Sie hätten den Krieg verhindern können!

Hier soll auf einen Text aufmerksam gemacht werden, den ich am 17. März 2024 auf dieser Homepage veröffentlichte. Er hat bis heute nichts an seiner Aktualität eingebüsst. Sie hätten den Krieg nicht nur verhindern können, sie hätten ihn auch schon im März 2022 wieder beenden können. Am 22. März begannen in Istanbul Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über eine Beendigung des Krieges. Die Verhandlungen wurden von den USA und Großbritannien gestoppt. Es ist nicht bekannt, dass sich die deutsche Regierung deswegen gegen die USA und Großbritannien aufgelehnt hätten. Es ist möglich, dass die Ukraine in den nächsten Monaten einem Vertrag zustimmen muss, den sie schon im März 2022 hätten haben können – ohne Hunderttausende Tote und ohne ein zerstörtes Land.

17. März 2022 Es wird immer wieder das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine angeführt. Sicher, die Ukraine ist berechtigt, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO zu stellen. Aber ebenso sind die Mitglieder der NATO berechtigt, einen solchen Antrag abzulehnen. Nun ist in den letzten Tagen von Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine die Rede, die einen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ausschließen sollen.

Die NATO macht Russland für den Krieg verantwortlich, weil die russische Regierung ihre Truppen in die Ukraine einmarschieren ließ. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist ein Bruch des Völkerrechts. Aber die NATO und allen voran die USA sind für diesen Krieg mehr verantwortlich als sie jemals zugeben werden.

Sie wußten, was sie tun.

Zbigniew Brzezinski, über viele Jahrzehnte einer der wichtigsten amerikanischer Sicherheitsberater, der nicht unbedingt als Taube bekannt ist, erklärte am 29. Juni 2015 in der Zeitung „Die Welt“: „Damit sich aus dem Kalten Krieg kein heißer Krieg entwickelt, müssen der Westen und Moskau ernsthaft miteinander verhandeln, um eine Kompromissformel zu finden …. Man muss anerkennen, dass sich einerseits die Ukraine hinsichtlich ihrer Zukunft und ihrer Erwartungen sehr stark nach Westen orientiert. Russland möchte andererseits so viel Kontrolle wie möglich aufrechterhalten. Vor diesem Hintergrund würde meiner Ansicht nach die beste Kompromissformel darauf hinauslaufen, dass die Ukraine sich am Status Finnlands orientiert. