Verfahren der Republik Nicaragua gegen die Bundesrepublik Deutschland ab dem 1. März 2024

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1. März 2024

Einführung

Hier wird das gesamte Verfahren in Den Haag gegen Deutschland wegen Unterstützung Israels dokumentiert, einschließlich des lesenswerten Antrags Nikaraguas zur Einleitung dieses Verfahrens. Der Internationale Gerichtshof hatte schon in einem Eilverfahren Anfang diesen Jahres auf Antrag von Südafrika erklärt, dass der Vorwurf des Völkermords durch Israel plausibel ist. Keine Zweifel bestehen zudem, dass Israel schwerer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu verantworten hat.

Die Republik Nicaragua erhob am 0 1.03.2024 beim IGH in Den Haag Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland und ersuchte den Gerichtshof, einstweilige Maßnahmen zu treffen. Hier der Antrag Nikaraguas beim Internationalen Gerichtshof gegen Deutschland. Unabhängig davon, wie das Verfahren aussgeht, sind die Tatsachen, die in diesem Antrag vorgetragen werden, schwerwiegend. Deutschlands Unterstützung Israels durch Waffenlieferungen und die gleichzeitige Entziehung der finanziellen Mittel für UNRWA ist verheerend und muss sofort beendet werden. Wir erinnern daran, dass die Parteien dieser Regierung in den Koalitionsvereinbarungen noch eine Verschärfung der Vorgaben für Waffenexporte beschlossen hatten. Es ist die Blindheit vor den israelischen Verbrechen und die Mitleidlosigkeit der deutschen Regierung, die alle Welt schockiert.

Am 08. und 09. April 2024 fand in Den Haag die öffentliche Anhörung zu dem von Nikaragua in Gang gesetzten Verfahren gegen Deutschland statt.

Am 30. April 2024 entschied der Gerichtshof über den Antrag auf einstweilige Maßnahmen. Das Verfahren in der Hauptsache ist noch nicht beendet.


Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung
  2. Entscheidung des IGH über den Antrag von Nikaragua auf einstweilige Maßnahmen
  3. Nicaragua legt sich wegen des Völkermords in Gaza mit Deutschland an: Ein Interview mit Carlos Argüello Gómez , nicaraguanischer Anwalt und Diplomat.
  4. Die Anhörung Deutschlands:
  5. Die Anhörung Nikaraguas:
  6. Der Antrag Nikaraguas

Entscheidung des IGH über den Antrag von Nikaragua auf einstweilige Maßnahmen

30. April 2024. Die Begründung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), mit der er (im Verfahren Nikaragua ./. Deutschland) den Antrag Nikaraguas auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme zurückgewiesen hat, ist einer Zusammenfassung zu entnehmen, die sich in der Original Fassung in Englisch auf der Homepage des IGH findet.

Der Gerichtshof erinnert an seine Beschlüsse vom 26. Januar 2024 und vom 28. März 2024 (Südafrika ./. Israel). Diese Beschlüsse gelten weiterhin und damit gilt auch ein völkerrechtliches Verbot, Kriegswaffen an Israel zu liefern.

Nachdem der Gerichtshof den Antrag Nikaraguas noch einmal wörtlich zitiert, gibt der Gerichtshof die Ansicht Nikaraguas wieder, dass Deutschland durch seine Waffenlieferungen und die Aussetzung der finanziellen Hilfe an UNRWA seine Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention verletzt habe.

Danach wiederholt der Gerichtshof den Vortrag Deutschlands in Den Haag: Insbesondere wiederholt er den Vortrag Deutschlands, dass es an strenge Regeln der EU zum Export von Militärtechnologie und Waffen gebunden sei. Außerdem habe Deutschland seine Lieferungen an Israel erheblich zurückgefahren und nach dem 7. Oktober 2023 im Wesentlichen nur 3.000 tragbare Panzerabwehrwaffen geliefert.

Der Gerichtshof erklärt an keiner Stelle, dass Deutschland an Israel Kriegswaffen liefern dürfe, sondern er erklärt – gestützt auf die Erklärungen Deutschlands -, dass es keine Kriegswaffen an Israel geliefert hat.

