Im Rahmen des diesjährigen 12. Kurdischen Filmfestivals in Berlin findet u.a. die Premiere des Dokumentarfilms „Eine Brücke nach Rojava“ des kurdischen Filmemachers Ekrem Heydo statt.
Zeit: Sonntag den 16. Oktober 2022 – 14 Uhr
Ort: Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30, 10178 Berlin
Eintritt: 8,00 €
Der Film „Eine Brücke nach Rojava“ des Berliner kurdischen Dokumentarfilmers Ekrem Heydo handelt von der Entstehung und Entwicklung unseres Städtepartnerschaftsvereins und seiner Projekte. Er zeigt auch den Alltag der Menschen in Nord- und Nordostsyrien und die allgegenwärtige Bedrohung durch die türkische Armee und ihre islamistischen Hilfstruppen.
Der Film begleitet Elke und Günter, Mitbegründer:innen des Städtepartnerschaftsvereins, 2018 auf einer Reise in den kurdisch geprägten Norden Syriens, auch Rojava genannt. Um die Unterzeichnung der ersten Städtepartnerschaft Deutschlands mit einer nordostsyrischen Stadt für den multikulturellen Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vorzubereiten, treffen sie die Bürgermeister:innen der Stadt Dêrik, die aus der Doppelspitze des Bürgermeisters Feremez Hammo und der Co-Bürgermeisterin Rojin Ceto besteht. Anhand der Arbeit des Städtepartnerschaftsvereins und der Reise der Berliner Delegation nach Syrien zeichnet der Film ein Bild der Situation in Nordostsyrien und zeigt anschaulich die aktuellen Herausforderungen der Menschen vor Ort.
Mit der filmischen Begleitung der Reise von Elke und Günter entsteht ein lebendiges Bild von einem Land im Umbruch und wir bekommen ein Gespür für die Menschen und das Leben in Rojava.
„Hände weg von Russland“? Das kann doch wohl nicht wahr sein! Hat die Ukraine Russland überfallen oder Russland die Ukraine? Na also: Dann muss es doch wohl heißen: „Hände weg von der Ukraine“
Diese Forderung wird mit völliger Selbstverständlichkeit ausschließlich an Russland gerichtet. Aber wir leben in Deutschland. Was können wir tun? Was kann die Bundesregierung tun?
Es geht darum, den Krieg zu beenden. Und dazu kann die Bundesregierung einen Beitrag leisten: Deutschland muss aufhören, Waffen an die Ukraine zu liefern. Feuer löscht man nicht mit Benzin. Keine Waffenexporte in Krisengebiete! Gerade mit Blick auf die Ukraine sollten wir da keine Ausnahme machen.
Anders alle Leitmedien und alle Fernsehsender: Sie rufen zur Unterstützung der Verteidigung der Ukraine auf.
Und damit rufen sie zur Unterstützung des Krieges gegen die russischen Soldaten auf. Warum?
Weil die Ukraine völkerrechtswidrig überfallen wurde.
Nun die entscheidende Frage: Zahllose Länder wurden in der Vergangenheit überfallen. Wann war das für Deutschland ein Grund, eines dieser Länder zu unterstützen?
War 1999 der völkerrechtswidrige Angriff der NATO auf Jugoslawien ein Grund für Deutschland, Jugoslawien zu unterstützen? Im Gegenteil: Deutsche Piloten bombardierten im Rahmen der NATO Jugoslawien.
Die USA haben in zahllosen Ländern Putsche gegen demokratisch gewählte Regierungen organisiert: InIndonesien, Chile, Nikaragua. Hat jemals Deutschland diese Regierungen gegen die USA unterstützt? Nie!
Allein die Tatsache, dass die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen wurde, kann jedenfalls nicht der Grund sein, dass Deutschland im Fall der Ukraine anders handelte als in zahlreichen Fällen zuvor.
Der Grund muss ein anderer sein. Der US-amerikanische Präsident Biden hat ihn ihn in seiner Rede am 26. März in Warschau sehr deutlich benannt: Der Grund ist der Wille der USA, auf Dauer weltweite Führungsmacht zu bleiben. Dem will sich die Bundesregierung nicht entziehen. Vielmehr glaubt sie, im Windschatten der USA ihre Rolle als als europäische Führungsmacht politisch, wirtschaftlich und militärisch festigen zu können.
Biden zog den Bogen von dem Zerfall des Warschauer Pakts bis zum Krieg gegen das heutige Russland: “Der Kampf um Demokratie konnte mit dem Ende des kalten Kieges nicht zu Ende geführt werden … In den letzten 30 Jahren haben sich die Kräfte der Autokratie ausgebreitet”. Wenn Biden von den „Kräften der Autokratie“ spricht, meint er vor allem China im Bündnis mit Russland. Dieses Bündnis bedroht die Weltmachtstellung der USA: “Wir werden einen Preis dafür zahlen, aber die Düsternis der Autokratie bedroht uns” – so Biden.
Mit Blick auf Putin rief Biden aus: “Dieser Mann darf dort nicht bleiben”. Das russische Volk solle eine “faire Chance” bekommen. Biden definiert damit das Kriegziel: Einen ‚regime change‘ in Russland. Wie verheerend die Ergebnisse solcher militärisch erzwungenen ‘regime changes’ sein können, wissen wir aus der Vergangenheit. Man denke nur an den Irak und Lybien: Zerstörung und Elend.
Das sei die Aufgabe “unserer Generation und der nächsten Jahre.” Unserer Generation? Biden ist achtzig. Da bleibt nicht mehr viel Zeit. Biden beschreibt es als Aufgabe der „nächsten Jahre“.
Auch die nationale Sicherheitsstrategie, die die USA im Herbst 2022 veröffentlichten, verfolgt diese Ziele ganz unmissverständlich: China als Hauptkonkurrenten aus dem Feld zu schlagen und Russland auf Dauer zu schwächen. Die nationale Sicherheitsstrategie gibt sogar einen konkreten Zeitraum an, in dem diese Frage gelöst werden soll: Die nächsten zehn Jahre.
Offensichtlich sind die Kriterien, nach denen Deutschland im Rahmen der NATO und im Schlepptau der USA ein anderes Land unterstützt, ganz andere als die Gründe, die uns erzählt werden.
Der Krieg in der Ukraine ist ein Krieg zwischen Russland auf der einen Seite und den USA, der NATO und Deutschland auf der anderen Seite.
Wenn Biden ankündigt: „“Wir werden einen Preis dafür zahlen …“, dann sollten wir uns dreimal überlegen, ob wir „einen Preis“ zahlen wollen. Wer bestimmt den Preis? Und vor allem: Wofür soll gezahlt werden? Wollen wir einen Preis für die Verteidigung der USA als weltweite Führungmacht zahlen? Wollen wir einen Preis Für die Verteidigung Deutschlands als europäische Führungsmacht zahlen?
Der Ukraine helfen in dem Sinne, wie die Hilfe jetzt von der Bundesregierung verstanden und betrieben wird, heißt: Bei der Zerstörung der Ukraine helfen.
Die Menschen in der Ukraine, Zivilisten und Soldaten, zahlen jetzt schon einen sehr hohen Preis, auch die russischen Soldaten. Auch wir bezahlen schon jetzt für diesen Krieg.
Der Preis, den wir weiter zahlen sollen, kann am Ende der Niedergang und die Zerstörung nicht nur der Ukraine, sondern Europas sein. Wollen wir das?
Wenn Selenksi, angetrieben von den USA, einen Krieg gegen Russland bis zum letzten Ukrainer führen will, müssen wir das nicht unterstützen.
Deutschland war während des 2. Weltkrieg in der Sowjetunion, die auch die Ukraine und Russland umfasste, für die allergrößten Verbrechen verantwortlich. Deutschland brachte 26 Millionen Menschen in der Sowjetunion um. Schon alleine das müsste Grund genug sein, in diesem Konflikt neutral zu bleiben.
„In Deutschland bahnt sich eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe an. Die Preise schießen durch die Decke, aber Löhne und Einkommen halten nicht mit. Die Deindustrialisierung bedroht die Existenzgrundlagen breitester Schichten der Bevölkerung. Es ist völlig klar: Die Zeche für Krieg, wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen und Krisen zahlen wir, die Bevölkerung, die einfachen Leute, die Arbeiterinnen und Arbeiter, Handwerkerinnen und Handwerker, Angestellten, Arbeitslosen, Rentnerinnen und Rentner, wir kleinen Selbstständigen, Kleingewerbetreibenden, Geflüchteten und Armen. Es ist auch keine internationale Solidarität, wenn im Schatten der Kriegspolitik Menschen in Afrika verhungern.
Während die Superreichen und Großkonzerne Profite mit den Krisen machen und sich die Taschen vollstopfen. Während die Regierung Milliarden für Aufrüstung locker macht. Während die Gewinne der Rüstungsindustrie sprudeln, werden wir mit Peanuts abgespeist und sollen mit der Gasumlage auch noch Konzerne und Spekulanten retten.
Die Politik der Ampelkoalition ist Zynismus pur. Das machen wir nicht länger mit. Es ist höchste Zeit, gegen diese Verarmungspolitik auf die Straße zu gehen. Wir wollen eine andere Wirtschaft und eine grundsätzlich andere Politik. Genug ist genug.
Aus diesen Gründen fordern wir:
Weg mit der unsozialen Gasumlage!
Lebensmittelpreise runter, Löhne und Einkommen rauf!
Gesetzliche Deckelung der Gas- und Strompreise!
Krisengewinne besteuern!
Energiewirtschaft in öffentliche Hand!“
Webseite mit den Unterstützer*innen: https://heizung-brot-und-frieden.de/
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich am 27. September 2022 bei der Eröffnung der „Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung“ auch zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und zu Kremlchef Wladimir Putin. „Man sollte seine Worte ernst nehmen“, sagte die CDU-Politikerin unter anderem und bezog sich dabei auf eine ihrer früheren Aussagen zum russischen Staatschef.
Zudem ergänzte sie ihr früheres Statement: „Worte ernst zu nehmen, sie nicht von vornherein damit abzutun, sie seien nur ein Bluff, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, das ist beileibe kein Zeichen von Schwäche oder Beschwichtigung, sondern ein Ausweis politischer Klugheit.“ Damit könnten Handlungsspielräume erhalten, ja sogar erarbeitet werden“.[1]Der Stern vom 28. September 2022, https://www.stern.de/politik/deutschland/angela-merkel-ueber-putin—man-sollte-seine-worte-ernst-nehmen–32766348.html
Am 6. Oktober 2022 auf der 77 Jahr Feier der Süddeutschen Zeitung wiederholte sie[2]Süddeutsche Zeitung, https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sueddeutsche-zeitung-77-jahre-angela-merkel-rede-1.5670285; abgerufen a, 9.10.2022 noch einmal, der 24. Februar sei „eine Zäsur, bei der wir alle gut beraten sind, Worte ernst zu nehmen und sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen und sie nicht von vornherein als Bluff einzustufen“.
Die Altkanzlerin weiter am 27. September 2022: „Würde man Helmut Kohls Politik auf heute übertragen, würde man parallel auch das so Undenkbare, schier Unvorstellbare mitdenken. Nämlich so etwas wie Beziehungen zu und mit Russland.“[3]Kölner Stadtanzeiger vom 30.09.2022; https://www.ksta.de/politik/-fast-pervers–angela-merkel-irritiert-erneut-mit-aussagen-zu-russland-und-putin-39977792:
Und wenige Tage später in Goslar, es müsse „auch in Zukunft an einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur gearbeitet werden. Und das bedeutet: auch unter der Einbeziehung Russlands. Auch wenn das eines sehr langen Atems bedarf“. Dieses Ziel komme uns heute vermutlich genauso realistisch vor wie Konrad Adenauer die Wiedervereinigung, als er 1950 Goslar besucht hatte.[4]Kölner Stadtanzeiger vom 30.09.2022; https://www.ksta.de/politik/-fast-pervers–angela-merkel-irritiert-erneut-mit-aussagen-zu-russland-und-putin-39977792
Die Worte eines Politikers eines sehr großen Landes ernst zu nehmen, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Ebenso selbstverständlich sollte sein, dass die Länder in Europa einen Weg zu einem friedlichen Zusammenleben suchen. Aber zur Zeit ist nichts selbstverständlich.
Der Kölner Stadtanzeiger ist jedenfalls nicht in der Lage, solche selbstverständlichen Äußerungen der ehemaligen Bundeskanzlerin ohne Gegenstellungnahme zu verbreiten. Wer könnte sich dafür besser eignen als der ukrainische Botschafter in der Bundesrepublik Melnyk?
Also meldet der Kölner Stadtanzeiger: „Der ukrainische Botschafter Andryj Melnyk reagierte auf Merkels Aussagen am Donnerstagabend wütend via Twitter und warf Merkel Ignoranz ihrer Politik vor. „Diese grenzwertige Besessenheit der Altkanzlerin mit Terrorstaat-Russland macht fassungslos. Am Tag, wenn Putin 15 Prozent der Ukraine raubt, schwärmt Frau Merkel von ‚Einbeziehung Russlands‘ zur europäischen Sicherheitsarchitektur. Das klingt für die Ukraine fast pervers. Bereits zu Merkels Auftritt am Freitag hatte sich Melnyk kritisch geäußert. „Kaum zu fassen: die Ex-Kanzlerin, die mit ihrem jahrelangen putinfreundlichen Kuschelkurs Moskaus Aggression gegen die Ukrainer möglich machte, philosophiert schamlos darüber, wie so etwas wie Beziehungen von uns mit Russland wieder entwickelt werden können.“[5]https://www.ksta.de/politik/-fast-pervers–angela-merkel-irritiert-erneut-mit-aussagen-zu-russland-und-putin-39977792
Wärend Merkel, der ganz sicher keine Nähe zu Russland nachgesagt werden kann, eine Ahung davon zu haben scheint, dass es besser ist, wenn Deutschland mit Russland in Frieden zusammen lebt, sind die USA mit ihrem Präsidenten Biden an der Spitze voll auf Kriegskurs.
