder ein Urteil ab, noch erklärten sie, wann sie in der Lage sein würden, eine Entscheidung zu treffen. Damit ist die Anhörung von Assange zu seinem Antrag auf Berufung abgeschlossen. (jW)”

Quelle:


References

References
1 Quelle:

Zusammenfassung des Beschlusses des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag vom 26. Januar 2024

Im Folgenden die Zusammenfassung des Beschlusses des INTERNATIONALEN GERICHTSHOFS in Den Haag, in dem er vorläufige Maßnahmen gegen Israel anordnet. Diese Zusammenfassung wurde auf der website des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag auf Englisch veröffentlicht und ist hier auf Deutsch zu lesen. Zwar folgte der Gerichtshof nicht dem Antrag Südafrikas, dass Israel sofort seine militärischen Operationen im Gaza aussetzen soll, aber die angeordneten Maßnahmen sind nicht nur Anordnungen zur Verteidigung des humanitären Völkerrechts. Der Gerichtshof ordnete vorläufige Maßnahmen auf der Grundlage der Völkermordkonvention an. Es sind also Maßnahmen gegen völkermörderisches Handeln, die der Gerichtshof vorläufig anordnet, bis er in der Hauptsache entschieden hat. Diese endgültige Entscheidung in der Hauptsache, ob Israel Völkermord an den Palästinensern begangen hat, kann sehr lange dauern. Der Gerichtshof konnte die vorläufigen Maßnahmen nur anordnen, weil ihm die Vorwürfe Südafrikas in mehreren Punkten, die benannt werden, plausibel erschienen.

Es sei daran erinnert, das die 2. Vorsitzende der Jüdischen Stimme für eine gerechten Frieden, Iris Hefets, festgenommen wurde, weil sie ein Schild mit der Forderung an Israel in die Höhe hielt, den Völkermord zu beenden.

Wer sich rasch ein Bild machen will, welche Ziele der Gerichtshof in seinem Beschluss verfolgt, sollte “VI. Zu ergreifende Maßnahmen” lesen. Der genaue Wortlaut des Beschusses ist unter “Wortlaut des Beschlusses des Gerichtshofszu finden. In diesem Beschluss ist nicht die Forderungen nach der sofortigen und bedingungslosen Freilassung der Geiseln der Hamas und anderer bewaffneten Gruppen enthalten.


Inhalt

Der Antrag Südafrikas

I. Einleitung

II. Prima-Facie Zuständigkeit

III. Antragsbefugnis Südafrikas

IV. Rechte, deren Schutz beantragt wird, und Zusammenhang zwischen diesen Rechten und benatragten Maßnahmen

V. Gefahr eines nicht wieder gut zu machenden Schadens

VI. Zu ergreifende Maßnahmen

Wortlaut des Beschlusses des Gerichtshofs

Ergänzende oder abweichende Stellungnahmen


Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass Südafrika am 29. Dezember 2023 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eine Klage gegen Israel wegen angeblicher Verstöße gegen die Konvention über den im Gazastreifen gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (im Folgenden die “Völkermordkonvention” oder die “Konvention”). Der Antrag enthielt ein Ersuchen um den Erlass einstweiliger Maßnahmen, mit dem Südafrika den Gerichtshof “in äußerster Dringlichkeit [ersucht], die folgenden folgende vorläufige Maßnahmen in Bezug auf das palästinensische Volk als eine durch die Völkermordkonvention, bis der Gerichtshof über den Fall in der Sache entschieden hat”:

“(1) Der Staat Israel wird seine militärischen Operationen in und gegen Gaza sofort aussetzen.

(2) Der Staat Israel wird sicherstellen, dass alle militärischen oder irregulären bewaffneten Einheiten, die von ihm geleitet, unterstützt oder beeinflusst werden, sowie alle Organisationen und Personen die seiner Kontrolle, Leitung oder seinem Einfluss unterliegen können, keine Schritte unternehmen, die die militärischen Operationen im Sinne von Punkt (1) unterstützen.

(3) Die Republik Südafrika und der Staat Israel werden jeweils in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen aus der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechen des Völkermordes, in Bezug auf das palästinensische Volk, alle in ihrer Macht stehenden Maßnahmen ergreifen, die in ihrer Macht stehen, um Völkermord zu verhindern.

(4) Der Staat Israel wird in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen aus der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, in Bezug auf das palästinensische Volk als einer durch die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermords geschützten Gruppe die Begehung aller Handlungen, die in den Anwendungsbereich von Artikel II der Konvention fallen, unterlassen, insbesondere:

(a) die Tötung von Mitgliedern der Gruppe;

(b) die Verursachung schwerer körperlicher oder seelischer Schäden bei den Mitgliedern der Gruppe;

(c) die vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die darauf gerichtet sind ihre vollständige oder teilweise physische Zerstörung herbeizuführen; und

(d) Auferlegung von Maßnahmen, die darauf abzielen, Geburten innerhalb der Gruppe zu verhindern.

(5) Der Staat Israel wird gemäß Punkt (4) (c) in Bezug auf Palästinenser, alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergreifen, einschließlich der Aufhebung einschlägiger Anordnungen, Beschränkungen und/oder Verbote, um zu verhindern:

(a) die Vertreibung und Zwangsumsiedlung aus ihren Häusern;

(b) den Entzug von:
(i) Zugang zu angemessener Nahrung und Wasser;
(ii) den Zugang zu humanitärer Hilfe, einschließlich des Zugangs zu angemessenem Brennstoff, Unterkünften, Kleidung, Hygiene und sanitären Einrichtungen;
(iii) medizinischer Versorgung und Hilfe; und

(c) die Zerstörung des palästinensischen Lebens in Gaza.

(6) Der Staat Israel stellt in Bezug auf die Palästinenser sicher, dass sein Militär, sowie sowie alle irregulären bewaffneten Einheiten oder Einzelpersonen, die von ihm geleitet, unterstützt oder unterstützt oder anderweitig beeinflusst werden, sowie alle Organisationen und Personen, die ihrer Kontrolle, Leitung oder ihrem Einfluss unterliegen, keine der in den Punkten (4) und (5) beschriebenen Handlungen begehen oder sich an der direkten und öffentlichen Aufforderung zum Völkermord, der Verschwörung zum zur Begehung von Völkermord, dem Versuch der Begehung von Völkermord oder der Komplizenschaft bei Völkermord, und sofern sie sich daran beteiligen, dass Maßnahmen zu ihrer Bestrafung getroffen werden gemäß den Artikeln I, II, III und IV des Übereinkommens über die Verhütung und Bestrafung von Völkermord Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes.

(7) Der Staat Israel ergreift wirksame Maßnahmen, um die Zerstörung von Beweismaterial zu verhindern und Beweise zu verhindern und zu sichern, die sich auf Anschuldigungen von Handlungen beziehen, die in den Anwendungsbereich von Artikel II der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes fallen; zu diesem Zweck wird der Staat Israel nichts unternehmen, was den Zugang von Untersuchungsmissionen, internationalen Mandaten und anderen Gremien zum Gazastreifen verhindert, um bei der Sicherung und Aufbewahrung dieser Beweise zu helfen.
(8) Der Staat Israel wird dem Gerichtshof einen Bericht über alle Maßnahmen vorlegen, die ergriffen wurden, zur Umsetzung dieser Anordnung innerhalb einer Woche nach dem Datum dieser Anordnung und danach in regelmäßigen Abständen, die der Gerichtshof anordnet, bis eine endgültige Entscheidung des Gerichts in der Sache ergeht.
(9) Der Staat Israel hat sich jeglicher Maßnahmen zu enthalten und sicherzustellen, dass keine Maßnahmen ergriffen werden, die die Streitigkeit vor dem Gerichtshof verschlimmern oder ausweiten oder deren Beilegung erschweren könnten.”

Der Gerichtshof erinnert an den unmittelbaren Kontext, in dem er mit der vorliegenden Rechtssache befasst wurde. Am 7. Oktober 2023 verübten die Hamas und andere bewaffnete Gruppen, die im Gazastreifen präsent waren, einen Angriff auf Israel, töteten mehr als 1.200 Menschen, verletzten Tausende und entführten etwa 240 Personen, von denen viele weiterhin als Geiseln gehalten werden. Nach diesem Angriff startete Israel eine groß angelegte Militäroperation im Gaza auf dem Land-, Luft- und Seeweg, die massive Opfer unter der Zivilbevölkerung, zu weitgehende Zerstörung der zivilen Infrastruktur und die Vertreibung der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung in Gaza zur Folge hatte. Der Gerichtshof ist sich des Ausmaßes der menschlichen Tragödie, die sich in der Region abspielt, voll bewusst und ist zutiefst Besorgnis über die anhaltenden Verluste an Menschenleben und das menschliche Leid.

