Wir schlagen folgende Garantie des Streikrechts im Grundgesetz vor, die insbesondere die immer noch bestehenden Einschränkungen des deutschen Streikrechts gegenüber anderen europäischen Ländern beendet:
„Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, wird das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts anerkannt, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus Tarifverträgen.“ .
Bisher wird die Koalitionsfreiheit in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz mit den folgenden beiden Sätzen garantiert:
„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig„.
Zwar hat das Bundesarbeitsgericht 1984 festgestellt, dass Tarifverhandlungen ohne Streikrecht „kollektives Betteln“ wären, und auch das Bundesverfassungsgericht hat dem Recht auf Streik Verfassungsrang eingeräumt, aber eine ausdrückliche Streikgarantie enthält das Grundgesetz nur indirekt: 1968 wurden nach sehr scharfen außerparlamentarischen und parlamentarischen Auseinandersetzungen im Bundestag die Einschränkung zahlreicher Freiheitsrechte im Falle eines Notstands beschlossen. Wegen der zahlreichen Proteste, die auch von den Gewerkschaften mitgetragen wurden, wurden ein Satz hinzugefügt, der anordnet, dass diese Notstands-maßnahmen sich nicht gegen „Arbeitskämpfe, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden„, richten dürfen[1]„Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und … Continue reading.
Wir fordern, den oben vorgeschlagenen und rot gekennzeichnete Satz voranzustellen, der das Streikrecht direkt und umfassend garantiert.
Damit würde eine Regelung in das Grundgesetz aufgenommen, die in der Europäischen Sozialcharta (ESC) enthalten ist und der der Bundestag schon vor vielen Jahren zugestimmt hat. Sie ist damit jetzt schon wie ein einfaches Gesetz zu beachten. Durch Aufnahme in das Grundgesetz würde der Rang dieser Regelung erhöht und ihrer andauernden Nichtbeachtung ein Riegel vorgeschoben. Die antifaschistische Ausrichtung des Grundgesetzes würde mit dieser Regelung erheblich verstärkt.
Die Regelung der Europäischen Sozialcharta[2]Artikel 6 Nr. 4 ESC lautet:
„Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien, …
und anerkennen,
4) das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus Gesamtarbeitsverträgen“
Gesamtarbeitsverträge heißen in Deutschland Tarifverträge.
Mit dem von uns geforderten zusätzlichen Satz würde Koaltionsfreiheit und Streikrecht umfassend gesichert. Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz würde dann lauten:
„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, wird das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts anerkannt, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus Tarifverträgen. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden „.
„Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden„, Art 9 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz; die vielen Verweisungen in diesem Satz beziehen sich alle auf Notstandsregelungen
Eine empfehlenswerte Sendung des Deutschlandfunks gibt Einblick nicht nur in diese Person, sondern auch, in welchem Ausmaß das faschistische Arbeitsrecht bis heute das deutsche Arbeitsrecht prägt. Die Sendung über Hans Carl Nipperdey hier lesen und hören. Eine überarbeitete Fassung dieser Sendung unter dem Titel „Den Unternehmern treu ergeben – das paternalistische Arbeitsrecht des Hans Carl Nipperdey“ vom 24. April 2023 hier hören.
Es war der kalte Krieg und die Restauration unter Adenauer, die Hans Carl Nipperdey in eine Position brachte, in der er das deutsche Streikrecht prägen konnte, zunächst im Streit um die rechtliche Bewertung des Zeitungsstreiks als Gutachter für den Spitzenverband der Deutschen Arbeitgeber BDA[1]Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände BDA veröffentlichte ein Rechtsgutachten von Hans Carl Nipperdey vom 2. Januar 1953 unter dem Titel: „Die Ersatzansprüche für Schäden, … Continue reading, dann als 1. Präsident des Bundesarbeitsgerichts. Die Illegalisierung des politischen und verbandsfreien Streiks geht auf Hans Carl Nipperdey zurück.
Schon während der Weimarer Republik hatte er einen “wirtschaftsfriedlichen” Kurs vertreten.
Während des Faschismus beteiligte er sich an der Ausarbeitung und Kommentierung faschistischen Rechts.
Drei Zitate von Hans Carl Nipperdey zum Streikrecht
Die folgenden drei Zitate belegen Nipperdeys durchgehend ablehnende Haltung, die er zu Arbeitsniederlegungen hat. Das Zitat aus der Zeit des Faschismus ist besonders ausführlich, weil es zeigt, in welchem Ausmaß Nipperdey die faschistische Ideologie vertrat.
1. Zitat: Nipperdey im Jahr 1930:
Bezogen auf Streiks erklärt Nipperdey: „Der Staat hat ein dringendes Interesse daran, diese Kämpfe wegen ihrer schädlichen volkswirtschaftlichen Folgen einzuschränken und das Wirtschaftsleben zu befrieden.“[2] Hueck/ Nipperdey Lehrbuch des Arbeitsrechts 2. Band, Mannheim 1930.
2. Zitat: Nipperdey im Jahr 1939:
„Im Verfolg der revolutionären Entwicklung, die mit der Beseitigung der freien Gewerkschaften am 2.5.1933 begann, wurden 11 der bisher wichtigsten Gesetze des kollektiven Arbeitsrechts aufgehoben. Koalitionsrecht, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Schlichtung und Arbeitskämpfe gehören der Vergangenheit an. Der nationalsozialistische Staat hat es für richtig gehalten, den Kollektivismus durch neue Formen des Arbeitsrechts ganz zu überwinden.
Das Kollektivrecht, das aufbaute auf Koalitionen, deren Existenz durch den Gedanken des Klassenkampfes bedingt war, die in dem Partner den grundsätzlichen Gegenspieler sahen, deren Interessen notwendig im Widerspruch zu den eigenen stehen müssen, trat immer stärker in Gegensatz zu den Bedürfnissen der Volksgemeinschaft. Die Vereinbarung der Arbeitsbedingungen … nahm nicht hinreichend Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Wirtschaftlichkeit des einzelnen Betriebes. …
Es besteht eine echte deutsche sozialistische Gemeinschaft, zu der alle arbeitenden Volksgenossen, Unternehmer wie Arbeiter … beide schicksalsmäßig an den Betrieb gebunden sind, dessen Förderung ihrer beider Lebensaufgabe ist… und das Führeramt (im Frontsoldatentum des Weltkrieges und in der Zeit des nationalsozialistischen Kampfes um die Macht herausgearbeitet) steht grundsätzlich dem Unternehmer zu.“…[3]Staudinger-Nipperdey BGB 1939, Vorbemerkung 283, 284, 286 zu § 611, Fußnote 28 in Vorbem. 284 zu §611 und Vorbem. 286 zu §611
“Rechtswidrig handelt immer, wer gröblich gegen anerkannte Grundsätze des völkischen Zusammenlebens verstößt.“[4]Nipperdey, Grundfragen der Reform des Schadensrechts, in ArbBerAkDR Nr.14, S. 42,43 und Fußnote 31, S.49 ebendort; ArbBerAkDR = Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht
3. Zitat: Das Bundesarbeitsgericht unter Vorsitz von Nipperdey im Jahr 1955: „Arbeitskämpfe (Streik und Aus sperrung) sind im Allgemeinen unerwünscht, da sie volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringen und den im Interesse der Gesamtheit liegenden sozialen Frieden beeinträchtigen …“.[5]BAG 28.1.1955 – GS 1/54, juris, Rn. 35. Zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts unter dem Vorsitz Nipperdeys siehe S. 261ff.
Die ungehemmte Herrschaft des Kapitals als „Betriebsgemeinschaft“ und „Volksgemeinschaft“: Hans Carl Nipperdey und das faschistische Arbeitsrecht
Hans Carl Nipperdey beteiligte sich während des Faschismus in der Akademie für Deutsches Recht daran, die Ideologie des Faschismus in Gesetze zu gießen. Er war beteiligt an der Erarbeitung eines Volksgesetzbuches, das das Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ersetzen sollte. Andere bekannte Mitglieder der Akademie für Deutsches Recht waren Roland Freisler, Joseph Goebbels, Hermann Göring, Martin Heidegger, Heinrich Himmler[6]ein instruktiver Vortrag von Prof. Dr. Eva Schumann zur Bedeutung der Akademie für Deutsches Recht und die Auswirkungen der Arbeit dieser Akademie auf das Jugendstrafrecht bis heute: … Continue reading.
Er kommentierte außerdem zusammen mit Alfred Hueck und Rolf Dietz das faschistische Arbeitsrecht AOG[7]Dr. Alfred Hueck, Dr. Hans Carl Nipperdey, Dr. Rolf Dietz „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“, München und Berlin 1934; dies war nicht der einzige Kommentar zum AOG; so existierte … Continue reading. Die drei Kommentatoren des faschistischen AOG konnten nach dem 2. Weltkrieg nach kurzer Unterbrechung ihre Tätigkeit als Professoren, die sie schon während des Faschismus ausgeübt hatten, wieder aufnehmen: Nipperdey in Köln, Hueck in München und Dietz zunächst in Münster, dann in München. Hans Carl Nipperdey wurde nach dem Krieg der 1. Präsident des Bundesarbeitsgericht.
Dieser Kommentar erschien 1934. Da war es schon ein Jahr her, dass die Gewerkschaften zerschlagen und die Gewerkschaftshäuser besetzt worden waren. Das AOG hob das Betriebsrätegesetz – Vorläufer des heutigen Betriebsverfassungsgesetzes – und die Tarifvertragsverordnung – Vorläuferin des heutigen Tarifvertragsgesetzes – auf[8]§ 65 AOG.
Die Tarifvertragsverordnung wurde durch die so genannte Tarifordnung ersetzt, und damit der „Betriebsordnung“ die höchste Priorität gegeben.
„Die Tarifordnung soll die Ausnahme bilden und nichts an dem Prinzip ändern, dass die Regelung der Arbeitsverhältnisse in erster Linie im Betrieb … erfolgen soll“[9]§ Vorbem. zum dritten Abschnitt „Betriebsordnung und Tarifordnung“ Anm. 3. Nach der Tarifordnung wurden Tarife von einem so genannten „Treuhänder der Arbeit“ festgesetzt, wenn „… die Festsetzung von Mindestbedingungen zur Regelung der Arbeitsverhältnisse zwingend geboten“ sei[10]§ 32 AOG. Der Treuhänder sollte also Mindestbedingungen nur festsetzen, wenn dies „zwingend geboten“ sei; sonst nicht. Das Schwergewicht der arbeitsrechtlichen Rechtssetzung wurde also bewußt in den Betrieb verlegt[11]„Das Gesetz gibt den Führer des Betriebes das Recht, in der Betriebsordnung die gesamten Arbeitsbedingungen einseitig zu regeln. … Das Schwergewicht der arbeitsrechtlichen Rechtssetzung … Continue reading. „In die Betriebsordnung können neben den gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmungen auch Bestimmungen über die Höhe des Arbeitsentgelts und über sonstige Arbeitsbedingungen aufgenommen werden“[12]§ 27 Absatz 3 AOG.
„Da das AOG den Betrieb und die lebendige Betriebsgemeinschaft unter dem Führer des Betriebes in den Mittelpunkt stellt, so ist es folgerichtig, dass nicht – wie im bisherigen Recht – die überbetriebliche Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarif im Vordergrund steht und den Regelfall bilden soll“[13]§ Vorbem. zum dritten Abschnitt „Betriebsordnung und Tarifordnung“ Anm. 2. Diese Verdrängung überbetrieblicher Regelungen („Tarif“) durch betriebliche Regelungen war in dem in der Weimarer Republik geltenden Betriebsrätegesetz ausgeschlossen[14]siehe schon das Stinnes-Legien-Abkommen vom 15. November 1918, das den Tarifvertrag anerkannte (Nr. 6.: „Die Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter und Arbeiterinnen sind … durch … Continue reading und ist auch in dem heute geltenden Betriebsverfassungsgesetz ausgeschlossen[15]siehe Tarifsperre in § 77 Absatz 3 Satz 1 BetrVG („Arbeitsentgelte und sonstige Tarifbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht … Continue reading.
Man würde diese Verlagerung der Regelungen der Mindestarbeitsbedingungen in die einzelnen Betriebe im heutigen Sprachgebrauch als ein radikal neoliberales Konzept beschreiben.
Dass später die gesetzlich vorgesehene Ausnahme zur Regel geworden und die Mindestarbeitsbedingungen durch den Treuhänder der festgelegt sein mögen, steht auf einem anderen Blatt und ändert nichts an der neoliberalen Ausrichtung des faschistischen Arbeitsrechtes (AOG).
Für die Tarifordnung, die nach der Zerschlagung der Gewerkschaften die Weimarer Tarifvertragsverordnung ersetzte, galt: „Während der Tarifvertrag autonome Rechtssetzung der Tarifverbände war, handelt es sich bei der Tarifordnung um staatliches Recht …“[16]§ 32 AOG Anm. 48. Für die Betriebsordnung war „von entscheidender Bedeutung die Beseitigung des bisherigen Vereinbarungsprinzips (Betriebsvereinbarung), an dessen Stelle (wie vor dem Betriebsrätegesetz) das einseitige Anordnungsrecht des Führers (Führerprinzip) getreten ist“[17]Vorbem. zum dritten Abschnitt „Betriebsordnung und Tarifordnung“ Anm. 2.
„Das einseitige Anordnungsrecht des Führers (Führerprinzip)“ ist das weder durch Gewerkschaften noch durch Betriebsräte eingeschränkte Direktionsrecht des Kapitalherrn. Die Betriebsordnung, in der das Direktionsrecht des Kapitalherren weder durch Rechte von Betriebsräten noch durch Tarifverträge mit Gewerkschaften eingeschränkt wird, ist also nichts anderes als Kapitalismus pur.
Der Arbeitskräftemangel aufgrund der massiven Aufrüstung führte ab 1938 dazu, dass die Treuhänder der Arbeit nicht nur Mindestarbeitsbedingungen, sondern auch Höchstarbeitsbedingungen festsetzten[18]siehe Rüdiger Hachtmann „Auf den Trümmern der Arbeiterbewegung: Arbeitsrecht und Betriebsverfassung 1933 bis 1945“ in: Gün/Hopmann/Niermerg „Gegenmacht statt Ohmacht“, 2020 … Continue reading.
