Beiträge vom Kongress „Ohne NATO leben – Ideen zum Frieden“

Nachfolgend wollen wir auf dieser Seite über den Kongress „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“ berichten, der am 21. Mai in Berlin in der Humboldt Universität stattfand.

Wir legen unser Augenmerk auf die veröffentlichen Beiträge der Webseite der Frieden-links-Bewegung und werden die dort veröffentlichten Beiträge des Kongresses nach und nach auch hier veröffentlichen.

Anfangen werden wir mit einer kleinen Fotogalerie.


Kleine Fotogalerie.

Onlineteilnehmer:

Auf dem Foto sind (von oben links nach unten rechts):

Yuri Sheliazhenko, Ukraine, Generalsekretär des Ukrainian Pacifist Movement, wissenschafticher Mitarbeiter der KROK Universität, Kyiv

Kristine Karch, Aktivistin, Moderatorin

Ulla Klötzer, Finnland, Women for Peace

Andrej Hunko, MdB DIE LINKE, deren Fraktionssprecher für Europapolitik, Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Eurparats

Dann, so wie ich es erkennen kann, noch einmal Kristine

Unten links ohne Bild: Ann Wright, Pensionierte Oberst der US-Army, Friedensaktivistin u.a. bei Code Pink, Internationaler Beirat der Kampagne Stopp Air Base Ramstein


Unter diesen Link könnt Ihr die ersten Antworten auf viele Anfragen und Rückmeldungen sehen:


Videobeiträge des Kongresses


Oskar Lafontaine: NATO – Russland und der Krieg in der Ukraine


Eugen Drewermann: Rede gegen den Krieg


Norman Paech: Die Globalen Regeln der NATO – und wo bleibt das Völkerrecht?

„In seiner gründlichen Auseinandersetzung mit Krieg und Völkerrecht erschließt Norman Paech bislang kaum bekannte bzw. wenig beachtete Einschätzungen und Urteile – bis zu seinem verblüffenden Schlußsatz:“Die Frage ist also nicht, wo bleibt das Völkerrecht, sondern wohin mit der NATO.“ Quelle


Künstliche Intelligenz als Waffe (Kongressvortrag)

…kreuzgefährlich und mit hoher Fehlerquote Schlauer als menschliche Intelligenz und weniger fehleranfällig soll die künstliche Intelligenz sein, die längst den Markt von Waffen und Kriegsgerät erobert. Doch KI als Teil etwa autonomer Killerdrohnen traf in Afghanistan Hochzeitsgesellschaften statt Taliban-Versammlungen oder den Mitarbeiter einer US-Hilfsorganisation und seine …


Weitere Videos vom internationalen Podium

Eine vollständige Liste aller Redebeiträge findet Ihr hier:


Schriftliche Beiträge des Kongresses:

Nachfolgend werden wir Beiträge zum Kongress zusammenstellen, die sich sowohl um erweiterte Fassungen der Redemanuskripte,  wie auch um Transkriptionen, die an dieser Stelle schrittweise ergänzt werden:

Grußwort von Prof. Dr. Gabriele Krone Schmalz
Hier geht´s zum Grußwort:
Wie die Nato neue globale Regeln schafft
von Norman Paech, Quelle: Heise
Krieg gegen das Klima
Wer die Umwelt retten will, darf die Friedensfrage nicht ausblenden.
Langfassung von Bernhard Trautvetters Kurzvortrag zum Thema „Krieg gegen das Klima“
Quelle: Heise
Beitrag von Eugen Drewermann (Transkription)
Wie können wir den Frieden zurückgewinnen und wie können wir ihn bewahren?
Hier geht's zum Text:
Beitrag von Oskar Lafontaine (Transkription)
NATO – Russland und der Krieg in der Ukraine
Hier geht´s zum Text:

Ausgewählte Presseberichte über den Kongress


Wie weit darf Kritik an der Nato gehen?

von  Telepolis-Artikel von Harald Neuber, 31.05.2022

Und wie sollte sich die Friedensbewegung zu Russland positionieren? Ein Kongress in Berlin wirft Fragen auf. Veranstalter wollen Stellung nehmen, eine Universität will Konsequenzen prüfen

Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Wie-weit-darf-Kritik-an-der-Nato-gehen-7127555.html

Auszug aus dem Artikel:

„Eine Nato-kritische Konferenz an der Humboldt-Universität Berlin hat heftige Debatten provoziert. Die Veranstaltung war von Aktivist:innen der Friedensbewegung organisiert worden und sollte die Rolle des Nordatlantikpaktes beim Krieg Russlands gegen die Ukraine kritisch beleuchten. Nun ist die Humboldt-Universität auf Distanz zu dem Event gegangen – und hat damit – ebenso wie die Veranstalter – Fragen aufgeworfen.“


Humboldt-Universität distanziert sich von Inhalten der Veranstaltung „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“, 27.05.2022

Quelle: https://www.hu-berlin.de/de/pr/nachrichten/mai-2022/nr-22527

Auszug aus der Presseerklärung:

„Die Veranstaltung „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“ wurde am 21. Mai 2022 im Hauptgebäude der Humboldt-Universität vom Verein „Aktiv für den Frieden – Stopp Ramstein e.V.“ durchgeführt, der zu diesem Zweck einen Hörsaal angemietet hatte. Der Kongress führte zu hoher medialer Aufmerksamkeit und Unmut über dort von Kongressteilnehmer:innen und Redner:innen gemachten Aussagen. Das Präsidium der Humboldt-Universität stellt im Nachgang klar, dass sich die Humboldt-Universität von diesen Aussagen distanziert.“

Pressemitteilung: Replik auf Stellungnahme des HU-Präsidiums

Quelle: https://frieden-links.de/2022/06/pm-replik-auf-stellungnahme-des-hu-praesidiums/

Auszug aus der Pressemitteilung, 02.06.2022

„Mit Datum vom 27.5.2022 liegt eine Stellungnahme des Präsidiums der Humboldt-Universität vor, veröffentlicht von der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unter dem Titel: Humboldt-Universität distanziert sich von Inhalten der Veranstaltung „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“
Quelle: https://www.hu-berlin.de/de/pr/nachrichten/mai-2022/nr-22527

Dazu nehmen wir als Veranstalter wie folgt Stellung:

In der Stellungnahme Humboldt-Universität distanziert sich von Inhalten der Veranstaltung „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“ führt das Präsidium der Humboldt-Universität allgemeine Kriterien für externe Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Humboldt-Universität auf, die auch für uns selbstverständlich sind. Dazu heißt es:“


Nein zu Nato und Krieg – Ja zum Frieden (Vier.)

von Tilo Gräser – 23.5.2022

Die wahrscheinlich umfassendste Darstellung des Kongresses und in vollem Umfang lesenswert.