Es sei daran erinnert: Es war im März 2022 in Warschau Joe Biden, der zu einem Kreuzzug gegen Russland aufrief. Die „regelbasierte Ordnung, wie sie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffen wurde,“ sei „direkt bedroht“. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zielten auf das „Herz der Wirtschaft“. Der Rubel werde zu nichts. Die Wirtschaft werde „in den nächsten Jahren einen Niedergang erleben“. Vor der Invasion als 11. Volkswirtschaft gelistet, werde Russland wohl nicht mehr unter den obersten 20. der Weltwirtschaft sein. „Diese internationalen Sanktionen untergraben die Stärke Russlands“.
Wenn die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erklärt, es gehe darum „Russland zu ruinieren“[6]https://www.rnd.de/politik/ukraine-krieg-baerbock-ueber-sanktionen-das-wird-russland-ruinieren-RZDYS2DEPRK5OST7ZGGRZ6UN4I.html; abgerufen am 09.10.2022, so ist sie nichts weiter als die Stimme ihres Herrn, des Präsidenten der USA, Joe Biden.
Mit Blick auf Putin rief Biden in Warschau aus: „Dieser Mann darf dort nicht bleiben“. Das russische Volk solle eine „faire Chance“ bekommen. Das Ziel ist also: „regime change“. Wir haben die Folgen eines militärisch erzwungenen „regime Change“ im Irak und in Lybien gesehen: Zerstörung, Chaos und Elend.
„Wir werden einen Preis dafür zahlen, aber die Düsternis der Autokratie bedroht uns“. Es gehe um eine „Aufgabe unserer Generation und der nächsten Jahre“ – so Biden.
Nach den Geländegewinnen der Ukraine in den letzten Tagen, ist erst recht alles auf Krieg gestimmt.
Diese US-amerikanische Politik führt Europa unter der Fahne von Demokratie und Freiheit in den Abgrund.
Die Ukraine zahlt jetzt schon einen sehr hohen Preis. Auch wir bezahlen schon jetzt dafür.
Kölner Stadtanzeiger vom 30.09.2022; https://www.ksta.de/politik/-fast-pervers–angela-merkel-irritiert-erneut-mit-aussagen-zu-russland-und-putin-39977792
https://www.rnd.de/politik/ukraine-krieg-baerbock-ueber-sanktionen-das-wird-russland-ruinieren-RZDYS2DEPRK5OST7ZGGRZ6UN4I.html; abgerufen am 09.10.2022
Hier berichten wir über das „andere Amerika“ in den USA.
Die Seite wird bewusst eröffnet mit einem Brief vom 21. März 1969 an das Armeekommando und Mitglieder des US-Kongresses.
Er soll zeigen, dass es Menschen gibt, die gegen Kriege sind und ihn öffentlich anprangern. Die den Mut haben Kriegsverbrechen der US-Armee anzuzeigen und in die Öffentlichkeit bringen.
Julian Paul Assange, ist wohl der Bekannteste in unserer Zeit, der Kriegsverbrechen aufzeigte und dafür seit Jahren seiner Freiheit beraubt wird und in U-Haft sitzt.
Julian Paul Assange ist Australier, jedoch gab es während des Vietnam-Krieg ( 1968-1975) auch Amerikaner, amerikanische Soldaten, die den Mut hatten solche Verbrechen der USA anzuzeigen. Ron Ridenhour war einer von zwei ehemaligen Soldaten, die geholfen haben, die schrecklichen Ereignisse bei My Lai im März 1968 dem Kongress und der Armee-Führung zu berichten.
Ebenso berühmt sind Sportler, wie MUHAMMAD ALI, der sich 1967 weigerte in den Vietnamkrieg zu ziehen [1]https://de.alphahistory.com/vietnamwar/muhammad-ali-refuses-to-fight-1967/.
Der Wehrdienstverweigerer John Lacey spricht über seine Entscheidung, die Vereinigten Staaten zu verlassen, anstatt in Vietnam Dienst zu leisten [2]https://de.alphahistory.com/Vietnamkrieg/amerikanischer-Draft-Dodger/.
Im April 1971 sagte John Kerry, ein ehemaliger US Navy Leutnant und Sprecher der Vietnam Veterans Against the War vor dem Senate Foreign Relations Committee aus: „Ich möchte im Namen all dieser Veteranen sprechen und sagen, dass wir vor einigen Monaten in Detroit eine Untersuchung hatten, bei der über 150 ehrenhaft entlassene und viele hochdekorierte Veteranen Kriegsverbrechen in Südostasien bezeugten. Dies waren keine Einzelfälle, sondern Verbrechen, die täglich begangen wurden, wobei die Beamten auf allen Befehlsebenen voll informiert waren“ [3]https://de.alphahistory.com/Vietnamkrieg/John-Kerry-Anti-Kriegszeugnis-1971/
Das sind nur einige Beispiele aus der Zeit des Vietnamkrieges, es folgen weitere Beispiele, die das andere Amerika zeigen.
Brief vom 29. März 1969 an das Armeekommando und Mitglieder des US-Kongresses
Herr Ron Ridenhour 1416 East Thomas Road #104 Phoenix, Arizona März 29th 1969
Herren,
Es war Ende April 1968, als ich zum ersten Mal von „Pinkville“ hörte und was angeblich dort passiert ist. Ich habe diesen ersten Bericht mit einiger Skepsis erhalten. Aber in den folgenden Monaten sollte ich ähnliche Geschichten von einer so großen Vielfalt von Menschen hören, dass es mir unmöglich wurde zu glauben, dass irgendwann im März 1968 in einem Dorf namens „Pinkville“ in der Republik tatsächlich etwas ziemlich Dunkles und Blutiges passiert war von Vietnam.
Die Umstände, die dazu führten, dass ich Zugang zu den Berichten hatte, über die ich berichten werde, müssen erklärt werden… Ende April 1968 wartete ich auf Befehle für einen Transfer von der 11. HHC-Brigade zur 51. Infanterie der Kompanie E, als ich zufällig auf PFC „Butch Gruver, den ich in Hawaii gekannt hatte. Gruver erzählte mir, dass er bis zum 1. April der C Company vom 20. bis 1. April zugeteilt worden war, als er zu der Einheit wechselte, zu der ich geleitet wurde. Während unseres Gesprächs erzählte er mir den ersten von vielen Berichten, die ich von „Pinkville“ hören sollte.
Die Charlie Company 1/20 war Ende Februar 1968 der Task Force Barker zugewiesen worden, um bei der Durchführung von Such- und Zerstörungsoperationen auf der Batangan-Halbinsel, Barkers Einsatzgebiet, zu helfen. Gruver sagte, die Charlie Company habe Verluste erlitten. Hauptsächlich aus Minen und Sprengfallen, fast jeden Tag vom ersten Tag an, als sie auf der Halbinsel ankamen. Ein Dorfgebiet war besonders problematisch und schien von Sprengfallen und feindlichen Soldaten befallen zu sein. Es befand sich ungefähr sechs Meilen nordöstlich von Quang Nhi… Es war ein berüchtigtes Gebiet und die Männer der Task Force Barker hatten einen besonderen Namen dafür: Sie nannten es „Pinkville“.
Eines Morgens Ende März zog die Task Force Barker von ihrer Feuerbasis in Richtung „Pinkville“ aus. Ihre Mission: Zerstören Sie den Krisenherd und alle seine Bewohner. Als „Butch“ mir das erzählte, glaubte ich nicht ganz, dass das, was er mir erzählte, wahr war, aber er versicherte mir, dass es wahr war und beschrieb weiter, was passiert war.
Die beiden anderen Unternehmen, aus denen sich die Task Force zusammensetzte, sperrten das Dorf ab, damit die „Charlie“ -Gesellschaft die Gebäude zerstören und die Einwohner töten konnte. Alle Dorfbewohner, die vor der Charlie Company flüchteten, wurden von den umliegenden Unternehmen aufgehalten. Ich habe mehrmals „Butch“ gefragt, ob alle Menschen getötet wurden. Er sagte, dass er dachte, sie seien Männer, Frauen und Kinder.
Er erinnerte sich, einen kleinen Jungen gesehen zu haben, der ungefähr drei oder vier Jahre alt war und mit einer Schusswunde in einem Arm an der Spur stand. Der Junge umklammerte seinen verletzten Arm mit der anderen Hand, während Blut zwischen seinen Fingern tropfte. Er starrte sich geschockt und ungläubig um, was er sah. „Er stand nur mit großen Augen da und starrte herum, als hätte er es nicht verstanden. er glaubte nicht, was geschah. Dann hat der RTO (Funker) des Kapitäns einen M16-Feuerstoß in ihn gelegt. “ Es war so schlimm, sagte Gruver, dass einer der Männer in seinem Trupp sich in den Fuß schoss, um aus dem Gebiet heraus mediviert zu werden, damit er nicht am Schlachten teilnehmen musste.
Obwohl er es nicht gesehen hatte, wurde Gruver von Leuten erzählt, die er für vertrauenswürdig hielt, dass einer der Offiziere des Unternehmens, 2. Leutnant Kally (diese Schreibweise könnte falsch sein), mehrere Gruppen von Dorfbewohnern zusammengetrieben hatte (jede Gruppe bestand aus mindestens 20 Personen) beiderlei Geschlechts und jeden Alters). Laut der Geschichte schoss Kally dann jede Gruppe mit Maschinengewehren. Gruver schätzte, dass die Bevölkerung des Dorfes 300 bis 400 Menschen betrug und dass nur sehr wenige, wenn überhaupt, entkommen waren.
Nachdem ich diesen Bericht gehört hatte, konnte ich ihn nicht ganz akzeptieren. Irgendwie konnte ich einfach nicht glauben, dass nicht nur so viele junge amerikanische Männer an einem solchen Akt der Barbarei teilgenommen hatten, sondern dass ihre Offiziere es angeordnet hatten. Es gab andere Männer in der Einheit, denen ich bald zugeteilt werden sollte… die zu dem Zeitpunkt in der Charlie Company gewesen waren, als Gruver behauptete, der Vorfall in „Pinkville“ sei aufgetreten. Ich war entschlossen, sie nach „Pinkville“ zu fragen, damit ich ihre Konten mit denen von PFC Gruver vergleichen konnte.
Als ich ankam, waren die ersten Männer, die ich suchte, die PFCs Michael Terry und William Doherty. Beide waren Veteranen der Charlie Company und der Pinkville Company. Anstatt der Geschichte von „Butch“ Gruver zu widersprechen, bestätigten sie sie und fügten einige leckere Informationen hinzu. Terry und Doherty waren im selben Trupp gewesen und ihr Zug war der dritte Zug der C Company, der durchging. das Dorf. Die meisten Menschen, zu denen sie kamen, waren bereits tot. Diejenigen, die nicht waren, wurden gesucht und erschossen. Der Zug ließ nichts am Leben, weder Vieh noch Menschen.
Gegen Mittag hielt die Truppe der beiden Soldaten an, um zu essen.  »Billy und ich fingen an, unser Futter herauszuholen«, sagte Terry,  »aber in unserer Nähe war ein Haufen Vietnamesen auf einem Haufen, und einige von ihnen stöhnten. Kally war vor uns durchgekommen und alle waren erschossen worden, aber viele waren nicht tot. Es war offensichtlich, dass sie keine medizinische Versorgung bekommen würden, also standen Billy und ich auf und gingen zu ihnen hinüber. Ich denke, wir haben sie irgendwie erledigt. “
Terry fuhr fort, dass er und Doherty dann dorthin zurückkehrten, wo ihre Rucksäcke waren, und zu Mittag aßen. Er schätzte die Größe des Dorfes auf 200 bis 300 Menschen. Doherty glaubte, dass in Pinkville 400 Menschen lebten.
Wenn man Terry, Doherty und Gruver glauben konnte, dann hatte die Charlie Company nicht nur den Befehl erhalten, alle Bewohner des Dorfes zu schlachten, sondern auch den Befehl des Kommandanten der Task Force Barker oder möglicherweise sogar noch höher in der Befehlskette . PFC Terry erklärte, als Captain Medina den Befehl zur Zerstörung von „Pinkville“ erteilte, habe er gezögert, als ob es etwas wäre, was er nicht tun wollte, sondern musste. Andere, mit denen ich gesprochen habe, stimmten Terry darin zu.
Es war Juni, bevor ich mit jemandem sprach, der etwas von Bedeutung hatte, um das zu ergänzen, was mir bereits über den Vorfall „Pinkville“ erzählt worden war. Es war Ende Juni 1968, als ich Sargent Larry La Croix begegnete… Was er mir erzählte, bestätigte die Geschichten der anderen, aber er hatte auch etwas Neues hinzuzufügen. Er war Zeuge von Kallys Erschießung von mindestens drei verschiedenen Gruppen von Dorfbewohnern gewesen.
„Es war schrecklich. Sie haben Dorfbewohner wie so viele Schafe geschlachtet. “ Kallys Männer zogen Leute aus Bunkern und Schreien und stellten sie in einer Gruppe zusammen. Die Personen in der Gruppe waren Männer, Frauen und Kinder jeden Alters. Sobald er das Gefühl hatte, dass die Gruppe groß genug war, bestellte Kally eine M-60 und die Menschen wurden getötet. La Croix sagte, dass er mindestens dreimal Zeuge dieses Verfahrens war. Die drei Gruppen waren unterschiedlich groß, eine von ungefähr zwanzig Personen, eine von ungefähr dreißig Personen und eine von ungefähr 40 Personen.
Was genau tatsächlich im März 1968 im Dorf „Pinkville“ passiert ist, weiß ich nicht genau – aber ich bin überzeugt, dass es tatsächlich etwas sehr Schwarzes war. Ich bin nach wie vor unwiderruflich davon überzeugt, dass wir, wenn Sie und ich wirklich an die Grundsätze, die Gerechtigkeit und die Gleichheit jedes Menschen glauben, so bescheiden sie auch sein mögen, vor dem Gesetz, das das Rückgrat bildet, auf dem dieses Land basiert, a umfassende und öffentliche Untersuchung dieser Angelegenheit mit all unseren gemeinsamen Anstrengungen.