Mit den Begriffen „Betriebsgemeinschaft“ und „Volksgemeinschaft“ wurde der Gegensatz von Kapital und Arbeit im faschistischen Arbeitsrecht systematisch geleugnet. So schreibt Alfred Hueck in dem genannten Kommentar zum AOG: „Die Zusammenfassung von Unternehmer (Führer) und Beschäftigten in einer Betriebsgemeinschaft, einem Herrschaftsverbandes mit eigener Aufgabe und eigenem Ziel bedeutet vor allem Absage an den Gedanken des Klassenkampfes. Unternehmer und Gefolgschaftsangehöriger sollen sich als Mitarbeiter betrachten, die in gemeinsamer Arbeit an der Errichtung eines gemeinsamen Ziels schaffen. Die Förderung des Betriebszwecks ist nicht allein das Bestreben des Unternehmens, sondern soll in gleichem Maße das aller Gefolgschaftsangehöriger sein, deren Lebensaufgabe die Förderung ihres Betriebes ist“[19] § 1 AOG 1934 Beck-Verlag Anm. 35.
Die „Lebensaufgabe“ der Beschäftigten bestand damit in der Förderung „ihres“ Betriebes, der nicht ihr Betrieb war und in dem der Unternehmer alles und die Beschäftigten nichts zu sagen hatten.
Das also ist Arbeitsrecht im Faschismus. Es ist nichts anderes als die ungehemmte Herrschaft des Kapitals.
Sozialpartnerschaft oder Klassenkampf: Hans Carl Nipperdey und das Arbeitsrecht in der Zeit der Restauration
Die Traditionen der Betriebsgemeinschaft wurden zum Teil auch schon vorher 1933 gepflegt und nach dem 2. Weltkrieg vehement weiter verteidigt[20]siehe Benedikt Hopmann in: Gün/Hopmann/Niermerg „Gegenmacht statt Ohmacht“, 2020 Hamburg, Seiten 44 und 111. Besonders prominent und einflussreich steht für diese Traditionen Hans Carl Nipperdey. Wie lebendig diese Traditionen bis heute sind, kann sich jede und jeder selbst auf einfache Weise verdeutlichen: Wer benutzt den Begriff „Klassenkampf“? Er ist bis heute weitgehend geächtet und mit ihm diejenigen, die diesen Begriff benutzen. Der Verfassungsschutz stuft die Tageszeitung ‚junge Welt‘ als „extremistisch“ ein, weil sie die Gesellschaft „nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit“ aufteile. Das widerspreche der Menschenwürde[21]„Beispielsweise widerspricht die Aufteilung einer Gesellschaft nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit der Garantie der Menschenwürde. Menschen dürfen nicht zum … Continue reading. Aber es gibt nun einmal die Klasse der Lohnabhängigen, die ihre eigene Organisation, die Gewerkschaft, haben und so ganz sichtbar als Klasse handeln. Und es gibt auch die Klasse der Unternehmer und Unternehmerinnen, also die Klasse des Kapitals, die sich in Unternehmerverbänden zusammengeschlossen haben. Es lässt sich auch kaum leugnen, dass die Interessen der Lohnabhängigen den Interessen des Kapitals entgegengesetzt sind. Ein Euro mehr Lohn ist ein Euro weniger Gewinn. Jeder Tarifkampf ist ein Klassenkampf. Gerade dadurch, dass sich die abhängig Beschäftigten in Gewerkschaften organisieren und für ihre eigenen Interessen kämpfen, überwinden sie ihre Angst und werden sich ihrer Menschenwürde bewusst[22]siehe Reinhold Niemerg/Maria Cerull/Susanne Mohrig/Silvia Dulisch/Ruth Potschka-Zwickl (Hrsg.) „Das Ende der Angst“ Hamburg 2021.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden Gewerkschaften und die kollektiven Rechte der abhängig Beschäftigten wieder zugelassen, zum Teil in gestärkter Form. Gebrochen ist die Herrschaft des Kapitals jedoch bis heute nicht. Man muss sich nur die Rechte anschauen, die ein Betriebsrat nach dem geltenden Betriebsverfassungsgesetz hat: Je mehr es um die Existenzgrundlagen der Beschäftigten geht, desto weniger Rechte haben sie. Jede andere Beschreibung der Realitäten in den Betrieben und in der Wirtschaft gehört in das Reich der Märchen und Schönfärberei.
Auch werden die Gewerkschaften immer wieder mit Angriffen auf ihre Organisation, ihre Arbeit und ihre Tarifverträge konfrontiert. Erinnert sei an die Versuche von CDU/CSU und FDP, im Jahre 2003 die Betriebsräte über die gesetzliche Absicherung von sogenannten ‚Bündnissen für Arbeit‘ gegen die Gewerkschaften in Stellung zu bringen. Auch die seit Jahren zu beobachtende Abnahme der Tarifbindung gehört in diesen Zusammenhang; denn wo die Unternehmen an keine Tarife gebunden sind, bestimmen die Unternehmen allein die Arbeitsbedingungen. Und dann sind wir wieder bei der Regelung der Mindestarbeitsbedingungen in den Betrieben. Dann sind wir wieder bei der Regelung der Arbeitsbedingungen allein durch die Unternehmen statt durch Tarifvereinbarung mit den Gewerkschaften. Die Pläne der neuen Bundesregierung zur Stärkung der Tarifbindung sind zu zaghaft, um den Trend der abnehmenden Tarifbindung auch nur stoppen zu können.
Faschistische Prägungen im deutschen Arbeitsrecht
Nachdem der Autor dieses Beitrags die oben empfohlene Sendung in Deutschlandfunk zu Hans-Carl Nipperdey gehört hat, ist ihm noch einmal bewußt geworden, dass alle seine Prozesse, die ein großes öffentliches Interesse erregt haben, eine Auseinandersetzung nicht nur mit den weitreichenden Rechten des Kapitals waren, sondern auch mit den faschistischen Prägungen des deutschen Arbeitsrechts:
Der Fall ‚Emmely“: Es ging u.a. um das Vertrauen, das durch die angebliche Unterschlagung von Bonds im Wert von 1,30 € zerstört wurde. Dieser Begriff des Vertrauen war vom faschistischen Arbeitsrecht geprägt und zeichnete sich durch seine Unbestimmtheit aus. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass es ausschließlich darum geht, ob in Zukunft nicht mehr mit mit vergleichbaren arbeitsvertraglichen Verstößen gerechnet werden kann[23]siehe Hopmann/Emme/Niemerg „“Emmely und die Folgen“ 2012 Hamburg.
Das Whistleblowing der Altenpflegerin Brigitte Heinisch: Es ging um sogenannte „Treue- und Fürsorgepflichten“. Auch der Begriff der ‚Treupflichten‘ war so unbestimmt gehalten, dass auf den abhängig Beschäftigten neben seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nahezu unbegrenzt weitere Pflichten übertragen werden konnten. Diese ‚Treupflichten‘ bestehen heute unter dem Begriff Nebenpflichten weiter. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht von einer ‚Loyalitätspflicht‘ eines abhängig Beschäftigten aus. Doch die Rechtsprechung der deutschen Gerichte ging dem Europäischen Gerichtshof zu weit. Brigitte Heinisch durfte ihre Strafanzeige gegen Vivantes stellen[24]siehe Heinisch/Hopmann „Altenpflegerin schlägt Alarm“ 2012 Hamburg.
Die gerichtlichen Auseinandersetzungen um das Streikrecht im Fall Mercedes Bremen und im laufenden Fall der Kündigungen von Gorrilas-Beschäftigten wegen ihrer Teilnahme an einem Streik: Nach der herrschenden Meinung ist der verbandsfreie und politische Streik immer noch verboten. Das Recht der Weimarer Republik zum Streikrecht war äußerst restriktiv, aber es bestand weder ein Verbot des verbandsfreien Streiks noch ein Verbot des politischen Streiks. Diese Rechtsprechung der Nachkriegszeit durch vom Faschismus geprägte Juristen ist unvereinbar mit Artikel 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta[25]siehe Kupfer „Streik und Menschenwürde“ 2012 Hamburg. Zum faschistischen Einfluss auf das gegenwärtige Streikrecht hier weiterlesen lesen.
Die sogenannte ‚vertrauensvolle Zusammmenarbeit‘ der Betriebsräte mit dem Arbeitgeber nach dem Betriebsverfassungsgesetz[26]§ 2 Abs. 1 BetrVG: In zahllosen Seminaren für Betriebsräte ist das immer wieder Thema. In kleineren Betrieben schert sich das Unternehmen häufig nicht um den Betriebsrat, so dass solche Betriebsräte sich manchmal darauf berufen. Doch in großen Betrieben pochen die Unternehmen mit Verweis auf die „vertrauensvolle Zusammmenarbeit“ darauf, dass die Betriebsräte nicht gegen das Handeln des Unternehmens mobil machen. Der Begriff der ‚vertrauensvollen Zusammenarbeit‘ steht in der Tradition der „Betriebsgemeinschaft“ des faschistischen AOG. Zur Geschichte der Leitsätze in den Betriebsverfassungen seit 1920 und zum faschistischen Einfluss auf den Leitsatz des gegenwärtigen Betriebsverfassungsgesetzes hier weiterlesen lesen.
Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände BDA veröffentlichte ein Rechtsgutachten von Hans Carl Nipperdey vom 2. Januar 1953 unter dem Titel: „Die Ersatzansprüche für Schäden, die druch den von den Gewerkschaften gegen das geplante Betriebsverfassungsgesetz geführten Zeitungsstreik vom 27. bis 29. Mai 1952 entstanden sind„; Gutachter auf Seiten der Gewerkschaften waren Schnorr von Carolsfeld und Wolfgang Abendroth, der während des Faschismus mit den griechischen Partisanen gegen den Fachismus gekämpft hatte; mit Ausnahme des Berliner Landesarbeitsgerichts entschieden alle Landesarbeitsgericht im Sinne des Gutachtens von Hans Carl Nipperdey – eine Weichenstellung, die bis heute das deutsche Streikrecht prägt
Nipperdey, Grundfragen der Reform des Schadensrechts, in ArbBerAkDR Nr.14, S. 42,43 und Fußnote 31, S.49 ebendort; ArbBerAkDR = Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht
ein instruktiver Vortrag von Prof. Dr. Eva Schumann zur Bedeutung der Akademie für Deutsches Recht und die Auswirkungen der Arbeit dieser Akademie auf das Jugendstrafrecht bis heute: https://www.youtube.com/watch?v=07pzqoc_FFQ
Dr. Alfred Hueck, Dr. Hans Carl Nipperdey, Dr. Rolf Dietz „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“, München und Berlin 1934; dies war nicht der einzige Kommentar zum AOG; so existierte auch noch ein Kommentar zum AOG von Mansfeld-Pohl-Steinman-Krause, Berlin 1934
„Das Gesetz gibt den Führer des Betriebes das Recht, in der Betriebsordnung die gesamten Arbeitsbedingungen einseitig zu regeln. … Das Schwergewicht der arbeitsrechtlichen Rechtssetzung ist bewußt in den Betrieb verlegt …“(§ 32 AOG Anm. 1). Für die Kommentierung des Abschnitts „Betriebsordnung und Tarifordnung“, § 26 -34 AOG, war Nipperdey verantwortlich
siehe schon das Stinnes-Legien-Abkommen vom 15. November 1918, das den Tarifvertrag anerkannte (Nr. 6.: „Die Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter und Arbeiterinnen sind … durch Kollektivvereinbarungen mit den Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer festzusetzen“) und die Errichtung von Arbeiterausschüssen anerkannte (Nr. 7.: Für jeden Betrieb mit einer Arbeiterschaft von mindestens 50 Beschäftigten ist ein Arbeiterausschuss einzusetzen, der … darüber zu wachen hat, dass die Verhältnisse des Betriebes nach Maßgabe der Kollektivvereinbarungen geregelt werden“
siehe Tarifsperre in § 77 Absatz 3 Satz 1 BetrVG („Arbeitsentgelte und sonstige Tarifbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein“) und in § 87 Absatz 1 BetrVG Eingangssatz („Der Betriebsrat hat, soweit … eine tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen …“; zudem geht es in den „folgenden Angelegenheiten“ nicht um das Volumen von Arbeitszeit, Urlaub, Löhnen/Gehältern usw., sondern nur um deren Verteilung
„Beispielsweise widerspricht die Aufteilung einer Gesellschaft nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit der Garantie der Menschenwürde. Menschen dürfen nicht zum „bloßen Objekt“ degradiert oder einem Kollektiv untergeordnet werden, sondern der Einzelne ist stets als grundsätzlich frei zu behandeln. Demgegenüber stellt die unbedingte Unterordnung einer Person unter ein Kollektiv, eine Ideologie oder eine Religion eine Missachtung des Wertes dar, der jedem Individuum um seiner selbst willen zukommt. Die Menschenwürde ist egalitär, d. h. sie gründet ausschließlich in der Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung, unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Rasse, Lebensalter oder Geschlecht“ aus der Antwort von Prof. Krings „namens der Bundesregierung“ auf eine kleine Anfrage der BT-Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 19/28956
Heute sprach H., der Autor dieser Zeilen, mit seinem Nachbarn, einem Inhaber des kleinen indischen Restaurants Aapka.
Der Nachbar fragt H.: „Wie lange werden wir mit COVID 19 noch zu tun haben?“
H.: „Das werden wir nicht mehr los. Das wird uns verfolgen wie die Grippe, jedes Jahr wieder. Nur ist COVID 19 gefährlicher, kostet mehr Tote.“
Er: „Die armen Länder sind wehrlos. Nicht einmal die reichen Länder können den Virus besiegen“. Auch in Deutschland ist kein Ende abzusehen.
H. denkt an das kleine Cuba. Es ist eins der armen Länder. Es hat einen Impfstoff entwickelt und schon fast alle geimpft und das trotz der seit Jahrzehnten anhaltenden menschenfeindlichen Blockade der USA. Es steht besser da als Deutschland.
H.: „Weil wir den Virus nicht weltweit bekämpfen, entstehen immer wieder neue Varianten und wir besiegen den Virus nie – auch nicht im eigenen Land“.
Gesundheit ist ein Menschenrecht. Wer die Würde der Menschen verteidigen will, muss dafür sorgen, dass sie nicht krank werden und sterben.
Er: „Viele Menschen reisen von einem Land in ein anderes“.