Quelle: https://www.vierte.online/2022/05/23/kongress-nein-zu-nato-und-krieg-ja-zum-frieden/

Auszug aus dem Artikel:

Der Kongress in der Humboldt-Universität war ein deutliches und klares Nein an die Kriegstreiber vor allem der Nato. Dazu trugen auch jene aus verschiedenen Ländern bei, die zu Fragen des Völkerrechts, den internationalen Perspektiven und Themen wie Umweltschutz und Künstliche Intelligenz als Waffe sprachen.

Dass das Nein nicht zu übersehen und zu überhören war, zeigten ebenso die Störmanöver und Angriffe im Vorfeld, während der Veranstaltung und mancher abwertende Mainstream-Medienbericht danach. Die Organisatoren lassen sich davon nicht beeindrucken, wie die Journalistin und Friedensaktivistin Christiane Reymann als eine von ihnen zum Abschluss erklärte. Sie wollen den Kongress dokumentieren und die begonnene gemeinsame Arbeit fortsetzen, auch mit neuen Ideen.


Friedensbewegung aus Schockstarre erwacht (Telepolis)

von Peter Novak – 23.5.2022

Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Friedensbewegung-aus-Schockstarre-erwacht-7102841.html

Auszug aus dem Artikel:

So positiv es da ist gegen die Vaterlandsverteidiger aller Seiten die Nato zu kritisieren, so bedauerlich ist, dass auf dem Kongress die Mängel der deutschen Friedensbewegung aus den 1980er-Jahren sich wiederholten. So sieht der nun wieder parteilose Sozialdemokrat Oskar Lafontaine den Hauptfeind noch immer in den USA, denen er vorwirft auch im Ukraine-Konflikt keinen Frieden zu wollen.


Die Mär von der Putin-Lobby (nd)

Um eine Veranstaltung von Nato-Kritikern rankten sich Gerüchte und Desinformation

von Ramon Schack – 22.5.2022

Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163998.friedensbewegung-die-maer-von-der-putin-lobby.html

Auszug aus dem Artikel:

»Schämt Euch!«, schall­te es den Besu­chern des Kon­gres­ses »Ohne Nato leben – Ideen zum Frie­den« ent­ge­gen, als sie am Sonn­abend ver­such­ten, den Ver­an­stal­tungs­ort durch den Hin­ter­ein­gang der Ber­li­ner Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu betre­ten. Ein zah­len­mä­ßig über­schau­ba­res Häuf­lein hat­te sich dort ver­sam­melt, offen­sicht­lich unter der Regie eines älte­ren Man­nes ste­hend, der wie ein jün­ge­rer Bru­der des im letz­ten Jahr ver­stor­be­nen Dort­mun­der Neo­na­zi-Funk­tio­närs Sieg­fried Bor­chardt (»SS-Sig­gi«) aus­sah und eben­so auf­trat. Der Mann, beklei­det wie ein Ange­hö­ri­ger para­mi­li­tä­ri­scher Mili­zen, inklu­si­ve einer ukrai­ni­schen Flag­ge, wel­che er um den Ober­arm gebun­den hat­te, schnitt dem Jour­na­lis­ten den Weg zur Ver­an­stal­tung ab und rede­te wie einer die­ser »Lügenpresse«-Krakeeler, vor allem als er den Namen des Medi­ums, »nd«, vernahm. […]


»Ohne NATO leben«: Absage an Konfrontation (Junge Welt)

Von Chiara Schuster – 24.5.2022

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/427100.ohne-nato-leben-absage-an-konfrontation.html

Auszug aus dem Artikel:

»Ohne NATO leben – Ideen zum Frieden«. So lautete das Motto des Kongresses am Sonnabend in der Humboldt-Universität in Berlin, den nach Angaben der Veranstalter insgesamt 1.000 Zuhörer vor Ort beziehungsweise per Livestream verfolgten. Es ging um den Ukraine-Krieg, die Rolle von Medien und Politik sowie Visionen für eine friedlichere Welt. Besonders beeindruckend war die emotionale »Rede gegen den Krieg« des 81jährigen Theologen und Schriftstellers Eugen Drewermann. Im Zentrum standen die »wichtigste Frage unserer Zeit« – wie Frieden zurückgewonnen und bewahrt werden kann – sowie eine explizite Kapitalismus- und Imperialismuskritik.


Selbst an dieser ungehörigen Parole nimmt hier niemand Anstoß (Welt)

von Thomas Schmid – 23.5.2022

Quelle mit Bezahlschrankehttps://www.welt.de/kultur/plus238909573/Ohne-Nato-leben-Kongress-Selbst-an-dieser-ungehoerigen-Parole-nimmt-hier-niemand-Anstoss.html

Auszug aus dem Artikel:

Oskar Lafontaine erinnert an Erich Honecker, Eugen Drewermann hebt den Zeigefinger, und auf Bettlaken steht „Hände weg von Russland“: An der Berliner Humboldt-Universität trifft sich eine Friedensinitiative der Linken zum Kongress – und wendet sich gegen die Oligarchie des Westens.