Ich denke, dass es Winston Churchill war, der einmal sagte: „Ein Land ohne Gewissen ist ein Land ohne Seele, und ein Land ohne Seele ist ein Land, das nicht überleben kann.“ Ich bin der Meinung, dass ich in dieser Angelegenheit positive Maßnahmen ergreifen muss. Ich hoffe, dass Sie sofort eine Untersuchung einleiten und mich über Ihre Fortschritte auf dem Laufenden halten. Wenn Sie nicht können, weiß ich nicht, wie ich anders vorgehen soll. Ich habe überlegt, dies an Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunkunternehmen zu senden, aber ich bin irgendwie der Meinung, dass die Untersuchung und das Vorgehen des Kongresses der Vereinigten Staaten das geeignete Verfahren sind…
Mit freundlichen Grüßen Ron Ridenhour [4]https://de.alphahistory.com/Vietnamkrieg/Ron-Ridenhour-Brief-Kongress-1969/.
Peace, War & Pestilence / Antikriegsproteste in den USA; 2003
Auf die Straße, auf die Straße! In den Vereinigten Staaten gewinnt die Bewegung gegen den Irakkrieg an Schwung. Wie aber setzt sie sich zusammen? Was war auf der Großdemonstration in Washington los? Und welche Unterschiede gibt es zum Protest gegen den Vietnamkrieg?
„Vietnamkriegsproteste begannen klein unter Friedensaktivisten und linken Intellektuellen auf dem College-Campus, erlangten aber 1965 nationale Bekanntheit, nachdem die Vereinigten Staaten ernsthaft mit der Bombardierung Nordvietnams begannen. Antikriegsmärsche und andere Proteste, wie die von Studenten für eine demokratische Gesellschaft (SDS) organisierten, zogen in den nächsten drei Jahren eine wachsende Unterstützungsbasis an und erreichten Anfang 1968 ihren Höhepunkt, nachdem die erfolgreiche Tet-Offensive nordvietnamesischer Truppen bewiesen hatte, dass das Ende des Krieges nirgendwo in Sicht war.,“
Die unterdrückte Geschichte der GI-Bewegung zur Beendigung des Krieges in Vietnam
„In den 1960er Jahren entstand innerhalb der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika eine gewaltige Widerstandsbewegung der einfachen Soldaten, die den Verlauf des Vietnam-Krieges als stärkste und aktivste Partei massgeblich beeinflusst hatte – effektiver als die Demonstrationen der Bürger und Studentenbewegung. Fast die Hälfte der eingesetzten Truppen meuterte gegen den Krieg. Doch nur wenige wissen heute noch um diese, die damalige Kriegsgeschichte grundlegend verändernden Ereignisse, denn sie wurden erfolgreich aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit durch Verfälschung der Geschichtsschreibung gelöscht.“
„Iraq Veterans Against the War (IVAW) verurteilt die Bombardierung des Luftwaffenstützpunkts Sharyat in Syrien vor sechs Tagen durch die Regierung von Donald Trump aufs Schärfste.“
In diesem Bericht warnten 1945 berühmte Naturwisschenschaftler, wie Nils Bohr oder wie James Frank Atombomben einzusetzen. Jedoch Tage später befahl die damalige Regierung der USA 1945, zwei Atombomben auf Japan abzuwerfen.
„Die Welt zu einer Heimat der Lebenden machen“ Rede General Omar Bradley am 05.11.1958
Bradley während seiner Studienzeit in West Point; Quelle: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=172422
Wir geben hier die Rede des General Omar Bradley, die er am 05.11.1958 in der St. Albans-Schule hielt, die von tiefer menschlicher Einsicht und Verantwortung getragen ist. Seine Rede dokumentiert, das es auch ein anderes Amerika gibt, das nicht sein Heil in der verhängnisvollen Politik der Stärke erblickt, sondern das den friedlichen Ausgleich zwischen den entscheidenden Kräften der Welt sucht.
Jetzt hat Putin die Teilmobilmachung angeordnet. „Das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg“.
Die CDU bereitete schon vorher im Bundestag einen Antrag vor, der die Bundesregierung auffordert, „die Genehmigung für die Ausfuhr von Kampf-, Schützen- und Transportpanzern aus Industriebeständen an die Ukraine umgehend zu erteilen und darüber hinaus schwere Waffen, insbesondere gepanzerte Gefechtsfahrzeuge und mehr weitreichende Artillerie, auch aus den Beständen der Bundeswehran die Ukraine zu liefern“ – so der Wortlaut des Antrags nach Angaben der F.A.S. vom 16. 9. 2022. Der Antrag wurde inzwischen im Bundestag eingebracht und an die Ausschüsse überwiesen.
Gleichzeitig überschlagen sich die Medien, damit Deutschland endlich auch Leopard-2 Panzer an die Ukraine liefert. Der SPIEGEL veröffentlichte schon am 2. September einen Leitartikel unter der Überschrift „Deutschland muss Kiew jetzt helfen, Putin in Cherson zu schlagen.“ Und weiter: „Die Gegenoffensive der Ukraine im Süden könnte den Krieg fundamental verändern. Damit sie Erfolg hat, sollte Olaf Scholz endlich schwere Waffen liefern“. Am 15. September berichtete die Berliner Zeitung: „EU-Kommssionspräsidentin erhöht den Druck“. Auch Frau von der Leyen fordert die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Am 12. September berichtet ntv:„Man ist sich einig: Kiew könnte Russland womöglich besiegen“.
Bundeskanzler Scholz sagte: „Wir haben auch sehr effiziente Waffen geliefert, die gerade jetzt in dem gegenwärtigen Gefecht den Unterschied machen“[1]Die Welt am 12. September 2022, https://www.welt.de/politik/ausland/article240997595/Kampfpanzer-fuer-die-Ukraine-Scholz-schaltet-sich-in-Waffendebatte-ein.html. Es sind also die Waffen, die „den Unterschied machen“. Das heißt: Die erfolgreiche Gegenoffensive der Ukraine beruht ganz entscheidend auf den Waffen der NATO-Länder, der Bundesrepublik, der USA usw.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte der F.A.S.: „Es wäre anmaßend, jetzt sozusagen über die Köpfe der Ukrainer hinweg Waffenstillstandsverhandlungen anzubieten. Deutschland ist nicht Vermittler, sondern wir stehen an der Seite der Ukraine.“[2]F.A.S. am 16.9.2022
Dabei werden die Forderungen von Selenski werden immer radikaler.[3]Zuletzt hat er die Forderungen der Ukraine in seiner Rede vor der UNO zusammengefasst. Darüber berichtete die Welt am 22.9.2022.
Die F.A.S.: „Die Debatte um ein Für und Wider einer schnellen Waffenruhe hatte mit einer Äußerung des russischen Außenministers Sergej Lawrow begonnen. Der sagte nach ersten Meldungen über einen Rückzug der Russen im Norden der Ukraine, Präsident Putin lehne Verhandlungen nicht ab. Zugleich drängte Lawrow zur Eile. Je länger man zögere, desto schwerer werde es, zu verhandeln“.[4]F.A.S. a.a.O.
Die FAS: „Die Reaktionen in Berlin und Kiew waren sehr unterschiedlich. Während führende Köpfe in der SPD in vertraulichen Gesprächen die Hoffnung äußerten, jetzt könnte der Augenblick für Verhandlungen gekommen sein, wies der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dies zurück“. Dann zitiert die F.A.S. Pawlo Klimkin, im Jahr 2014 Außenminister: „Wenn man die verlorenen Gebiete zurück wolle, müsse man „eskalieren“ und „den Einsatz“ erhöhen …“
Die F.A.S. weiter: „Einige Gründe für das Zögern der Bundesregierung sind dieser Tage in einem Interview des Bundeswehr-Generalinspekteurs Eberhard Zorn sichtbar geworden. Zorn, ein Vertrauter des Bundeskanzlers, warnte im Focus davor, dass Russland eine zweite Front eröffnen könnte.“ Doch die F.A.S.: „Zorns Analyse widerspricht allerdings Angaben aus der NATO. Die Ukraine hat nach Angaben aus dem Bündnis etwa 600.000 Männer und Frauen unter Waffen. Dagegen wird die Zahl der russichen Kampftruppen von westlichen Nachrichtendiensten auf nur noch 100.000 Mann geschätzt … Auch Zorns Ausführungen über russische Reserven für eine zweite Front wurden in Sicherheitskreisen mit Erstaunen registriert. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte kürzlich erst, „mehr als 80 Prozent“ der russischen Kräfte seien in der Ukraine gebunden. … Anders als Zorn sehen westliche Verbündete die Chance, das die Ukraine weiteres Terrain zurückerobert“.
Sie setzen auf Sieg. Aber was heißt das?
Wer will ausschließen, dass Russland im Chaos versinken würde – wie der Irak oder Lybien? Was heißt das für Europa?
Putin sagte in seiner Rede, in der er die Teilmobilisierung ankündigte: „Und diejenigen, die uns mit Atomwaffen zu erpressen suchen, müssten wissen, dass sich der Wind auch einmal drehen kann“.[5]JW v. 23.9.22, Seite 3, wo die Rede Putins abgedruckt ist: https://www.jungewelt.de/artikel/435231.dokumentiert-das-ist-kein-bluff.html; abgerufen am 15.10.2022; auch im Stern in Auszügen … Continue reading Und:
„Nicht einmal vor atomarer Erpressung schrecken sie zurück. Ich habe dabei nicht nur die vom Westen gebilligten Angriffe auf das Atomkraftwerk Saporoschje im Auge, die eine atomare Katastrophe auslösen können. Es gibt Äußerungen bestimmter hochgestellter Vertreter von NATO-Staaten über die Möglichkeit und Zulässigkeit, gegen Russland Massenvernichtungswaffen einzusetzen – auch atomare. Denjenigen, die sich an die Adresse Russlands derartige Erklärungen erlauben, will ich hier in Erinnerung rufen, dass auch unser Land über verschiedene schlagkräftige Waffensysteme verfügt und dass sie in einigen Komponenten auch moderner sind als diejenigen, über die die NATO verfügt. Sollte die territoriale Integrität unseres Landes bedroht werden, werden wir nicht zögern, zur Verteidigung Russlands und unseres Volkes alle Mittel einzusetzen, die uns zur Verfügung stehen. Das ist kein Bluff“.(JW a.a.O. und Stern a.a.O.))
Die Reaktion der FAZ darauf am 21.9.: „Der Westen muss die Ukraine weiter unterstützen. Appeasement gegenüber dem Kreml wäre Verrat an den eigenen Werten und Interessen“.
Niemand fragt, wohin das hinführt.
Zusätzlich provoziert Joe Biden China weiter in der Taiwan – Frage. Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu am 19. September 2022: „Mit seinen Äußerungen geht Biden deutlich weiter als seine Vorgänger, die sich in „strategischer Zweideutigkeit“ geübt und diese Frage offengelassen hatten“.
Doch niemand will die Gefahr eines Dritten Weltkrieges sehen.
Ich höre: „Aber die andere Seite ist auch nicht besser.“
Aber die erste Frage sollte sein: Wer ist die führende Militärmacht in der Welt? Dann sollten wir fragen: Was will diese führende Militärmacht? Und die dritte Frage sollte sein: Wollen wir da mit machen?
Man muss nicht viel wissen, um die erste Frage zu beantworten[6]siehe die Informationen der Friedensinitiative Lörrach über die Militärbasen der USA und dazu imVergleich die Russlands Russlands, … Continue reading.
„Durch den Kampf gegen den Terror unter der Losung „Verteidigung unserer Freiheit und unserer Demokratie“ starben mehr als eine Million Menschen – und Länder wie der Irak, Libyen und Afghanistan versanken im Chaos. Nun wird „unsere Freiheit“ in der Ukraine verteidigt. Eine solche Denkweise führt direkt in den Abgrund. Wer so redet, wird sich irgendwann die Frage stellen, warum Deutschland nicht auch Soldaten gen Osten schickt. Dieser Amoklauf muss gestoppt werden. Mit jeder Waffenlieferung werden mehr Menschen getötet und sinkt die Schwelle zu einem Dritten Weltkrieg. Wir müssen raus aus dieser militärischen Eskalationslogik“.
Es ist merkwürdig, dass nicht Hundertausende für den Frieden, gegen Waffenexport und Wirschaftskrieg auf die Straße gehen. Am 1. Oktober ist wieder bundesweit in vielen Städten dazu eine Gelegenheit, in Berlin um 14:00 Uhr am Neptunbrunnen.
…………………………………………………………….
Hinweis: Das Zitat „Das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg“ im ersten Absatz ist entnommen: Die Welt vom 21.09.2022[7]https://www.welt.de/politik/ausland/article241183025/Erklaerung-der-Teilmobilmachung-Lesen-Sie-hier-die-Rede-des-russischen-Praesidenten-Putin.html
Die Welt am 12. September 2022, https://www.welt.de/politik/ausland/article240997595/Kampfpanzer-fuer-die-Ukraine-Scholz-schaltet-sich-in-Waffendebatte-ein.html
JW v. 23.9.22, Seite 3, wo die Rede Putins abgedruckt ist: https://www.jungewelt.de/artikel/435231.dokumentiert-das-ist-kein-bluff.html; abgerufen am 15.10.2022; auch im Stern in Auszügen abgedruckt: https://www.stern.de/politik/ausland/wladimir-putin–die-rede-des-russischen-praesidenten-im-wortlaut-32747454.html; abgerufen am 15.10.2022
siehe die Informationen der Friedensinitiative Lörrach über die Militärbasen der USA und dazu imVergleich die Russlands Russlands, https://www.friedensbruecke-loerrach.de/milit%C3%A4rbasen-usa-weltweit/
Lühr Henken* hielt am Freitag, den 9. September 2022 in der Mediengalerie den folgenden Vortrag auf einer Veranstaltung, zu der die Koordination „1918 unvollendet“, der Arbeitskreis Frieden in der Berliner VVN-BdA und die beiden Bezriksorganisationen der VVN-VdA Tempelhof-Schöneberg und Neukölln eingeladen hatten. Es war die erste Veranstaltung, die auf der Basis des Appells für den Frieden organisiert wurde.Es nahmen 40 Personen teil. Mehr konnten corona-bedingt nicht zugelassen werden.