H.: “ Das wird man nicht mehr ändern können.“
Er: „Warum geht die ganze Welt nicht für drei Wochen in den kompletten Lockdown? Vorher kaufen alle ein und sorgen für alles, so dass sie drei Wochen nicht aus der Wohnung müssen. Sicher, wenn ein Mensch schwer krank wird oder in anderen Fällen muss einen Ausnahme gemacht werden. Aber sonst? Warum soll das nicht gehen? Warum kann die ganze Welt nicht einmal für drei Wochen still stehen?“
H.: „So ähnlich hat es China gemacht. Die legen einen ganzen Hafen still, weil sich ein oder zwei Menschen angesteckt haben“. Die Folgen sind zwar bis Europa zu spüren. Waren aus China können für ein paar Wochen nicht mehr pünktlich in die ganze Welt geliefert werden. Aber der Virus ist besiegt. Dann geht das Leben weiter.
Ein großer Gedanke: Die ganze Welt befreit sich gemeinsam von COVID 19.
Es gibt einen internationalen Aufruf Contain Covid-19. In diesem Aufruf heißt es unter anderem: „In jedem Fall würde die Ausrottung von SARS-CoV-2 ein weltweites politisches Engagement und eine einheitliche öffentliche Zustimmung erfordern, dass die Ausrottung das übergreifende Ziel ist. Beim Pockenvirus, dem einzigen Virus, das den Menschen infizieren konnte und ausgerottet wurde, war ein gezieltes und global konzertiertes Vorgehen über Jahrzehnte hinweg notwendig, wobei ein besonderer Fokus auch auf dem Erreichen benachteiligter Bevölkerungsgruppen lag“. In Anlehnung an diesen internationalen Aufruf gibt es in Deutschland den Aufruf ZeroCovid: „Das Ziel heißt Null Infektionen. Für einen solidarischen europäischen Shutdown“. Über 100.000 Menschen haben unterschrieben, aber die Regierenden hat dieser Aufruf bisher nicht erreicht.
Deutschland – das sich gerne als Vorkämpfer der Menschenrechte in der ganzen Welt gibt – sperrt sich immer noch, Patente für die Impfstoffen auch nur auf Zeit freizugeben.
Die Berliner Zeitung berichtete am 16. Februar 2022: „30 Millionen von den Europäern nach Afrika geschickten Impfstoffdosen standen nach Angaben der Aktivisten der People’s Vaccine Alliance vom Dienstag rund 55 Millionen Dosen gegenüber, die demnach bis Ende Februar entsorgt werden müssen. Die Allianz forderte insbesondere die Freigabe der Patente für die Herstellung der Impfstoffe. „Obwohl die EU mittlerweile weltweit die größte Exportmacht von Impfstoffen ist und stets die Partnerschaft mit Afrika betont, wird die Preisgestaltung der Impfstoffe allein den Pharmaunternehmen überlassen“, erklärte das Bündnis, dem unter anderem Oxfam und das UN-Programm Unaids angehören. „Und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten horten dann die Impfdosen bis zum Verfallsdatum. … Zugleich bestehe in Afrika erheblicher Impfstoffmangel. Laut Oxfam haben dort erst elf Prozent der Bevölkerung zwei Impfungen erhalten, insgesamt 151 Millionen Menschen. „Der akute Impfstoffmangel verlängert die Pandemie auf unabsehbare Zeit und erhöht das Risiko neuer Virusvarianten“, warnen die Aktivisten.
Die Berliner Zeitung berichtete am 16. Februar 2022: „30 Millionen von den Europäern nach Afrika geschickten Impfstoffdosen standen nach Angaben der Aktivisten der People’s Vaccine Alliance vom Dienstag rund 55 Millionen Dosen gegenüber, die demnach bis Ende Februar entsorgt werden müssen. Die Allianz forderte insbesondere die Freigabe der Patente für die Herstellung der Impfstoffe. „Obwohl die EU mittlerweile weltweit die größte Exportmacht von Impfstoffen ist und stets die Partnerschaft mit Afrika betont, wird die Preisgestaltung der Impfstoffe allein den Pharmaunternehmen überlassen“, erklärte das Bündnis, dem unter anderem Oxfam und das UN-Programm Unaids angehören. „Und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten horten dann die Impfdosen bis zum Verfallsdatum. … Zugleich bestehe in Afrika erheblicher Impfstoffmangel. Laut Oxfam haben dort erst elf Prozent der Bevölkerung zwei Impfungen erhalten, insgesamt 151 Millionen Menschen. „Der akute Impfstoffmangel verlängert die Pandemie auf unabsehbare Zeit und erhöht das Risiko neuer Virusvarianten“, warnen die Aktivisten. … Statt auf die Verteilung von Impfstoffen müsse auf Produktion vor Ort gesetzt werden und die Patente für die Herstellung der Vakzine (müssen) aufgehoben werden“.
Franziska Lindner in der Tageszeitung junge Welt vom 21. Dezember 2021: „Seit über einem Jahr blockieren einige Staaten, in denen eine starke Pharmaindustrie sitzt, wie Deutschland, Großbritannien, Norwegen, die Schweiz oder Kanada einen Antrag, den Indien und Südafrika an den Rat des Trips-Abkommens der Welthandelsorganisation (WTO) gestellt haben. Darin fordern sie die Möglichkeit für WTO-Mitgliedsstaaten, Rechte an geistigem Eigentum für Medikamente, Impfstoffe sowie Diagnostika gegen COVID-19 und für dringend benötigte Technologien und Hilfsmittel wie Schutzausrüstungen teilweise aussetzen zu können. Dieser Schritt würde die Produktion von günstigen Generika ermöglichen und wird von mehr als 100 Ländern unterstützt“.
Dann erklärt Franziska Lindner, um was es in dem Trips-Abkommen geht: „Bei dem Trips-Abkommen handelt es sich um einen im Jahr 1995 auf Ebene der WTO geschlossenen Vertrag zur Absicherung der Rechte an geistigem Eigentum gegen gesellschaftliche Interessen, für das unter anderem Pharmaunternehmen wie der Pharmakonzern Pfizer oder Microsoft, aus dessen Kapital sich die ‚Bill und Melinda Gates Foundation‘ speist, intensiv Lobbyarbeit betrieben haben“. Allerdings sind in dem Abkommen für den Fall eines globalen Gesundheitsnotstandes Ausnahmeregelungen vorgesehen. Der Antrag von Indien und Südafrika zielt darauf ab, genau diese Ausnahmeregelungen für diese Pandemie zu nutzen. Auch die neue Bundesregierung der Ampelkoalition will diesen Antrag weiter blockieren. Wir haben es also auch hier mit der ganz großen Koalition zu tun, die über die Ampelkoalition hinaus auch die CDU/CSU umfasst. Franziska Lindner verweist abschließend auf die Initiative Jeder verdient Schutz vor COVID 19.
Es ist nicht hinnehmbar, dass unsere Gesundheit von Gewinninteressen privater Konzerne bestimmt wird. Die Pharmakonzerne, die die Impfstoffe mit sehr hohen staatlichen Zuschüssen entwickelt haben, müssen enteignet und in gesellschaftliche Hand überführt werden.
Die durch das Coronavirus ausgelöste Krise trifft die Gesellschaft auch deshalb so hart, weil der öffentliche Sektor jahrzehntelang kaputtgespart wurde. Der gesamte Gesundheits- und Pflegebereich muss nachhaltig ausgebaut werden. Ein Sofortprogramm für mehr Personal und höhere Löhne muss den Tarifvertrag Entlastung ergänzen, der von der Berliner Krankenhausbewegung erfolgreich durchgesetzt wurde. Das Profitstreben im Gesundheits-und Pflegebereich gefährdet die kollektive Gesundheit. Wir verlangen die Rücknahme bisheriger Privatisierungen und Schließungen. Die Finanzierung von Krankenhäusern über Fallpauschalen muss durch eine solidarische Finanzierung des Bedarfs ersetzt werden.
Das Restaurant Aapka ist leer. Kein einzige Gast. Aber es kommen die Rider von Liferando, von Wolt usw.
Er: „Alle sagen, es gebe zu viel Verpackungsmüll. Aber jetzt verpacken wir jedes Essen einzeln und liefern es an die Besteller.“
H.: „Jetzt essen die Menschen alleine. Niemand trifft sich mehr, um gemeinsam essen zu gehen. Es ist so wie mit dem Fernsehen. Früher haben sich die Menschen getroffen, um gemeinsam Fernsehen zu schauen. Es gab nur wenige Fernsehgeräte.“
Er: „In dem Dorf in Indien, aus dem ich komme, treffen sich alle und schauen zusammen fern. Auch Filme von netflix sehen sie sich gemeinsam an. Aber hier steht ja in jedem Zimmer ein Fernseher“.
Vor dem Ersten Weltkrieg rüstete das deutsche Reich gewaltig auf.
Die Revolution 1918/19 beendete diesen Krieg und führte zur Gründung der ersten deutschlandweiten Republik.
Doch wurde der Bruch mit Militarismus und Kaisertreuen vermieden.
Wenige Jahre später folgte der Faschismus, eine erneute gewaltige Aufrüstung und der Zweite Weltkrieg.
Nach einer kurzen Zeit der Entmilitarisierung wurde ab 1955/57 die Armee wieder aufgebaut: Es begann eine Remilitarisierung, die bis heute anhält.
Die Eingliederung der Bundeswehr in die NATO bindet bis heute Deutschland in die Politik der USA ein.
55 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich Deutschland 1999 zum ersten Mal wieder an einem Krieg, dem Jugoslawienkrieg.
2022 unterstützt die deutsche Bundesregierung die Ukraine im Krieg gegen Russland, verhängt Wirtschaftssanktionen gegen Russland und exportiert Waffen in die Ukraine. SPD-Chef Lars Klingbeil verkündet einen Anspruch Deutschlands als “Führungsmacht” und SPD-Kanzler Scholz brüstet sich damit, dass Deutschland bald die schlagkräftigste Streitkraft in Europa haben werde.
Gegen den Faschismus kämpfte der Antifaschismus und die Antihitlerkoalition, gegen die Remilitarisierung die Bewegung “Ohne mich”, gegen die Atomwaffen kämpfte die Antiatombewegung und später die Bewegung gegen die Stationierung der Mittelstreckenraketen, auch gegen die Irakkriege kämpfte die Friedensbewegung und jetzt kämpft sie gegen die militärische Unterstützung der Ukraine, gegen die Unterstützung Israels im GAZA und die Eskalation zu einem Dritten Weltkrieg.
Die Doomsday Clock (Weltuntergangsuhr) des in Chicago ansässigen Bulletins for Atomic Scientists, die sich mit den Gefahren eines Atomkriegs beschäftigen, steht 2022 so dicht vor Zwölf wie selbst während des Kalten Krieges und der Kubakrise nicht.
Erster Weltkrieg und die unvollendete Revolution 1918/19
1914 erklärte Deutschland Russland den Krieg. Die SPD verkündete: „Wir lassen in der Stunde der Gefahr das Vaterland nicht im Stich“. Und die Gewerkschaften verkündeten den so genannten „Burgfrieden“, d.h. sie verzichteten für die Dauer des Krieges auf jeglichen Streik.
Es dauerte eine Zeit, bis sich Widerstand regte. …
Zweiter Weltkrieg – ein Eroberungs- und Vernichtungskrieg
Als sich Markus Meckel [1]Markus Meckel, Pastor in der DDR, 1989 Mitbegründer der SPD in der DDR, nach der März-Wahl 1990 Außenminister der DDR, nach der Wiedervereinigung bis 2009 Mitglied des Bundestags des … Continue reading 2013 um eine Neuausrichtung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge bemühte, entbrannte in den folgenden Jahren ein heftiger Streit um die Frage: Was war das für ein Krieg, den Deutschland von 1939 bis 1945 führte?
Der Bundesvertretertag des Volksbundes weigerte sich anzuerkennen, dass das faschistische Deutschland
„ein rassistisch geprägtes Europa unter deutscher Vorherrschaft zu realisieren suchte“ und den Krieg „insbesondere im Osten Europas als Eroberungs- und Vernichtungskrieg“ führte[2]Der Vorstand hatte zunächst einen Entwurf beschlossen, in dem der Zweite Weltkrieg als Angriffskrieg beschrieben wurde, „in dem das nationalsozialistische Deutschland ein rassistisch geprägtes … Continue reading.
Markus Meckel trat mit folgender Begründung zurück: „Ich sehe keine Chance für die von mir angestrebte Reform im Volksbund“.
Dazu sein Nachfolger: „Der Rücktritt von Herrn Meckel hat nach meiner Auffassung so gut wie nichts mit inhaltlichen Fragen des Ausrichtung des Volksbundes für heute, morgen und übermorgen zu tun“[3]Zitiert nach https://www.deutschlandfunk.de/volksbund-deutsche-kriegsgraeberfuersorge-schneiderhan -will.1773.dehtml?dram, abgerufen am 18.07.2018 Nachfolger von Markus Meckel ist der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan[4]Stellvertreter des neuen Präsidenten Schneiderhan ist Wolfgang Wieland, vormals Mitglied des Deutschen Bundestags für Bündnis 90/Die Grünen. Neu in den Vorstand gewählt wurden Detlef Fritzsch, … Continue reading.
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Am Mariannenplatz in Kreuzberg steht ein altes Schulgebäude, früher das Leibniz Gymnasium. Neben dem Gebäude steht ein Denkmal
Auf dem Denkmal ist folgende Inschrift zu lesen:
„DEN IM WELTKRIEG GEFALLENEN SCHÜLERN DES LEIBNIZ-GYMNAYSIUMS ZUM EHRENDEN ANDENKEN DULCE ET DECORUM EST PRO PATRIA MORI“
Es folgen die Namen von 122 Schülern, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind.
Darunter eine weitere Inschrift:
„Mit dem in diesem Denkmal eingelassenen Spruch – „es ist süß und ehrenvoll für das Vaterland zu sterben“ – wurden in der Vergangenheit junge deutsche Männer auf den sogenannten Heldentod vorbereitet. Die Bezirksverordnetenversammlung von Kreuzberg fordert demgegenüber im UN-Jahr des Friedens 1986
‚Nie wieder Krieg!‘“
Diese zusätzliche Inschrift ist eine seltene Ausnahme.
In Deutschland wird in jedem Dorf der gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs gedacht. Auf großen Tafeln sind die gefallenen Soldaten des Ortes verzeichnet.
Der Vater oder die Mutter, Bruder oder Schwester, Sohn oder Tochter gingen vorbei und wussten, dass auf den Tafeln auch die ihren zu finden sind. Sie haben um den Tod ihres Sohnes, ihre Bruders oder Vaters getrauert.