Die traurigste Episode einer Tagung mit dem Titel „Ohne Nato leben“: Ein junger Georgier meldet sich zu Wort. Er sagt, er möchte auch gerne Pazifist sein. Nachdem er aber erlebt habe, wie seine Heimat vom russischen Militär bombardiert worden sei, halte er das für schwer. Ob ihm Eugen Drewermann da helfen könne. Dessen Antwort: „Ich sage, dass Sie keine Angst vor Russland haben müssen.“


Wenn die Nato an allem schuld ist. Die Friedensfreunde und Russland (Welt Blog)

von Thomas Schmid – 23.5.2022

Quelle: https://schmid.welt.de/2022/05/22/wenn-die-nato-an-allem-schuld-ist-die-friedensfreunde-und-russland/

Auszug aus dem Artikel:

Im Flur der Berliner Humboldt-Universität, erster Stock, linker Seitenflügel, hatten Teilnehmer des Kongresses ein unübersehbares Transparent aufgespannt. In roten Großbuchstaben steht da auf Weiß geschrieben: „Hands off Russia – Hände weg von Russland.“ Die beiden, die es hochhalten, tragen blütenweiße Corona-Masken. Pausengeschehen beim Kongress mit dem Titel: „Ohne NATO leben – Ideen zum Frieden“. Organisiert hat die Versammlung eine Friedensinitiative, die der Linkspartei nahesteht. Im Saal werden einige, wenn auch eher verschämt, den russischen Angriff auf die Ukraine kritisch erwähnen, die eigentliche Zielrichtung der vor allem älteren Teilnehmer aber ist eine andere: Nicht Russland, sondern die Nato gilt als Aggressor. Nicht Russland will die Ukraine vernichten, sondern vielmehr die Nato Russland. An dieser Parole, die den Täter zum Opfer erklärt, nimmt niemand Anstoß.


Einladungstext zum Kongress

hier der lesenwerte Text zur Einladung zu dem Kongress am 21. Mai 2022 in die Humbold Universität


Pressemitteilung: Replik auf Stellungnahme des HU-Präsidiums zur Veranstaltung „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“

Mit Datum vom 27.5.2022 liegt eine Stellungnahme des Präsidiums der Humboldt-Universität vor, veröffentlicht von der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unter dem Titel: Humboldt-Universität distanziert sich von Inhalten der Veranstaltung „Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden“

Hier geht es zur Pressemitteilung:


Völkerrechtswidrige Angriffe der Türkei auf kurdische Gebiete nicht weiter dulden

„Weitgehend unbeachtet von der hiesigen Öffentlichkeit greift die Türkei wieder einmal kurdische Gebiete im Nordirak und in Nordsyrien an. Am 17. April 2022 startete die türkische Armee ihre Großoffensive „Claw-Lock“, die sich nach offiziellen Angaben der türkischen Regierung gegen PKK-Stellungen richtet. Wie bereits in der Vergangenheit wird aber auch die kurdische Zivilbevölkerung getroffen.

Angriffe nicht weiter dulden

Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) fordert von der Bundesregierung, die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei endlich öffentlich scharf zu verurteilen.“

Auszug aus der Stellungnahme der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriesdienstgegnerInnen“

zum Wortlaut der Stellungnahme:

1. Mai 2022 – Fotogalerie und Video

„Nach den beiden Corona-Jahren konnten die diesjährigen 1.Mai-Demonstrationen an Strahlkraft und Beteiligung wieder an das Niveau vor der Pandemie anschließen. Nach Polizeiangaben folgten dem Aufruf des DGB am Vormittag 7.500 Menschen und auf der „revolutionären 1.Mai-Demonstration“ am Abend zählte die gleiche Behörde 14.000. Die Fahrraddemo „My Gruni“, die sich ebenfalls als Tradition etabliert hat und die zahlreihen dort beheimateten Vermögenden über ihre Pflichten aufklärt und ihnen die Probleme der Bevölkerungsmehrheit nahebringt, schaffte es auf die Hälfte der Zahl der Teilnehmer:innen der gewerkschaftlichen Demo. Auf der Abschlusskundgebung des DGB hatte vor allem die regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey einen schweren Stand. Sie brach ihre Reden nach starken Buhrufen ab und wurde sogar Zielscheibe einzelner Eierwürfe. Offensichtlich gaben Kundgebungsteilneher:innen hier ihrem Unmut freien Lauf“ – so Jochen Gester und Peter Vlatten auf der website „Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin“, weiterlesen hier

Video: Ingo Müller

Zwei offene Briefe

Zu dem offenen Brief an Bundeskanzler Scholz vom 21. April 2022 ist ein weiterer offener Brief an den Bundeskanzler vom 29. April 2022 gekommen. Wir dokumentieren beide offenen Briefe:


Offener Brief an Olaf Scholz vom 29. April 2022

Dieser Brief vom 29. April 2022 an den Bundeskanzler wurde innerhalb weniger Stunden von über 10.000 Menschen unterzeichnet, einen Tag später schon von über 50.000 und fünf Tage später von 200.000:

“ …. wir begrüßen, dass Sie bisher so genau die Risiken bedacht hatten: das Risiko der Ausbreitung des Krieges innerhalb der Ukraine; das Risiko einer Ausweitung auf ganz Europa; ja, das Risiko eines 3. Weltkrieges. Wir hoffen darum, dass Sie sich auf Ihre ursprüngliche Position besinnen und nicht, weder direkt noch indirekt, weitere schwere Waffen an die Ukraine liefern …“ … hier weiterlesen, es kann dieser offene Brief auch unterschrieben werden


Offener Brief an Olaf Scholz vom 21. April 2022

Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben am 21. April 2022 einen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz veröffentlicht: “Wenn Verantwortung tragende Menschen wie Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Entwicklung nicht stoppen, steht am Ende wieder der ganz große Krieg. Nur diesmal mit Atomwaffen, weitreichender Verwüstung und dem Ende der menschlichen Zivilisation. Die Vermeidung von immer mehr Opfern, Zerstörungen und einer weiteren gefährlichen Eskalation muss daher absoluten Vorrang haben … Wir fordern daher die Bundesregierung, die EU- und NATO-Staaten auf, die Waffenlieferungen an die ukrainischen Truppen einzustellen”… weiterlesen hier, es kann auch dieser offene Brief unterschrieben werden …

Arbeitsgericht für verbandsfreien Streik – ein erster Erfolg!