Trotzdem erklärt erklärt der Gerichtshof, insbesondere mit Blick auf Deutschland, ausdrücklich: “Darüber hinaus hält es der Gerichtshof für besonders wichtig, alle Staaten an ihre internationalen Verpflichtungen in Bezug auf den Transfer von Waffen an Parteien eines bewaffneten Konflikts zu erinnern, um das Risiko zu vermeiden, dass diese Waffen für Verstöße gegen die oben genannten Konventionen verwendet werden. Alle diese Verpflichtungen obliegen Deutschland als Vertragsstaat der genannten Konventionen bei der Lieferung von Waffen an Israel.” Der Gerichtshof macht also unmissverständlich deutlich, dass Deutschland keine Waffen an Israel liefern darf.[1]

Beachtenswert ist die abweichende Stellungnahme des ad-hoc-Richters Al-Khasawneh. Er unterstützte den Antrag Nikaraguas mit der Begründung, dass Deutschland an Israel 3.000 Panzerabwehrwaffen zum Einsatz gegen einen Feind lieferte, der keine Panzer hat und deren Einsatz gegen zivile Wohnhäuser in Gaza durch Beweise belegt ist. Die Lieferung von 3.000 Panzerwaffen hatte Deutschland eingeräumt.

Das Hauptverfahren ist mit dieser Entscheidung nicht beendet. Denn dem Antrag Deutschlands auf Streichung der Rechtssache folgte der Gerichtshof nicht; dies begründete der Gerichtshof damit, dass er nicht offensichtlich unzuständig ist. Die Konsequenz ist: Deutschland muss damit rechnen, im Haupverfahren doch noch verurteilt zu werden, wenn sich herausstellt, dass Deutschland Kriegswaffen an Israel liefert.

Auszüge aus der Zusammenfassung des IGH im Folgenden als DeepL Übersetzung, zum besseren Verständnis an einigen Punkten leicht korrigiert:

Weiterlesen


Nicaragua legt sich wegen des Völkermords in Gaza mit Deutschland an: Ein Interview mit Carlos Argüello Gómez , nicaraguanischer Anwalt und Diplomat.

Der nicaraguanische Anwalt und Diplomat Carlos Argüello Gómez spricht mit Max Blumenthal und Wyatt Reed von The Grayzone über seine Klage gegen die deutsche Regierung wegen ihrer Unterstützung des israelischen Völkermords im belagerten Gazastreifen, seine potenziell historischen Implikationen und seine Ähnlichkeiten mit dem erfolgreichen Fall, den er 1986 für den IGH vertrat und der massive Strafen gegen die Vereinigten Staaten für ihren illegalen schmutzigen Krieg gegen Nicaragua zu dieser Zeit verhängte.


Die Anhörung Deutschlands:

Dienstag, 09. April 2024, 10.00 – 10.00 Uhr: Mündliche Verhandlung (Deutschland)

Die Vertreterin Deutschlands, Frau Tania von Uslar-Gleichen, am zweiten Tag der Anhörungen Dienstag, 9. April 2024.
Foto: UN Photo/ICJ-CIJ/Frank van Beek. Mit freundlicher Genehmigung des IGH. Alle Rechte vorbehalten.

ICJ LIVE: Deutschland verteidigt sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen „Völkermord“-Behauptung im Gazastreifen | Israel-Deutschland | CNBC TV18

Aus den Darlegungen der Leiterin der deutschen Rechtsabteilung, Tania von Uslar-Gleichen:

„Deutschland kommt zu diesem Verfahren als Freund des Gerichtshofs und überzeugter Befürworter der friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten ….“

„Die Achtung und die Förderung des Völkerrechts sind Eckpfeiler der deutschen Verfassung und der deutschen Außenpolitik. Deutschland hat sich stets für die Förderung und Stärkung des humanitären Völkerrechts und der humanitären Grundsätze eingesetzt …“

„Deutschland hat aus seiner Vergangenheit gelernt …“

„Deutschland war schon immer ein starker Befürworter der Rechte des palästinensischen Volkes …“