Der anhaltende Konflikt im Gazastreifen wurde im Rahmen mehrerer Organe und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen behandelt. Insbesondere wurden Resolutionen verabschiedet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (siehe Resolution ES-10/21 vom 27. Oktober 2023 und Resolution ES-10/22 vom 12. Dezember 2023) und vom Sicherheitsrat (siehe Resolution 2712 am 15. November 2023 und Resolution 2720 am 22. Dezember 2023), die sich auf viele Aspekte des Konflikts beziehen. Der Umfang des dem Gerichtshof vorgelegten Falles ist jedoch begrenzt, da Südafrika dieses Verfahren gemäß der Völkermordkonvention eingeleitet hat.

Vorbemerkungen (Rn. 15-18)

Der Gerichtshof erinnert daran, dass er nach seiner Rechtsprechung vorläufige Maßnahmen nur dann anordnen kann, wenn die vom Antragsteller angeführten Bestimmungen prima facie[1]dem ersten Anschein nach oder anders gesagt: nach summarischer Prüfung eine Grundlage für seine Zuständigkeit begründen könnten, ohne daß er sich jedoch endgültig davon überzeugen muß, daß er Zuständigkeit für die Begründetheit des Falles hat. Im vorliegenden Fall versucht Südafrika, die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf Artikel 36 Absatz 1 des Statuts des Gerichtshofs und auf Artikel IX der der Völkermordkonvention zu begründen. Der Gerichtshof muss daher zunächst prüfen, ob diese Bestimmungen ihm prima facie[2]dem ersten Anschein nach oder anders gesagt: nach summarischer Prüfung die Zuständigkeit für die Entscheidung in der Sache verleihen, so dass er – sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – einstweilige Maßnahmen anordnen kann.

Der Gerichtshof stellt fest, dass Südafrika und Israel Vertragsparteien der Völkermordkonvention sind und dass keiner von ihnen einen Vorbehalt zu Artikel IX oder einer anderen Bestimmung der Konvention eingelegt hat.

Das Bestehen einer Streitigkeit über die Auslegung, Anwendung oder Erfüllung der Völkermordkonvention (Abs. 19-30)

Der Gerichtshof erinnert daran, dass Artikel IX der Völkermordkonvention die Zuständigkeit des Gerichtshofs das Vorliegen einer Streitigkeit über die Auslegung, Anwendung oder Erfüllung der Konvention voraussetzt.

Da sich Südafrika als Grundlage für die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf die die Kompromissklausel der Völkermordkonvention berufen hat, muss der Gerichtshof auch prüfen, ob es den Anschein hat dass die vom Kläger gerügten Handlungen und Unterlassungen in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Konvention fallen können.

Der Gerichtshof stellt fest, dass Südafrika in verschiedenen multilateralen und bilateralen Gremien öffentliche Erklärungen abgegeben hat, in denen es seine Ansicht zum Ausdruck gebracht hat, dass in Anbetracht der Art, des Umfangs und des Ausmaßes die militärischen Operationen Israels im Gazastreifen eine Verletzung der Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention darstellten. Zum Beispiel erklärte auf der wieder aufgenommenen 10. Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 12. Dezember 2023, bei der Israel vertreten war, der südafrikanische Vertreter bei den Vereinten Nationen, dass “die Ereignisse der letzten sechs Wochen in Gaza gezeigt haben die Ereignisse der letzten sechs Wochen in Gaza gezeigt haben, dass Israel gegen seine Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention verstößt”. Südafrika erinnerte an diese Erklärung in seiner Verbalnote vom 21. Dezember 2023 an die israelische Botschaft in Pretoria.

Der Gerichtshof stellt fest, dass Israel jeden Vorwurf des Völkermordes im Zusammenhang mit dem Konflikt in Gaza in einem vom israelischen Außenministerium am 6. Dezember 2023 veröffentlichten Dokument zurückweist, das anschließend aktualisiert und auf der Website der israelischen Verteidigungskräfte am 15. Dezember 2023 unter dem Titel “Der Krieg gegen die Hamas: Die Antwort auf Ihre drängendsten Fragen” bekannt gemacht wurde, in dem es heißt, dass “[d]er Vorwurf des Völkermordes gegen Israel nicht nur in faktisch und rechtlich unbegründet, sondern auch moralisch verwerflich ist”. In dem Dokument erklärte Israel auch, dass “[d]er Vorwurf des Völkermordes … nicht nur rechtlich und faktisch inkohärent, sondern auch obszön ist” und dass es es “keine gültige Grundlage, weder faktisch noch rechtlich, für den ungeheuerlichen Vorwurf des Völkermords” gebe.

In Anbetracht der obigen Ausführungen ist das Gericht der Auffassung, dass die Parteien offenbar deutlich gegensätzliche Ansichten darüber vertreten, ob bestimmte Handlungen oder Unterlassungen, die Israel in Gaza begangen haben soll, eine Verletzung seiner Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention darstellen. Der Gerichtshof stellt fest, dass die oben genannten Elemente in diesem Stadium ausreichen, um prima facie das Bestehen einer Streitigkeit zwischen den Parteien in Bezug auf die Auslegung, Anwendung oder Erfüllung der Völkermordkonvention festzustellen.

Zur Frage, ob die von der Klägerin beanstandeten Handlungen und Unterlassungen unter die Bestimmungen der Völkermordkonvention fallen, erinnert das Gericht daran, dass Südafrika Israel für die Begehung von Völkermord in Gaza und für das Versäumnis, Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, verantwortlich ist.
Völkermord zu verhindern und zu bestrafen. Südafrika behauptet, dass Israel auch gegen andere Verpflichtungen aus der
Völkermordkonvention verletzt habe, einschließlich derjenigen, die sich auf “Verschwörung zum Völkermord, direkte und öffentliche
Aufstachelung zum Völkermord, versuchter Völkermord und Beihilfe zum Völkermord”.
Nach Ansicht des Gerichtshofs scheinen zumindest einige der von Südafrika behaupteten Handlungen und Unterlassungen, die Israel in Gaza begangen haben soll, unter die Bestimmungen der Konvention zu fallen.

Schlussfolgerung hinsichtlich der prima facie Zuständigkeit (Abs. 31-32)

In Anbetracht der obigen Ausführungen kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass er prima facie zuständig ist gemäß Artikel IX der Völkermordkonvention für die Entscheidung des Falles zuständig ist und dass er folglich dem Antrag Israels Antrag Israels, den Fall von der allgemeinen Liste zu streichen, nicht stattgeben kann.

Der Gerichtshof stellt fest, dass Israel die Klagebefugnis Südafrikas im vorliegenden Verfahren nicht angefochten hat.
Er erinnert daran, dass alle Vertragsstaaten der Völkermordkonvention ein gemeinsames Interesse daran haben die Verhütung, Unterdrückung und Bestrafung von Völkermord sicherzustellen, indem sie sich zur Erfüllung der in der Konvention enthaltenen Verpflichtungen verpflichten. Daraus folgt, dass jeder Vertragsstaat der Völkermordkonvention die Verantwortlichkeit eines anderen Vertragsstaates geltend machen kann, auch durch die Einleitung eines Verfahren vor dem Gerichtshof, um die angebliche Nichterfüllung seiner Verpflichtungen erga omnes partes nach der Konvention festzustellen und diesem Versäumnis ein Ende zu setzen.

Der Gerichtshof kommt prima facie zu dem Schluss, dass Südafrika befugt ist, ihm den Rechtsstreit mit Israel wegen angeblicher Verletzungen der Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention vorzubringen.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass seine Befugnis zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen gemäß Artikel 41 des Statuts die Wahrung der von den Parteien in einer Rechtssache geltend gemachten Rechte bezweckt, bis zur der Gerichtshof in der Hauptsache etnscieden hat. Daraus folgt, dass es dem Gerichtshof darum gehen muss, durch solche Maßnahmen die Rechte zu wahren, die er später einer der Parteien zuerkennen kann. Daher kann der Gerichtshof von dieser Befugnis nur Gebrauch machen, wenn er sich vergewissert hat, dass die von der antragstellenden Partei geltend gemachten Rechte zumindest plausibel sind. Außerdem muss ein Zusammenhang bestehen zwischen den Rechten, deren Schutz und den beantragten einstweiligen Maßnahmen.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass sich nach Artikel I der Konvention alle Vertragsstaaten der Konvention verpflichtet haben, das Verbrechen des Völkermordes zu verhüten und zu bestrafen, d. h. jede der folgenden Handlungen Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten: die Tötung von Mitgliedern der Gruppe (Artikel II, Absatz (a)); die Verursachung eines schweren körperlichen oder geistigen Schadens der Gruppe (Artikel II, Absatz (b)); vorsätzliche Zufügung von Bedingungen für die Gruppe (Artikel II, Absatz (b)); die vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen, die darauf abzielen, die körperliche Zerstörung der Gruppe ganz oder teilweise herbeizuführen (Artikel II, Absatz c)); die Verhängung von Maßnahmen, die darauf abzielen, Geburten innerhalb der Gruppe zu verhindern (Artikel II, Absatz d); die gewaltsame Verbringung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe (Artikel II, Absatz (e)).

Gemäß Artikel III der Völkermordkonvention sind auch folgende Handlungen durch die Konvention verboten:

  • Verschwörung zur Völkermordes (Artikel III, Abs. (b)),
  • die unmittelbare und öffentliche Aufforderung zur Begehung eines Völkermordes (Artikel III, Abs. (c)),
  • der Versuch, Völkermord zu begehen (Artikel III, Abs. (d)) und die Beihilfe zum Völkermord (Artikel III,
    Abs. (e)).

Der Gerichtshof stellt fest, dass die Bestimmungen der Konvention darauf abzielen, die Mitglieder einer einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe vor Völkermord oder anderen strafbaren Handlungen, die in Artikel III aufgezählt sind, zu schützen. Er ist der Auffassung, dass ein Zusammenhang besteht zwischen den Rechten der Mitglieder von Gruppen, die durch die Völkermordkonvention geschützt sind, den Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus dieser Konvention und dem Recht eines jeden Vertragsstaates, die Einhaltung der Konvention durch einen anderen Vertragsstaat zu verlangen. Nach Ansicht des Gerichtshofs scheinen die Palästinenser eine eigenständige “nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe” zu sein, und damit eine geschützte Gruppe im Sinne von Artikel II der Völkermordkonvention.
Der Gerichtshof stellt fest, dass die militärische Operation, die Israel nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 einleitete, zu einer großen Zahl von Toten und Verletzten geführt hat, sowie zur Zerstörung von Häusern, die gewaltsame Vertreibung der großen Mehrheit der Bevölkerung und umfangreiche Schäden an der zivilen Infrastruktur.

Zwar können die Zahlen für den Gazastreifen nicht unabhängig überprüft werden, aber nach jüngsten Informationen wurden 25.700 Palästinenser getötet, über 63.000 verletzt über 360.000 Wohneinheiten zerstört oder teilweise beschädigt worden sind und ca. 1,7 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben. Die Palästinenser im Gaza-Streifen haben keinen Zugang zu Wasser, Lebensmitteln, Brennstoff, Strom und anderen lebenswichtigen Gütern sowie zu Versorgung und medizinischen Gütern.

In diesem Zusammenhang nimmt der Gerichtshof Kenntnis von einer Erklärung des Untergeneralsekretärs der Vereinten Nationen des Untergeneralsekretärs der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator vom 5. Januar 2024, einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation vom 21. Dezember 2023 nach einer Mission nach Nord-Gaza und eine Erklärung des Generalkommissars des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) vom 13. Januar 2024. Der Gerichtshof verweist auch auf die Erklärung des UNRWA-Generalkommissars, dass die Krise in Gaza “durch eine entmenschlichende Sprache verschärft wird”. In diesem Zusammenhang hat der Hof Kenntnis genommen von einer eine Reihe von Erklärungen hoher israelischer Beamter zur Kenntnis genommen. Er weist insbesondere auf folgende Beispiele hin:

Erklärungen des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant vom 9. und 10. Oktober
2023,

des israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog am 12. Oktober 2023 und

von Israel Katz, dem damaligen Minister für Energie und Infrastruktur Israels, am 13. Oktober 2023.

Der Gerichtshof nimmt auch Kenntnis von einer Pressemitteilung vom 16. November 2023, in der 37 Sonderberichterstatter, unabhängige Experten und
Mitglieder der Arbeitsgruppen der Sonderverfahren des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen Alarm schlagen über “erkennbar völkermörderische und entmenschlichende Rhetorik von israelischen Regierungsvertretern”. Besorgnis äußerte am 27. Oktober 2023 auch der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung über “die starke Zunahme von rassistischer Hassreden und Entmenschlichung gegenüber Palästinensern seit dem 7. Oktober”.
Nach Ansicht des Gerichtshofs reichen die oben genannten Tatsachen und Umstände aus, um zu dem Schluss zu kommen, dass zumindest einige der von Südafrika geltend gemachten Rechte, für die es Schutz begehrt, plausibel sind.

Dies gilt für das Recht der Palästinenser im Gazastreifen, geschützt zu werden vor vor Völkermord und damit zusammenhängenden verbotenen Handlungen, die in Artikel III aufgeführt sind, und das Recht Südafrikas, von Israel die Einhaltung seiner Verpflichtungen aus der Konvention zu verlangen. Der Gerichtshof wendet sich dann dem Zusammenhang zwischen den von Südafrika geltend gemachten Rechten und den beantragten einstweiligen Massnahmen zu.

Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass zumindest einige der von Südafrika beantragten einstweiligen Maßnahmen ihrem Wesen nach plausibel auf die Wahrung der Rechte abzielen, die sie auf der Grundlage der Völkermordkonvention geltend macht, nämlich das Recht der Palästinenser in Gaza auf Schutz vor Völkermord und damit zusammenhängenden verbotenen Handlungen, die in Artikel III erwähnt werden, und das Recht Südafrikas, von Israel die Einhaltung seiner Verpflichtungen aus der Konvention zu verlangen. Daher besteht eine Verbindung zwischen den von Südafrika geltend gemachten Rechten, die der Gerichtshof für plausibel hält, und zumindest einigen der beantragten vorläufigen Maßnahmen.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass er nach Artikel 41 seiner Satzung befugt ist, vorläufige Maßnahmen anzuordnen, wenn ein nicht wieder gutzumachender Schaden für Rechte entstehen könnte, die Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind, oder wenn die behauptete Missachtung dieser Rechte nicht wiedergutzumachende Folgen haben kann. Diese Befugnis wird jedoch nur ausgeübt, wenn Dringlichkeit in dem Sinne besteht, dass die tatsächliche und unmittelbare Gefahr besteht, dass den geltend gemachten Rechten ein nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt wird, bevor der Gericht seine endgültige Entscheidung trifft.

In Anbetracht der Grundwerte, die durch die Völkermordkonvention geschützt werden sollen, ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die in diesem Verfahren in Frage stehenden Rechte, nämlich das Recht der palästinensischen Gruppe im Gazastreifen, vor Völkermord und damit zusammenhängenden verbotenen Handlungen geschützt zu werden, und das Recht Südafrikas, von Israel die Einhaltung seiner Verpflichtungen aus der Konvention aufzufordern, von solcher Art sind, dass eine Beeinträchtigung einen nicht wieder gutzumachenden Schaden verursachen können.

Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass die Zivilbevölkerung im Gazastreifen weiterhin extrem verwundbar ist. Er erinnert daran, dass die von Israel seit dem 7. Oktober 2023 durchgeführte Militäroperation Zehntausende von Toten und Verletzten und die Zerstörung von Häusern, Schulen, medizinischen Einrichtungen und anderer lebenswichtiger Infrastrukturen sowie zu massiven Vertreibungen geführt hat. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Operation andauert und dass der israelische Premierminister am 18. Januar 2024 ankündigte, dass der Krieg “noch viele lange Monate dauern wird”. Zurzeit haben viele Palästinenser im Gazastreifen keinen Zugang zu Grundnahrungsmitteln, Trinkwasser, Strom, lebenswichtigen Medikamenten oder Heizung. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass bei 15 Prozent der Frauen, die im Gazastreifen entbinden, mit Komplikationen zu rechnen ist, und weist darauf hin, dass Todesfälle bei Müttern und Neugeborenen aufgrund des fehlenden Zugangs zu medizinischer Versorgung zu erwarten sind. Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die katastrophale humanitäre Lage im Gaza-Streifen ernsthaft Gefahr läuft, sich noch weiter zu verschlechtern, bevor der Gerichtshof sein endgültiges Urteil verkündet.

Der Gerichtshof nimmt die Erklärung Israels zur Kenntnis, dass es bestimmte Schritte unternommen hat, um die Bedingungen, mit denen die Bevölkerung im Gazastreifen konfrontiert ist, zu verbessern und zu lindern.
Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass der Generalstaatsanwalt Israels kürzlich erklärt hat, dass ein Aufruf zur vorsätzlichen Schädigung von Zivilisten eine Straftat darstellen kann, einschließlich des Straftatbestands der Aufwiegelung, darstellen kann, und dass mehrere derartige Fälle von den israelischen Vollzugsbehörden geprüft werden. Nach Ansicht des Gerichtshofs sind solche Schritte zwar zu begrüßen, sie reichen jedoch nicht aus, um die Gefahr eines nicht wieder gutzumachenden Schadens zu beseitigen, bevor das Gericht seine endgültigen Entscheidung in der Rechtssache getroffen hat.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist das Gericht der Ansicht, dass eine reale und unmittelbare Gefahr eines nicht wieder gutzumachenden Schadens für die von Südafrika geltend gemachten plausiblen Rechte besteht.

Der Gerichtshof kommt auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen zu dem Schluss, dass die in der Satzung des Gerichtshofs vorgesehenen Voraussetzungen für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen erfüllt sind. Es ist daher erforderlich, bis zu seiner endgültigen Entscheidung bestimmte Maßnahmen zum Schutz der von Südafrika geltend gemachten Rechte anzuordnen, die der Gerichtshof für plausibel hält. Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof nach Prüfung des Inhalts der von Südafrika beantragten einstweiligen Maßnahmen und den Umstände des Falles festgestellt, dass die beschlossenen Maßnahmen nicht mit den beantragten Maßnahmen identisch sein müssen.

Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass Israel in der oben beschriebenen Situation in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention in Bezug auf die Palästinenser in Gaza alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergreifen muss, um die Begehung aller Handlungen zu verhindern, die in den Anwendungsbereich von Artikel II dieser Konvention fallen, insbesondere:

(a) die Tötung von Mitgliedern der Gruppe;

(b) die Verursachung schwerer körperlicher oder die Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Schäden an Mitgliedern der Gruppe;

(c) die vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen für die Gruppe die darauf abzielen, die Gruppe ganz oder teilweise körperlich zu vernichten, und

(d) die Verhängung von Maßnahmen die darauf abzielen, Geburten innerhalb der Gruppe zu verhindern.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass diese Handlungen in den Anwendungsbereich von Artikel II der Konvention fallen, wenn sie in der Absicht begangen werden, eine Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören. Der Gerichtshof ist ferner der Ansicht, dass Israel mit sofortiger Wirkung sicherstellen muss, dass seine Streitkräfte keine der oben beschriebenen Handlungen begehen.

Der Gerichtshof ist auch der Ansicht, dass Israel alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergreifen muss, um die direkte und öffentliche Aufforderung zum Völkermord an den Mitgliedern der palästinensischen Gruppe im Gazastreifen zu verhindern und zu bestrafen.

Der Gerichtshof ist ferner der Ansicht, dass Israel sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen muss, um die Bereitstellung dringend benötigter grundlegender Dienstleistungen und humanitärer Hilfe für die Palästinenser im Gaza-Streifen zu verbessern.

Israel muss auch wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Zerstörung von Beweismaterial zu verhindern und dessen Erhaltung sicherzustellen. Es geht um Beweise im Zusammenhang mit den Anschuldigungen, die in den Anwendungsbereich von Artikel II und III der Völkermordkonvention fallen und gegen Mitglieder der palästinensischen Gruppe im Gaza-Streifen gerichtet sind.

Schließlich verpflichtet der Gerichtshof in Anbetracht der von ihm beschlossenen spezifischen vorläufigen Maßnahmen Israel, dem Gerichtshof innerhalb eines Monats nach dem Erlass dieses Beschlusses einen Bericht über alle Maßnahmen vorzulegen, die zur Umsetzung dieses Beschlusses getroffen wurden.
Der vorgelegte Bericht wird dann Südafrika übermittelt werden, das die Möglichkeit erhält, dem Gerichtshof seine Bemerkungen dazu abzugeben.

Der Gerichtshof hält es für notwendig zu betonen, dass alle am Konflikt im Gazastreifen beteiligten Parteien an das humanitäre Völkerrecht gebunden sind. Er ist zutiefst besorgt über das Schicksal der Geiseln, die während des Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023 entführt wurden und seither von der Hamas und anderen bewaffneten Gruppen festgehalten werden, und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung.

Der vollständige Wortlaut der operativen Klausel des Beschlusses lautet wie folgt:
“Aus diesen Gründen, ordnet DER GERICHTSHOF die folgenden vorläufigen Maßnahmen an:

(1) Mit fünfzehn gegen zwei Stimmen,
Der Staat Israel wird in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, in Bezug auf die Palästinenser in Gaza alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergreifen, um die Begehung aller Handlungen zu verhindern, die in den die in den Anwendungsbereich von Artikel II dieser Konvention fallen, insbesondere:
(a) die Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
(b) die Verursachung schwerer körperlicher oder seelischer Schäden bei Mitgliedern der Gruppe;
(c) die vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die deren physische Zerstörung der Gruppe ganz oder teilweise herbeizuführen, und
(d) die Verhängung von Maßnahmen, die darauf abzielen, Geburten innerhalb der Gruppe zu verhindern;
FÜR den Antrag: Präsident Donoghue, Vizepräsident Gevorgian, Richter Tomka, Abraham, Bennouna, Yusuf, Xue, Bhandari, Robinson, Salam, Iwasawa, Nolte, Charlesworth, Brant; Ad-hoc-Richter Moseneke;
GEGEN den Antrag: Richterin Sebutinde; Richter ad hoc Barak;

(2) Mit fünfzehn gegen zwei Stimmen,
Der Staat Israel stellt mit sofortiger Wirkung sicher, dass sein Militär keine keine der in Punkt 1 beschriebenen Handlungen begeht;
DAFÜR: Präsident Donoghue; Vizepräsident Gevorgian; Richter Tomka, Abraham, Bennouna, Yusuf, Xue, Bhandari, Robinson, Salam, Iwasawa, Nolte, Charlesworth,
Brant; Ad-hoc-Richter Moseneke;
DAGEGEN: Richterin Sebutinde; Richter ad hoc Barak;

(3) Mit sechzehn Stimmen gegen eine Stimme,
Der Staat Israel ergreift alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen, um die direkte und öffentliche Aufstachelung zum Völkermord an den Mitgliedern der palästinensischen Gruppe im Gaza-Streifen zu verhindern und zu bestrafen;
DAFÜR: Präsident Donoghue, Vizepräsidentin Gevorgian, Richter Tomka, Abraham, Bennouna, Yusuf, Xue, Bhandari, Robinson, Salam, Iwasawa, Nolte, Charlesworth,
Brant; Ad-hoc-Richter Barak, Moseneke;
DAGEGEN: Richterin Sebutinde;

(4) Mit sechzehn gegen eine Stimme,
Der Staat Israel ergreift sofortige und wirksame Maßnahmen zur Bereitstellung dringend benötigter grundlegender Dienstleistungen und humanitärer Hilfe, um die Lebensbedingungen der Palästinenser im Gaza-Streifen zu verbessern;
DAFÜR: Präsident Donoghue, Vizepräsidentin Gevorgian, Richter Tomka, Abraham, Bennouna, Yusuf, Xue, Bhandari, Robinson, Salam, Iwasawa, Nolte, Charlesworth,
Brant; Ad-hoc-Richter Barak, Moseneke;
DAGEGEN die Richterin Sebutinde;

(5) Mit fünfzehn gegen zwei Stimmen,
Der Staat Israel ergreift wirksame Maßnahmen, um die Zerstörung von Beweisen zu verhindern, die sich auf Anschuldigungen beziehen, die in den Anwendungsbereich von Artikel II und III des Übereinkommens über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes an Mitgliedern der palästinensischen Gruppe im Gazastreifen fallen;
DAFÜR: Präsident Donoghue, Vizepräsident Gevorgian, Richter Tomka, Abraham, Bennouna, Yusuf, Xue, Bhandari, Robinson, Salam, Iwasawa, Nolte, Charlesworth,
Brant; Ad-hoc-Richter Moseneke;
DAGEGEN: Richterin Sebutinde; Richter ad hoc Barak;

(6) Mit fünfzehn gegen zwei Stimmen,
Der Staat Israel legt dem Gerichtshof innerhalb eines Monats ab dem Datum dieses Beschlusses einen Bericht über alle Maßnahmen zur Durchführung dieses Beschlusses vor.
DAFÜR: Präsident Donoghue, Vizepräsident Gevorgian, Richter Tomka, Abraham,Bennouna, Yusuf, Xue, Bhandari, Robinson, Salam, Iwasawa, Nolte, Charlesworth,
Brant; Ad-hoc-Richter Moseneke;
DAGEGEN: Richterin Sebutinde; Richter ad hoc Barak
.”
             _______________________________________________
Richterin XUE fügt dem Beschluss des Gerichts eine Erklärung bei; Richter SEBUTINDE fügt dem Beschluss des Gerichtshofes eine abweichende Stellungnahme bei; die Richter BHANDARI und NOLTE fügen dem Beschluss des Gerichtshofes Erklärungen bei. Die Richterin BARAK fügt dem Beschluss des Gerichtshofes eine gesonderte Stellungnahme bei.