Das Arbeitsgericht hat in einem Rechtsstreit, in dem Kollege RA Martin Bechert einen gekündigten Kollegen gegen Gorillas verteidigt hat, die Kündigung wegen Teilnahme an einem verbandsfreien Streik aus mehreren Gründen für unwirksam erklärt:

Unter 1..1.2.1 stellt das Gericht fest, dass Gorillas nicht ausreichend dargelegt habe, ob der Gekündigte überhaupt verstanden hat, um was es ging.

Unter 1.1.2.2. stellt das Arbeitsgericht fest, es sei nicht klar, ob es sich um einen Streik gehandelt habe oder ob der Gekündigte nur von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht habe.

Dann heißt unter 1.1.2.3. wörtlich: „Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Streikrecht nicht kodifiziert ist und somit auch die propagierte Notwendigkeit, dass ein Streik gewerkschaftlich organisiert sein muss, keine gesetzliche Grundlage hat. Dementsprechend vertritt die Literatur (Däubler/Heuschmidt, Arbeitskampfrecht, Seite 172 Randnummer 51) auch die Auffassung, dass das ganze Spektrum von Handlungsmöglichkeiten, die Artikel 28 EU-GRC eröffnet, jeder Gewerkschaft, aber auch jeder gemeinsam handelnden Arbeitnehmergruppe zustehe. Artikel 28 EU-GRC schütze daher auch den nicht gewerkschaftlichen „wilden“ Streik. Entsprechende Bedenken wurden auch in der Tagespresse geäußert (Tagesspiegel vom 02.10.2021, Seite 8). Mithin ist es keineswegs gesichertes Recht, dass ein Aufruf zu einem sogenannten wilden Streik einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstellt. Die Frage, ob die Teilnahme hieran einen Kündigungsgrund darstellt, stellt sich somit heute grundlegend anders als vor dem Inkrafttreten der Europäischen Grundrechtecharta (vergleiche zur früheren Rechtslage Lorenz, AiB 1998, 655).“  

Und wird unter 1.1.2.4 festgestellt, dass den Gekündigten trifft keine Schuld trifft, denn die Rechtslage sei so vielschichtig gewesen, dass er davon ausgehen durfte, dass sein Verhalten rechtmäßig sei.

Außerdem habe es an der erforderlichen Abmahnung gefehlt (siehe 1.1.2.5)

Hier der volle Wortlaut der Begründung: https://www.arbeitsrecht-berlin.de/urteil-des-arbeitsgerichts-berlin-zum-wilden-streik/

Kollege Bechert nimmt in seinem Blog zu diesem Urteil Stellung.

Herzlichen Glückwunsch an den Kollegen RA Bechert! Ein Gespräch der Jungen Welt vom 9. Mai 2022 mit RA Martin Bechert über diesen Erfolg hier lesen.

Mit Sicherheit wird Gorillas in die Berufung gehen. Aber diese Entscheidung des Arbeitsgerichts ist ein wichtiger erster Erfolg.

Es wird ein langer Kampf und eine große Kampagne für ein umfassendes Streikrecht.

Über den Verkauf von 200.000 landeseigenen Wohnungen und den Kampf um deren Rückübereignung

In dem folgenden Video „Wem gehören die Wohnungen?“ in der Reihe „Wem gehört die Welt?“ wird beschrieben, warum die Initiative ‘Deutsche Wohnen & Co. enteignen!’ entstand und wie der Senat versuchte, mit einem Rückkauf von 14.000 Wohnungen dem Volksentscheid zur Enteignung von über 200.000 Wohnungen den Wind aus den Segeln zu nehmen (11 Minuten):

Vivantes: Verträge sind einzuhalten! Video + Fotogalerie zur Übergabe der Petition ‚Umsetzung der Tarifverträge‘, 27.04.2022

Verträge sind einzuhalten! Doch die Vivantes Geschäftsführung zögert die Umsetzung der Tarifverträge Pro Personal seit Januar 2022 hinaus. „Nach wie vor erhalten zahlreiche Beschäftigte der Vivantes Tochterunternehmen Stundenlöhne, die unter dem Landesmindestlohn von 12,50 € liegen. Nur durch Zuschläge erreichen unsere Kolleg*innen den Landesmindestlohn …“ heißt es in einer Petition, die von hunderten Beschäftigten unterschrieben wurde. Heute fand vor der Vivantes Zentrale die öffentliche Übergabe dieser Unterschriften-Petition statt. Entgegennehmen sollte diese Petition:

  • Senatorin Ulrike Gote, Berliner Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Bündnis 90/Die Grünen und
  • Senator Daniel Wesener, Senator für Finanzen des Landes Berlin. Er war von 2011 bis 2017 Landesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen

Das Ergebnis könnt Ihr unten in dem Video sehen.

Letztendlich nahm Silvia Habekost, Krankenschwester und KfH die Petition entgegen, um sie im Namen der Belegschaft an die Verantwortlichen zu übergeben.

Hier geht es zur Fotogalerie:

und hier der Wortlaut der Petition:

Letztendlich das Video:

Hinweis von RA Benedikt Hopmann: In dem Video meinen die Senatorin Gote und Senator Wesener, sie seien als Mitglieder des Aufsichtsrats nicht berechtigt, in das operative Geschäft der Geschäftsführung einzugreifen. Aber sie sind nicht nur Mitglieder des Aufsichtsrats, sondern auch Mitglieder des Senats, der das Land Berlin vertritt und damit als alleiniger Gesellschafter der Vivantes GmbH alles bestimmen kann. In dieser Funktion als Eigentümer ist der Senat bzw. sind die Mitglieder des Senats berechtigt, auf einer Gesellschafterversammlung Einzelanweisungen gegenüber der Geschäftsführung zu erteilen (§ 37 GmbHG).

Die Senatorin und der Senator hätten also ihre Funktion als Aufsichtsratsmitglieds für kurze Zeit mit der Funktion als Gesellschafter der Vivantes GmbH austauschen und so die Petition annehmen und erklären können, dass der Senat in seiner Funktion als Eigentümer auf die rasche Umsetzung der Tarifverträge drängen wird – notfalls per Weisung. Diesen Einfluss kann der Senat auch auf die Tochter-Gesellschaften der Vivantes GmbH geltend machen.

«Jede militärische Lösung führt in die Katastrophe!»