„Unser Verhalten zielt darauf ab, die dramatische Lage in Gaza, die der Gerichtshof in seinen Beschlüssen beschreibt, zu lindern …“

„Deutschland liefert Waffen nur auf der Grundlage einer eingehenden Prüfung, die die Anforderungen des Völkerrechts nicht nur respektiert, sondern weit übertrifft ….“

„Wir setzen uns dafür ein, dass die Achtung des Völkerrechts auch unter so schwierigen Bedingungen in die tägliche Praxis umgesetzt wird…“

Wörtliche Aufzeichnung 2024/16 (engl. Fassung)
Öffentliche Sitzung am Dienstag, 9. April 2024, um 10 Uhr, im Friedenspalast unter dem Vorsitz von Präsident Salam im Fall angeblicher Verstöße gegen bestimmte internationale Verpflichtungen in Bezug auf das besetzte palästinensische Gebiet (Nicaragua gegen Deutschland)


dt. Fassung [1]Übersetzung durch https://www.deepl.com/de/translator

Hier zur Übersetzung:


Die Anhörung Nikaraguas:

Montag, 08. April 2024, 10.00 – 12.00 Uhr: Mündliche Verhandlung (Nicaragua)

Links von Herrn Gomez sitzt die Vertreterin Deutschlands, Frau Tania von Uslar-Gleichen.
Foto: UN Photo/ICJ-CIJ/Frank van Beek. Mit freundlicher Genehmigung des IGH. Alle Rechte vorbehalten.

Aus diesen Darlegungen (Video hier ansehen):

Im vorliegenden Fall ersucht Nicaragua den Gerichtshof … darum, Deutschland anzuweisen, die Unterstützung Israels bei seinem Vernichtungsfeldzug gegen das palästinensische Volk einzustellen“

„Der israelische Staat und insbesondere seine derzeitige Regierung sollten nicht mit dem jüdischen Volk verwechselt und gleichgesetzt werden. Die wahren Freunde des jüdischen Volkes sollten den Unterschied betonen. Die jüdischen Opfer in den Konzentrationslagern während des Zweiten Weltkriegs würden Mitgefühl und Empathie für die mehr als dreißigtausend Zivilisten empfinden …“

„Deutsche Unternehmen, die in der Rüstungsindustrie tätig sind, profitieren direkt von dieser Situation, da ihre Aktienkurse seit dem 7. Oktober gestiegen sind und sie haben die gemeinsamen Entwicklungsverträge für Waffen mit ihren israelischen Partnern erheblich ausgeweitet. …“

„Die von der Bundesrepublik erteilten Ausfuhrgenehmigungen sind mehr als zehnmal so groß wie im Jahr 2022. Die meisten dieser Genehmigungen wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 erteilt, nach dem Einmarsch Israels in den Gazastreifen und dem Beginn seines Krieges in dem Gebiet und gegen seine Bevölkerung. …“

„Am 23. November 2023 verkündete das israelische Verteidigungsministerium stolz und offen, dass es offiziell ein Abkommen über den Verkauf des Luftabwehrsystems Arrow 3 an Deutschland für geschätzte 3,6 Milliarden US-Dollar abgeschlossen hat, und bezeichnete es als den „größten Verteidigungsexport“, den Israel jemals getätigt hat …“

„Von den ersten Tagen der israelischen Militäraktionen in Gaza an wurde deutlich, dass schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht begangen wurden. Darauf haben u.a. der Generalsekretär der Vereinten Nationen am 9. Oktober, der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz am 11. Oktober und sogar auf politischer Ebene unter voller Beteiligung Deutschlands in der Erklärung des Hohen Vertreters der Europäischen Union am 10. Oktober eindringlich hingewiesen …“

„Mit all diesem unbestreitbaren Wissen über die Situation reagierte Deutschland mit einer Aufstockung seiner Militärhilfe für Israel. Die vollständige Unterstützung Israels, auch auf
politischer Ebene, war offensichtlich, als Südafrika am 29. Dezember 2023 seine Klage gegen Israel einreichte. Die prompte Reaktion Deutschlands war die Ankündigung, zugunsten Israels zu intervenieren …“