Noch heute können Nachgeborene die Namen ihrer gefallenen Vorfahren lesen, aber auf keiner Tafel die Inschrift:
„Nie wieder Krieg!“
Auf keiner Tafel steht:
„Diese Soldaten wurden für fremde Interessen in den Tod geschickt, für Kaiser, Militär und Kapital„.
Die gefallenen Soldaten wurden geehrt, die Kriegsgegner geächtet.
Statt „Nie wieder Krieg!“ wurde nach dem ersten Weltkrieg Revanche wurde gefordert, der nächste Krieg vorbereitet und danach die Tafel ergänzt um die Namen der gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkrieges.
Und immer noch können wir auf keiner Tafel lesen: „Nie wieder Krieg!“
Auf keiner Tafel steht: „Nie wieder Faschismus!“.
Am Eingang des Jüdischen Friedhof, Berlin-Weißensee befindet sich ein Rondell in dem an die gefallen Brüder und Schwestern 1933 – 1945 erinnert wird.
In diesem Rondell ist ein Grabstein mit folgender Innenschrift aufgestellt:
GEDENKEN EWIGER
WAS UNS GESCHEHEN.
GEWIDMET DEM GEDÄCHTNIS
UNSERER ERMORDETEN
BRÜDER UND SCHWESTERN
1933 – 1945
UND DEN LEBENDEN
DIE DAS VERMÄCHTNIS
DER TOTEN ERFÜLLEN SOLLEN
DIE JÜDISCHE GEMEINDE ZU BERLIN
Foto: Ingo Müller, 01.06.2022
und es sind 20 Grabsteine mit den Namen von KZ´s angelegt:
Krieg gegen den Faschismus
Am Gehweg der Schönhauser Allee – dort, wo sich U-Bahn, Tram und S-Bahn schneiden – sind fünf Bronzetafeln angebracht.
Dieser Satz ist auch auf Englisch, Französisch und Russisch zu lesen. Er gilt den englischen, französischen und russischen Soldaten des Zweiten Weltkrieges.
Gilt er auch den deutschen Soldaten? Sie haben nur Tod gebracht. Kann man ihnen deswegen Ehre erweisen? Unser Väter oder Großväter sind gefallen, weil sie an einem Eroberungs – und Vernichtungskrieg beteiligt waren. Die überlebten, schwiegen. Sie haben diesen schändlichen Krieg totgeschwiegen und ihre Toten betrauert.
Nur wenige Deutsche haben gegen den Faschismus gekämpft. Auf einer der vier Bronzetafeln sind Flugblätter abgebildet. Darauf steht:
„BERLINER zum Kampf.
Rettet, was uns noch verblieben ist!
Rettet Berlin! Tod den Hitlerbanditen!
Unser das Leben: Unser die Zukunft!“
Eine Kämpferin gegen den Faschismus
Auf einer Bronzetafel in der Ritterstraße in Kreuzberg ist der Kopf einer jungen Frau zu sehen.
Foto: Gedenktafel in Berlin, (https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/)
Darunter steht:
„In der Lampenschirmfabrik Paulus, Ritterstr. 16, musste Hanni Meyer (1921-1943) als Jüdin Zwangsarbeit leisten.
Sie verbreitete mit der jüdisch-kommunistischen Widerstandsgruppe Baum antifaschistische Flugschriften.
Am 4. März 1943 wurde Hanni Meyer im Alter von 22 Jahren in Berlin-Plötzensee hingerichtet.“
Die Putzmacherin Hanni Meyer[5]siehe link: https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/ dort auf der Karte Ritterstraße 16 in Kreuzberg suchen (geb. Lindenberger) wurde wie andere Mitglieder des Widerstands der Gruppe Baum nach dem Brandanschlag auf die Nazi-Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“ im Lustgarten (18.5.1942) Ende Mai verhaftet und am 10. Dezember 1942 zum Tode verurteilt.
Erinnert an die Opfer von Krieg und Faschismus!
Ehrt diejenigen, die gegen Krieg und Faschismus gekämpft haben!
Ehrentafel der Gruppe BaumRuhestätte Herbert BaumFoto: Ingo Müller, Jüdischer Friedhof Berlin-Weißensee, 01.06.2022
Wie Deutschland mit Teilnehmern an der Wannseekonferenz umging
Am 22. Januar 2022 stellte die Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE, Gökay Akbulut folgende schriftliche Frage Nr. 01-349 an die Bundesregierung: „Aus welchem Grund wird nach Kenntnis der Bundesregierung auf der deutschen Kriegsgräberstätte im polnischen Poznan-Milostowo auf einer Bronzetafel auch des nationalsozialistischen Polizeifunktionärs Rudolf Lange gedacht, der als Teilnehmer der Wannseekonferenz sowie als SS-Standartenführer, Kommandeur und später Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Riga, Lettland, an der Organisation und Durchführung des Völkermordes an den europäischen Jüdinnen und Juden unmittelbar beiteiligt war und ist nach Ansicht der Bundesregierung Rudolf Lange ein „Opfer der Kriege und der Gewaltherrschaft“ im Sinne des hier einschlägigen deutsch-polnischen Kriegsgräberabkommens?“.
Die Antwort der Bundesregierung: „Soweit bekannt starb Rudolf Lange 1945 bei der Schlacht um Posen und ist damit ein deutscher Kriegstoter im Sinne des Abkommens vom 8. Dezember 2003 zwischen der Bundesrepublik und der Republik Polen über Gräber von Opfern der Kriege und Gewaltherrschaft. Sein Name war daher zusammen mit denen anderer nicht geborgener Kriegstoter an der Kriegsgräberstätte Poznan-Milostowo auf einer Bronzetafel dokumentiert worden.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der mit Unterstützung der Bundesregierung für deutsche Kriegsgräber im Ausland sorgt, hat diese Bronzetafel 2020 auf Bitten seiner polnischen Partnerorgansation von der Kriegsgräberstätte entfernt.“
Nach Angabe der Jungen Welt vom 8. Februar 2022 nahm sich Rudolf Lange am 23. Februar 1945 das Leben, um nicht in die Gefangenschaft der Roten Armee zu geraten. Gökay Akbulut nahm gegenüber der Jungen Welt zur Antwort der Bundesregierung so Stellung. „Es sei an Zynismus kaum zu überbieten, dass einem Organisator des Völkermordes überhaupt eine solche Ehrung zu Teil geworden war. Mit dem aus aus öffentlichen Mitteln finanzierten Erhalt der Gräber von Naziverbrechern bis hin zu KZ-Kommandanten auf Kriegsgräberanlangen müsse endlich Schluß sein“.
Bundespräsident Frank Walter Steinmeier in einer Rede am 18. Januar 2022 zu zwei Teilnehmern der Wannseekonferenz, die, „was sie vor 1939 waren … auch nach 1945 blieben: Juristen und Verwaltungsbeamte. Gerhard Klopfer etwa, Leiter der Abteilung III in der Parteikanzlei, einer der sicher einflussreichsten Beamten des NS-Staates an der Schnittstelle zwischen Partei und Staat“. In Wikipedia kann man über das Leben dieses Gerhard Klopfer nach 1945 lesen: „Nach der Entlassung aus dem Internierungslager wurde Klopfer im März 1949 durch eine Nürnberger Hauptspruchkammer als „minderbelastet“ entnazifiziert. … Ab 1952 war er Helfer in Steuersachen, und ab 1956 als Rechtsanwalt in Ulm tätig“.
Fritz Bauer, der als Staatsanwalt federführend den Auschwitz-Prozess betrieben hat, wußte, warum er den Aufenthaltsort von Adolf Eichmann, ebenfalls Teilnehmer an der Wannseekonferenz, nicht den deutschen Behörden meldete, sondern mit den israelischen Behörden zusammenarbeitete, damit Eichmann wegen seiner Taten vor Gericht gestellt werden konnte …
Entmilitarisierung Deutschlands 1945
Nach der Kapitulation 1945 wurde die Deutsche Rüstungsproduktion auf zivile Produktion umgestellt und die deutsche Armee aufgelöst. Deutschland wurde entmilitarisiert.
Diejenigen, die diese Zeit bewusst miterlebt haben, sind heute über 80 Jahre alt. Wir sollten sie fragen: „Gab es Deutsche, die nach Kriegsende noch einmal deutsche Soldaten wollten, noch einmal ein deutsches Heer, noch einmal eine deutsche Marine, noch einmal eine deutsche Luftwaffe?“ Ich habe das meine Mutter gefragt, die 1920 geboren und 99 Jahre alt wurde; sie schüttelte mit dem Kopf: Es gab niemanden. Und das nicht nur, weil Deutschland 1945 kapitulieren musste und die Antihitlerkoalition die vollständige Entmilitarisierung Deutschlands beschlossen hatte [6] Potsdamer Abkommen .
Die Schrecken des Krieges waren noch zu lebendig.
Bald wird sich niemand mehr ein entmilitarisiertes Deutschland vorstellen können.
Die, die die Selbstverständlichkeit eines entmilitarisierten Deutschlands bezeugen können, leben bald nicht mehr.
Ohne mich – Remilitarisierung und NATO
Franz Josef Strauß verkündete 1949: „Wer noch einmal das Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen“. Sieben Jahre später war er Verteidigungsminister.
Gegen die Remilitarisierung kämpfte die „Ohne mich“-Bewegung. Es war der Beginn der bundesrepublikanischen Friedensbewegung. Gewerkschaften, Kirchen, die Frauenbewegung, die KPD und Teile der SPD beteiligten sich. Weil Gustav Heinemann die von Konrad Adenauer betriebene Wiederbewaffnung ablehnte, trat er 1950 als Bundesinnenminister zurück. Martin Niemöller regte eine Volksbefragung an. Sie wurde vom neuen Innenmister Lehr verboten. Trotzdem wurden fast 6 Millionen Unterschriften gegen die Wiederbewaffnung gesammelt [7] Ohne mich Bewegung wikipedia, abgerufen am 18.7.2018. Siehe auch Dokumentarfilm Christoph Boekel und Be ate Rose mit Oskar Neumann, Konrad Adenauer und der Friedensbewegung der 50er … Continue reading.
1955 wurde Westdeutschland Mitglied der NATO, ein Jahr später der Remilitarisierung der Weg ins Grundgesetz geebnet.
Der Beitritt zur NATO hatte Westdeutschland den Weg zur Remilitarisierung eröffnete. Die Worte „Wer noch einmal das Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen“ – waren in wenigen Jahren vergessen.
1957 zogen die ersten Wehrpflichtigen in die Kasernen der Bundeswehr.
Einer der Autoren dieser website[8]Benedikt Hopmann erinnert sich aus eigener Erfahrung: „Als die Zeit der Musterung 1966 nahte, diskutierte ich mit meinen Freunden darüber, ob wir den Wehrdienst verweigern sollten. Diejenigen, die die Bundeswehr verteidigten, waren felsenfest davon überzeugt, dass sich Deutschland niemals wieder an einem Krieg beteiligen würde und vor allem, dass sie selbst als Soldaten niemals an einem Krieg beteiligt sein würden. Der Zweck der Bundeswehr sei ja gerade die Verhinderung von Krieg. Es waren die Kriegsgegner, die darauf bestanden, dass eine Armee, die nicht auch eingesetzt werden kann, keine Armee ist. Ebenso wichtig war die Furcht vor einem Regime wie das in der der DDR und Sowjetunion. Die Mutigsten lehnten dagegen ausdrücklich das Motto „Lieber tot als rot“ ab.
Ganz unabhängig davon, ob eine Mensch rechts oder links war, war es zu der damaligen Zeit für alle ganz unvorstellbar, dass deutsche Soldaten erneut an einem Kriegseinsatz in Jugoslawien teilnehmen würden“.
Und dann kam die Wende und die Stimmen wurden immer lauter, die eine Beteiligung deutscher Soldaten an internationalen Einsätzen forderten. Dabei berief man sich besonders gerne auf die Bündnispartner, die von Deutschland forderten, Verantwortung zu übernehmen. Zunächst waren es rein humanitäre Einsätze, also zum Beispiel Einsätze von medizinischem Personal. Es vergingen zehn Jahre und Deutschland schickte Soldaten in einen Kriegseinsatz Deutsche Piloten warfen Bomben auf Jugoslawien. Deutschland übernahm Verantwortung, indem es sich an einem völkerrechtswidrigen Krieg beteiligte, gegen ein Land, gegen das Deutschland schon im 2. Weltkrieg Krieg geführt hatte.
Der Begriff Krieg wurde bei den Einsätzen in Jugoslawien und am Anfang auch bei den Einsätzen in Afghanistan konsequent vermieden. Zehntausende Zivilisten starben in diesem Krieg. 59 deutsche Soldaten fielen in Afghanistan. Wozu? Nach 20 Jahren sprechen alle, selbst Politiker der CSU, von einem Desaster. Aber welche Konsequenzen werden gezogen?
Das ökonomische Fundament der Blockkonfrontation
Deutschland hatte gegen die Sowjetunion Krieg geführt hatte. Nur wenige Jahre waren vergangen. Und wieder war die Sowjetunion der Hauptfeind.
Im Mai 1950 erklärten die Vereinigten Stabschefs der westlichen Alliierten: „Die Vereinigten Stabschefs sind der festen Überzeugung, dass aus militärischer Sicht die angemessene und frühe Wiederbewaffnung Westdeutschlands von grundlegender Bedeutung für die Verteidigung Westeuropas gegen die UdSSR ist“.
Erst nachdem Westdeutschland der NATO beigetreten war, gründete sich der Warschauer Pakt. Beide Militärblöcke wurden ergänzt durch länderübergreifende wirtschaftliche Zusammenschlüsse [9] Den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) auf der einen Seite und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) auf der anderen Seite. .
Entscheidend für diese Blockkonfrontation war ihr gegensätzliches ökonomisches Fundament. Die Länder, die sich in der NATO zusammengeschlossen hatten, waren kapitalistische Länder. Ihre Wirtschaft beherrschten Großunternehmen, die in privaten Händen waren, während in der UdSSR und den anderen Länder des Warschauer Paktes solche Privatunternehmen enteignet worden waren.
Die USA, Deutschland die anderen NATO-Länder fürchteten nichts so sehr als dass es den großen kapitalistischen Unternehmen in ihren Ländern genauso ergehen könnte. Alleine die Existenz von Staaten, die nicht von kapitalistischen Großunternehmen beherrscht werden, war eine Bedrohung für die kapitalistischen Länder.
Der Kampf gegen den Krieg der USA in Vietnam
Dieser Gegensatz war weltumspannend und erlaubte den Ländern in Asien und Afrika die Befreiung vom Kolonialismus.