Die Menschen haben Angst. Und das aus guten Gründen. Sie befürchten, dass der Krieg eskaliert. Der Krieg muss beendet werden. Dr. Erich Vad, Brigadegeneral a.D. und von 2006 bis 2013 militärischerpolitischer Berater der ehemaligen Bundeskanzlerin Merkel, hat ein Interview gegeben, indem er auf einige Fragen in diesem Zusammenhang antwortet.

Hier das Interview in vollem Wortlaut lesen …. .

Dr. Erich Vad ist gegen die Lieferung von schweren Waffen in die Ukraine:

Hier ein kurzer Film dazu …

Und hier Dr. Erich Vad in der der Sendung Maybritt Illner am 21. April 2022

Überlegungen zur „Ahnengalerie“ des Bundesarbeitsgerichts

Dr. Martin Borowsky ist Richter am Landgericht Erfurt und früherer wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesarbeitsgericht. Seit Frühjahr 2019 forscht er zur NS-Belastung des Gerichts. Bei dem folgenden Beitrag handelt es sich um die erste wissenschaftliche Veröffentlichung zum Thema. Der Beitrag wurde im Dezember 2021 in „Betrifft: JUSTIZ“ Nr. 148 veröffentlicht. Wir veröffentlichen diesen Beitrag mit freundlicher Genehmigung dieser Zeitschrift und des Autors.

„Mit Stolz kann man auch auf die erste arbeitsgerichtliche Nachkriegsgeneration zurückblicken“

Überlegungen zur „Ahnengalerie“ im Bundesarbeitsgericht

Von Martin Borowsky

„Mit Stolz kann man auch auf die erste arbeitsgerichtliche Nachkriegsgeneration zurückblicken“ – dieses Zitat stammt von Peter Hanau, dem Doyen des deutschen Arbeitsrechts, der zum 60-jährigen Jubiläum des Bundesarbeitsgerichts, das im Mai 1954 gegründet wurde, im Jahr 2014 eine Chronik verfasst hat und bei der Geschichte beginnt. Es ist aufschlussreich, wie Hanau zu dieser Wertung kommt. Er beginnt „Das Bundesarbeitsgericht hat nicht bei Null angefangen, sondern hat im Arbeitsrecht und in der Arbeitsgerichtsbarkeit wichtige Vorgänger“. Dann stellt er Hugo Sinzheimer in den Mittelpunkt seiner Ausführungen, den Vater des deutschen Arbeitsrechts, der als Jude später verfolgt wurde. Hanau geht knapp auf den Nationalsozialismus ein. Ich zitiere: „Im Nationalsozialismus ging das Recht weitgehend verloren und eine verderbte Politik gewann die Oberhand. Die Gerichte haben dem wenig Widerstand entgegengesetzt, während in den nicht politisch infizierten Angelegenheiten die Rechtsentwicklung normal weiterging, so dass das Bundesarbeitsgericht auf Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts zurückgreifen konnte.“ Interessant, dass Hanau die Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts im „Dritten Reich“ nicht als politisch infiziert ansieht. Dann berichtet er noch von widerständigen Arbeitsrichtern im „Dritten Reich“, und vor diesem Hintergrund resümiert er: „Es ist gut zu wissen, dass es solche Vorgänger gibt. Mit Stolz kann man auch auf die erste arbeitsgerichtliche Nachkriegsgeneration zurückblicken, die unter widrigsten Umständen an die Weimarer Tradition anknüpfen und sie selbständig fortentwickeln konnte.“ Im Lichte eines solchen positiven Narrativs – Sinzheimer als jüdischer Vater des Arbeitsrechts, widerständige Arbeitsrichter, unbelastete „saubere“ Judikate des Reichsarbeitsgerichts und der Arbeitsgerichtsbarkeit – begegnet eine Ahnengalerie, wie wir sie am Bundesarbeitsgericht vorfinden, keinerlei Bedenken und Einwänden. Im Gegenteil: Mit Stolz könne man auf die Portraits der Richter:innen in der Ahnengalerie blicken.

Die wenigsten unter Ihnen dürften diese Ahnengalerie vor Augen haben. Sie befindet sich im Konferenzbereich im zweiten Stock. Rechts befinden sich die Portraits der Präsidenten in Öl, links Fotoportraits der in jüngerer Zeit ausgeschiedenen Bundesrichter. Linker Hand gibt es noch einen Konferenzraum, in dem etwa wöchentliche Kaffeerunden stattfinden, wo sich die Richter und Richterinnen versammeln. Dort hängen auch die Portraits der ersten Generation der Bundesrichter und Bundesrichterinnen.

Im Grunde genommen ist die selbstsichere Wertung von Hanau erstaunlich, weil es 2014 an jeder Tatsachengrundlage fehlte und bis heute fehlt. Vor 2014 war nur die Biografie von Nipperdey, dem ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, erforscht worden; danach die Biografien von Marie Luise Hilger und von zwei Richtern, Walter Schilgen und Hugo Berger – dies von Georg Falk, weil sie vorher am OLG Frankfurt tätig waren. Das heißt, Hanau kommt zu dieser Wertung ohne jede Tatsachengrundlage. Dies kontrastiert mit der Jubiläumsschrift für die Bundesrechtsanwaltskammer aus derselben Zeit, die sich sehr eindringlich und intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und auch die belasteten Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer deutlich benennt. Es kontrastiert auch mit meinen vorläufigen, zwischenzeitlichen Erkenntnissen aufgrund der nunmehr bald dreijährigen Forschungen zu der NS-Belastung einzelner Bundesarbeitsrichter.