Fast 200 Tage schon tobt der Krieg in der Ukraine, nachdem Russland für fast alle völlig überraschend am 24. Februar die Ukraine überfallen hat. Für die allermeisten Menschen des sogenannten Westens ist damit die Schuldfrage geklärt: Es ist Putins Krieg. Putin ist Schuld. Der Krieg sei nur zu beenden, so dass gängige Narrativ, das Putin dazu gebracht werden muss, mit dem Krieg aufzuhören. Offensichtlich klappt das nicht. Vielleicht auch: noch nicht? Waffenlieferungen in die Ukraine und anti-russischer Wirtschaftskrieg haben bisher nicht zu einer Umkehr geführt. Jedoch treiben Krieg und Wirtschaftskrieg in vielen Ländern die Inflation an und führen vor allem hierzulande zu einer unsicheren Energie- und Rohstoffversorgung. Im Wirtschaftsteil der FAZ las ich gestern: „Nahezu alle Ökonomen rechnen inzwischen damit, dass Deutschland wie zuvor schon in der Corona-Pandemie in die Rezession rutscht.“[1]FAZ 8.9.22, S- 17, Jetzt geht es an die Substanz Und im selben Artikel: 90 Prozent aller vom BDI befragten 600 mittelständischen Industrieunternehmen sagen, „die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise seien für sie eine existenzielle oder große Herausforderung.“[2]ebenda Nicht nur für die, sondern für die Masse der Bevölkerung, wenn man liest, dass die Gaskonzerne sogar eine Verachtfachung der monatlichen Abschlagszahlungen von den Kunden verlangen. Konkret von 240 auf 1.630 Euro[3]FAZ 8.9.22, S. 15, 1106 Euro statt 154 Euro für Gas. Das vorweg zur Einstimmung.
Die Veranstaltung heute steht unter der Überschrift: Was tun für eine Beendigung des Ukrainekrieges?
Um Vorschläge zu machen, wie ein Konflikt beendet werden kann, müssen zunächst die Bedingungen für die Entstehung des Konflikts beschrieben werden, um die Ursachen des Krieges benennen zu können. Danach erst können Verantwortungen und Schuldzuweisungen vorgenommen werden. Am Ende werden die Erkenntnisse vielleicht Einfluss auf die Lösungsansätze haben.
Erschwert wird das Vorhaben dadurch, dass auch diesmal, wie bei allen Kriegen gilt: Die Wahrheit stirbt zuerst. Und der „Nebel des Krieges“ ist allgegenwärtig. Die Grundfrage ist: Was sind evidente Fakten, was ist Propaganda, was ist heiße Luft? Da wird ein Rest an Unklarheit bleiben.
Zur Vorgeschichte des Ukraine-Krieges
Wichtigstes Prinzip Moskaus ist, die Erhaltung der strategischen Parität mit Washington. Der seidene Faden ist der letzte noch bestehende Vertrag zwischen Russland und den USA. Der New Start-Vertrag von 2011, der 2021 um 5 Jahre, also bis Februar 2026, verlängert wurde. Die Verifikation des Vertrages stockt allerdings zurzeit ebenso wie Verhandlungen zwischen Russland und den USA über das, was nach dem Vertrag kommen soll. Jüngere Entwicklungen, die nicht im New-Start-Vertrag abgedeckt sind, gefährden die strategische Stabilität: das sind neuartige hochpräzise Hyperschallwaffen mit konventionellem Sprengkopf, Raketenabwehrstellungen und Antisatellitenwaffen.
Zur Wahrung der russischen Sicherheit haben Putin und Xi Jingping am 4. Februar einen historischen Freundschaftvertrag abgeschlossen, der als höchst bedeutend zu bewerten ist: Ich zitiere aus dem Vertragstext: „Sie (die vertragsschließenden Seiten, L.H) bestätigen, dass die zwischenstaatlichen Beziehungen Russland–China als neuer Typ die militär-politischen Bündnisse des ‚Kalten Krieges‘ übertreffen. Die Freundschaft zwischen den beiden Staaten hat keine Grenzen, es gibt keine No-Go-Zonen in der Zusammenarbeit. Die Stärkung der bilateralen strategischen Zusammenarbeit richtet sich nicht gegen Drittländer. Sie unterliegt nicht dem Einfluss eines volatilen internationalen Umfelds und situativen Veränderungen in Drittländern.“[4]Zum Gipfeltreffen Russland – China, Februar 2022, 84 Seiten, darin: Gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und der Volksrepublik China zu den internationalen Beziehungen auf dem Weg in … Continue reading China spricht sich darin gegen die Osterweiterung der NATO aus.
Russland sieht sich durch die Erweiterung des NATO-Gebiets bedroht, weil es für die USA und andere NATO-Partner Stationierungsräume erweitert. Die Vorwarnzeiten werden so gering, dass Abwehrmöglichkeiten entfallen und die unbeabsichtigte Eskalationsgefahr steigt. Russland hat bereits im April 2008, als die NATO in Bukarest den Beschluss fasste, der Ukraine und auch Georgien den NATO-Beitritt in Aussicht zu stellen, gefordert, diesen Beschluss zurückzunehmen. Deren NATO-Mitgliedschaft sei für Moskau eine rote Linie. Denn eine Ukraine in der NATO würde das Schwarze Meer für die US-Marine öffnen.
Dezember 2021: Vertragsentwürfe Russlands
Russland hat am 17.12.2021 von den USA und von der NATO Sicherheitsgarantien[5]https://www.ostinstitut.de/files/de/2021 /Ostinstitut_Vertrag_zwischen_der_RF_und_den_USA_%C3%BCber_Sicherheitsgarantien_OL_2_2021.pdf gefordert und ihnen getrennte Vertragsentwürfe vorgelegt. Die wesentlichen Punkte im Entwurf für die NATO sind: Rückzug von NATO-Truppen, die nach 1997 in den neuen Mitgliedsländern dort aufgestellt wurden. Das schließt auch die US-Raketenabwehrstellungen in Rumänien und Polen ein, die leicht mit angriffsfähigen Tomahawk-Marschflugkörpern bestückt werden können. Keine Seite stationiert Kurz- und Mittelstreckenraketen, die das Gebiet der anderen Seite erreichen können. Man beachte, hier sind auch jene mit konventionellen Sprengköpfen gemeint. Die NATO soll auf ihre weitere Osterweiterung verzichten. Die NATO-Staaten führen keine Manöver in Nicht-Mitgliedstaaten durch, also nicht in der Ukraine, im Südkaukasus und Zentralasien. Beidseits der Grenze zwischen Russland und ihren Bündnispartnern der OVKS einerseits und der NATO-Staaten sollen in einer Zone, dessen Breite festzulegen ist, keine Manöver oberhalb einer Brigadestärke durchgeführt werden dürfen. Die Seiten lassen sich in ihren Beziehungen von den Grundsätzen der Zusammenarbeit, der gleichen und unteilbaren Sicherheit leiten. Im Entwurf für die USA kommt das Verbot hinzu, mit schweren Bombern zu fliegen und diese außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets zu stationieren, von wo aus sie das Gebiet der anderen erreichen können. Selbiges soll für die Stationierung von Kriegsschiffen außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets gelten. Im Dialog sollen Mechanismen entwickelt werden, die über der Hohen See Zusammenstöße und Gefährdungen vermeiden. Verboten werden soll die Stationierung von Kernwaffen außerhalb des eigenen Territoriums. Das richtet sich gegen die „Nukleare Teilhabe“ der NATO in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Italien und der Türkei, wo insgesamt etwa 100 Atombomben lagern, die Ziele in Russland ansteuern können.
Die russischen Forderungen sind mit denen der Friedensbewegung im Wesentlichen gleich. Insbesondere, was die „Nukleare Teilhabe“, die Manövertätigkeit und die NATO-Osterweiterung [6]https://www.ostinstitut.de/files/de/2021/Ostinstitut_Vertrag_zwischen_der_RF_und_den_USA_%C3%BCber_Sicherheitsgarantien_OL_2_2021.pdf angeht. Die Friedensbewegung fordert seit Jahren von unserer Regierung Entspannung statt Konfrontation.
USA und NATO gingen auf die wesentlichen Punkte der russischen Forderungen nicht ein. Insbesondere bleibe die Tür für neue Mitglieder offen, gaben sie an.
Gebrochene Versprechen, gebrochene Verträge
Russland ist argwöhnisch gegenüber den USA. Und das zurecht. Es weist auf Vertragsbrüche Washingtons in Kernbereichen der russischen Sicherheit hin.
Nachdem in Umsetzung des KSE-Vertrages von 1992 bis 1996 in Europa 60.000 schwere Waffen – vor allem jene Russlands und Deutschlands – vernichtet wurden, der Warschauer Vertrag sich zwischenzeitlich aufgelöst hatte und die Truppen Russlands Deutschland und die ehemaliger Warschauer Pakt-Staaten in Osteuropa verlassen hatten, begann die Debatte über die NATO-Beitrittsperspektive Polens, Tschechiens, der Slowakei und Ungarns. Russlands Befürchtungen, der Kalte Krieg beginne damit von Neuem, sollten durch die NATO-Russland-Akte 1997 begegnet werden. Der KSE-Vertrag, der Obergrenzen bei schweren Waffen für die beiden Blöcke festgelegt hatte, sollte an die neuen Gegebenheiten angepasst werden, indem nationale Obergrenzen festgelegt würden. Die NATO würde „keine zusätzliche permanente Stationierung substantieller Kampftruppen“ in den neuen Mitgliedsstaaten vornehmen – so heißt es in der Akte. Russland stimmte 1999 diesen ersten NATO-Erweiterungen unter den Bedingungen zu, dass der KSE-Vertrag – wie es in der Grundakte von 1997 festgelegt war – an die neuen Bedingungen angepasst wird. 1999 unterzeichneten die KSE-Teilnehmer in Istanbul das Anpassungsabkommen der KSE (AKSE) und alle OSZE-Mitglieder die Europäische Sicherheitscharta. Darin bekennen sie sich dazu, einen Raum gleicher und unteilbarer Sicherheit zu schaffen. Jeder Staat habe das Recht, sein Bündnis frei zu wählen. Allerdings sollen die Staaten ihre gegenseitigen Sicherheitsinteressen respektieren und ihre Sicherheit nicht zu Lasten anderer Staaten stärken.
Wer nun dachte, eine stabile Zukunft sei gesichert, sah sich getäuscht.
Sehr verdienstvoll finde ich hier die Arbeit von Wolfgang Richter. Er ist Oberst a.D. und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft & Politik (SWP). Man wundert sich, dass in diesem von der Regierung finanziertem Think Tank eine solch kritische Stimme arbeitet. Sein Aufsatz, aus dem ich gleich zitieren werde, stammt vom 11. Februar 22[7]Wolfgang Richter, Ukraine im Nato-Russland-Spannungsfeld, SWP-Aktuell Nr. 11, 11. Februar 2022, 8 Seiten https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/2022A11_ukraine_russland_nato.pdf, also unmittelbar vor der Eskalation an der Kontaktlinie im Donbass. Ich zitiere Richter: „Das KSE-Anpassungsabkommen ist nicht in Kraft getreten, obwohl Russland es 2004 ratifiziert hat. Im Bündnis blockierten die USA die Ratifizierung des AKSE, nachdem George W. Bush sein Amt als US-Präsident angetreten hatte. Er wollte den Abzug verbliebener russischer Stationierungstruppen aus Georgien und der Republik Moldau erreichen, um den NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens vorzubereiten. […] In der NATO bestand […] kein Konsens darüber, ob die Abzugsverpflichtungen auch für russische Peacekeeper in den Konfliktgebieten Abchasien und Transnistrien galten, da sie über Mandate der UN und der OSZE verfügten. Auch als Russland 2002 zunächst alle KSE-relevanten Waffensysteme aus Transnistrien und 2007 alle Stationierungstruppen aus Georgien abgezogen hatte, änderte sich die amerikanische Haltung zum AKSE nicht.“ Das heißt, die USA blockierten, dass es in Europa Obergrenzen für Waffen und Truppen gibt, verletzten damit die NATO-Russland-Grundakte, so dass der Bedingung Russlands, den NATO-Osterweiterungen zuzustimmen, von den USA der Boden entzogen wurde.
Richter hebt zudem hervor: „Die baltischen Staatenunterliegen keinen Rüstungsbeschränkungen und bilden für die NATO Stationierungsräume.“
Richter weiter: „Ferner verhinderten die USA, dass die Zusage, keine zusätzlichen ‚substantiellen Kampftruppen‘ dauerhaft zu stationieren, gemeinsam mit Russland definiert wurde. […] Dies wäre aber schon deshalb wichtig,“, so Richter, „weil Russland gleichlautende Verpflichtungen für die Grenzräume zu den baltischen Staaten, Polen und Finnland eingegangen ist.“
Das bedeutet, dass nicht definiert ist, was östlich und westlich derNATO-Grenze an Militär aufgestellt werden darf. Der Aufrüstung sind keine vertraglichen Grenzen gesetzt. Das wäre mit dem AKSE-Vertrag anders gewesen.
2002 traten die USA aus dem Vertrag über die Begrenzung strategischer Raketenabwehrsysteme aus, dem ABM-Vertrag, um weltweit solche aufstellen zu können. Das ist von grundsätzlicher globalstrategischer Bedeutung. Russland sind insbesondere jene in Polen und Rumänien ein Dorn im Auge, weil sie mit Tomahawk-Marschflugkörpern für Angriffsoptionen umfunktioniert werden können.
Die US-geführten völkerrechtswidrigen Angriffskriege gegen Jugoslawien 1999 und den Irak 2003 waren für Moskau auch Belege für den Bruch von Verträgen von westlicher Seite.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 kritisierte Putin diese Entwicklung als Bruch der Vereinbarungen von 1997 und 1999 und unterstellte den USA, sie betreibe Geopolitik zum Nachteil Russlands. Er suspendierte Ende 2007 den KSE-Vertrag, da dessen Gleichgewichtskonzept der Blöcke ohnehin obsolet geworden war. In dem Zusammenhang macht Richter auf Folgendes aufmerksam: „Als westliche Staaten die im Februar 2008 ausgerufene Unabhängigkeit Kosovos anerkannten, wurden erstmals seit der Charta von Paris Grenzen in Europa nach vorheriger Gewaltanwendung und ohne Zustimmung des Sicherheitsrats verändert.“[8]A.a.O. S. 7 Das verstehe ich als Replik auf das westliche Narrativ, Russland verändere in Europa nach 1945 erstmals gewaltsam Grenzen.