Vietnams langer Befreiungskampf war ein besonders bedeutsames Beispiel. Ohne die Unterstützung der UdSSR und Chinas wäre dieser Befreiungskampf nicht erfolgreich gewesen. Der weltweite Widerstand gegen Krieg der USA in Vietnam war Teil der weltweiten Antikriegsbewegung. Dies galt auch für Westdeutschland. Die Bundesrepublik bekämpfte die Befreiungsbewegungen, die DDR unterstützte sie. Auch Kuba hätte ohne das sozialistische Lager kaum überlebt.
Kampf dem Atomtod
Von1980 bis 1983 verteilte die Friedensbewegung diesen Geldschein zur geplanten Stationierung von atomar bestückten pershing und cruise-missiles in der Bundesrepublik. 40 Jahre später, am 22. Januar 2021, trat der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft. Immer noch sind in Büchel (Eifel) Atomwaffen stationiert, in Zukunft für eine Zeit nach Nörvenich verlagert.Unterstützt die Forderung nach dem Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag. Die sogenannte nukleare Teilhabe der Bundesrepublik Deutschland ist jetzt schon völkerrechtswidrig, hier weiterlesen.
Auslöser der Bewegung „Kampf dem Atomtod“ waren Pläne der Bundesregierung, die Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen auszurüsten. Dagegen veröffentlichten 1957 deutsche Atomwissenschaftler den Göttinger Appell. Es folgte ein Aufruf „Kampf dem Atomtod“, hinter dem sich ein breites Bündnis von SPD, DGB, FDP, EKD, Wissenschaftlern und Schriftstellern versammelte. Es folgten Massenkundgebungen und auch politische Streiks. Im Dezember 1958 entschied die NATO, dass nicht die Bundeswehr, sondern nur die USA in Westdeutschland über Atomsprengkörper und die notwenigen Codes für ihre Entsperrung verfügen sollen.
1983 kämpfte die Friedensbewegung gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland. Es waren Raketen mit Atomsprengköpfen. Viele Städte und Gemeinden sahen sich als Stadt oder Gemeinde in der Verantwortung und erklärten sich zu „atomwaffenfreien Zonen“. So drückten sie ihre Ablehnung von Atomwaffen aus.
In Berlin erklärten die Bezirksverordneten von Kreuzberg ihren Bezirk zur atomwaffenfreien Zone. In der Yorkstraße an der Grenze zum Bezirk Schöneberg enthüllten die Bezirksverordneten feierlich ein Schild „Kreuzberg – atomwaffenfreie Zone“. Der Schildermacher in der Schinkestraße wurde beauftragt, das Schild anzufertigen. Er freute sich über diesen Auftrag: „Ich selbst war vor vielen Jahren aktiv in der Bewegung „Kampf dem Atomtod“.“
Bezirksverordnete des Bezirks Kreuzberg enthüllen zusammen mit der Friedensinitiative Kreuzberg das Schild „Kreuzberg atomwaffenfreie Zone“.
Es waren einmal rund 7.000 Atomsprengköpfe an ca. 100 Standorten in Deutschland gelagert.
„Das in Büchel stationierte Jagdbombergeschwader 33 der Bundeswehr hat im Rahmen der nuklearen Beihilfe der NATO die Aufgabe, mit den Tornado-Flugzeugen die Beförderung und den Abwurf der dort stationierten Atombomben zu üben und diese im Kriegsfall zu den Zielgebieten zu fliegen und sie dort abzuwerfen, nachdem der US-Präsident sie freigegeben und das US-Militär sie einsatzbereit geschaltet hat. Damit erlangen die Bundeswehrsoldaten im Kriegsfall unter dem Schutz der NATO die Verfügungsgewalt über Atomwaffen …“[11]Beitrag vom 14. März 2021 von Bernd Hahnfeld (IALANA) „Nukleare Teilhabe“ – Diese nukleare Beihilfe der Bundesrepublik Deutschland ist schon jetzt völkerrechtswidrig, hier den Beitrag von Bernd Hahnefeld (IALANA) weiterlesen.
In jedem Jahr wird im August an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima (6. August 1945) und Nagasaki (9. August 1945) erinnert. Hier ein Berichtüber die Gedenkveranstaltung in Berlin am 6. August 2022 an der Friedensglocke.
Die Doomsday Clock (Weltuntergangsuhr) des in Chicago ansässigen Bulletins for Atomic Scientists, die sich mit den Gefahren eines Atomkriegs beschäftigen, übrigens eine Einrichtung, die 1947 von Albert Einstein mit ins Leben gerufen wurde, steht im Jahr des Ukraine-Krieges 2022 so dicht vor Zwölf wie selbst während des Kalten Krieges und der Kubakrise nicht.
Das Ende der Blockkonfrontation?
Die „Verteidigung Westeuropas gegen die UdSSR“ erledigte sich 1989. Denn Grundlage des NATO-Vertrages war von Anfang an die Annahme, dass die Sowjetunion Westeuropa angreifen könnte [12] Die Mitglieder der NATO verpflichteten sich zu gegenseitigem Beistand, auch mit Waffengewalt, wenn eines oder mehrere ihrer Mitglieder bewaffnet angegriffen werden würden. Artikel 5 des NATO … Continue reading. Aber die Sowjetunion griff nicht an, sie zerfiel.
Die UdSSR gab es nicht mehr. Der Warschauer Pakt hatte sich aufgelöst.
Die NATO löste sich nicht auf und die Bundeswehr auch nicht, obwohl sie das Ziel, für das sie gegründet worden waren, erreicht hatten.
Keine Osterweiterung der NATO?
Foto: Ingo Müller
“Immer wieder geht es … auch um die Frage, ob die USA 1990 Gorbatschow im Zusammenhang mit seiner Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung versprochen haben, die NATO nicht über die deutschen Grenzen nach Osten zu erweitern. Hier sollte man die wichtigste Quelle US-amerikanischer Forschung heranziehen …. weiterlesen hier …
Der Unterschied zwischen der NATO und einem System kollektiver Sicherheit
Wer passt hinein? – Diese Frage wurde bereits 1960 von der Zeitschrift “Der Mahnruf”, dem Mitteilungsblatt für die Mitglieder der VVN Westberlin, gestellt, wie das Bild zeigt.
Ist es verständlich, wenn sich die Ukraine der NATO anschließen will, nachdem Russland kapitalistisch geworden ist und Truppen in die Ukraine geschickt hat? Ist die NATO im Krieg in der Ukraine plötzlich zu einer Schutzmacht geworden? Gibt es eine Alternative zum Militärbündnis NATO?
Es wäre besser, wenn die Militärallianz NATO durch ein System kollektiver Sicherheit aller europäischen Länder einschließlich Russlands ersetzt würde. Das können aber nur wir durchsetzen. Der Aufruf „Frieden schaffen“ stellt diese Forderung nach einem System kollektiver Sicherheit in den Mittelpunkt. Er wird von vielen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern unterstützt.
Es lohnt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, was der Unterschiede zwischen einem Verteidigungsbündnis und einem System kollektiver Sicherheit ist
Der Angriffskrieg gegen Jugoslawien – ein Lehrstück
Einführung:
Bis zur Wiedervereinigung glaubte kein deutscher Soldat an einen Kriegseinsatz, schon gar nicht an einen Kriegseinsatz in Afghanistan. Undenkbar war ein Einsatz deutscher Soldaten in Jugoslawien. Auch diejenigen, die das bezeugen können, werden bald nicht mehr leben.
Wenige Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Pakts bombardierte die NATO Jugoslawien – und Deutschland bombardierte mit.
Das Undenkbare war Realität geworden. Deutschland war im Krieg. Krieg war wieder ein Mittel der Politik. Das war Deutschlands Rückkehr zur „Normalität“.
Der Sieg der NATO und USA über die Sowjetunion und den Warschauer Pakt ebnete den Weg zu diesem ersten Krieg in Europa nach über 50 Jahren. Mit dem Jugoslawienkrieg galt eine neue NATO Strategie: Der Einsatz von NATO-Truppen zur Durchsetzung weltweiter Interessen ohne UN-Mandant.
Der Film: Deutschlands Weg in den Kosovo-Krieg – Es begann mit einer Lüge
Der folgende Film der beiden Monitor-Redakteure Jo Angerer und Mathias Wirth zeigt in fünf Teilen, mit welchen Methoden 1999 der Angriff der NATO gegen Jugoslawien geführt wurde. Dieser Krieg war eine „Zeitenwende“[13]Bundeskanzler Scholz mit Blick auf den Ukraine-Krieg in seiner Rede während der Sondersitzung des Bundestages am Sonntag, den 27. Februar 2022. Denn die NATO zeigte sich nicht mehr als Verteidigungsbündnis, als das es sich bis dahin ausgegeben hatte, sondern als Bündnis, das „out of area“, also außerhalb der NATO-Länder einen völkerrechtswidirgen Angriffskrieg führte und so imperialistische Ziele verfolgte.
Kein Krieg?
Bundeskanzler Schröder behauptete: „Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen“[14]Erklärung von Bundeskanzler Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24. März 1999 Presse und Informationsamt der Bundesregierung. Eine „Lösung mit militärischen Mitteln“ ist genau das, was Schöder bestreitet: Krieg. Die Bundeswehr beteiligte sich an den Bombardements vom ersten Tag an mit 10 Tornados ECR und 4 Tornados Recce. Die ECR Tornados flogen 428 SEAD – Einsätze. Unter anderem wurden 200 Raketen des Typs AGM-88 HARM eingesetzt[15]Alle Angaben nach https://de.wikipedia.0rg/wiki/kosovokrieg#kriegsgeshehen.
Brigadegeneral a.D. Heinz Loquai am 5. Dezember 2000 in einem Interview zur Behauptung, die Bombardierung Jugoslawiens sei kein Krieg gewesen: „Vom Verteidigungsministerium wurde die argumentative Marschroute ausgegeben, dass es sich bei den Luftschlägen der NATO nicht um Kriegshandlungen handeln würde, schließlich habe es ja keine Kriegserklärung gegeben. Wenn man dieses Argument gelten lässt, dann waren Hitlers Überfälle auf Polen und auf die Sowjetunion auch keine Kriege. Daran zeigt sich die ganze Fragwürdigkeit dieses Arguments. Wenn jedoch allgemeine und militärwissenschaftliche Literatur herangezogen wird und die dortigen Definitionen betrachtet werden, so kann überhaupt nicht bestritten werden, dass die NATO als internationale Organisation und einzelne NATO-Staaten gegen die Bundesrepublik Jugoslawien einen Krieg geplant, begonnen und geführt haben“.
Vermeidung von Verlusten der Zivilbevölkerung?
Bundeskanzler Schröder: „Wir werden alles tun, um Verluste unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden“[16]Erklärung von Bundeskanzler Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24. März 1999 Presse und Informationsamt der Bundesregierung.
Einige Beispiele dieser Vermeidungsstrategie: Die NATO bombardierte in der ersten Kriegsnacht mehrere serbische Chemie – und Petrochemiewerke im Chemie-Großkombinat Pancevo, einem Vorort von Belgrad. Große Mengen an giftigen und krebserregenden Stoffen traten dabei in Wasser und Luft aus. Die Schwaden aus den brennenden Fabriken hüllten Pancevo in eine Giftwolke, darunter Phosgen, das vor allem für seinen Einsatz als Lungenkampfstoff im Ersten Weltkrieg bekannt ist (Grünkreuz). Später wurde das Gebäude des Serbischen Rundfunks (RTS) bombardiert. 16 Zivilisten wurden dabei getötet. Der Belgrader Fernsehturm wurde zerstört. Es starben 19 Menschen[17]Alle Angaben nach https://de.wikipedia.0rg/wiki/kosovokrieg#cite_note-HS-12. Im Mai und Juni richteten sich die Angriffe auf die Stromversorgung in Serbien.
Verhinderung einer humanitären Katastrophe?
Bundeskanzler Schröder nannte als Ziel des Krieges gegen Jugoslawien: „Weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern“[18]Erklärung von Bundeskanzler Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24. März 1999 Presse und Informationsamt der Bundesregierung. Wer will schon schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte hinnehmen? Wer will eine humanitäre Katastrophe zulassen? Es waren die Bilder im Fernsehen mit der endlosen Zahl von Flüchtenden, die niemand akzeptieren wollte. Aber vor wem flüchteten sie?
In einem Beitrag vom 15. Dezember 2000 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zitiert Dieter S. Lutz einen Generalbericht der Parlamentarischen Versammlung der NATO, wonach das Vorgehen der NATO im Jugoslawien-Konflikt unvereinbar mit diesem von Bundeskanzler Schröder genannten Ziel der NATO war. Denn ein zwischen den USA und Jugoslawien ausgehandelte Abkommen vom Oktober 1998[19]sogenanntes „Holbrookre-Milosevic-Abkommen“, wonach Milosevic „sich verpflichtete, 1. die Forderungen der UN-Resolution 1199 vollständig zu erfüllen, 2. eine … Continue reading habe der UCK[20]UCK war die für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfenden bewaffneten Organisation der Kosovo-Albaner eine Atempause verschafft, die die UCK nutzte, um ihre Kräfte zu stärken, während die serbische Repression unter dem Einfluss dieses Abkommens und der Kosovo-Verifikationsmission (KVM) der OSZE[21]Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, die die Einhaltung der Abkommens überprüft nachgelassen habe. Die Folgen werden vom Generalbericht mit folgenden Worten beschrieben: „So nahmen die Angriffe der UCK auf serbische Sicherheitskräfte und Zivilisten ab Dezember 1998 stark zu. Der Konflikt eskalierte neuerlich, um eine humanitäre Krise zu erzeugen, welche die NATO zur Intervention bewegen würde“[22]Dieter S. Lutz in seinem Beitrag vom 15. Dezember 2000 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wörtlich: „Unbemerkt von den Medien hat die Parlamentarische Versammlung der Nato, ein von der … Continue reading. Die humanitäre Katastophe, die endlose Zahl von Flüchtenden, wurde also durch die Angriffe der UCK auf serbische Sicherheitskräfte ausgelöst, was wiederum – ganz im Sinne der UCK – die Intervention der NATO zur Folge hatte.
Faschismus? Völkermord?