Ich möchte hier nur kurz in Erinnerung rufen: Von den 25 untersuchten Personen sind rund die Hälfte als erheblich bis schwer belastet anzusehen. Von zehn Juristen, die schon im „Dritten Reich“ in der Justiz tätig waren, halte ich neun für so belastet. Es gibt zwei spätere Vizepräsidenten, Hermann Stumpf und Friedrich Auffarth, die in der SA engagiert waren; es gibt Hans-Gustav Joachim, der eine Dissertation im Geiste des eliminatorischen Antisemitismus verfasst hat, und wir sehen in der Ahnengalerie sechs Juristen, die aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit als schwer belastet zu gelten haben. Es handelt sich um zwei ehemalige Rechtsanwälte, Boldt und Holschemacher, die in der Wehrmacht im Divisionsstab als Ic-Offiziere, also als Führungsoffiziere für die Geheime Feldpolizei – das war die Gestapo der Wehrmacht – tätig waren. Dann Schilgen, der am Oberlandesgericht in Kattowitz, heute Polen, im politischen Strafsenat Todesurteile zu verantworten hatte. Kattowitz liegt in unmittelbarer Nähe von Auschwitz mit eigenem Amtsgericht – das konnte ihm nicht verborgen geblieben sein. Weiter Willy Martel und Theodor Simons, die an Sondergerichten – „Panzertruppe der Rechtspflege“ (Freisler) – Todesurteile fällten, die als Mord qualifiziert werden könnten, und schließlich Georg Schröder, der in den Niederlanden der führende Jurist für die Arisierung, Enteignung, Ausplünderung der niederländischen und in die Niederlande geflüchteten Juden war. Furchtbare Juristen. Vor diesem Hintergrund erstaunt die Auffassung von Hanau.

Meine Ausführungen gliedern sich im Weiteren in zwei Teile: die Belastungsgeschichte des Bundesarbeitsgerichts und dann die Suche nach Gründen für die mangelnde Erforschung und Aufarbeitung bis zum heutigen Tag.

Belastungsgeschichte

Was waren die Gelegenheiten und Gründe für eine individuelle oder kollektive Konfrontation der Richter und Richterinnen mit ihrer Vergangenheit, für eine – unabschließbare – Aufarbeitung? Bedauerlicherweise habe ich keine Einsicht in Generalakten bekommen können. Meine Bewertung stützt sich also nur auf Personalakten, Urteile und Publikationen, die ich finden konnte. Ich identifiziere jetzt Aufarbeitungsfenster, Chancen und Möglichkeiten, innezuhalten und herauszufinden, was jemand konkret getan hat. Und auch, was die Institution Bundesarbeitsgericht hätte unternehmen können.

Dreh- und Angelpunkt ist die Entnazifizierung. Die Entnazifizierungsakten liegen zu praktisch allen Bundesrichtern vor. Spannend sind die „Persilscheine“, mit denen sie weißgewaschen wurden und die sie sich auch untereinander ausgestellt haben. Nipperdey hat so dem späteren Vizepräsidenten Stumpf einen Persilschein ausgestellt, und umgekehrt Stumpf Nipperdey. Und wie nicht anders zu erwarten, sind nahezu alle damals betroffenen Juristen als entlastet oder sogar nicht betroffen eingestuft worden. Das waren in der Regel Männer um die 40, hoch ehrgeizig, die zum größten Teil der Generation des Unbedingten angehörten, und deren Karriere noch nicht zu Ende sein sollte. Alle haben es geschafft, dieses Entréebillet in die Nachkriegsjustiz zu bekommen, und konnten so entweder, wenn sie schon vorher Justizjuristen waren, wieder aufgenommen werden, bzw. – als ehemalige Anwälte oder Wissenschaftler – erstmals in die Justiz aufgenommen werden. Nach meiner bisherigen Erkenntnis sind sie fortan unbehelligt geblieben, bis auf zwei oder drei Ausnahmen, bei denen es ganz konkrete besondere Anlässe für eine Befassung gab.

Weitere Gelegenheiten zur Aufarbeitung blieben ungenutzt, so z.B. die Beförderung in der Landesjustiz – die Bundesrichter kamen ja in der Regel über das Landesarbeitsgericht oder ein Oberlandesgericht zum Bundesarbeitsgericht. Da wäre Gelegenheit gewesen, sich mit ihrer Vergangenheit zu befassen. Und die Wahl zum Bundesrichter. In den Akten, die ich in Koblenz einsehen konnte, waren zumindest die formellen Mitgliedschaften in NSDAP, SA, SS erfasst. Aber diese Mitgliedschaften waren kein Hinderungsgrund für die Berufung. Erstaunlich auch, dass sich bisweilen in den Akten der Name von Fritz Bauer als Vertreter der hessischen Justiz findet – auch er hat offenbar keinen Anstoß genommen. Gelegenheit hätte zudem die Beförderung am Bundesarbeitsgericht selbst geboten. Weiter hätte die Blutrichter- und Braunbuchkampagne der DDR den Anstoß geben können, sich der Vergangenheit zu stellen. Dort sind immerhin vier Richter am Bundesarbeitsgericht angeprangert worden. Später ging es um Honorarprofessuren. Ich habe mir zwei oder drei Berufungsvorgänge anschauen können: Dort wird die Vergangenheit so gut wie nicht thematisiert. Es haben auch mehrere NS-Juristen das Bundesverdienstkreuz bekommen, so der erheblich belastete Vizepräsident Hermann Stumpf. Beim Bundespräsidialamt war man darüber jetzt auch erstaunt, denn eigentlich wären Regelanfragen beim Berlin Document Center fällig gewesen, aber die sind wohl unterblieben. Die Ehrungen waren also kein Anlass, Nachforschungen anzustellen. Das gilt auch für die offiziellen Nachrufe und die wenigen biografischen Skizzen, die es zu diesen Richtern gibt. So hat der Vizepräsident Dirk Neumann zu einem Richter am Reichsarbeitsgericht, Johannes Denecke, der noch kurz am Bundesarbeitsgericht tätig war, aus den Personalakten positiv zitiert, aber die negativen Belege daraus schlicht weggelassen, die etwa besagten, dass Denecke Urteile im Geiste des Nationalsozialismus fälle, die in der nationalsozialistischen Presse begeistert gefeiert würden.

Es gab drei Ausnahmen, bei denen die Vergangenheit hochgekommen ist. Zunächst Martel und Simons, die an Sondergerichten Todesurteile gefällt haben. Da wurde eine rote Linie überschritten. Diese beiden Herren durften dann still und heimlich bei vollen Bezügen in den Vorruhestand gehen. Bei Joachim ist Ende der 70er Jahre die Doktorarbeit aufgefallen. Der Spiegel und andere Presseorgane haben skandalisiert – aber da war er schon Präsident des Landesarbeitsgerichts in Frankfurt, und der Skandal hat nicht mehr das Bundesarbeitsgericht erreicht.