Bedeutsam ist auch im SWP-Aufsatz von Richter der Passus über den Georgien-Krieg: [ich zitiere] „Gleichwohl fühlte sich der georgische Präsident Saakaschwili durch seine strategische Partnerschaft mit den USA ermutigt, am 7. August 2008 ossetische Milizen und russische Peacekeeper in der südossetischen Stadt Zchinwali anzugreifen. Der russische Gegenschlag vertrieb die georgische Armee aus Südossetien und eröffnete eine zweite Front in Abchasien.“[9]A.a.O. S. 7 Richter benennt hier klar Georgien als den Aggressor und Russland als Verteidiger. Das Narrativ hierzulande ist fälschlicherweise andersherum und begründet eine angebliche russische Aggressionsfolge, erst Georgien, dann die Krim, dann die Ostukraine, dann Syrien, nun die Ukraine ganz. Die Gedankenkette fängt schon mal falsch an.
„Der Konflikt wurde heiß, als die Ukraine durch den Putsch 2014 unter westliche Vorherrschaft kam. Die maßgeblichen Kräfte bei dem von den USA und der EU geförderten verfassungswidrigen Sturz des amtierenden Präsidenten, Wiktor Janukowytsch, waren extrem nationalistische, russophobe bis faschistische Kräfte – darunter der NPD-Partner Swoboda – sowohl ideologisch als auch praktisch auf der Straße, in den Sicherheitskräften und den Institutionen. Sie gewannen in der Folge einen dominierenden Einfluss. Der Staatsstreich stieß auf Widerstand in der Bevölkerung, vor allem bei der russischen.
Während die als Reaktion darauf erfolgte Abspaltung der Krim nahezu gewaltfrei verlief, kam es in den anderen überwiegend russischsprachigen Provinzen zu bewaffneten Aufständen. Sie gingen in einen Bürgerkrieg über, der zwischen Kiew und den Volksrepubliken Donezk und Luhansk bis zum russischen Einmarsch andauerte, und mehr als 14.000 Menschenleben forderte.
Obwohl die ukrainische Regierung das völkerrechtlich bindende Abkommen Minsk II unterschrieben hatte, das einen besonderen Autonomiestatus für die abtrünnigen Provinzen innerhalb der Ukraine vorsah, boykottierte sie die Umsetzung – mit westlicher Duldung und Unterstützung. Die ukrainische Armee wurde fortan von den USA und Großbritannien massiv aufgerüstet und nach NATO-Standard ausgebildet.
Für alle Seiten war klar, dass die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine für Russland eine rote Linie bedeutet ‒ und dies unabhängig davon, wer in Moskau regiert. Bedrohlich sind bereits die NATO – Truppen im Baltikum, von wo aus St. Petersburg schon mit Kurzstreckenraketen erreicht werden kann. Mit der Ukraine würde die NATO an eine weitere, 2000 km lange direkte Grenze zu Russland vorrücken. Die Vorwarnzeit für Enthauptungsschläge auf russische Zentren würde durch dort stationierte Mittelstreckenraketen auf wenige Minuten sinken, während der potentielle Angreifer USA aus 10.000 Kilometer Entfernung vom Kriegsgeschehen agieren kann.“[10]Bundesausschuss Friedensratschlag Positionspapier, Juni 2022, 8 Seiten, S. 2 f. https://friedensratschlag.de/2022/06/baf-positionspapier-ukrainekrieg/
Exkurs: „Dark Eagle“
An dieser Stelle füge ich Erläuterungen zu der angesprochenen Enthauptungsschlagwaffe ein. Denn:
Die USA lassen Hyperschallraketen für Armee, Luftwaffe und Marine entwickeln[11]Congressional Research Service, The U.S. Army’s Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), 23.5.2022, 3 Seiten, https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11991. Das Programm hat „höchste Priorität“ [12]International Institute for Strategic Studies, London, 2022, (IISS), The Military Balance 2022, Seite 31, 516 Seiten für das Pentagon. Für Deutschland und Europa steht ein Déja-vù ins Haus. Die Eckdaten der Hyperschallrakete „Dark Eagle“ von Lockheed-Martin, dem einstigen Hersteller der Pershing 2, sind klar: Reichweite mehr als 2.775 km, auf LKW landbeweglich und in Flugzeugen transportierbar, Stationierung ab 2023. Sie sollen nicht-nuklear bewaffnet werden. Hyperschallraketen sind mindestens fünfmal schneller als der Schall. „Dark Eagle“ hat die 12fache Schallgeschwindigkeit. Dass sie in Europa stationiert werden sollen, ist klar[13]NDR Info, Streitkräfte und Strategien, 12.3.2022, Manuskript, 18 Seiten, S. 14 f, https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/sendemanuskriptstreitkraefte160.pdf, wo sie in Europa stationiert werden sollen, ist nicht bekannt. Von wo sie kommandiert werden sollen, jedoch schon. Von Wiesbaden aus, beim Europa-Hauptquartier der US-Armee. Dort ist seit November 2021 eine 500 Mann starke „Multi-Domain-Taskforce“ (MDTF)[14]Congressional Research Service, updated 31.5.2022, Andrew Feickert, The Army’s Multi-Domain Task Force (MDTF) 3 Seiten,, https://sgp.fas.org/crs/natsec/IF11797.pdf eingezogen, dessen 56. Artilleriekommando exakt jenes ist, welches bis 1991 für die Pershing 2 zuständig war. Die dem Kommando untergeordnete 41. Feldartilleriebrigade im bayrischen Grafenwöhr stellt damals wie heute die Raketenkanoniere. Deshalb liegt es nahe, dass die „Dark Eagle“ in Grafenwöhr stationiert werden. Moskau liegt 2.000 km von Grafenwöhr entfernt. Was für Ziele gibt es in über 2.000 Kilometern Entfernung, die unbedingt binnen weniger Minuten zerstört werden müssen? Reicht dafür nicht ein Tomahawk-Marschflugkörper?
Zu dieser Frage erklärte das US-Heer im September 2021, die Raketen „Dark Eagle“ würden „eine einzigartige Kombination von Geschwindigkeit, Manövrierfähigkeit und Flughöhe liefern, um zeitkritische, stark verteidigte und hochwertige Ziele zu besiegen“. [15]Dave Makichuk, Mach 5 Monster: Germany to Get Dark Eagle Missiles, Asia Times, 14.11.2021, https://asiatimes.com/2021/11/death-at-mach-5-germany-to-get-lethal-dark-eagle-missile/
Gehen wir die genannten Parameter kurz durch. Geschwindigkeit: 12 fache Schallgeschwindigkeit zu Unterschall bei Tomahawk. Zur Manöverfähigkeit: Im Unterschied zu ballistischen Raketen, die eine berechenbare Flugparabel beschreiben, ist „Dark Eagle“ lenkbar, so dass ein Abfangen unmöglich ist. Jedenfalls bisher. Das von der Hyperschallrakete gelöste Gleitvehikel schlägt samt konventionellem Sprengstoff mit Hyperschallgeschwindigkeit präzise ein. Volltreffer in ein Haus. Zeitkritisch bedeutet, es zielt nicht auf unbewegliche Ziele wie zum Beispiel militärische Infrastruktur, sondern auf bewegliche Ziele, die ihren Standort ändern. Stark verteidigt meint, durch Raketenabwehr verteidigt, und Hochwertziel meint politische oder militärische Führungspersonen. Wegen des Kriteriums zeitkritisch, kommen Tomahawk nicht in Frage. Sie wären 2 Stunden unterwegs und von russischer Raketenabwehr zerstörbar. Hyperschallraketen sind Überraschungswaffen, also Erstschlagwaffen, die die politische Führung Russlands töten sollen. „Dark Eagle“ ist eine Hightech-Waffe. Ein Schuss kostet mehr als 40 Millionen Dollar.[16]Col. Mark Gunzinger, USAF (Ret.), Lukas Autenreid, Bryan Clark, Cost-Effective Long-Range Strike, 30.6.2021, https://www.airforcemag.com/article/cost-effective-long-range-strike/
Die russische Führung hat diese Bedrohung wahrgenommen. Präsident Putin hat das in einer Rede an die Nation am 21. Februar 2022 sehr prominent erwähnt, als er sich mit den Gefahren auseinandersetzte, die aus einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine erwachsen. Er sprach die Stationierung bodengebundener Angriffswaffen der USA in der Ukraine an, wie sie nach der „Zerstörung“ des INF-Vertrags 2019 durch Trump ermöglicht wird: „Die Flugzeit von Marschflugkörpern ‚Tomahawk‘ nach Moskau beträgt weniger als 35 Minuten, für ballistische Raketen aus dem Raum Charkow – 7 bis 8 Minuten und für die Hyperschall-Schlagmittel – 4 bis 5 Minuten. Das bezeichnet man als ‚das Messer am Hals.‘“16 Putin fürchtet einen Enthauptungsschlag. Für mich ist dies der ausschlaggebende Grund, weshalb Russland vehement gegen die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO ist und diesen fürchterlichen Krieg führt.
Was wird Putin unternehmen, wenn „Dark Eagle“ in Deutschland stationiert werden, nachdem Scholz dazu grünes Licht gegeben hat? Sind Wiesbaden, Grafenwöhr, Stuttgart als EUCOM- und AFRICOM-Zentrale im Visier russischer Atomwaffen oder Hyperschallwaffen oder sind es die Kabelverbindungen zwischen den US-Kommandozentralen? Wir wissen ist nicht. Aber die Fragen sind alarmierend genug.
Eins ist klar: Kommen die „Dark Eagle“ nach Europa, steigen die Spannungen ins Unermessliche. „Dark Eagle“ wirken in höchstem Maße destabilisierend. Die Bundesregierung darf „Dark Eagle“ in Deutschland nicht zulassen, die Multi-Domain-Taskforce muss Deutschland verlassen.
Das war der Exkurs zu Dark Eagle. Nun zurück zum Text des Bundesausschusses Friedensratschlag.
„Am 10. November 2021 unterzeichneten die USA und die Ukraine eine neue, offensiv gegen Russland gerichtete Charta der strategischen Partnerschaft, die u.a. den NATO-Beitritt der Ukraine und die Rückeroberung der Krim als Ziel formuliert. Diese Charta überzeugte Russland davon, so Henri Guaino, führender Berater von Nicolas Sarkozy in dessen Zeit als französischer Präsident, dass es angreifen muss oder angegriffen wird.
Moskau unternahm im Dezember 2021 einen letzten Versuch, die Bedrohungslage durch vertragliche Vereinbarungen zu entspannen.“ Die Inhalte hatte ich schon genannt.
„Diese Forderungen wurden von den USA und der NATO Anfang Februar brüsk und ohne jegliche Diskussion darüber abgelehnt. Die russische Regierung zeigte sich trotzdem verhandlungsbereit, kündigte in ihrer Antwort vom 17. Februar 2022 allerdings unmissverständlich an, sich bei Ausbleiben von Sicherheitsgarantien genötigt zu sehen, auch mit militär-technischen Maßnahmen zu reagieren.“[17]Bundesausschuss Friedensratschlag Positionspapier, Juni 2022, 8 Seiten, S. 3 . https://friedensratschlag.de/2022/06/baf- positionspapier-ukrainekrieg/
Mitte Februar 2022: Eine entscheidende Phase
Nun kommen wir in die entscheidende Phase vor dem Krieg. Wir sind Mitte Februar.
Nichts deutete bis dahin auf einen russischen Angriff hin. Das zeigt sich allein schon an der Tatsache, dass Russland der NATO im konventionellen Bereich unterlegen ist. Russland unterhielt vor dem Krieg westlich des Ural 540.000 Soldaten, die NATO in Europa zwei Millionen. Die NATO hat insgesamt 3,2 Millionen Soldaten stationiert, Russland insgesamt 900.000. Russlands Militärausgaben fielen sogar von 2014 knapp 85 Milliarden auf im letzten Jahr 66 Mrd. Dollar[18]https://milex.sipri.org/sipri, während die der NATO sich von damals 943 auf 1.175 Mrd. Dollar[19]NATO, 31.3.2022, Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2021), 16 Seiten, S. 7, https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/3/pdf/220331-def-exp-2021-en.pdf im letzten Jahr erhöhten. Das Verhältnis hat sich von 11:1 auf 18:1 zugunsten der NATO verändert.
Kräfteverhältnisse in und um die Ukraine
Um die Kräfteverhältnisse in und um die Ukraine zu beschreiben, ist Oberst a.D. Richter wieder eine gute Quelle. Im schon zitierten Aufsatz[20]Wolfgang Richter, Oberst a.D., Gedanken zum Ukrainekonflikt, 2.8.2022, 4 Seiten, https://www.zebis.eu/veroeffentlichungen /positionen/gedanken-zum-ukrainekonflikt-von-oberst-ad-wolfgang-richter/ vom 11. Februar schreibt er, dass „nach westlichen Schätzungen die russische Truppenstärke im Umkreis der Ukraine etwa 100.000“ (S. 2) beträgt. Und „Am 26. Dezember 2021 gab Moskau eine Reduzierung von 10.000 Soldaten bekannt. Nicht bestätigt haben sich damit Voraussagen von US-Geheimdiensten, Moskau werde seine Truppenstärke bis Januar 2022 auf etwa 175.000 anheben, um eine Invasion der Ukraine zu beginnen“ (S.2) . Richter schreibt, Moskau unterstelle, Kiew wolle den Konflikt gewaltsam lösen. Er berichtet nicht, dass bereits Anfang Dezember Russland der Ukraine den Vorwurf machte, „ mehr als 120.000 Soldaten an die Linie zu den von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten verlegt zu haben,“[21]Münstersche Zeitung 8.12.2021, https://www.muensterschezeitung.de/nachrichten/politik/weiterhin-spannungen-in-der-ukraine-krise-2501824 was damals hier als dpa-Meldung weit verbreitet worden war, was aber den Haken hatte, dass es sich halt um eine russische Behauptung handelte, die von westlicher Seite keine Bestätigung fand. Erst am 3. März, also 10 Tage nach dem Beginn des russischen Angriffs fand sich die Bestätigung in der FAZ: „Wegen des seit Jahren währenden Krieges im Donbass sind etwa vierzig Prozent der ukrainischen Armee und siebzig Prozent ihrer Feuerkraft in der Nähe der ‚Kontaktlinie‘ zu den Separatistengebieten zusammengezogen.“[22]FAZ 3.3.2022, Heftige Kämpfe im Süden und Osten der Ukraine Das ist sehr bedeutsam, denn die Gesamtzahl der bewaffneten Aufständischen östlich der Kontaktlinie zählten laut International Institute for Strategic Studies nur zusammen etwa 34.000 Bewaffnete[23]International Institute for Strategic Studies (IISS), The Military Balance 2022, S. 215, 20.000 in Donezk, 14.000 Luhansk. Also eine ungleiche Ausgangsposition.