Erklärung von Richterin Xue

Richterin Xue stimmt mit ihren Kollegen darin überein, dass Südafrika auf einer prima-facie-Basis berechtigt ist Klage gegen Israel wegen Verletzung seiner Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention zu erheben.
Zur Erläuterung ihres Standpunkts weist sie darauf hin, dass die Palästina-Frage seit der Gründung der Vereinten Nationen auf der auf der Tagesordnung steht und dass das palästinensische Volk einschließlich der Palästinenser im Gaza-Streifen, noch nicht in der Lage ist, ihr Recht auf Selbstbestimmung auszuüben. Sie verweist auf die einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen, in denen es heißt, dass “die Vereinten Nationen eine ständige Verantwortung für die Palästinafrage haben, bis die Frage in all ihren Aspekten auf zufriedenstellende Weise im Einklang mit der internationalen Legitimität gelöst ist”. Nach Ansicht von Richterin Xue erfordert diese Verantwortung, dass die Vereinten Nationen, einschließlich ihres wichtigsten Rechtsorgans sicherstellen, dass das palästinensische Volk durch das Völkerrecht geschützt wird, insbesondere vor dem schwersten Verbrechen  Völkermord.
Angesichts der humanitären Katastrophe in Gaza in den vergangenen einhundertneun Tagen, bringt Richterin Xue ihre tiefe Besorgnis über die humanitäre Lage in Gaza zum Ausdruck. Sie ist der Ansicht, dass infolge der israelischen Militäraktionen die Existenz des palästinensischen Volkes in Gaza auf dem Spiel steht, was die elementarsten Grundsätze der Menschlichkeit und Moral in Frage stellt. Richterin Xue erinnert daran, dass vor über sechzig Jahren, als Äthiopien und Liberia vor dem Gerichtshof ein Verfahren gegen Südafrika wegen Verletzung seiner Verpflichtungen als Mandatsmacht in Südwestafrika einleiteten, der Gerichtshof die Klagebefugnis dieser Kläger mangels Rechtsschutzinteresse abwies. Dies gab Anlass zu starker Empörung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen gegen den Gerichtshof und schadete seinem Ruf erheblich. In der Rechtssache Barcelona Traction erkannte der Gerichtshof an, dass es bestimmte internationale rechtliche Verpflichtungen gegenüber der gesamten internationalen Gemeinschaft bestehen, an deren Schutz aufgrund ihrer Bedeutung alle Staaten ein rechtliches Interesse haben. Sie werden als Verpflichtungen erga omnes angesehen. Der Gerichtshof hat sich in diesem Urteil jedoch nicht mit der Frage der Klagebefugnis befasst. Recht und Praxis sind zwar noch in der Entwicklung begriffen, aber für eine geschützte Gruppe wie das palästinensische Volk hält es Richter Xue am wenigsten umstritten, dass die internationale Gemeinschaft ein gemeinsames Interesse an ihrem Schutz hat. Ihrer Ansicht nach ist dies genau die Art von Fällen, in denen der Gerichtshof die Klagebefugnis eines Vertragsstaates der Völkermordkonvention anerkennen sollte, um die Verantwortung eines anderen Vertragsstaates für die Verletzung seiner Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention geltend zu machen.
In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und aus den im Beschluss des Gerichtshofs enthaltenen Gründen, stimmt Richter Xue zu, dass die in diesem Beschluss genannten vorläufigen Maßnahmen unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt sind.

Abweichende Meinung des Richters Sebutinde

Richter Sebutinde widerspricht respektvoll der Mehrheit in diesem Beschluss und argumentiert, dass der Streit zwischen dem Staat Israel und dem Volk von Palästina im Wesentlichen und historisch gesehen ein politischer Streit ist, der eine diplomatische oder verhandelte Lösung und die Umsetzung aller relevanten Resolutionen des Sicherheitsrates durch alle betroffenen Parteien in gutem Glauben erfordert.
Ihrer Meinung nach ist dies kein ein Rechtsstreit, der vom Gerichtshof entschieden werden kann. Richterin Sebutinde argumentiert auch, dass einige der Voraussetzungen für die Verhängung vorläufiger Maßnahmen nicht erfüllt sind – Südafrika hat nicht einmal prima facie nachgewiesen, dass die Handlungen, die angeblich von Israel begangen wurden und über die sich der Kläger beschwert, mit der notwendigen völkermörderischen Absicht begangen wurden und dass sie folglich in den Anwendungsbereich der Völkermordkonvention fallen können.

Darüber hinaus macht sie geltend, dass die von Südafrika geltend gemachten Rechte nach der Völkermordkonvention nicht plausibel seien.
Richterin Sebutinde ist der Ansicht, dass die vom Gericht in der Verfügung angegebenen vorläufigen Maßnahmen Anordnung nicht gerechtfertigt sind.

Erklärung des Richters Bhandari

In seiner Erklärung stellt Richter Bhandari fest, dass die Angriffe auf Zivilisten in Israel am 7. Oktober 2023 verurteilt werden müssen, stellt aber fest, dass die israelische Militäraktion als Reaktion auf diese Angriffe zu einer humanitären Katastrophe in Gaza geführt hat.
Richter Bhandari erinnert daran, dass die Rechtssache noch nicht vollständig verhandelt wurde und dass dem Gericht kein vollständiges Tatsachenprotokoll vorliegt. Richter Bhandari erklärt, dass der Gerichtshof bei der Abwägung der Plausibilität der von Südafrika geltend gemachten Rechte, die Südafrika geltend macht, die ihm in diesem Stadium vorliegenden Beweise berücksichtigen muss. Es muss berücksichtigen die weitreichenden Zerstörungen in Gaza und die Verluste an Menschenleben, die die Bevölkerung von Gaza bisher ertragen hat. Bei der Feststellung der Plausibilität dieser Rechte im Stadium der vorläufigen Maßnahmen muss der Gerichtshof keine endgültige Entscheidung über das Vorliegen eines Vorsatzes nach Artikel II des Übereinkommens über über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes treffen. Nach Ansicht von Richter Bhandari sind die Militäraktion in Gaza sowie die Verluste an Menschenleben, Verletzungen, Zerstörungen und humanitären Bedürfnisse, die sich daraus ergeben, für sich genommen geeignet, eine Plausibilitätsfeststellung in Bezug hinsichtliche der Rechte nach Artikel II. zu treffen. Der Gerichtshof hat zu Recht vorläufige Maßnahmen angeordnet.
Schließlich stellt Richter Bhandari fest, dass alle Konfliktbeteiligten sicherstellen müssen, dass alle Kämpfe und Feindseligkeiten sofort eingestellt werden und dass die verbleibenden Geiseln, die am 7. Oktober 2023 gefangen genommen wurden bedingungslos freigelassen werden.

Erklärung des Richters Nolte

Richter Nolte legt eine Erklärung vor, in der er die Gründe für sein Einverständnis mit der Entscheidung des Gerichtshofs darlegt, vorläufige Maßnahmen in Bezug auf das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes anzuordnen. Seiner Ansicht nach beruhen die angezeigten Maßnahmen in erster Linie auf der
plausiblen Behauptung Südafrikas, dass bestimmte Äußerungen von israelischen Staatsbeamten, einschließlich Mitgliedern des israelischen Staates, einschließlich Mitgliedern des israelischen Militärs, eine reale und unmittelbare Gefahr einer nicht wiedergutzumachenden Beeinträchtigung der Rechte der Palästinenser gemäß der Völkermordkonvention.