Eine individuelle Aufarbeitung im Einzelfall hat mithin nicht stattgefunden. Dies gilt leider auch für die kollektive oder institutionelle Aufarbeitung. Da ist erstaunlich, dass die einflussreiche 68er-Generation, die auch am Bundesarbeitsgericht maßgeblich gewirkt hat, sich offenbar nicht mit der eigenen Geschichte befasst hat. Auch diverse Publikationen in den letzten Jahrzehnten, die Probleme aufgezeigt haben, hat man nicht zum Anlass genommen, in die Tiefe zu gehen. Das gilt etwa für die Doktorarbeit von Marc von Miquel, der schon 2004 die Braunbuchkampagne der DDR auswertet und vier Richter am Bundesarbeitsgericht benennt, oder die großen Forschungen von Hubert Rottleuthner 2010, oder eine Habilitationsschrift von Britta Rehder zum Bundesarbeitsgericht und dessen Frühgeschichte von 2011. Die Autobiografie des Präsidenten Thomas Dieterich aus 2016, exzellent und gut lesbar, spricht gelegentlich Problemfälle an, so Martel am Sondergericht, und zwischen den Zeilen meine ich zu lesen, dass Dieterich eine Aufarbeitung wünschte. Leider ist er kurz darauf verstorben. Ein letztes Beispiel ist die ebenfalls 2016 veröffentlichte Dissertation meiner Thüringer Kollegin Misselwitz zu Marie Luise Hilger.

Diese Publikationen haben nicht wirklich interessiert. Frau Misselwitz zum Beispiel wurde nie eingeladen, ihre Doktorarbeit beim Bundesarbeitsgericht zu präsentieren. Immerhin hat sie einen Preis des Deutschen Juristinnenbundes für ihre Forschung erhalten.

Es gab sogar einen Großversuch: Die damalige Generalbundesanwältin Monika Harms hat 2008 oder 2009 angeregt, dass sich Bundesjustizministerium und Bundesgerichte mit ihrer Vergangenheit befassen. Diese Initiative ist bekanntlich gescheitert. Auf verschlungenen Wegen ist daraus allerdings zum einen das Rosenburg-Projekt entstanden, zur Aufarbeitung der Geschichte des Bundesjustizministeriums, und zum anderen eine Ringvorlesung an der Universität Jena zu der frühen Rechtsprechung der Bundesgerichte. Gerade Jena geht vorzüglich voran bei der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Was allerdings die Bundesgerichte angeht, ist das Projekt im Sande verlaufen. Laut Jena war die Bereitschaft der Bundesgerichtspräsident:innen sehr unterschiedlich ausgeprägt, Akten zur Verfügung zu stellen. Es werden auch Finanzprobleme angeführt. Das Bundesarbeitsgericht soll sich sogar – als „nachkonstitutionelles Gericht“ – als nicht betroffen angesehen haben. Eine Aufarbeitung oder auch nur Thematisierung einer möglichen NS-Belastung fand nicht statt.

Zusammengefasst: Es gab ein Nicht-Wissen, aber es war auch Nicht-Wissen-Wollen, so dass sich bis heute der Mythos des unbelasteten Gerichts halten konnte.

Erklärungsversuche

Das zweite große Themenfeld sind die Erklärungsversuche – eine Annäherung, warum man sich nicht mit der eigenen Geschichte befasst hat. Zunächst banal: schlichtes Desinteresse und andere Prioritäten. Auch kollegiale Rücksichtnahme, Takt. Ich habe schon Dirk Neumann erwähnt, dessen Biografie ich wegen des fehlenden Ablaufs von Schutzfristen nicht erforsche. Man nimmt zudem Rücksicht auf Angehörige.

Weiter gibt es wissenschaftliche Nähebeziehungen: Das deutsche Arbeitsrecht ist eine überschaubare geschlossene Welt, un petit monde, in der man sich kennt, austauscht, mit vielen Vernetzungen und Freundschaften und Feindschaften. Da nimmt man Rücksicht aufeinander. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es den Übervater Nipperdey aus Köln gab, den ersten Präsidenten. Köln ist maßgeblich für die erste Richtergeneration. Nipperdey hatte bei sehr vielen Berufungen und Wahlen zum Bundesarbeitsgericht seine Hände im Spiel. Das spiegelt sich auch in der regionalen Herkunft der ersten Richter wider. Sie kamen zum Großteil entweder aus NRW oder aus Hessen. Bremer, Saarländer, Bayern waren lange nicht vertreten. Ich erinnere an diesen berühmten Historikertag, wo Schüler meinten, ihre Lehrer verteidigen zu müssen – so ähnlich stelle ich es mir auch hier vor: wissenschaftliche Nähebeziehungen. Belastete Juristen als Namensgeber für führende arbeitsrechtliche Kommentare … Das führte dann dazu, dass man schwieg. Ein kollektives und kommunikatives Beschweigen. Auch nachdem meine ersten Forschungsergebnisse über die FAZ und andere Medien wie den MDR ab Dezember 2020 in die Öffentlichkeit gekommen sind, herrscht Schweigen in der Welt des Arbeitsrechts. Die führende arbeitsrechtliche Zeitschrift NZA hat auf diverse Zuschriften von mir keinerlei Reaktion gezeigt. Siehe Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“

Familiäre und gesellschaftliche Verflechtungen treten hinzu. Es fehlt allerdings an einer Richtersoziologie, anders als in den USA: Zur Herkunft, Einstellung usw. der Bundesrichter:innen liegt kaum Forschung vor. Ich gehe davon aus, dass es eine Selbsterneuerung der deutschen juristischen Elite gibt – wesentlich erleichtert durch Recht und Praxis der Bundesrichterwahlen. Eine Pädagogik- Professorin, die bei vielen Berufungen mitwirkt, hat mich gefragt, ob es denn üblich sei, dass die Kinder und Enkel von Jura-Professoren wieder Jura-Professoren würden. Family-owned success stories? Ich weiß es nicht, aber anekdotisch gibt es durchaus Anhaltspunkte.