15. – 22. Februar: Kiew eskaliert
Richter konstatiert in seinem Aufsatz vom 11. Februar, dass Russland mit den verfügbaren Kräften zwar in der Lage wäre, die prorussischen Rebellen im Donbass zu unterstützen, aber nicht die ukrainische Armee mit großangelegtem Angriff zu zerschlagen. Richter stellt zudem fest, „Die Ukrainischen Streitkräfte sind heute weitaus kampfkräftiger als 2014. […] Mittlerweile sind Kiews Streitkräfte auf gut 250.000 aktive Soldaten und über 900.000 Reservisten angewachsen. Die Nato hilft, die Führungsfähigkeit zu verbessern; die USA stellten Aufklärungsergebnisse, Artillerieradargeräte und – wie auch Großbritannien – Panzerabwehrraketensysteme bereit.“ (S. 2) Richter stellt fest, dass Russland zwar 900.000 aktive Soldaten habe, mit 3.300 Kampfpanzern den 1.000 von Kiew und mit 1.300 Kampfflugzeugen den 125 von Kiew „deutlich überlegen“ sei. Dieser Vergleich sei aber für die subregionale Bewertung „nicht aussagekräftig“. (S.2) So Richter. Denn Russland verfüge über die größte Landfläche und die zweit längsten Grenzen weltweit. „Mit etwa 280.000 Heeressoldaten muss es mehrere strategische Richtungen abdecken, von der Arktis bis zum Schwarzen Meer, vom Kaukasus bis Zentralasien und von der Ostsee bis zum Pazifik.“ (S. 2) Die OSZE beobachtete seit dem Abend des 15.2. in ihren täglichen Berichten[24]https://www.osce.org/special-monitoring-mission-to-ukraine, dass die Waffenstillstandsverletzungen westlich und östlich der Kontaktlinie im Donbass stark zunahmen. In der Woche bis zum 22.2. wurde der gegenseitige Beschuss täglich mehr. Verzehnfachungen bis Versechszehnfachungen wurden gezählt. Konkret: 153 Waffenstillstandsverletzungen am 15.2., 2.400 am 19.2.. Leider lässt sich aus den noch so detaillierten Tabellen der OSZE der jeweilige Auslöser der Eskalation zu oft nicht ermitteln. Die OSZE selbst nahm nie eine Schuldzuweisung vor. Allerdings kann für die Stadt Luhansk klar ermittelt werden, dass die Kiewer Seite am 15.2. um 19:50 Uhr[25]OSZE Special Monitoring Mission to Ukraine, Daily Report 37/2022, 12 Seiten, S.10, https://www.osce.org/files/2022-02-17%20Daily%20Report_ENG.pdf?itok=21446 dort mit den Angriffen begonnen hat. Einen ganzen Tag lang zuvor war dort nämlich nichts los gewesen. Die grafischen Darstellungen der OSZE, worin die Orte dieser Waffenstillstandsbrüche und Explosionen in der Zeit vom 15. bis 22.2. markiert sind, belegen, dass von Anfang an diese schätzungsweise im Verhältnis 3 bis 5 zu1 häufiger auf der östlichen Seite zu verzeichnen sind. Das bedeutet, dass von westlicher – also ukrainischer Seite – aus mehr Angriffe erfolgt sind. Das heißt, Kiew hat eskaliert. Der Beginn und der Zeitraum dieser Eskalation sind bedeutsam. Ich komme darauf zurück.
Die Regierungen der „Volksrepubliken“ ordneten aufgrund des zunehmenden Beschusses am 18.2. die Evakuierung der Bevölkerung nach Russland an. Putin hat diese „Volksrepubliken“ am 21.2.22 per Dekret als selbständig anerkannt – und zwar in den Grenzen der ukrainischen Oblaste, die weiter westlich liegen als die Kontaktlinie zur Zeit dieser Anerkennung. Am 22.2.22 unterzeichnete Putin mit den Chefs der „Volksrepubliken“ einen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand, der zunächst über 10 Jahre Bestand haben soll, und der beiden Seiten das Recht einräumt, „militärische Infrastruktur und Stützpunkte auf dem Territorium des jeweils anderen Partners zu errichten, zu nutzen und auszubauen.“[26]Rtde, 22.2.22, „Gemeinsame Verteidigung“ – Aus den Verträgen mit den Volksrepubliken Donezk und Lugansk
Wie kam es zu dieser Abfolge innerhalb von einer Woche, die damit begann, dass Putin auf der Pressekonferenz mit Scholz in Moskau am 15.2. noch gesagt hatte, dass eine Anerkennung der „Volksrepubliken nur im Rahmen des Minsker Prozesses geschehen könne, dessen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien.“[27]FAZ 23.8.22, Wer grundlos lächelt ist schwach. Der Minsker Prozess kam in dieser Woche bekanntlich nicht voran, und trotzdem die Anerkennung. Hat die FAZ mit ihrer Behauptung recht, wenn sie dies als ein Beispiel dafür wertet, „wie der russische Präsident lügt“[28]ebenda?
14. – 15. Februar: Scholz in Kiew und Moskau
Schauen wir uns diesen Vorgang genauer an. Dabei spielt der Besuch von Scholz bei Putin und diese Pressekonferenz in der Tat eine Rolle.
Scholz hatte Selensky vor Putin am 14.2. in Kiew besucht. Er wartete danach tatsächlich mit ermutigenden Vermittlungsergebnissen auf. Es keimte sogar kurzfristig Hoffnung auf Entspannung auf. Die NZZ berichtete: „Der deutsche Kanzler scheint vor allem eine Zusage Selenskis als konkreten Erfolg und Beitrag zur Realisierung des Minsker Abkommens zu sehen: Die ukrainische Regierung will Gesetzesentwürfe für den besonderen Status der jetzt nicht unter Kontrolle stehenden Teile des Donbass sowie für die Abhaltung von Lokalwahlen vorlegen. Das solle zeigen, dass es keine Vorwände gebe, die Gespräche zur Umsetzung von ‚Minsk‘ nicht fortzusetzen, betonte Scholz.“[29]NZZ 16.2.22, Scholz stärkt Selenski den Rücken
Und die FAZ berichtete, „Scholz sagte nach seiner Unterredung mit […] Selenkyj, das Gespräch sei ‚sehr, sehr wertvoll‘ gewesen. Selenskyj habe zugesichert, dass die Ukraine jene Gesetzestexte vorlegen werde, die den Minsker Friedensprozess voranbringen sollen.“[30]FAZ 15.2.22 Scholz warnt Moskau vor Invasion Tags drauf, also am 15.2., brachte Scholz die frohe Kunde zu Putin mit nach Moskau. Auch DER SPIEGEL brachte später Belege für diese positive Stimmung. Ich zitiere: „Mitte Februar besucht Scholz Wladimir Putin in Moskau, im Gepäck das Versprechen der ukrainischen Regierung, endlich die Gesetze zur Umsetzung des Friedensabkommens von Minsk auf den Weg zu bringen. Ist jetzt Raum für eine friedliche Lösung? Trotz 150.000 russischer Soldaten nahe der Grenze?“[31]DER SPIEGEL Nr. 13. 26.3.2022, S. 12 fragt DER SPIEGEL. Und weiter: „Auf dem Rückflug (von Moskau, L.H.) dringt dem Kanzler die Erleichterung aus jeder Pore, er wirkt geradezu aufgekratzt. Träumt er schon von allen Parteien an einem großen Verhandlungstisch um sich als Moderator, der nachhaltig Frieden aushandelt zwischen Moskau, Kiew und der Nato? Warum nicht?“[32]ebenda Warum es nicht dazu kam, erfährt der SPIEGEL-Leser prompt: „Bald nach der Landung in Berlin folgt die Ernüchterung. Der Kreml stockt die Truppen an der ukrainischen Grenze weiter auf. Die Hoffnung, sie war trügerisch.“[33]ebenda Das heißt, aus Sicht des SPIEGELS: Putin hat Schuld am Scheitern. Ist es wirklich so einfach?
Behauptete Eskalation durch prorussische Separatisten war gelogen
Berichtet wurde hierzulande über die Eskalation an der Kontaktlinie, dass sich beide Parteien gegenseitig dafür die Schuld gaben. Allerdings nahm die US-Regierung schon am 17.2. eine andere Bewertung vor: Ich zitiere aus der FAZ über die Vorgänge im Donbass: „Hinzu kamen Berichte über heftigen Artilleriebeschuss durch prorussische Separatisten in der Ostukraine, die durch die OSZE-Beobachtermission bestätigt wurden. Man sei noch dabei dies zu analysieren, sagte (US-Verteidigungsminister, L.H.) Austin.“ Aha, Austin, gibt den prorussischen Separatisten die Schuld. Eine Durchsicht der angesprochenen OSZE-Berichte belegt jedoch nur ein einziges Artilleriefeuer am 16.2., das von Kiewer Seite ausging und am Vormittag des 17.2. weitere vier Artillerieangriffe, die ebenfalls alle von unter Kiewer Kontrolle stehenden Gebieten ausgingen. Die Bedeutung der Lügen von Austin waren im selben Atemzug zu erfahren: „‚Wir haben seit einiger Zeit gesagt, dass Russland so etwas tun könnte, um einen militärischen Konflikt zu rechtfertigen.“[34]FAZ 18.2.22, Das eine sagen, das andere tun. Ins selbe Horn stießen US-Außenminister Blinken und der ukrainische Präsident Selenski. Blinken fabulierte im UN-Sicherheitsrat über mögliche False-Flag-Attacken der Russen in der Ukraine und russische hybride Kriegsführung. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 18.2. warf er Moskau vor, „die Lage in den Separatistengebieten im Osten der Ukraine anzuheizen, um damit einen Vorwand für ‚weitere Aggressionen‘ gegen die Ukraine zu schaffen.“[35]FAZ 19.2.22 Scholz: EU-Sanktionen sind abschließend vorbereitet Das war gelogen.
19.2.2022: Selenski und Blinken eskalieren in München
Selenskis Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag, den 19.2., war entscheidend. Wer nun erwartet hätte, dass die Ukraine deeskalierend wirkt, sah sich getäuscht. Es wäre hier die Möglichkeit gewesen, anzukündigen, nun endlich die von Bundeskanzler Scholz öffentlich so begrüßten Gesetze auf den Weg zu bringen, damit Minsk II umgesetzt werden kann, damit entspannt und verhandelt wird. Das geschah nicht. Selenski schob den Russen die Schuld zu. Er sagte über die Vorgänge im Donbass: „Die letzten beiden Tage sind besonders aufschlussreich. Massive Angriffe unter Verwendung von Waffen, die nach den Minsker Vereinbarungen verboten sind.“[36]22.2.22, https://www.berliner-zeitung.de/welt-nationen/selenskyj-einer-von-uns-luegt-li.212932 Er erwähnte nicht, dass seine Truppen die Hauptakteure sind.
Das einzige, was Selenski dort zum Minsk-Prozess sagte, war: „Wir setzen die Vereinbarungen im Minsk- und Normandie-Format konsequent um.“[37]ebenda Was nicht stimmte. Er nutzte in München erneut die Weltbühne, um die Mitgliedschaft der Ukraine in EU und NATO sowie Waffen vom Westen zu fordern, also genau das, was Moskau ablehnt. Blinken und Selenski hätten in München die Wende zu Verhandlungen unmissverständlich stellen können. Das haben beide nicht getan. Diese Chance auf Frieden wollten sie nicht nutzen. Im Gegenteil, sie haben Russland diesen Krieg führen lassen, um ihn verurteilen zu können. Es war nicht Putin, der hier der Lüge überführt wurde, sondern Selenski legte – mit Unterstützung der USA oder auf dessen Geheiß – binnen weniger Tage eine Wende sondergleichen hin und kehrte einer politischen Lösung des Ukraine-Konflikts den Rücken zu.
Russland schickt Truppen in die Ukraine
Während am 18.2. die Evakuierungen aus den Volksrepubliken anliefen, meldete die EU, dass sie die Sanktionen gegen Russland abschließend vorbereitet habe. Der Begriff präzedenzlos wurde dafür verwendet. Am 18.2. führte Putin mit Lukaschenko zusammen Übungen der russischen Nuklearstreitkräfte durch. Die NATO erhöhte zugleich ihre Einsatzbereitschaft, „um Soldaten der Schnellen Eingreiftruppe zügiger verlegen zu können.“[38]FAZ 19.2.22 Scholz: EU-Sanktionen sind abschließend vorbereitet Nach den Auftritten von Selenski und Blinken und der fortgesetzten Eskalation im Donbass durch Kiew teilte die belarussische Seite am Sonntag, den 20.2., mit, dass die Manöver in Belarus fortgesetzt werden.[39]FAZ 21.2.22. Russische Truppen bleiben vorerst in Belarus. Russland erkannte die „Volksrepubliken“ am 21.2. an, am 22.2. erfolgte der Hilferuf der „Volksrepubliken“ auf Basis des Freundschaftsvertrags und Putin ordnete die Entsendung von „Friedenstruppen“ in die neuen Republiken an. Russland griff am 24.2. morgens um 4 Uhr mit Bodentruppen an vier Fronten an, nördlich von Kiew, nördlich von Charkiw, von der Krim aus und von den nun anerkannten Volksrepubliken aus. Am ersten Kriegstag wurden in allen Landesteilen Luftangriffe auf militärische Ziele verzeichnet. Als Ziel benannte Putin, die Ukraine solle entmilitarisiert und entnazifiziert werden. Diese Vokabeln fielen in diesem Zusammenhang zum ersten Mal und unvermittelt. An eine Besetzung des Landes sei nicht gedacht. Dass dieser Angriff „unprovoziert“ sei, wie westliche Regierungen unisono behaupten, trifft nicht zu.