Gesonderte Stellungnahme des Ad-hoc-Richters Barak

  1. In seiner Stellungnahme erklärt Ad-hoc-Richter Barak, dass der Gerichtshof das Hauptargument Südafrikas, das die Aussetzung der militärischen Operationen im Gazastreifen betrifft, zurückgewiesen hat. Stattdessen hat der Gerichtshof Maßnahmen angeordnet, die an die bestehenden Verpflichtungen Israels im Rahmen der Völkermordkonvention erinnern. Seiner Ansicht nach hat der Gerichtshof das Recht Israels bekräftigt, seine Bürger zu verteidigen, und die Bedeutung hervorgehoben, humanitäre Hilfe für die Bevölkerung von Gaza zu leisten. Ad-hoc-Richter Barak erklärt, dass die vorläufigen Maßnahmen von wesentlich geringerer Tragweite sind als die von Südafrika beantragten.
  2. Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof betont, dass “alle Parteien des Konflikts im Gaza Streifen durch das humanitäre Völkerrecht gebunden sind”, was auch die Hamas einschließt. Der Gerichtshof hat auch erklärt dass er “zutiefst besorgt über das Schicksal der Geiseln ist, die während des Angriffs auf Israel am 2. Oktober 2023 entführt wurden und seither von der Hamas und anderen bewaffneten Gruppen festgehalten werden, und fordert ihre sofortige und bedingungslose Freilassung”.
  3. Der Ad-hoc-Richter Barak erinnert daran, dass die Völkermordkonvention einen ganz besonderen Platz im Herzen und in der Geschichte des jüdischen Volkes einnimmt, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Staates Israel. Anhand einer autobiografische Bemerkung erklärt er, dass Völkermord für ihn mehr als nur ein Wort ist; es steht für kalkulierte Zerstörung und menschliches Verhalten in seiner schlimmsten Form. Es ist die schwerstmögliche Anschuldigung und ist tief mit seiner Lebenserfahrung verwoben.
  4. Nach Ansicht des Ad-hoc-Richters Barak ist Israel eine Demokratie mit einem starken Rechtssystem und einer unabhängigen Justizsystem. Seiner Ansicht nach müssen bei Spannungen zwischen nationaler Sicherheit und Menschenrechten die ersteren erreicht werden, ohne den Schutz der letzteren zu gefährden. Er erklärt weiter, dass das Völkerrecht ein integraler Bestandteil des Verhaltens des israelischen Staates und der israelischen Armee ist, und dass die Urteile des israelischen Obersten Gerichtshofs ein Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und zum menschlichen Leben sind.
  5. Im Hinblick auf die prima facie-Zuständigkeit des Gerichts bezweifelt Ad-hoc-Richter Barak, dass Südafrika diesen Streit in gutem Glauben vorgebracht hat. Nachdem Südafrika am 21. Dezember 2023 eine Verbalnote an Israel über die Situation in Gaza geschickt hatte, antwortete Israel mit einem Angebot, Konsultationen bei der frühestmöglichen Gelegenheit aufzunehmen. Anstatt dieses Angebot anzunehmen, das zu fruchtbaren diplomatischen Gesprächen hätte führen können, beschloss Südafrika, ein Verfahren gegen Israel vor diesem Gerichtshof einzuleiten. Er bedauert, dass Israels Versuch, einen Dialog zu eröffnen, mit der Einreichung einer Klage beantwortet wurde.
  6. Nach Ansicht des Ad-hoc-Richters Barak weist der vorliegende Fall eine zusätzliche Schwierigkeit auf, weil der andere Kriegsteilnehmer des bewaffneten Konflikts, die Hamas, keine Partei in diesem Verfahren ist. Dies hindert den Gerichtshof zwar nicht daran, seine Zuständigkeit auszuüben, ist aber ein wesentlicher Gesichtspunkt, der bei der Bestimmung der geeigneten Maßnahmen oder Rechtsbehelfe in dieser Rechtssache zu berücksichtigen ist.
  7. Der Ad-hoc-Richter Barak ist der Ansicht, dass das Gericht den unmittelbaren Kontext, in dem die vorliegende Rechtssache angesiedelt ist, nicht vollständig dargelegt hat. Er erinnert daran, dass am 7. Oktober 2023 über 3.000 Hamas-Terroristen auf dem Land-, Luft- und Seeweg in israelisches Gebiet eindrangen. Er erinnert ferner daran, dass über 1.200 unschuldige Zivilisten, darunter Kleinkinder und ältere Menschen, ermordet wurden.
    Richter Barak erklärt auch, dass die Hamas ihren Militärapparat innerhalb und unterhalb der der zivilen Infrastruktur unterbringt, um sie zu immunisieren, und damit ihre eigene Bevölkerung absichtlich in Gefahr bringt. Außerdem verweist er auf das Schicksal der Geiseln, eine seit über 100 Tagen andauernde Qual.
  8. Nach Ansicht des Ad-hoc-Richters Barak ist der geeignete rechtliche Rahmen für die Analyse der Situation in Gaza das humanitäre Völkerrecht und nicht die Völkermordkonvention.
  9. In Bezug auf die Völkermordkonvention erklärt Ad-hoc-Richter Barak, dass das zentrale Element des Verbrechens des Völkermordes das Element des Vorsatzes ist, nämlich die Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören. Seiner Ansicht nach ist dieser Vorsatz nicht gegeben. Nicht einmal unter dem Plausibilitätsstandard, der für die Anordnung vorläufiger Maßnahmen erforderlich ist. Aus diesem Grund, ist der Ad-hoc-Richter Barak mit dem Ansatz des Gerichtshofs bezüglich der Plausibilität von Rechten nicht einverstanden,
    Er vergleicht den vorliegenden Fall mit der Anwendung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechen des Völkermordes (Gambia gegen Myanmar). Seiner Ansicht nach sind die von Südafrika vorgelegten Beweise Afrika vorgelegten Beweise nicht mit denen vergleichbar, die dem Gericht im Fall Gambia zur Verfügung standen. Er erinnert daran, dass Israel mehrere Maßnahmen ergriffen habe, um die Auswirkungen der Feindseligkeiten auf die Zivilbevölkerung zu minimieren. Seiner Ansicht nach ist es überraschend, dass der Gerichtshof die Erklärungen Israels zur Kenntnis genommen hat, in denen es die Schritte erläutert, die es unternommen hat, um die Bedingungen für die Bevölkerung im Gazastreifen zu verbessern, dann aber bei der Prüfung der
    Schlussfolgerungen aus diesen Erklärungen zu ziehen, wenn es um die Prüfung des Vorliegens von Vorsatz geht. Es ist sogar noch überraschender, dass das Gericht keine dieser Maßnahmen und Erklärungen als ausreichend ansah, um das Vorliegen eines plausiblen Vorsatzes auszuschließen.
  10. Ad-hoc-Richter Barak erinnert auch daran, dass der Gerichtshof keine Feststellungen in Bezug auf Ansprüche Südafrikas nach der Völkermordkonvention getroffen hat. Die Schlussfolgerungen des Gwrichtshofs in dieser vorläufigen Phase präjudizieren in keiner Weise die Ansprüche Südafrikas, die seiner Ansicht nach
    gänzlich unbewiesen bleiben.
  11. In Bezug auf die vom Gerichtshof genannten spezifischen Maßnahmen erklärt Ad-hoc-Richter Barak, dass er gegen die erste und die zweite vorläufige Maßnahme gestimmt hat, weil er von den Argumenten Südafrikas zur Plausibilität nicht überzeugt war. Dennoch weist er darauf hin, dass die erste und
    zweiten Maßnahmen lediglich die Verpflichtungen wiederholen, die Israel bereits unter Artikel I und II der Völkermordkonventiontreffen.
  12. Was die dritte Maßnahme betrifft, die sich auf öffentliche Aufwiegelung bezieht, so hat er dafür gestimmt in der Hoffnung, dass die Maßnahme dazu beitragen wird, Spannungen abzubauen und schädliche Rhetorik zu verhindern. Er nimmt die besorgniserregenden Äußerungen einiger Behörden zur Kenntnis.
    Für die vierte Maßnahme hat er aus tiefer humanitärer Überzeugung gestimmt und in der Hoffnung, dass dadurch die Folgen des bewaffneten Konflikts für die Schwächsten gemildert werden.
    Seiner Meinung nach erinnert der Gerichtshof Israel mit dieser Maßnahme an die Verpflichtungen, die sich aus dem humanitären Völkerrecht ergeben, die bereits in der DNA des israelischen Militärs vorhanden sind.
  13. Nach Ansicht des Ad-hoc-Richters Barak ist es bedauerlich, dass der Gerichtshof Südafrika nicht anweisen konnte, Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte der Geiseln zu schützen und ihre Freilassung durch die Hamas zu erleichtern.
    Seiner Ansicht nach beruhen diese Maßnahmen auf dem humanitären Völkerrecht, ebenso wie die Maßnahmen, die humanitäre Hilfe zu leisten. Außerdem ist das Schicksal der Geiseln ein integraler Bestandteil der militärischen Operation in Gaza. Durch die Ergreifung von Maßnahmen, die die Freilassung der Geiseln erleichtern, könnte Südafrika eine positive Rolle bei der Beendigung des Konflikts spielen.
  14. In Bezug auf die fünfte vorläufige Maßnahme erklärt er schließlich, dass er dagegen gestimmt hat, weil Südafrika nicht nachgewiesen hat, dass Israel Beweise zerstört oder unterschlagen hat.

References

References
1, 2 dem ersten Anschein nach oder anders gesagt: nach summarischer Prüfung

Oxfam: “Klima der Ungleicheit”

“Trotz des Pariser Klimaabkommens steuert die Welt ungebremst auf eine katastrophale Entwicklung der Klimakrise zu. Regelmäßig lesen wir in den Nachrichten wie die Klimakrise Menschenleben kostet und Lebensgrundlagen, Häuser, Infrastruktur, Kultur und Traditionen zerstört. Diese Nachrichten kommen vor allem aus den Ländern des Globalen Südens. Zunehmend macht sich die Klimakrise aber auch in den wirtschaftlich privilegierten Ländern bemerkbar.

Dennoch verbrennen wir nach wie vor gewaltige Mengen an Erdöl, Erdgas und Kohle, betreiben industrielle Landwirtschaft und holzen oder brennen Wälder ab. Das alles verursacht große Mengen an Treibhausgasen, die die Atmosphäre aufheizen. Schon heute liegt deswegen die globale Durchschnittstemperatur um etwa 1,1°C höher als noch zu Beginn der Industrialisierung. Und das ist nur der Anfang: Obwohl im Pariser Abkommen vereinbart ist, die globale Erwärmung langfristig auf maximal 1,5°C zu begrenzen, bewegen wir uns derzeit auf plus 2,7°C bis Ende des Jahrhunderts zu. Denn fast kein Land ist bereit, fair und angemessen zum globalen Klimaschutz beizutragen – auch Deutschland nicht. Konzerne investieren weiter in die Förderung fossiler Ressourcen, und der Ausbau der erneuerbaren Energien geht viel zu langsam voran. Dabei sind die 1,5°C des Pariser Abkommens nicht zufällig gewählt. Sie stellen die Grenze dar zu einem Szenario, bei dem die klimatischen Veränderungen nach derzeitigem Wissensstand zunehmend außer Kontrolle geraten. Ohne eine rasche Verringerung der Treibhausgasemissionen dürfte diese Grenze schon bald nicht mehr zu halten sein.