Außenminister Fischer: „Die rassistischen Übergriffe, der Neonazismus, die Skinheads. Natürlich steckt da auch bei mir immer die Erinnerung an unsere Geschichte und spielt da eine Rolle. Und ich frage mich, wenn wir innenpolitisch dieses Argument immer gemeinsam verwandt haben, warum verwenden wir es dann nicht, wenn Vertreibung, ethnische Kriegsführung in Europa wieder Einzug halten und eine blutige Ernte mittlerweile wieder zu verzeichnen ist? Ist das moralische Hochrüstung, ist das Overkill? Ausschwitz ist unvergleichbar. Aber ich stehe auf zwei Grundsätzen: Nie wieder Krieg, nie wieder Ausschwitz; nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus. Beides gehört bei mir zusammen …“[23]Josef Fischer auf dem Parteitag der GRÜNEN in Bielefeld (Quelle: Spiegel-online vom 13.5.1999, über wikipedia-org/wiki/Rede_Joschka_Fischers_zumm NATO-Einsatz_im_Kosovo. Der Satz „Natürlich … Continue reading.
Von den rassistischen Übergriffen in Deutschland zieht Fischer einen Bogen zur Vertreibung im Kosovo, ethnischer Kriegsführung, Auschwitz, Völkermord, Faschismus und rechtfertigt damit den Krieg gegen Serbien und die Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg.
„Aus einer Lageanalyse des Auswärtigen Amtes vom 19. März 1999 geht hervor, daß die politischen Entscheidungsträger bereits vor dem Krieg Bescheid gewußt haben müssen. In der internen Vorlage, die wenige Tage vor Beginn des Nato-Bombardements vom 24. März angefertigt und an den Außenminister sowie an das Bundesverteidigungsministerium weitergereicht wurde, heißt es expressis verbis, daß der Waffenstillstand nicht allein von den Serben, sondern „von beiden Seiten nicht mehr eingehalten“ wird. Als Ziele der Operationen der jugoslawischen Streitkräfte (VJ) werden ferner auch nicht Völkermord und Vertreibung angegeben. Ziel sei vielmehr, „durch gezielte Geländebereinigung sämtliche Rückzugsmöglichkeiten für die UCK zu beseitigen“. Die Zivilbevölkerung werde in der Regel sogar „vor einem drohenden Angriff durch die VJ gewarnt“. Allerdings werde „die Evakuierung der Zivilbevölkerung vereinzelt durch lokale UCK-Kommandeure unterbunden“. Nach Abzug der serbischen Sicherheitskräfte kehre die Bevölkerung meist in die Ortschaften zurück. Eine Massenflucht in die Wälder sei nicht zu beobachten. Und dann heißt es: „Von Flucht, Vertreibung und Zerstörung im Kosovo sind alle dort lebenden Bevölkerungsgruppen gleichermaßen betroffen. Etwa 90 vormals von Serben bewohnte Dörfer sind inzwischen verlassen. Von den einst 14 000 serbisch-stämmigen Kroaten leben nur noch 7000 im Kosovo. Anders als im Herbst/Frühwinter 1998 droht derzeit keine Versorgungskatastrophe.“
Weder Lutz noch Loquai verharmlosen in irgendeiner Weise das Handeln der serbischen Militärs, aber es war weder Völkermord noch Faschismus. Die Anwendung dieser Begriffe auf Jugoslawien hatten nur einen Zweck: Dem durch nichts zu rechtfertigenden Krieg, mit dem die NATO Jugoslawien überzog, doch noch den Anschein einer Rechtfertigung zu geben.
Der WDR beschrieb im Jahr 2001 in einer Sendung die Lügen, mit denen der NATO-Krieg gegen Jugoslawien gerechtfertigt wurde.
Dieter S. Lutz wertet die einseitige Parteinahme der NATO für die UCK so:
„Die einseitige Parteinahme zu Lasten eines Vertragspartners oder dessen Bevölkerung unter Verweis auf das Geschehen in der Zeit davor ist nach Abschluß der Vereinbarung jedenfalls nicht mehr erlaubt weder politisch noch rechtlich und schon gar nicht moralisch. Die Nato aber hat sich im Kosovo-Konflikt sehenden Auges zum Instrument der UCK machen lassen. Aus der Perspektive der Charta der Vereinten Nationen war es ein Völkerrechtsbruch mit unabsehbaren Folgen für die künftige Entwicklung der internationalen Ordnung. Aus der Sicht des Grundgesetzes war es ein verfassungswidriger Angriffskrieg mit verheerenden Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit von Politik“[24]a.a.O..
Angriffskrieg und Völkerrechtsbruch der NATO
Unter der Losung des Antifaschismus verstieß die Bundesregierung im Bündnis mit der NATO gegen alle Regeln, zu denen sich die Völkergemeinschaft als Konsequenz aus Krieg und Faschismus in der UNO verpflichtet hatte. Das Recht für eine militärische Intervention muss vom Sicherheitsrat der UNO festgestellt werden. Die NATO hatte kein Mandat der UNO für einen Krieg gegen Jugoslawien. Die NATO konnte den Krieg auch nicht als Selbstverteidigung rechtfertigen; die NATO war von keinem Land angegriffen worden und kam auch keinem völkerrechtswidrigen angegriffenen Staat zu Hilfe; denn der Kosovo war kein souveräner Staat. Auch eine humanitäre Katastrophe rechtfertigt keinen Krieg. Bundeskanzler Schröder gab später zu, dass er gegen das Völkerrecht verstoßen hat. Auf die Nachfrage „Was haben Sie gemacht?“ antwortete Gerhard Schröder wörtlich: „Gegen das Völkerrecht verstoßen. Kurz und konkret: Da haben wir unsere Flugzeuge, unsere Tornados nach Serbien geschickt und die haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat gebombt – ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte“
Der Bundesregierung Deutschland war der NATO unter der Führung der USA wichtiger als das Völkerrecht und die UNO, die aus dem Staatenbündnis gegen den Faschismus hervorgegangen war, wichtiger auch als das eigene antifaschistische Erbe, das im Grundgesetz in der Ächtung des Angriffskrieges seinen Ausdruck gefunden hat[25]Damit hat Bundeskanzler Schröder auch gegen das Grundgesetz verstoßen: „Das Grundgesetz knüpft an gravierende Verstöße gegen gegen das Völkerrecht auch innerstaatliche Rechtsfolgen. Dies gilt … Continue reading.
Neue NATO-Strategie: Einsätze zur Verteidigung weltweiter Interessen ohne UN-Mandat
Brigadegeneral a.D. Heinz Loquai beschrieb am 5. Dezember 2000 in einem Interview das tatsächliche Ziel der NATO in diesem Krieg „Für die NATO selbst wurde das Kosovo immer mehr zu einer Arena, in der die Politik der NATO exemplarisch angewandt und auch getestet wurde, in der Konflikte zwischen der NATO und Russland sich offen zeigten, in der aber auch die unterschiedliche Politik einzelner NATO-Länder ihren Ausdruck fand und schließlich harmonisiert wurde. Die NATO war ja dabei, eine neue Strategie einzuführen, Einsätze außerhalb des Artikel 5 des NATO-Vertrages sollten in Zukunft ohne UN-Mandat möglich sein. Im Krieg gegen Jugoslawien setzte die NATO vorab ihre Strategie um. Bezeichnend hierzu ist, dass der amerikanische Präsident am 24. März 1999 in seiner Rede an das amerikanische Volk nicht die humanitäre Katastrophe, sondern die Glaubwürdigkeit des NATO-Bündnisses an die erste Stelle gestellt hat. Um jeden Preis sollte verhindert werden, dass die NATO – wie vorher die UN – als Papiertiger erschien“.
Heinz Loquai zitiert einen Artikel von Gunter Hoffmann in DIE ZEIT vom April 1999: „Im Auswärtigen Amt entsteht jetzt der Eindruck, die USA wollten versuchen, einen Präzedenzfall dafür zu schaffen, dass nicht nur sie, sondern die NATO zur Verteidigung weltweiter Interessen ohne Sicherheitsbeschluss militärisch handeln können“[26]Gunter Hoffmann „Wie Deutschland in den Krieg geriet“ in: Die Zeit, 20/1999, S. 17-21; zitiert nach Heinz Loquai „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg. Die … Continue reading.
Die NATO hatte schon vor ihrer „humanitären Intervention“ in Jugoslawien die Erweiterung nach Osten begonnen. 1990 wurden die Gebiete der ehemaligen DDR und Berlins Teil des NATO Gebiets; aber nichtdeutsche NATO-Truppen dürfen dort nicht dauerhaft stationiert werden [27]Art. 5 Abs. 3 des Regelungsvertrages vom 12. September 1990 (BGBl. II S. 1318) . Danach nahm die NATO zahlreiche Länder der ehemaligen Sowjetunion, des Warschauer Pakts und Jugoslawiens in die NATO auf[28]1999: Tschechien, Polen und Ungarn; 2004: Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei, Slowenien, Bulgarien, Rumänien; 2008/2009: Albanien und Kroatien (siehe: „Keine Osterweiterung der NATO?“).
Noch während des Krieges gegen Jugoslawien beschloss die NATO im April 1999 ein neues strategisches Konzept. Danach will die NATO „Konflikte verhüten oder, sollte eine Krise auftreten, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu deren wirksamer Bewältigung beitragen, darunter auch durch die Möglichkeit von nicht unter Artikel 5 fallenden Krisenreaktionseinsätzen (Ziffer 31)“ [29]siehe www.bpb.de/apuz/32306/das-neue-strategische -konzept-der-nato?p=all. Hier wird einerseits die Beschränkung nach Artikel 5 des NATO Vertrages aufgehoben, die keinen Kriegseinsatz erlaubte, wenn ein oder mehrere NATO Staaten nicht angegriffen werden, und andererseits die „Übereinstimmung mit dem Völkerrecht“ verlangt, gegen das die NATO zur gleichen Zeit im Jugoslawienkrieg verstieß. Die „humanitären Interventionen“ der NATO beschränkten sich nicht mehr auf Europa. Der ISAF – Einsatz in Afghanistan (kein Blauhelmeinsatz) stand von 2003 bis 2014 unter der Führung der NATO[30]wikipedia unter NATO ISAF – Einsatz in Afghanistan, abgerufen 17.7.2018. In diesem Rahmen konnte „Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt“[31]Beitrag „De Maiziére lobt Strucks Leistung“ vom 3.7.2013 unter https://www.ntv-tv.de/politik/De-Maiziere-lobt-Strucks-Leistung-article9886866.html werden.
Jüngst wurde Kolumbien als „globaler Partner“ der NATO aufgenommen[32]Volker Hermsdorf „Forum der Linken“ in JW vom 14./15.7.2018 S. 5). Dabei ist Partnerschaft nicht mit Mitgliedschaft zu verwechseln. Irak, Afghanistan, Pakistan, Japan, Australien, Süd-Korea u.a. sind globale Partner der NATO[33]https//:crp-infotec.de/nato-partnerschaft-und-kooperation/.
Eine bekannte Parole lautet: „Deutsche Waffen, deutsches Geld – morden mit in aller Welt“. Diese Parole stammt offensichtlich aus einer Zeit, in der es unvorstellbar war, dass auch deutsche Soldaten in die ganze Welt gechickt werden. Die Parole muss aktualisiert werden:
„Deutsche Soldaten, deutsche Waffen, deutsches Geld – morden mit in aller Welt“.
Mit oder ohne Russland?
Heinz Loquai beschreibt in seinem Buch „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg“ eine Auseinandersetzungen um eine Erklärung des NATO-Rats auf der Sitzung am 30. Januar 1999: „Frankreich wollte durchsetzen, dass die Kontaktgruppe ein Votum abgeben sollte, bevor der NATO-Generalsekretär die Luftangriffe auslöste. Dahinter verbarg sich ein prinzipieller Konflikt. Die USA setzten ausschließlich auf die NATO, Frankreich wollte die Kontaktgruppe zumindest gewichtig mit einbeziehen Da fünf der Kontaktgruppen-Staaten ohnehin der NATO angehörten, ging es bei der französischen Forderung vor allem um eine Mitwirkung Russlands im Konsultationsprozess. Doch das war gerade das, was die USA vermeiden wollten. … Letztlich setzte sich auch bei dieser etwa zwölfstündigen, für den weiteren Verlauf sehr wichtigen Sitzung die amerikanische Linie durch, da Frankreich auf sich allein gestellt war. … Deutschland tat alles, um nicht in Konflikt mit den USA zu geraten. Den Deutschen ging es vor allem darum, in der Erklärung des NATO-Rats die „humanitäre Kastrophe“, die Legitimationsgrundlage für den Einsatz deutscher Soldaten, zu verankern, was auch gelang“[34]Heinz Loquai „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg. Die zeit vom Ende Novemer 1997 bis März 1999“ Baden-Baden 2000, S. 102.
Verschärfung der Konfrontation
Benedikt Hopmann
Foto: Ingo Müller
China und Russland haben sich zu einem Bündnis zusammen geschlossen. Sie sind Teil des BRICS- Bündnisses (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), das sich inzwischen um weitere Staaten vergrößert hat. Die USA verschärfen die politische und militärische Konfrontation gegen China und Russland. Die Bundesregierung Deutschland ist im Rahmen der NATO in diese Stratigie der USA eingebunden. Die Herrschenden in Deutschland glauben, dies sei in ihrem Interesse[35]siehe die Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik „Autonomie Europas?„ und handeln entsprechend. Der Bundestag beschloss am 3. Jui 2022 mit großer Mehrheit einen Sonderfond von 100 Milliarde €, der durch das Grundgesetz geschützt wird. Jährlich sollen 2 Prozent der wirtschaftlichen Leistung in die Rüstung investiert werden und die Bundesregierung schickt Waffen, auch Panzer, an die Ukraine zur Unterstützung in dem Krieg gegen Russland.
Der Aufruf „Abrüsten statt aufrüsten“, der sich gegen einen Rüstungshaushalt von 2 Prozent des wirtschaftlichen Leistung (BIP = Bruttoinlandsprodukt) richtet, unterschreiben hier:
Der Atomwaffenverbotsvertrag im Rahmen der vereinten Nationen ist seit dem 22. Januar 2021 in Kraft. Deutschland muss diesem Vertrag beitreten. Erst dann sind auch in Deutschland Atomwaffen verboten. Die Petition unterschreiben hier:
Helma Fries zu ihrem Plakat „Buchen Sie eine Reise nach Europa …“
Helma Fries (Berliner Compagnie) fertigte vor über 40 Jahren das Plakat an „Buche eine Reise nach Europa, solange es Europa noch gibt. Helma Fries zu diesem Plakat in einem Interview mit Benedikt Hopmann
Clemes Fuest, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo: „Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge, aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht, sondern: Kanonen ohne Butter: Das heißt wir werden Einbußen haben …“
Markus Meckel, Pastor in der DDR, 1989 Mitbegründer der SPD in der DDR, nach der März-Wahl 1990 Außenminister der DDR, nach der Wiedervereinigung bis 2009 Mitglied des Bundestags des wiedervereinigten Deutschlands.