Damit komme ich zu einem weiteren möglichen Motiv: Die Furcht vor Lawfare, also davor, vor Gericht gezerrt zu werden. Der Doyen des Forum Justizgeschichte, Helmut Kramer, kann davon ein Lied singen. Wir können aktuell die Politik der Hohenzollern bewundern. Ostrazismus, Ausgrenzung, der Vorwurf der Nestbeschmutzung bis hin zu Gerichtsverfahren. Ich selbst muss auch sehr vorsichtig sein, um solche Prozesse zu vermeiden. Das hat abschreckende Wirkung, einen chilling effect.

Für zentral halte ich die Furcht der Institution vor Reputationsverlust bis hin zur Delegitimation der eigenen Rechtsprechung. Damit sind wir bei der Frage nach den tiefen Schichten der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angekommen. Das Arbeitsrecht ist bekanntlich stark richterrechtlich geprägt. Das Bundesarbeitsgericht war vor allem in der Anfangszeit ein Ersatzgesetzgeber. Es gibt sachliche Kontinuitäten. Ich habe nach meinem Gang an die Öffentlichkeit Zuschriften von überallher zu solchen Kontinuitäten bekommen. Ich erwähne hier nur das – in Deutschland – restriktive Streikrecht. Man hat wohl Angst davor, die Büchse der Pandora zu öffnen, wie Annette Weinke vor kurzem befand. Und ich frage mich, ob es nicht doch immer wieder Kollegen und Kolleginnen gegeben hat, die in die Tiefe gegangen sind und einzelne Fakten ausgegraben haben – und sie dann lieber nicht veröffentlichten.

Spannend zum Abschluss: Es gab 2011 eine Anfrage der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag zur NS-Belastung von Bundesbehörden und Bundesgerichten. In ihrer Antwort hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass es am Bundesarbeitsgericht für die Richter:innen bis Jahrgang 1927 15 Mitgliedschaften in der NSDAP gab. Ich wollte in Erfahrung bringen, woher die Bundesregierung diese Kenntnis hatte, und habe über die Initiative „FragDenStaat“ eine offizielle Anfrage an das Bundesinnenministerium geschickt, das damals die Antworten auf die parlamentarische Anfrage gebündelt hatte. Das BMI teilte mit, dies sei vom Bundesarbeitsministerium zugearbeitet worden. Auf Anfrage dort erfuhr ich, die Auskünfte kämen aus dem Bundesarbeitsgericht selbst … Die Verwaltung des Bundesarbeitsgerichts schrieb mir dann:

„Die gewünschte Auskunft zu den Namen der NSDAP-Mitglieder und NSDAP-Mitgliedsnummern kann nicht erteilt werden. Die Personalakten der zwischenzeitlich verstorbenen Bundesrichter sind in den letzten Jahren vollständig an das Bundesarchiv abgegeben worden. Hausinterne Aktenvorgänge zu Parlamentarischen Anfragen werden in regelmäßigen Abständen vernichtet. Dies betrifft auch die Unterlagen für die Zuarbeit zu der Antwort der Bundesregierung vom 14. Dezember 2011 (Ds.17/8134) auf eine parlamentarische Anfrage. Ob und inwieweit die NS Belastung auf einer Mitgliedschaft in der NSDAP beruhte, um wen es sich handelte und wie die genannte Zahl 15 zustande kam, lässt sich daher heute nicht mehr nachvollziehen.“

Auch da: Fehlanzeige. Immerhin steht fest, dass man am Bundesarbeitsgericht schon 2011 die Akten nach einer NS-Belastung durchforstet hat. Es stellt sich die brisante Frage, wer wann von einer NS-Belastung wusste, und untätig blieb. Die Ahnengalerie wurde jedenfalls nicht als anstößig empfunden.

Ausblick: Was tun mit der Ahnengalerie?

In der Tiefe denke ich, dass man eine solche Ahnengalerie nur darum belassen konnte, weil man die Opfersicht vollkommen abspaltete. Ich war diese Woche zu einem „Weimarer Salon“ im Hotel Elephant mit Bodo Ramelow und vier Überlebenden des Holocaust. Wir haben dort von einem Auschwitz-Überlebenden erfahren, dass ungarische jüdische Kinder lebend ins Feuer geworfen wurden. Das unermessliche Leid der Opfer muss in den Blick genommen werden, nach innen wie nach außen. Ich frage mich, wie die homosexuellen Richter:innen am Bundesarbeitsgericht, die heute dort tätig sind, damit umgehen, dass ihr Fotoportrait, das man in der Regel zum Ausscheiden bekommt, in der Nähe des Porträts eines Willy Martel hängen wird, der am Sondergericht Mannheim zwei junge, geistig zurückgebliebene Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Orientierung auf das Schafott geschickt hat. Oder ich frage mich, wie man damit umgeht, dass ein Georg Schröder, der in den Niederlanden – im Wissen um die Shoa – zahllose Juden ausgeplündert hat, heute – 2021 – von der Ahnengalerie auf die wöchentlichen Kaffeerunden oder Gäste aus Israel und den Niederlanden herab lacht. Der Vater des deutschen Arbeitsrechts Hugo Sinzheimer hat als geflüchteter Jude in den Niederlanden die Befreiung nur kurze Zeit überlebt …

Es hängen in der Ahnengalerie Juristen, die den Dolch des Mörders unter der Robe trugen oder Wegbereiter der Shoa waren. Daher lautet meine abschließende Frage: Wie können wir als Citoyens, als aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger angesichts des absolut Bösen eine solche Ahnengalerie rechtfertigen?

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Der Artikel beruht auf dem Vortrag „Überlegungen zur Ahnengalerei im Bundesarbeitsgericht“ im Rahmen der Jahrestagung des Forum Justizgeschichte am 25. September 2021 „Wie Justitia zurückblickt – Erinnerungskulturen der Deutschen Justiz“. Der Vortragsstil wurde beibehalten.

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Hier geht es zur Veröffentlichung in „Betrifft: JUSTIZ“ Nr. 148