Die Klimakrise und extreme soziale Ungleichheit sind keine voneinander getrennten Krisen, sondern eng miteinander verwoben. Extreme Ungleichheit und die Klimakrise verschärfen sich gegenseitig und müssen deswegen auch gemeinsam angegangen werden. Dabei gilt es nicht nur, die Länder und Konzerne für ihre aktuellen und historischen
Emissionen in die Verantwortung zu nehmen, sondern insbesondere auch die Reichen und Superreichen, die durch extremen Konsum, klimaschädliche Investitionsentscheidungen und politische Einflussnahme stark zur Klimakrise beitragen.”

Weiterlesen hier

Mobilitätswende

Herzstück der Industrie im Krisengriff. Zehntausende Jobs in Gefahr. Die Krise ist geprägt von konjunkturellen Einbrüchen und globaler Konkurrenz.

Schwer wiegt vor allem die Debatte um Klimaveränderungen. Die Elektrifizierung des Individualverkehrs verläuft nur langsam. Die Umstellung vom Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr kommt noch weniger voran.

Die Beschäftigten sollen die Zeche zahlen.

Beiträge zur Transformation der Autoindustrie.

Inhaltsverzeichnis:

2021 – 2023: Zum Beispiel Daimler Marienfelde

2020 – 2022: tesla (Grünheide) und die Tarifbindung

2021: “Elektro-SUVs lösen keine Probleme”

28.12.2020: Stephan Krull “Zukunft ohne Auto?”

2018: ELAB 2.0 – Studie: Wirkung der Autoelektrifizierung auf die Arbeitsplätze in der Autoindustrie


Zum Beispiel: Die Daimler AG und das Werk in Berlin-Marienfelde
November 2020. Das Werk in Marienfelde ist das älteste produzierende Werk der Daimler AG. Es ist belegt, dass die Beschäftigten dieses Werkes zu den Metallerinnen und Metaller gehörten, die im Jahr 1918 das Ende des ersten Weltkrieges und der Monarchie und damit die erste deutsche Republik erzwangen. Auch während der Zeit des Faschismus leisteten Beschäftigte des Werkes in Marienfelde Widerstand.

Dieses Werk ist auch das kleinste Werk der Daimler AG. Dort arbeiten rund 2.500 Beschäftigte, davon ca. 50 % Arbeiterinnen und Arbeiter und 50 % Angestellte.

In Berlin-Marienfelde werden Getriebeteile, Kraftstoffsysteme, Nockenwellen, Pumpen und Dieselmotoren gefertigt. Der Betrieb hängt zu 90 % von der Autofertigung mit Verbrennungsmotor ab. Da Daimler bis 2039 diese Fertigung ganz einstellen will, fallen alle diese Arbeitsplätze weg. Weil es bisher keinen Plan gibt, ob und in welchem Umfang in Marienfelde Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden, ist der ganze Betrieb gefährdet. In jedem Fall besteht die akute Gefahr, eines gewaltigen Stellenabbaus. Weiterlesen hier:

30. März 2021. Daimler gab bekannt, dass Werk Berlin-Marienfelde zu einer digitalen Entwicklungsstätte umzubauen. Weitere Angaben der IG Metall hier:

25. Dezember 2023: Im Herbst 2021 gab Daimler bekannt, dass in Marienfelde die Elektromotoren für die Autos AMG, einer Tochter von Daimler, gefertigt werden sollen. Dazu sind allerdings keine aktuellen Angaben im Netz zu finden.


Tesla (Grünheide) und die Tarifbindung

Mitte des Jahres 2020. In Grünheide in Brandenburg hat Tesla mit der Errichtung einer Gigafactory begonnen. Es sollen Anlagen für ein Presswerk, eine Gießerei, Karosseriefertigung, Sitzfertigung, Endmontage und die notwendige Standortlogistik aufgebaut werden. Obwohl Tesla auch Batterien herstellen will, wurde bisher eine Batteriefertigung nicht genehmigt[1]. Es sollen dort 7.000 Menschen arbeiten. Schon 2021 soll begonnen werden.

Doch das Beispiel Tesla in Grünheide zeigt, dass bei solchen Neu-Ansiedlungen Forderungen über die   Bedingungen, unter denen zukünftig gearbeitet werden soll, zurückgestellt werden.

23. März 2022 Die erste Autofabrik mit viel Prominenz aber ohne Tarifbindung wird eröffnet. weiterlesen hier


“Elektro-SUVs lösen keine Probleme”

20. April 2021 Ein bedeutendes Interview in der Zeitung Freitag 12/2021 zum Thema Transformation mit Carsten Bätzold, Vorsitzender des Betriebsrates des zweitgrößten VW-Werks in Deutschland. Hier weiterlesen:


2018: ELAB 2.0 – Studie: Die Wirkung der Auto-Elektrifizierung auf die Arbeitsplätze der Automobilindustrie

Die Studie ELAB 2.0 untersucht die Wirkung der Auto-Elektrifizierung auf die Automobilindustrie

Die Fraunhofer Gesellschaft veröffentlichte am 15. November 2018 eine Studie mit dem Titel ELAB 2.0[1], die auf einer Studie ELAB aus dem Jahr 2012 aufbaut und die Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigten der Automobilindustrie in Deutschland untersucht.

weiterlesen hier:


Zukunft ohne Auto?

28.12.2020: Herzstück der Industrie im Krisengriff. Zehntausende Jobs in Gefahr. Statt Mobilitätswende Prämien für Elektrofahrzeuge. Die Krise ist geprägt von konjunkturellen Einbrüchen, globaler Konkurrenz und neuem Protektionismus. Schwer wiegt vor allem die Debatte um Klimaveränderungen. Den folgenden Beitrag schrieb Stefan Krull für die Junge Welt. Wir danken dem Autor, den Beitrag hier veröffentlichen zu dürfen.

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Corbon majors report

10. Juli 2017: Eine neue historische Studie des CDP, das von institutionellen Anlegern zur Nr. 1 im Bereich Klimawandelforschung gewählt wurde, zeigt heute in Zusammenarbeit mit dem Climate Accountability Institute, dass 71 % aller globalen Treibhausgasemissionen seit 1988 auf nur 100 Produzenten fossiler Brennstoffe zurückzuführen sind. Diese Gruppe ist die Quelle von 635 Milliarden Tonnen Treibhausgasen, die seit 1988, dem Jahr, in dem der vom Menschen verursachte Klimawandel offiziell anerkannt wurde, ausgestoßen wurden. Die Daten zeigen auch, dass 32 % dieser Altlasten von Unternehmen stammen, die sich im Besitz öffentlicher Investoren befinden, was die Macht der Investoren beim Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft unterstreicht. Der Carbon-Majors-Bericht wurde auf der Grundlage des bisher umfassendsten Datensatzes über historische unternehmensbezogene Treibhausgasemissionen erstellt.

Der Bericht zeigt auch, dass sich diese Emissionen im globalen Maßstab auf eine kleine Anzahl von Produzenten konzentrieren. Von 1988 bis 2015 waren nur 25 Hersteller fossiler Brennstoffe für 51 % der weltweiten industriellen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zu den Unternehmen mit den höchsten Emissionen im Zeitraum seit 1988 gehören:

Unternehmen im Besitz öffentlicher Investoren wie ExxonMobil, Shell, BP, Chevron, Peabody, Total und BHP Billiton;
Staatliche Unternehmen wie Saudi Aramco, Gazprom, National Iranian Oil, Coal India, Pemex, CNPC und chinesische Kohleunternehmen, von denen die Shenhua Group und die China National Coal Group wichtige Akteure sind.

Blickt man weiter zurück, so zeigt der Bericht, dass sich der Beitrag fossiler Brennstoffe zum Klimawandel seit 1988 verdoppelt hat. Alle Unternehmen, die fossile Brennstoffe einsetzen und herstellen, haben in den letzten 28 Jahren weltweit mehr Emissionen freigesetzt als in den 237 Jahren davor: 833 GtCO2e in den 28 Jahren von 1988 bis 2015, verglichen mit 820 GtCO2e in den 237 Jahren zwischen 1988 und dem Beginn der industriellen Revolution, gemessen ab 1751. Unter Einbeziehung aller historischen Datenjahre2 erfasst die Datenbank fast eine Billion Tonnen (923 Milliarden) Treibhausgase von den 1003 Produzenten, was 52 % aller jemals von der Industrie emittierten Treibhausgase entspricht.
Wenn sich der Trend bei der Förderung fossiler Brennstoffe in den nächsten 28 Jahren so fortsetzt wie in den letzten 28 Jahren, würden die globalen Durchschnittstemperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um 4ºC ansteigen4 – was wahrscheinlich ein erhebliches Artensterben und ein großes Risiko der Nahrungsmittelknappheit weltweit mit sich bringen würde5.