„Doch neben all diesen öffentlichen Erklärungen und Warnungen vor dem, was geschah, vertrat der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 26. Januar die Auffassung, dass der
Völkermord am palästinensischen Volk plausibel ist. Von diesem Moment an, um es mit den Worten eines Ihrer Mitglieder zu sagen, wurde der Alarm ausgelöst, und die Zeichen für
völkermörderische Aktivitäten leuchteten rot auf …“

„Und doch lieferte und liefert Deutschland bis heute Waffen und militärische Unterstützung an Israel im Allgemeinen. …“

„Angesichts der katastrophalen Hungersnot und Epidemien im Gazastreifen ist die Entscheidung Deutschlands, die Finanzierung des UNRWA auszusetzen und bis heute an der Aussetzung der Finanzierung der UNRWA-Maßnahmen im Gazastreifen festzuhalten, besonders bezeichnend für die Unterstützung Israels durch Deutschland … Das UNRWA sorgt für die Grundversorgung der vielen Flüchtlinge in diesem Gebiet …“

„Darüber hinaus hat Deutschland, das möglicherweise die Absurdität einer solchen Entscheidung erkannt hat, seine Entscheidung schließlich rückgängig gemacht, mit Ausnahme des schockierendsten Aspekts: der Aussetzung der Finanzierung der UNRWA-Maßnahmen in Gaza ⎯ genau dort, wo sie am dringendsten benötigt wird, um das Ausmaß der humanitären Katastrophe zu begrenzen.“

„Die Bundesrepublik hat am 19. Februar 2024 gemeinsam mit allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erneut ihre Besorgnis über „die humanitäre Lage in Gaza und das Leid der Geiseln sowie die Pläne der israelischen Regierung für eine mögliche Bodenoperation in Rafah“ zum Ausdruck gebracht. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang daran, „wie wichtig es ist, jederzeit den Schutz aller Zivilisten im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht zu gewährleisten und den rechtsverbindlichen Beschluss des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Januar zu respektieren“. Und trotzdem keine Aussetzung der militärischen Unterstützung für Israel.

Deutschland hat sich auch nicht bewegt, nachdem das Berufungsgericht in Den Haag zu dem Schluss kam, dass es „viele Anzeichen dafür gibt, dass Israel gegen das humanitäre Kriegsrecht verstoßen hat“ und das Königreich der Niederlande anordnete, „alle (tatsächlichen) Ausfuhren und Durchfuhren von F-35-Teilen mit Endbestimmung Israel einzustellen“. Das kanadische Parlament erinnerte daran, dass „Israel das humanitäre Völkerrecht respektieren muss und der Preis für den Sieg über die Hamas nicht das ständige Leiden aller palästinensischen Zivilisten sein kann“. Die kanadische Regierung hat die Genehmigung für die Ausfuhr von Rüstungsgütern gestoppt, wie andere Staaten zuvor auch. Deutschland tat dies nicht …“

Video zu Anhörung (Auszug)

Wörtliche Aufzeichnung 2024/15(engl. Version) Öffentliche Sitzung am Montag, 8. April 2024, um 10 Uhr, im Friedenspalast unter dem Vorsitz von Präsident Salam im Fall angeblicher Verstöße gegen bestimmte internationale Verpflichtungen in Bezug auf das besetzte palästinensische Gebiet (Nicaragua gegen Deutschland)

dt. Fassung [2]Übersetzung durch https://www.deepl.com/de/translator

Video zur Anhörung am 09.04.2024


Ankündigung der Liveübertragung der mündlichen Verhandlung

Liveübertragung:

Die Anhörungen werden Live und auf Abruf (VOD) in den beiden Amtssprachen des Gerichtshof auf der Webseite des IGH und auf UN Web TV gestreamt.

Hier zum Text der Presseerklärung vom 15.März zur öffentl. Anhörung: Originalfassung und hier in dt. Fassung


Der Antrag Nikaraguas

Hier noch einmal der Antrag Nikaraguas an den Internationalen Gerichtshof gegen Deutschland.


References

References
1, 2 Übersetzung durch https://www.deepl.com/de/translator