Zwischenfazit
Ich fasse die Ursachen für den Krieg zusammen:
1. Das Vertrauen in die Vertragstreue des Westens ist in Russland nachvollziehbar nicht gegeben
2. Russlands Bemühen, seine durch das Vorrücken der NATO in Richtung Osten ausgelöste existentielle Bedrohung durch vertragliche Vereinbarungen (Sicherheitsgarantien) zu beenden, wurde von den USA abgelehnt. Und die USA lehnen einen umfassenden Sicherheitsdialog mit Russland ab.
3. Die von Kiewer Seite forcierte Eskalation an der Kontaktlinie des Donbass bedrohte die russisch orientierte Bevölkerung östlich der Kontaktlinie existentiell, so dass ein längeres Zuwarten Russlands vor dem Zuhilfekommen als fahrlässig hätte gewertet werden müssen.
Im Raum steht der Vorwurf des Völkerrechtsbruchs durch Russland. In der Tat, der russische Angriff ist ein Völkerrechtsbruch. Russlands Argument, den bedrohten Menschen in den beiden Oblasten des Donbass militärisch zu Hilfe zukommen, ist völkerrechtlich nicht gedeckt. Das Völkerrecht billigt lediglich Staatsführungen das Recht zu, sich aus dem Ausland militärische Hilfe zu organisieren. Das Völkerrecht billigt nur eine innerstaatliche nicht-militärische Konfliktlösung. Diese neue Art von Völkerrechtsbruch ist nicht mit den flagranten Völkerrechtsbrüchen von USA und NATO in der jüngsten Geschichte wie gegen den Irak, Jugoslawien und Libyen gleichzusetzen.
Ich bewerte die russische Lage als die eines in die Enge getriebenen, der aus Notwehr handelt.
Trotzdem muss sich Russland für diesen Angriff verantworten, der über die ukrainische Bevölkerung unermessliches Leid gebracht hat und täglich bringt. Die Frage steht, was ist verhältnismäßig?
Diskutiert werden muss über die Alternativen zu dieser Entscheidung und darüber, inwiefern die militärischen Angriffe Russlands über die Kontaktlinie hinaus in die Oblaste Luhansk, Donezk, Cherson und Schaporoschtschje hinein zu verurteilen sind. Zu untersuchen ist auch, welche Kriegsverbrechen die russische Seite während des Krieges begeht und welche die ukrainische Seite zu verantworten hat.
Wie den Krieg beenden?
Klar ist, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet werden muss. Je eher das geschieht, desto weniger Tote, Verletzte und Geflüchtete. Und die Gefahr der weiteren Eskalation wird vorerst gebannt. Ob dauerhaft oder nicht, würde sich dann anhand der Verhandlungsergebnisse zeigen. Der Krieg wird militärisch auf dem Schlachtfeld ausgetragen, er ist ein Wirtschaftskrieg und er ist auch ein Informationskrieg. Er wird mit in den Köpfen der Bevölkerungen rund um den Globus entschieden.
Die Kriegsziele
Welche Kriegsziele die Seiten verfolgen, ist derzeit unklar. Von daher ist auch unklar, unter welchen Bedingungen der Krieg beendet werden könnte. Als gesichert kann gelten, dass Russland eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO verhindern will. Als gesichert kann auch gelten, dass dergesamte Donbass und die Krim russisch kontrolliert bleiben sollen und die besetzte Südukraine nach Referenden zwar in die Selbständigkeit, aber unter militärischer Besatzung Russlands bleiben soll. Der Westen hat bereits klar gemacht, dass er sämtliche russischen Eroberungen inklusive der Krim nicht akzeptieren werde. Die Prognose ist einfach: Sollte Russland diese Territorien nicht wieder räumen, bleiben die Spannungen selbst nach einem Waffenstillsand in Europa hoch. Die NATO treibt die Hochrüstung in Europa voran. Dazu dient die Umsetzung des Zwei-Prozent-Ziels, was allein in Deutschland zu Militärausgaben in Höhe von 100 Milliarden Euro pro Jahr ab Mitte dieses Jahrzehnts führen und damit schon allein die russischen übertreffen wird. Die NATO verdoppelt die Truppen an ihrer Ostflanke und steigert dort auch die schnell verfügbaren Soldaten von 40.000 auf 300.000.
Die Ukraine hat ihre Kriegsziele geändert. „Ende März hatte Präsident Selenskyj vier Punkte vorgeschlagen: (1) Den Verzicht der Ukraine auf den NATO-Beitritt, (2) die Verschiebung von Verhandlungen über den Status der Krim um 15 Jahre, (3) die direkte Verhandlung zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine über einen Sonderstatus des Donbass, (4) Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Nachdem die russische Armee aus Kiew und aus dem Gebiet um Charkow Ende März abgezogen war, will Kiew von dem Angebot nichts mehr wissen, will die Krim und den Donbass wieder zurückgewinnen und drängt auf westliche Unterstützung. Im Westen finden die ukrainischen Ziele Unterstützung. US-Verteidigungsminister Austin sprach sogar davon, die russischen Streitkräfte auf Jahre hinaus ruinieren zu wollen. Die NATO hat gesagt, sie unterstütze Kiew so lange wie Kiew die Unterstützung wünsche, das heißt übersetzt: bedingungslos. Oberst a.D. Richter[40]Wolfgang Richter, Oberst a.D., Gedanken zum Ukrainekonflikt, 2.8.2022, 4 Seiten, S. 3, https://www.zebis.eu/veroeffentlichungen/positionen/gedanken-zum-ukrainekonflikt-von-oberst-ad-wolfgang-richter/ macht darauf richtigerweise aufmerksam, dass Russland durch eine umfangreiche Mobilmachung – Russland verfügt über zwei Millionen Reservisten – und durch den Rückgriff auf nukleare Optionen den Konflikt sehr eskalieren könnte, so dass die Sicherheitsinteressen Europas gefährdet seien. Man könne Kiew die Entscheidungsfreiheit über territoriale Zugeständnisse überlassen. Die ende aber dort, wo europäische Sicherheitsinteressen berührt werden.
Das Schlachtfeld
Die anfangs personell überlegene ukrainische Armee, die auch über große Mengen von Kampfpanzern und Artilleriesystemen verfügte, hat nach einem halben Jahr erbitterter Kämpfe ebenso ihre großräumige Bewegungsfreiheit eingebüßt wie die russische Seite. Die russische Seite nutzt ihre Artillerieüberlegenheit im Donbass, um nach der Eroberung des Oblast Luhansk auch den Oblast Donezk einzunehmen. Der Generalinspekteur der Bundeswehr Zorn formulierte Ende August treffend: „Der russische Angriffsschwung ist langsamer geworden, aber er ist stetig.“[41]Tagesschau.de 31.8.2022, Generalinspekteur: Russland könnte Konflikt regional ausdehnen. http://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-155.html Westliche Waffenlieferungen an die Ukraine, insbesondere weitreichende Mehrfachraketenwerfer mit Präzisionsmunition können dieses Vorrücken zwar verlangsamen, jedoch nicht zum Stoppen bringen. Insbesondere das US-Artilleriesystem HIMARS scheint hier erfolgreich.
Um von Russen erobertes Gebiet zurückzugewinnen, bedarf es außerhalb der Städte einer dreifachen ukrainischen Überlegenheit, innerstädtisch einer zehnfachen. Die Neue Zürcher Zeitung gibt Ende August wieder, was die ukrainische Armee „für eine Großoffensive an Waffenlieferungen brauchte: […] 1400 Panzer, 1500 Haubitzen und 50 bis 60 Himars Raketenwerfer.“ [42]NZZ 23.8.22, Kiews „hybride Offensive“ in der Südukraine Um danach hinzuzufügen: „Dass der Westen weder rüstungstechnisch noch politisch in der Lage ist, diese Wünsche zu erfüllen, dürfte auch Präsident Selenski und seinen Beratern klar sein.“ Diese Feststellung geschieht vor dem Hintergrund der folgenden Aussage in derselben Zeitung vom Vortag: „Gute Quellen sagen, dass die Panzerkräfte der ukrainischen Armee praktisch zerschlagen sind.“[43]NZZ 22.8.22, So könnte die Ukraine Cherson zurückerobern Somit wird Kiew den im Süden gestarteten Angriff westlich des Dnipro auf Cherson nicht im Blitzkieg gewinnen. Als Beleg dafür dient mir der neueste SPIEGEL. Er stellt fest, „dass die Zahl ukrainischer Truppen im Gebiet Cherson wohl noch unter der der russischen“[44]Der Spiegel Nr. 36 /3.9.2022, S. 82-84, S. 84, Ist das der Befreiungsschlag? liegt. Und „laut dem britischen Militärgeheimdienst sind die nachrückenden Verbände der Ukraine unterbemannt und schlecht ausgebildet.“[45]ebenda Somit wäre ein Zurückdrängen der Russen an den Dnipro wohl nur längerfristig als Folge eines Zermürbungskrieges möglich.
Wenn das Ziel besteht, sämtliche russisch besetzten Gebiete zurückkämpfen zu wollen, müsste zuerst der Dnipro überwunden werden. Wie soll das möglich sein, wenn zuvor Kiew sämtliche Flussbrücken zerstört hat? Das wäre nur möglich, wenn die westlichen Waffenlieferungen wesentlich erhöht würden. Um das ganze Land zurückzuerobern, würden die oben angeführten Waffenwünsche nicht ausreichen. Die Lieferung würde mehrere Jahre benötigen. Zudem würde es keine Garantie auf Erfolg bieten, weil sich Russland militärisch im selben Zeitraum regenerieren würde. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass es militärisch sinnlos ist, Kiew so aufzurüsten.
Macht es dann Sinn, wenigstens den Waffenfluss aus der NATO in der gegenwärtigen Größenordnung weiter zu betreiben? Nur dann, wenn der damit aufrechterhaltende Zermürbungskrieg dazu führt, dass die russische Bevölkerung unter den wirtschaftlichen Folgen rebelliert und Putin abwählt – Präsidentschaftswahlen sind für März 2024 vorgesehen – oder absetzt.
Die Hoffnung, die Kiew treibt, ist, Russland weltweit zu isolieren, seine Wirtschaft so zu schwächen, dass das Militär und die russische Gesellschaft kriegsmüde werden und aufgeben.
Die wirtschaftliche Lage
Zunächst zur Ukraine: Der Widerstandswillen der ukrainischen Regierung scheint ungebrochen und sich auf die Bevölkerung zu übertragen. Beides bedingt sich gegenseitig. Wie lange die Bevölkerung das Leid des Krieges erträgt, bleibt jedoch unklar. Schon vor dem Krieg hatten die Ukrainer das geringste Pro-Kopf-Einkommen in Europa. Ausländische Unternehmen verlassen das Land: Seit Jahresbeginn sind es 78 Prozent weniger. Über die Hälfte der Unternehmen findet die Investitionsbedingungen „äußerst ungünstig“.[46]FAZ 12.8.22 Gläubiger geben der Ukraine eine Atempause Die Weltbank schätzt, dass das ukrainische BIP in diesem Jahr um 45 Prozent unter dem des Vorjahres liegen wird. Die NZZ konstatierte Ende August: „Die ukrainische Wirtschaft nähert sich dem Kollaps; das Land ist deshalb nur mit westlicher Finanzhilfe überlebensfähig.“[47]NZZ 258.22. Der Widerstand ist ungebrochen Mit anderen Worten: Ohne westliche Hilfe wäre der Krieg vorbei.
Zu Russland: Trotz beispiellos harter Wirtschafts- und Finanzsanktionen ist der bisherige Rückgang des russischen BIP zwischen 4 und 5 Prozent eher moderat. Die Regale der Supermärkte seien voll, und obwohl zahlreiche westliche Firmen das Land verlassen hätten, wirke die Lage noch erstaunlich entspannt, meldet die FAZ Mitte August.[48]FAZ 10.8.22 Warum Russland nicht zusammenbricht Auch der Internationale Währungsfonds stellt Ende Juli fest, „die russische Wirtschaft stehe vor dem Hintergrund der westlichen Sanktionen besser da als erwartet.“[49]NZZ 25.8.22 Wer gewinnt dem Wirtschaftkrieg – der Westen oder Russland? Dem widerspricht eine Studie der Yale Universität: Demnach „steuert die russische Wirtschaft auf einen Kollaps zu. Das Narrativ der angeblichen Widerstandsfähigkeit Russlands sei ‚schlichtweg unwahr.‘“[50]NZZ 25.8.22 Wer gewinnt dem Wirtschaftkrieg – der Westen oder Russland? Hier tobt offensichtlich ein Interpretationswettkampf.
Der Westen geht in Russland für dieses Jahr von einem Wirtschaftsrückgang von 6 bis 15 Prozent aus. Man nimmt auch an, dass die russische Bevölkerung diese Entbehrungen erträgt.