Pedro Faria, Technischer Direktor beim CDP, sagt:

“Dieser bahnbrechende Bericht zeigt auf, wie eine relativ kleine Gruppe von nur 100 Herstellern fossiler Brennstoffe den Schlüssel zu einem systemischen Wandel bei den Kohlenstoffemissionen darstellen kann. Wir sehen kritische Veränderungen in der Politik, bei Innovationen und beim Finanzkapital, die den Wendepunkt für einen kohlenstoffarmen Übergang in greifbare Nähe rücken lassen, und diese historischen Daten zeigen, wie wichtig die Rolle der Carbon Majors und der Investoren, die sie besitzen, sein wird.”

“Der Bericht zeigt insbesondere, dass Investoren in Unternehmen, die fossile Brennstoffe herstellen, ein großes Erbe von fast einem Drittel aller industriellen THG-Emissionen besitzen und Einfluss auf ein Fünftel der heutigen industriellen THG-Emissionen der Welt haben. Daraus ergibt sich eine große Verantwortung für diese Investoren, sich mit den großen Kohlenstoffunternehmen auseinanderzusetzen und sie zu drängen, Klimarisiken im Einklang mit den Empfehlungen der FSB Task Force for Climate-related Financial Disclosure (TCFD) offenzulegen und ehrgeizige Emissionsreduktionsziele im Rahmen der Science Based Targets-Initiative festzulegen, um sicherzustellen, dass sie mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang stehen.

Die neue CDP-Datenbank enthält auch Prognosen bis zum Jahr 2100, um die Rolle der Unternehmen bei der Bewältigung des Klimawandels zu veranschaulichen. Dies folgt auf einen kürzlich erschienenen CDP-Bericht6 über den Öl- und Gassektor, aus dem hervorgeht, dass die Branche beginnt, auf erneuerbare Energien umzustellen. Darin wird festgestellt, dass die großen europäischen Unternehmen ihre US-Konkurrenten bei der Umstellung auf Klimagovernance und strategische Investitionen in kohlenstoffarme Technologien übertreffen. Im Mai dieses Jahres forderten die Aktionäre von ExxonMobil das Unternehmen auf, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen.

Richard Heede vom The Climate Accountability Institute fügt hinzu:

“Von der Kohlenstoffabscheidung über saubere Energie und Methanreduzierung bis hin zu betrieblicher Effizienz müssen die großen fossilen Brennstoffkonzerne ihre Führungsrolle unter Beweis stellen, indem sie in dem erforderlichen Umfang und Tempo zum kohlenstoffarmen Übergang beitragen. Die Unternehmen, die fossile Brennstoffe fördern, müssen ihre Zukunft im Kontext einer radikalen Umgestaltung des globalen Energiesystems planen. Das sind sie den Millionen von Kunden schuldig, die bereits die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen, den Verbrauchern und Investoren und den vielen Millionen Menschen, die Energie für ihr tägliches Leben benötigen, aber nach Alternativen zu ihren Produkten suchen.”

Den vollständigen Bericht in Englisch hier lesen

“Alle Hemmungen fallen gelassen”

18. Dezember 2023: Dieser Beitrag ist eine aktuelle Ergänzung zum Thema “Israelische Besatzung palästinensischer Gebiete:

Es ging durch alle Nachrichten: Drei Israelis, Geiseln der Hamas, wurden durch israelische Soldaten erschossen. Die Umstände dokumentieren eine hemmungslose Brutalität der israelischen Soldaten, die sich nach Angaben des israelischen Armeesprechers “versehentlich” gegen Israelis richtete. Hier ein Bericht des Stern:

“Am Samstag gab die Armee neue Einzelheiten bekannt. Die getöteten Männer seien mehrere Dutzend Meter von den Truppen entfernt aus einem Gebäude gekommen, sagte ein israelischer Militärvertreter. Sie hätten keine Hemden getragen, einer habe einen Stock mit einem weißen Tuch in der Hand gehabt. Ein Soldat habe sich bedroht gefühlt und das Feuer eröffnet.

Zwei der Männer seien sofort getötet worden. Ein dritter Mann sei ins Haus geflüchtet. Ein Kommandeur habe befohlen, das Feuer einzustellen, doch als der dritte Mann wieder ins Freie trat, sei erneut geschossen worden. Dabei sei auch er getötet worden. “Ich möchte sehr deutlich sagen, dass dieses Vorgehen gegen unsere Einsatzregeln war”, sagte der Militärvertreter. Es sei auch ein Hilferuf in hebräischer Sprache zu hören gewesen.”Laut Armeesprecher Hagari wurden die drei Geiseln von Soldaten “versehentlich als Bedrohung identifiziert”[1]https://www.stern.de/politik/ausland/israelische-soldaten-toeten-drei-geiseln–wie-konnte-es-dazu-kommen–34293270.html.

Wieso fühlte sich ein Soldat von drei Männern bedroht, die keine Hemden tragen und von denen einer einen Stock mit einer weißen Fahne in der Hand hat? Wieso wird einer von diesen drei Männern, als er angeschossen in ein Haus flüchtet, sobald er wieder aus dem Haus kommt, erschossen?

Armeesprecher Hagari behauptet, dass “dieses Vorgehen gegen unsere Einsatzregeln war”. Doch wenn es entgegenstehende Einsatzregeln gab, warum geschah es trotzdem? Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant erklärte öffentlich , dass er “alle Hemmungen fallen gelassen” habe,[2]Emanuel Fabian and Jacob Magid, Gallant: Israel moving to full offense, Gaza will never go back to what it once was, Times of Israel, (10 Oct 2023). und dass die israelische Armee “gegen menschliche Tiere kämpft und entsprechend handeln wird[3]“We are fighting human animals” said Israeli Defence Minister Yoav Gallant: https://youtu.be/ZbPdR3E4hCk.

Am 17. Dezember berichtete Al Dschasira von einem israelischen Bulldozer, der einen großen Teil der Einrichtungen des Krankenhauses Kamal Awdan Hospital zerstörte. Al Dschasira zitiert Hani Mahmoud von Al Dschasira aus Rafah im südlichen Gazastreifen: “Die Planierraupe hat die Menschen und ihre Zelte im Innenhof des Krankenhauses zertrümmert, und etwa 20 Menschen wurden unter den Trümmern begraben”.

Die israelische Regierung beruft sich immer wieder auf Gräultaten der Hamas am 7. Oktober 2023. Wir wollen nicht bestreiten, dass es scheckliche Gräultaten an diesem 7. Oktober gab. Doch spricht alles dafür, dass mehrere der behaupteten Gräultaten, die auch von dem amerikanischen Präsidenten Biden verbreitet wurden, freie Erfindungen der ultraorthodoxen Freiwilligenorganisation ZAKA sind. Das kann in einem ausführlichen Artikel nachgelesen werden, den Max Blumenthal, ein ehemaliger Berater von Bill Clinton, vor knapp zwei Wochen vorlegte.

Damit bestätigt sich nur, was schon aus vorangegangenen Kriegen bekannt ist: In einem Krieg stirbt die Wahrheit zuerst. Erinnern wir uns noch an die Lüge, auf der der ganze Krieg der US-Amerikaner gegen den Irak aufgebaut war? Angeblich sollte der Irak Massenvernichtungswaffen besitzen. Später musse der damalige Verteidigungminister Colin Powell zugeben, dass dies eine Lüge war.

Vor allem aber kann der 7. Oktober 2023 nicht isoliert von der Situation im GAZA betrachtet werden. Michael Lüders beschrieb im Jahr 2018 den GAZA so: “Das ist ein Gebiet von der Größe Bremens, und es leben dort fast zwei Millionen Menschen unter sehr schwierigen Verhältnissen. Das Gebiet ist hermetisch abgeriegelt, es gibt keine Möglichkeit, hinein- oder hinauszukommen, ohne dass die israelischen Behörden zusagen. Das gilt auch für den Grenzübergang auf der ägyptischen Seite. Die Ägypter arbeiten eng mit den Israelis zusammen, und beide sind sich einig, man möchte die Palästinenser nicht rauslassen. Und das hat gravierende Folgen zum Beispiel in der Gesundheitsversorgung, die in weiten Teilen zusammengebrochen ist. Die Kriegsfolgen 2014 sind noch immer nicht beseitigt. Es ist ein Freiluftgefängnis, von dem die Vereinten Nationen sagen, dass es im Jahr 2020 – das ist ja nun nicht mehr so weit weg – nicht mehr bewohnbar sein wird aufgrund der Versalzung der dortigen knappen Wasservorräte und des Zusammenbruchs der Versorgung mit Lebensmitteln.”[4]siehe Interview im Deutschlandfunk am 15.05.2018


References

References
1 https://www.stern.de/politik/ausland/israelische-soldaten-toeten-drei-geiseln–wie-konnte-es-dazu-kommen–34293270.html
2 Emanuel Fabian and Jacob Magid, Gallant: Israel moving to full offense, Gaza will never go back to what it once was, Times of Israel, (10 Oct 2023).
3 “We are fighting human animals” said Israeli Defence Minister Yoav Gallant: https://youtu.be/ZbPdR3E4hCk
4 siehe Interview im Deutschlandfunk am 15.05.2018