Der Vorstand hatte zunächst einen Entwurf beschlossen, in dem der Zweite Weltkrieg als Angriffskrieg beschrieben wurde, „in dem das nationalsozialistische Deutschland ein rassistisch geprägtes Europa unter deutscher Vorherrschaft zu realisieren suchte. Er wurde insbesondere im Osten Europas als Eroberungs- und Vernichtungskrieg geführt und war Voraussetzung für einzigartige Verbrechen, vor allem für den millionenfachen Mord an den europäischen Juden….“
Der Bundesvertretertag des Volksbundes verabschiedete jedoch wenige Monate später folgende Version: „…Dieser Angriffskrieg des nationalsozialistischen Deutschlands forderte Millionen Opfer, Soldaten und Zivilisten, und war Voraussetzung für beispiellose Verbrechen bis hin zum Völkermord an den europäischen Juden ….“ (www.zukunft-der-kriegsgräberfürsorge.de/Leitbild-Diskussion)
Stellvertreter des neuen Präsidenten Schneiderhan ist Wolfgang Wieland, vormals Mitglied des Deutschen Bundestags für Bündnis 90/Die Grünen. Neu in den Vorstand gewählt wurden Detlef Fritzsch, ehemaliger Präsident der Bundespolizeidirektion Pirna und Hartmut Tölle, Vorsitzender des DGB-Bezirks Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt (https://www.presseportal.de/pm/18238/3623413 und https://www.volksbund.de/presse/volksbund/organisation/mitgliedergremien.html, abgerufen am 18.7.2018) Schirmherr des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge arbeitet nicht nur mit Mitteln des Auswärtigen Amtes, aber im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland (Wikipedia unter Volksbund Deutsch Kriegsgräberfürsorge unter 3.6 – aktuelle Organisation -, abgerufen am 17.07.2018).
Ohne mich Bewegung wikipedia, abgerufen am 18.7.2018. Siehe auch Dokumentarfilm Christoph Boekel und Be ate Rose mit Oskar Neumann, Konrad Adenauer und der Friedensbewegung der 50er Jahre: Der längeres Atem. Antimilitaristische Opposition und Wiederaufrüstung in Westdeutschland 1945 – 1955 Herausgeber: UNIDOC-Film GmbH, Dantestraße 29, 80000 München 19, München 1983, 7 ff ; vgl. auch Christoph Boekel: Der lange Atem – ein gewöhnlicher Fall politischer Zensur (unter protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/3717)
Die Mitglieder der NATO verpflichteten sich zu gegenseitigem Beistand, auch mit Waffengewalt, wenn eines oder mehrere ihrer Mitglieder bewaffnet angegriffen werden würden. Artikel 5 des NATO Vertrages: „Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten. Von jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen und zu erhalten.“ Die NATO berief sich dabei auf das Recht zur Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Satzung der UNO.
sogenanntes „Holbrookre-Milosevic-Abkommen“, wonach Milosevic „sich verpflichtete, 1. die Forderungen der UN-Resolution 1199 vollständig zu erfüllen, 2. eine OSZE-Verfikationskommission mit bis zu 2.000 Verifikateuren zuzulassen, die ungehinderten und freien Zugang im gesamten Kosovo haben sollen, 3. als Ergänzung dazu der NATO unbewaffnete Überwachungsflüge im Kosovo zu ermöglichen und 4. nach einem bestimmten Zeitplan zu einer politischen Lösung zu kommen, die dem Kosova Eigenverwaltung und eine eigene Polizei geben sollte“; zitiert nach Heinz Loquai „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg“, Baden-Baden 2000, S. 53 f.
Dieter S. Lutz in seinem Beitrag vom 15. Dezember 2000 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wörtlich: „Unbemerkt von den Medien hat die Parlamentarische Versammlung der Nato, ein von der Nato unabhängiges Gremium, das als Bindeglied zwischen dem Bündnis und den nationalen Parlamenten fungiert, vor wenigen Tagen einen „Generalbericht“ verabschiedet. Eigentlich hätte er einen Aufschrei provozieren müssen. Denn in diesem Bericht über „Die Folgen des Kosovo-Konfliktes und seine Auswirkungen auf Konfliktprävention und Krisenmanagement“ wird erstmals das Versagen der westlichen Politiker im Kosovo-Konflikt offiziell eingestanden. Mit Blick auf die „Befreiungsorganisation“ UCK der Kosovo-Albaner wird unverblümt zugegeben, die UCK habe im Kosovo eine Verschärfung der Notlage angestrebt, um die Bevölkerung zum Aufstand für die Unabhängigkeit zu bewegen“. Dann zitiert Lutz den Generalbericht der Parlamentarischen Versammlung der NATO wörtlich: „So nutzte die UCK das Holbrooke-Milosevic-Abkommen als Atempause, um ihre Kräfte nach den Rückschlägen des Sommers zu verstärken und neu zu gruppieren. Die serbischen Repressionen ließen unter dem Einfluß der KVM in der Zeit von Oktober bis Dezember 1998 nach. Dagegen fehlte es an effektiven Maßnahmen zur Eindämmung der UCK, die weiterhin in den USA und Westeuropa insbesondere Deutschland und der Schweiz Spenden sammeln, Rekruten werben und Waffen über die albanische Grenze schmuggeln konnte. So nahmen die Angriffe der UCK auf serbische Sicherheitskräfte und Zivilisten ab Dezember 1998 stark zu. Der Konflikt eskalierte neuerlich, um eine humanitäre Krise zu erzeugen, welche die NATO zur Intervention bewegen würde“
Josef Fischer auf dem Parteitag der GRÜNEN in Bielefeld (Quelle: Spiegel-online vom 13.5.1999, über wikipedia-org/wiki/Rede_Joschka_Fischers_zumm NATO-Einsatz_im_Kosovo. Der Satz „Natürlich steckt auch bei mir da die Erinnerung an unsere Geschichte und spielt eine Rolle“ fehlt in Spiegel-online, ist aber enthalten in: Heinrich Böll Stiftung Archiv Grünes Gedächtnis Hannover 1999
Damit hat Bundeskanzler Schröder auch gegen das Grundgesetz verstoßen: „Das Grundgesetz knüpft an gravierende Verstöße gegen gegen das Völkerrecht auch innerstaatliche Rechtsfolgen. Dies gilt besonders für den vorliegenden Fall. Der deutsche Verfassungsgesetzgeber hat nämlich unter dem Eindruck des von deutscher Seite völkerrechtswidrig begonnen Zweiten Weltkrieges in Artikel 26 des Grundgesetzes das Verbot des Angriffskrieges verankert … Paragraph 80 Strafgesetzbuch zeigt die Konsequenzen auf: Wer einen Angriffskrieg …, an dem die Bundesregieung Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahre bestraft“(Steffen Wirth FR 7.4.1999
Gunter Hoffmann „Wie Deutschland in den Krieg geriet“ in: Die Zeit, 20/1999, S. 17-21; zitiert nach Heinz Loquai „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg. Die Zeit vom Ende Novemer 1997 bis März 1999“ Baden-Baden 2000, S. 154
Einführung in das Thema: Keine Privatisierung der S-Bahn!
25. November 2020. Die S-Bahn wurde zu 2/3 ausgeschrieben. Damit droht die Privatisierung der S-Bahn. Die Länder Berlin und Brandenburg bieten in der Ausschreibung den Bewerbern ein Grundstück für die Errichtung einer Werkstatt an, es werden neue Fahrzeuge für die S-Bahn gekauft, mit denen kommunales Eigentum in einer “Landesanstalt für Schienenfahrzeuge” aufgebaut werden soll, und schließlich will das Land Berlin über eine landeseigene Beschäftigungsgesellschaft Werkstattpersonal anbieten. Alle diese Maßnahmen öffnen privaten Unternehmen die Tür zum Betrieb der S-Bahn und zur Wartung der Fahrzeuge. Muss das so sein? Warum nicht gleich alles in landeseigener Regie übernehmen, also auch den Betrieb und die Instandhaltung der landeseigenen Fahrzeuge in landeseigener Regie durchführen?
Es sei daran erinnert, dass Berlin schon einmal die S-Bahn in eigener Regie betrieben hat, und zwar vor 1989 drei Jahre lang. Es wäre möglich ein eigenes Bahn-Unternehmen in Berlin zu schaffen, eventuell auch unter Beteiligung der Deutschen Bahn. Dann kann rechtssicher auf eine Ausschreibung verzichtet werden. Nur dann wäre die Gefahr der Zerschlagung der S-Bahn gebannt. Daher müssen diejenigen, die gegen die Zerschlagung der S-Bahn sind, auch gegen ihre Ausschreibung sein.
Wenn die Ausschreibung durchgezogen wird, wird es auf jeden Fall eine Teilprivatisierung geben. Denn selbst wenn die S-Bahn GmbH den Zuschlag bekommen wird, wird die Instandhaltung in den Werkstätten zum Teil ausgelagert werden. Die S-Bahn GmbH bietet in der laufenden Ausschreibung zusammen mit Siemens und Stadler. Diese Privatfirmen werden nicht nur die Fahrzeuge liefern, sondern auch auch für die schwere Instandhaltung zuständig sein, für die jetzt die Werkstätten der S-Bahn GmbH zuständig sind.
Es wurde das Wasser privatisiert und musste dann nach einem erfolgreichen Volksentscheid wieder für viel Geld zurück gekauft werden. Dann wurden tausende Wohnungen städtischer Wohnungsbaugesellschaften privatisiert. Jetzt kämpft die Kampagne “Deutsche Wohnen & Co enteignen” um die Rückführungen dieser Wohnungen in die kommunale Hand. Müssen wir mit der Privatisierung des S-Bahn Betriebs ein drittes Mal wiederholen, was schon zwei Mal nur Schaden gebracht hat?
4. März 2024: Kammergericht hat entschieden – Alstom konnte sich mit 2 Rügen zur Ausschreibung durchsetzen
Am 4. März entschied das Berliner Kammergericht. Alsthom konnte sich mit zwei Rügen gegen die Ausschreibung der S-Bahn durchsetzen: Die Rügen in den Bereichen „Gleisanschlusskosten“ und „Zugbeeinflussungssysteme ZBS“ sah das Gericht als begründet an.
Laut Tagesspiegel wurde die Ausschreibung trotz dieser beiden Rügen nicht komplett gekippt, sonden es müssen diese Punkte der Vergaberichtlinien geändert werden.
Selbst wenn die S-Bahn die Ausschreibung gewinnen sollte, werden Werkstätten der S-Bahn privatisiert werden; denn die S-Bahn GmbH bewirbt sich zusammen mit Siemens und Stadler und diese beiden Unternehmen fordern auch ein Stück von dem Kuchen. Wir bleiben dabei: Berlin muss die S-Bahn in eigener Regie betreiben.
Völlig unklar ist, ob nach der Vergabe nicht erneut ein Prozess droht. Das Kammergericht hat jedenfalls schon angedeutet, dass ein Prozess erfolgreich sein könnte. So schreibt die Berliner Zeitung am 9.3.2024:
„Es bleibt spannend im Streit um die Zukunft der Berliner S-Bahn. Zwar kann die Ausschreibung für zwei Drittel des Netzes nach der Entscheidung des Kammergerichts weitergehen. Doch Beobachter bezweifeln, dass in das Vergabeverfahren endlich dauerhaft Ruhe einkehrt.
Denn schon im Herbst könne ein neuer Konflikt entstehen – mit der Gefahr, dass nach mehr als vier Jahren alles von vorn losgeht. Denn die Verstöße gegen das Vergaberecht, die das Gericht als Makel kritisiert hatte, dauern an.“
„Vor dem Kammergericht wurde die Vergabelogik im Zuge der Verhandlung der größten Ausschreibung in Deutschland auf die Spitze getrieben. Für die Ideologie des Wettbewerbs soll möglichst Tabula rasa gemacht werden. Vorhandene Werkstätten und Gleisanschlüsse sollen negiert werden, Entschädigungen oder Abriss und Neubau würde die Bürgerinnen und Bürger Berlins mehrere hundert Millionen Euro kosten. Ähnliches gilt für die Freistellung von allen erdenklichen Risiken wie etwa beim Zugbeeinflussungssystem.“
23.Februar 2024: Gemeinsame Presseerklärung – Gericht: S-Bahn-Privatisierung verzögert und verteuert alles
Nach einem Bericht des rbb “könnte die milliardenschwere S-Bahn-Ausschreibung der Länder Berlin und Brandenburg in Teilen gegen das Vergaberecht verstoßen”. Das habe der Vergabesenat des Kammergerichts zu Beginn der ersten Verhandlungsrunde deutlich gemacht. Das Gericht habe sich am Freitag mit Beschwerden des französischen Bahntechnik-Konzerns Alstom gegen die Ausschreibungsmodalitäten befasst. Unter anderem bemängelt der Konzern die Kriterien, nach denen eingehende Angebote bewertet werden sollen. Die Vorsitzende Richterin, Cornelia Holldorf, habe deutlich gemacht, dass das Gericht hier ebenfalls das Risiko sehe, das nicht zwingend das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalte.Dazu veröffentlichte “Bahn für Alle” und “EINE S-Bahn für Alle” folgende Presseerklärung:
14. September 2023: Brief an die neue Verkehrssenatorin
In den letzten Tagen hat die Initiative EINE S-Bahn für ALLE je einen Brief an die neue Verkehrssenatorin und an Stefan Evers geschrieben Beide Briefe haben wir in einem längeren Prozess diskutiert, vor allem auf den Monatstreffen von GiB, zu denen auch immer alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter vom S-Bahn-Bündnis eingeladen sind, um die Kräfte zu bündeln und keine Extratermine zu generieren.
15. August 2023: Am 19. Oktober 2023 läuft die Frist für ein verbindliches Angebot ab
Am 15.08. 2023 berichtete der Tagesspiegel:
„Die vor knapp drei Jahren gestartete Ausschreibung für den Betrieb der Berliner S-Bahn und die Lieferung neuer Züge verzögert sich erneut. Nach Informationen des Tagesspiegels wurde die Frist zur Einreichung der „verbindlichen Angebote“ vom 27. Juli auf den 19. Oktober 2023 verschoben.