Die von EU, G7, Süd-Korea, Australien und anderen erlassenen Boykotte – es sind 41 Länder beteiligt – gegen Russland greifen im Rohstoffbereich erst später. Der Kohleimport nach Europa wurde zwar gestoppt. Der Wert von 8 Mrd. Dollar ist aber gering. Das EU-Ölembargo greift stufenweise und erreicht Ende des Jahres 90 Prozent des russischen Ölexports in die EU, so dass die russischen Einnahmen aufgrund des hohen Rohölpreises bis dahin noch sprudeln. Russlands gesteigerte Ölausfuhren nach China, Indien und selbst nach Saudi-Arabien ließen die russischen Öleinnahmen sogar wachsen. Beleg aus dem Tagesspiegel: „Obwohl das Volumen russischer Öl-Exporte zuletzt zurückgegangen ist, waren die Einnahmen daraus im Juni im Vergleich zum Mai um 700 Millionen Dollar gestiegen.“[51]Tagesspiegel 2.9.22, https://m.tagesspiegel.de/wirtschaft/russland-droht-mit-vergeltung-g7-wollen-preisdeckel-auf-russisches-oel-durchsetzen/28653548.html Für diesen Monat, September, sagt das russische Finanzministerium laut Tagesschau voraus, dass Russland beim Ölexport Mehreinnahmen von 6,7 Milliarden Euro erwartet.[52]Tagesschau.de, 5.9.22, 12:05 Uhr, https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-montag-171.html Das ist der vierfache Wert des Gas- und Ölexports im Juni nach Deutschland. Das bedeutet, ob Deutschland Gas und Öl aus Russland bezieht, beeinflusst dessen finanzielles Polster nur marginal. Da Russland finanziell nur mit der Hälfte der bisherigen Ölexportmenge auskommen kann, ist mit einer kurzfristigen Wirkung auf die russische Finanzierbarkeit des Krieges nicht zu rechnen.
Ähnliches gilt für das Erdgas. Gazprom machte einen rekordhohen Halbjahresgewinn von 42 Milliarden Dollar, obwohl bedeutend weniger Gas nach Europa exportiert wurde als im Vorjahr. Zu bedenken ist auch, dass der Internationale Währungsfonds Russland Anfang 2021 noch eine sehr hohe finanzpolitische Solidität bescheinigt hat. Das Institut für Weltwirtschaft Kiel bewertet das als eine Schulnote 1 mit Sternchen.
Sanktionen können somit nur mittelfristig Russland Schaden zufügen. Mit mittelfristig ist ein Zeitraum von ein bis fünf Jahren gemeint. Hier setzt die EU stark auf den Stopp von fortschrittlichen Technologieprodukten, Sanktionen auf Halbleiterimporte, Ersatzteile für Flug-und Raumfahrt und den Stopp der Autoproduktion ausländischer Marken in Russland (im Mai schon – 97 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Inwiefern diese Rechnung des EU-Außenbeauftragten Borrell aufgeht, wird sich zeigen. Zu bedenken ist auch, dass sich die Masse der Staaten dieser westlichen Sanktionspolitik nicht anschließt, nämlich China, Indien, Pakistan, Brasilien, die Türkei, Iran, die arabischen Golfstaaten, das gesamte Afrika sowie Lateinamerika. Das biete Potenzial für die Umgehung dieser westlichen Boykotte.
Mit ihrer mittelfristigen Perspektive setzt die EU also darauf, dass der Krieg noch mindestens ein Jahr weitergeht, um mit Wirkung von Sanktionen, Aufrüstung der Ukraine und Ausbildung ihrer Soldaten eine Wende herbeizuführen. Allein, dass die Ukraine diesen Winter übersteht, ist mehr als fraglich. Danach hat die Ukraine mit einer verstärkten russischen Armee zu tun. Russland hat angekündigt, im nächsten Jahr seine Soldatenzahl um 137.000 zu erhöhen.
Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass Russland einen jahrelangen Krieg und auch den Wirtschaftskrieg besser übersteht als die Ukraine. Das bedeutet, dass die Ukraine gut beraten ist, keine Waffenlieferungen mehr zu fordern und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Jede Kriegsverlängerung führt zu noch mehr Nachteilen für die ukrainische Gesellschaft, menschlich, materiell und auch an Verlust von Territorium.
Wie sieht es mit der Unterstützung der Bevölkerung im Westen für die Politik der Aufrüstung der Ukraine, der Boykotte und Sanktionen Russlands aus? Wie wird sich diese noch vorhandene Unterstützung entwickeln, wenn die ukrainische Seite trotz dieser Unterstützung über Monate keine Geländegewinne macht, hier die Wohnungen nur schwach beheizt werden können, gleichzeitig die Geldentwertung richtig zuschlägt, und Kiew und der Westen noch immer keine Verhandlungsbereitschaft signalisieren und anstreben, die gesamte Ukraine zurückzuerobern? Setzt hierzulande dann die befürchtete Kriegsmüdigkeit ein? Davon ist sicher auszugehen.
Denn schon jetzt zeigt das Stimmungsbarometer klar in diese Richtung: Laut einer Forsa-Umfrage von Ende August waren 77 Prozent „der Meinung, dass der Westen Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Krieges anstoßen sollte.“[53]Zeit.de 30.8.22, https://www.zeit.de/news/2022-08/30/umfrage-mehrheit-will-verhandlungen-ueber-kriegsende Dieses Stimmungsbild zeigt sich bereits jetzt, wo die Inflation noch gar nicht voll greift, niemand frieren muss, und die Aktionen von Friedens- und sozialen Bewegungen im Herbst noch gar nicht angelaufen sind. Die Angst vor kalten Stuben ist beträchtlich: Laut einer Umfrage[54]Forsa-Umfrage für rtl 5.9.22, https://www.rtl.de/cms/rtl-umfrage-ukraine-krieg-spaltet-deutschland-in-ost-und-west-5005252.html von Anfang September sind 65 Prozent im Osten dafür, Nordstream 2 für russisches Gas zu öffnen. Im Westen sind es 35 Prozent. Gesamtdeutsch ist es zwar noch nicht die Mehrheit, aber die Unterstützung des deutschen Kriegskurses schwindet. Denn 62 Prozent sind dagegen, „mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.“[55]Zeit.de 30.8.22, https://www.zeit.de/news/2022-08/30/umfrage-mehrheit-will-verhandlungen-ueber-kriegsend Nur, ohne schwere Waffen aus dem Ausland kann die Ukraine den Krieg ganz sicher nicht gewinnen – und mit schweren Waffen auch nicht.
Es lohnt sich, für einen heißen Herbst auf die Straße zu gehen. Die Mehrheit der Bevölkerung haben wir gefühlt hinter uns. Es gilt nun, sie in Bewegung zu setzen. Deshalb der Aufruf zum dezentralen bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung am 1. Oktober:
Keinen Euro für Krieg und Zerstörung!
Statt dessen Milliarden für eine soziale, gerechte und ökologische Friedenspolitik!
Stoppt den Krieg! Verhandeln statt Schießen!
Auf die Straße am 1. Oktober, 14 Uhr, Neptunbrunnen.
Video zur Veranstaltung:
00:00:00 Vorbemerkungen 00:01:21 Einleitung 00:04:31Vorgeschichte des Ukrainekrieges 00:04:35 Was kommt nach dem New-Start-Vertrag? 00:05:37 Freundschaftsvertrag Russland-China 00:06:55 Russland sieht sich bedroht 00:07:42 17.12.22: Vertragsentwürfe Russlands 00:10:28 Gebrochene Versprechen 00:21:58Exkurs “Dark Eagle” 00:28:36 Strat. Partnerschaft USA – Ukraine 00:30:05 Die Entscheidende Phase 00:30:10 Militärische Stärke Vergleich: Russland – NATO 00:31:11 Kräfteverhältnisse in der und um die Ukraine 00:33:20 15.-22.2.22: Kiew eskaliert 00:38:29 14.-15.2.22: Scholz in Kiew und Moskau 00:41:16 Eskalation der Russischen Separatisten war gelogen 00:43:13 19.2.22: Selenski und Blinken eskalieren 00:45:06 Russland schickt Truppen in die Ukraine 00:46:48 Zwischenfazit 00:49:08Wie Krieg beenden? 00:49:44 Die Kriegsziele 00:52:58 Das Schlachtfeld 00:57:08 Die wirtschaftliche Lage
Fotogalerie zur Veranstaltung.
Besten Dank an Matthias Reichelt für die Fotos.
*Lühr Henken, ist Ko-Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag (www.Friedensratschlag.de), Herausgeber der Kasseler Schriften zur Friedenspolitik (https://jenior.de/produkt-kategorie/kasseler-schriften-zur-friedenspolitik/ ) und arbeitet mit in der Berliner Friedenskoordination (http://www.frikoberlin.de/ )
Zum Gipfeltreffen Russland – China, Februar 2022, 84 Seiten, darin: Gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und der Volksrepublik China zu den internationalen Beziehungen auf dem Weg in eine neue Ära und zur globalen nachhaltigen Entwicklung, S. 25 bis 43, Seite 40, https://slub.qucosa.de/api/qucosa%3A78050/attachment/ATT-0/
Wolfgang Richter, Ukraine im Nato-Russland-Spannungsfeld, SWP-Aktuell Nr. 11, 11. Februar 2022, 8 Seiten https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/2022A11_ukraine_russland_nato.pdf
Congressional Research Service, The U.S. Army’s Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), 23.5.2022, 3 Seiten, https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11991
Congressional Research Service, updated 31.5.2022, Andrew Feickert, The Army’s Multi-Domain Task Force (MDTF) 3 Seiten,, https://sgp.fas.org/crs/natsec/IF11797.pdf
Dave Makichuk, Mach 5 Monster: Germany to Get Dark Eagle Missiles, Asia Times, 14.11.2021, https://asiatimes.com/2021/11/death-at-mach-5-germany-to-get-lethal-dark-eagle-missile/
NATO, 31.3.2022, Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2021), 16 Seiten, S. 7, https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/3/pdf/220331-def-exp-2021-en.pdf
Wolfgang Richter, Oberst a.D., Gedanken zum Ukrainekonflikt, 2.8.2022, 4 Seiten, S. 3, https://www.zebis.eu/veroeffentlichungen/positionen/gedanken-zum-ukrainekonflikt-von-oberst-ad-wolfgang-richter/
Tagesschau.de 31.8.2022, Generalinspekteur: Russland könnte Konflikt regional ausdehnen. http://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-155.html
Montag 5. September 2022, Eindrücke von der Protestkundgebung vor der Geschäftsstelle von Bündnis 90/Die Grünen: „Genug ist genug – Protestieren statt frieren“ – Heizung, Brot und Frieden
300 Teilnehmer wurden erwartet und auch zur Demo angemeldet, es waren dann über 1.000 Teilnehmer gekommen.
Ein Zeichen, dass die Kraft der Straße zunimmt, auch wenn wir als Putintrolle, Putinfreunde, Rechte, Verschwörungstheoretiker usw. seitens der bürgerlichen Massenmedien, bis hin zu einigen LINKEN-Politiker, hingestellt werden.
Ferat Kocak (u. a. Linke Neukölln), Nastja Liedtke (Aufstehen), Sevim Dagdelen (Obfrau im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages für die LINKE) und weitere haben dort gesprochen.
Hauptforderungen der Protestierenden sind:
Weg mit der unsozialen Gasumlage!
Lebensmittelpreise runter, Löhne und Einkommen rauf!
Gesetzliche Deckelung der Gas- und Strompreise!
Krisengewinne besteuern!
Energiewirtschaft in öffentliche Hand!
Rednerinnen und Redner forderten ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland.
Der Anfang ist getan. Werden wir mehr und zeigen klare Kante gegen die Politik des Krieges, der Sanktionen und ganz klipp und klar gegen die Politik der Bundesregierung und das Erstarken der Rechten!
Fotogalerie
Fotos: Ingo Müller
Videomitschnitt
00:00:00 Genug ist genug – Protestieren statt frieren! Redeausschnitte von der Protestkundgebung vor der Bundesgeschäftsstelle von Bündnis 90/Die Grünen, 05.09.2022 00:00:42 Nastja Liedtke Bundesvorstand Aufstehen-Aktiv; 00:03:35 Uwe Hiksch, Naturfreunden Deutschland; 00:13:09 Ferat Koçak, DIE LINKE, Mitglied im Abgeordnetenhaus von Berlin; 00:20:16 Sevim Dagdelen, Die LINKE, Bundestagsabgeordneten; 00:30:35 Michael Prütz, berliner Aktivist; 00:35:06 Angelika Teweleit, VKG – Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften; 00:45:17 Markus Staiger, Journalist und 00:51:04 Harry Grünberg, Bundesvorstandsmitglied der Bewegung »Aufstehen« 01:01:31 Verabschiedung
Wir unterstützen die Forderung von ver.di nach sofortiger Rücknahme der Abmahnung des Vivantes Konzerns gegen Silvia Habekost. Ver.di veröffentlichte dazu am 1. September 2022 folgende Pressemitteilung:
Per Abmahnung will die Personalabteilung von Vivantes die stadtbekannte Gewerkschafterin Silvia Habekost mundtot machen. Ver.di verurteilt das Vorgehen aufs Schärfste und fordert von Vivantes-Personalgeschäftsführerin Dorothea Schmidt die sofortige Rücknahme der Abmahnung.
Silvia Habekost ist eines der prominentesten Gesichter der Berliner Krankenhausbewegung. Sie hat an entscheidender Stelle dafür gesorgt, dass die Arbeitsbedingungen in den Vivantes-Krankenhäusern und damit auch die Versorgung der Berliner Patientinnen und Patienten besser werden sollen.
Dafür opfert die Anästhesie-Pflegekraft am Vivantes-Krankenhaus Friedrichshain sehr viel persönliche Kraft und Zeit. Zum Beispiel Ende Juli, als sie der taz ein langes Interview zu der Frage gab, wie die zwischen Vivantes und ver.di tarifvertraglich vereinbarte Entlastung nun vorankomme. Denn natürlich fragt sich die Öffentlichkeit, ob das tarifvertraglich Vereinbarte neun Monate nach Vertragsunterzeichnung nun endlich umgesetzt ist.
Nein, ist es nicht – und das liegt unter anderem daran, dass Vivantes an vielen Stellen den Tarifvertrag möglichst eng auslegt oder unterläuft und so für Frust bei den Beschäftigten sorgt.
Das kritisiert Silvia Habekost. So schreibt die taz unter anderem: „Vivantes nutzt jede Lücke im Vertrag aus“, sagt Habekost. Tagtäglich müssten Arbeiterinnen für Sachen streiten, die sie eigentlich längst erkämpft haben. „Es ist zum Kotzen“, so Habekosts Urteil.
Dafür hat Silvia Habekost nun eine Abmahnung erhalten, unberechtigt, wie ver.di-Juristinnen geprüft haben.