Als Grund für die neue Verschiebung nannte eine Sprecherin der Verkehrsverwaltung das „noch laufende Beschwerdeverfahrens zur aktuellen S-Bahn-Vergabe“. Trotzdem sei die Zuschlagsentscheidung „weiterhin für das erste Quartal 2024 geplant“, sagte die Sprecherin. Wie die drei Monate kompensiert werden sollen, sagte sie nicht.“.
04.04.2023 Pressemitteilung: Die Bündnisse Bahn für Alle und EINE S-Bahn für ALLE sehen einen großen Widerspruch zwischen zwei Aussagen zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen.
„Die Garantie eines einheitlichen Betriebs der S-Bahn durch CDU und SPD ist ein riesiger Erfolg unserer Arbeit! Genau das fordern wir seit drei Jahren vehement. Gleichzeitig die Ausschreibung abzuschließen ist jedoch widersinnig, denn damit wird ja gerade die Aufspaltung betrieben.“
13.02.2023 Update zu: 26.01.2023: Wahlwiederholung – Briefaktion an die jeweiligen Parteien – Antworten der Parteien
Liebe Freundinnen und Freunde von Bahn für Alle, Gemeingut und EINE S-Bahn für ALLE,
wir brauchen Ihre aktive Mithilfe! In Berlin und Brandenburg sollen große Anteile des Nahverkehrs unter den Hammer kommen: die Berliner S-Bahn. Pro Jahr befördert sie mehr als 300 Millionen Fahrgäste, das sind dreimal so viele wie die Deutschen Bahn jährlich mit der gesamten ICE-Flotte befördert. In den meisten Bundesländern wurden S-Bahn- und Regionalverkehr längst zerschlagen und separat ausgeschrieben: Die Berliner S-Bahn fährt in einem unabhängigen Netz und blieb verschont.
In Berlin wird die Wahl wiederholt. Schreiben Sie E-Mails an die Verantwortlichen der politischen Parteien! Die Ausschreibung muss abgebrochen und die S-Bahn geschützt werden.
Inzwischen sind drei Antworten eingegangen, von der Senatskanzlei (ohne Nennung des namens von Senatschefin Franziska Giffey), Klaus Lederer für die Partei DIE LINKE und Kai Wegner, CDU
Wir dokumentieren die Antworten und geben Argumente an, die zeigen, dass diese Antworten eher Pseudoantworten sind und die eigentliche Aussage daher noch aussteht. Die bausteine dürfen und sollen gerne für weiteren Schriftverkehr verwendet werden!
16.01.2023: Unterschriftenübergabe an Senatorin Jarasch
Aktive der “Bündnisse Bahn für Alle” und “Eine S-Bahn für Alle” sowie von “Gemeingut in BürgerInnenhand“haben Heute eine Unterschriftensammlung, mit über 10.000 Unterschriften, gegen die Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn an die Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Bettina Jarasch übergeben.
14. August 2022: Stand der Ausschreibung der S-Bahn
Jörn Hasselmann berichtete am 14. August 2022 im Tagesspiegel, dass es nur noch einen Bewerber für den Betrieb der S-Bahn gebe: Die S-Bahn GmbH, die schon jetzt die S-Bahn betreibt.
Ausgeschrieben wurde der Betrieb von 2/3 des S-Bahn Netzes. Benötigt würden außerdem für die elf Linien der Nord-Süd und Ost-West Strecken 1.308 bis 2.160 Züge.
Die S-Bahn GmbH und das Konsortium Siemens/Stadler bieten gemeinsam sowohl den Betrieb der ausgeschriebenen S-Bahnstrecken als auch den Bau der neuen Züge an, die ebenfalls ausgeschrieben wurden.
Als weiterer Bewerber bietet Alsthom nur den Bau der ausgeschriebenen Züge an.
10. Februar 2022 In der Koalitionsvereinbarung, auf deren Grundlage der derzeitigen Senat arbeitet, heißt es unter anderem zur S-Bahn: „
Die Koalition verfolgt unabhängig von der Ausschreibung das Ziel einer Kommunalisierung der S-Bahn. Sie tritt in zügige Verhandlungen mit dem Bund und der Deutschen Bahn zum Kauf der S-Bahn ein und entwickelt bis Herbst 2022 einen Fahrplan zum Aufbau eines eigenen Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU)“.
Wenn dieser Fahrplan bis Herbst 2022 entwickelt werden soll, so ist nicht nur wichtig, dass die Kommunalisierung nicht auf den Sankt Nimmerleistag verschoben wird, sondern in jedem Fall auch, dass zumindestens ein wichtiger Eckpfeiler zur Ausgestaltung der kommunale EVU eingezogen wird.
Das sit die folgende Festlegung:
„Schon zum Beginn ihres Aufbaus wird eine kommunale EVU die Bindung an alle Tarifverträge, die für die S-Bahn GmbH gelten, mit der EVG und GdL vereinbaren, gegebenfalls verbunden mit dem Beitritt zu dem tarifschließenden Arbeitgeberverband“.
Das ist wichtig, damit die Beschäftigten wissen, dass bei einer Kommunalisierung ihre erkämpften Rechte nicht angegriffen werden.
Kleine Dokumentation der Aktivitäten des S-Bahn Bündnisses „Eine S-Bahn für Alle!“
Hier eine kleine Dokumentation des S-Bahn-Bündisses „Eine S-Bahn für Alle“ nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus:
20.01.2022 |Video mit Jorinde Schulz zu Privatisierungsplänen bei der S-Bahn: Unsere Aktive Jorinde Schulz hat mit der Hellen Panke über die aktuelle S-Bahn-Ausschreibung gesprochen und am Fall der Abellio-Pleite die Desaster des Wettbewerbs auf der Schiene erläutert.
03.12.2021 | Statement zum Koalitionsvertrag: „Kommunalisierung der S-Bahn gibt es nur mit Abbruch der Ausschreibung alles andere ist Täuschung!“
23.11.2021 | Public Climate School: Film- und Diskussionsabend zur Berliner S-Bahn: Aufführung des Films „EINE S-BAHN FÜR ALLE“ mit anschließender Diskussion an der Humboldt-Universität Berlin im Rahmen der Public Cilmate School.
02.11.2021 | Aktion und Pressemitteilung „S-Bahn-Ausschreibung stoppen und S-Bahn neu denken“. Vertreter*innen des Aktionsbündnisses EINE S-Bahn für ALLE versammelten sich vor dem Sitz des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, um dem VBB Klaus Gietingers S-Bahn-Dokumentation zu überreichen. Mit der Übergabe verbanden die Aktivist*innen die Forderung, die laufende Ausschreibung sofort zu stoppen. Der VBB verweigerte die Entgegennahme der Filmschachtel.
20.11.2021 | Film- und Diskussionsabend zur Berliner S-Bahn: Kinoaufführung des Films „EINE S-BAHN FÜR ALLE“ mit anschließender Diskussion. Veranstaltung in Kooperation mit dem Berliner Regenbogenkino und der Regenbogenfabrik.
19.10.2021 | S-Bahn-Film an Landesvorsitzende der Berliner Linken übergeben: Am 19. Oktober tagte die Berliner Linke, um über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu beratschlagen. VertreterInnen des Aktionsbündisses übergaben Katina Schubert die Filmdokumentation gegen die S-Bahn-Privatisierung.
Rot-grün-rote Koalition will Ausschreibung nicht abbrechen
29. November 2021. Benedikt Hopmann
Jetzt wissen wir es genau. Die rot-rot-grünen Koalitionsvereinbarung will die laufende Aussschreibung des S-Bahn Betriebes nicht abbrechen, sondern abschließen. Was bedeutet diese Entscheidung?
Hier sind die häufig gestellten Fragen zur Ausschreibung von 2/3 der S-Bahn aufgelistet: Zu jeder Frage wird eine kurze zusammenfassende Antwort gegeben (rot). Wer genauer Bescheid wissen will, kann danach zu jeder Antwort auf “im Einzelnen” klicken und bekommt eine ausführliche Antwort.
Schon bisherige Privatisierungsschritte waren folgenschwer.
August 2021 Benedikt Hopmann Es ist jetzt gut zehn Jahre her: Wir standen auf den Bahnsteigen und warteten. Manchmal kam eine S‐Bahn nach einer halben, manchmal nach einer Stunde. Und manchmal kam sie gar nicht. Es war Winter, die Bahnsteige waren überfüllt, und wir klapperten mit den Zähnen. Das ging wochenlang so. »Da sieht man es doch. Die öffentliche Hand kann es nicht«, schimpften diejenigen, die es schon immer besser wussten und das Wasser, die Gesundheitsversorgung und die S‐Bahn lieber heute als morgen privatisieren möchten.
Die S-Bahn Berlin GmbH gehört zu 100 Prozent der Deutschen Bahn AG (DB AG), und die Deutsche Bahn AG gehört zu 100 Prozent dem Staat. War das Desaster Ende der 2000er Jahre der Beweis dafür, dass die S-Bahn ausgeschrieben werden muss, damit sie besser wird?
Als GmbH muss die S-Bahn ihr Ergebnis, also Gewinn oder Verlust, jährlich veröffentlichen. Am 17. Juni 2020 legte das Verkehrsministerium den Bundestags-abgeordneten auf einer Sitzung des Verkehrsausschusses die Ergebnisse der Gewinn- und Verlustrechnungen der S-Bahn Berlin GmbH aus den Jahren 2000 bis 2019 vor:
Haben wir alle schon das Desaster im Jahr 2009 vergessen? Um die Deutsche Bahn AG börsenfähig zu machen, wurde die S-Bahn GmbH gezwungen, die Gewinne von 2006 bis 2008 die Gewinnabführungen an die Deutsche Bahn AG massiv zu erhöhen – durch Kosteneinsparungen beim Personal. Die katastrophalen Folgen waren ab 2009 zu besichtigen. Die Privatisierungsvorbereitungen wurden abgebrochen. Warum die S-Bahn privatisieren, wenn schon 2009 die Vorbereitung der Privatisierung der Deutschen Bahn AG die schlimmsten Folgen hatte?
Ausschreibung beenden! Keine Zerschlagung der S-Bahn!
Zur Veröffentlichung der Ausschreibung der S-Bahn im EU-Amtsblatt am 7. August 2020
Nur wenn auf eine Ausschreibung verzichtet wird, kann gesichert werden, dass niemand der S-Bahn Beschäftigten seinen Arbeitsplatz verliert. Nur wenn auf die Ausschreibung verzichtet wird, ist sicher, dass die bestehende Tarifbindung erhalten bleibt. Nur bei einem Verzicht auf eine Ausschreibung bleiben für alle Tätigkeiten der S-Bahn Beschäftigten die Arbeitsbedingungen (z.B. DemographieTV, Arbeitszeiten, Ruhezeiten usw.) voll erhalten bleiben, die in den letzten Jahren von den Gewerkschaften erkämpften wurden.
Und – nicht zu vergessen – Privatisierung führt zu Arbeitsverdichtung. Das ist eine der bevorzugten Methoden, um die Gewinne in die Höhe zu treiben und trifft alle. Das Jahr 2009 lieferte einen drastischen Beweis. Um zur Vorbereitung der Privatisierung hohe Gewinne zu erzeugen, wurden derart viele Arbeitsplätze nicht mehr besetzt, , dass dies nicht nur für alle Beschäftigten zu einer enormen Belastung, sondern 2009 auch zu einem Desaster für alle S-Bahn-Nutzer führte.
Es steht zu viel auf dem Spiel. Gleichzeitig bestehen Möglichkeiten einer Gegenwehr, wie es sie nicht alle Tage gibt. Für die Gewerkschaften besteht die Chance, sich dadurch stärker zu machen, dass sie nicht nur unmittelbar für ihre eigenen Interessen kämpfen, sondern ihre Interessen mit dem großen Interesse der Berliner Bevölkerung an einem Erhalt der S-Bahn verbinden. Wird aus diesen gemeinsamen Interessen ein gemeinsamer Kampf, dann kann das eine erhebliche Sprengkraft entwickeln. Daher sehe ich auch jetzt, da die Ausschreibung veröffentlicht ist, immer noch die Möglichkeit, eine Zerschlagung der S-Bahn zu verhindern.
Man sagt manchmal: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Gegenüber dem Schrecken ohne Ende, der uns nach einer Privatisierung und Zerschlagung erwartet, ist das Ende der der Ausschreibung ein ziemlich harmloser Schrecken.
Wir sollten glaubwürdig bleiben. Wir können nicht einerseits den Öffentlichen Personennahverkehr als einen zentralen Hebel für ein umweltfreundlicheres Leben beschwören und andererseits die S-Bahn-Ausschreibung stillschweigend hinnehmen. Wir sollten nicht die Tür für ihre Privatisierung und Zerschlagung öffnen. Es wäre kein Fortschritt, wenn die erheblichen Gewinne, die in den letzten Jahren an die Deutsche Bahn abgeführt wurden, zukünftig an private Betreiber gehen.
Podcast zur Livesendung “Berlin und das Tafelsilber – die S-Bahn” vom 09.08.2020
Bild: Ingo Müller
Über Aussichten und Befürchtungen der Privatisierung der S-Bahn, sprachen wir am 9. August von 16 bis 18 Uhr, live in “Speiches Rock- und Blueskneipe”. Die Sendung wurde über rockradio.de live übertragen.
Ausschnitte von der Kundgebung „Wir demonstrieren gegen die S-Bahn-Ausschreibung und die mögliche Zerschlagung und Privatisierung der Berliner S-Bahn“.
S-Bahn Ausschreibung: Folgen für die Arbeitskräfte
S-Bahn Ausschreibung: Folgen für die Arbeitskräfte
Die Länder Berlin und Brandenburg planen eine Ausschreibung von Betrieb und Wartung der S-Bahn-Netzteile Nord-Süd und Stadtbahn. Welche Folgen hat das für die Arbeitskräfte? Werden alle Arbeitskräfte übernommen, wenn ein neuer Betreiber den Zuschlag bekommt? Ein neuer Betreiber muss nicht an Tarifverträge gebunden sein, schon gar nicht an die Tarifverträge, an die die S-Bahn GmbH gebunden ist. Was bedeutet Tariftreue, die ein neuer Betreiber einhalten muss? Der Vortrag gibt am Anfang eine Übersicht über alle Folgen, die auf die Arbeitskräfte nach einem Betreiberwechsel zu kommen können. Danach werden diese Folgen noch einmal im Detail beschrieben.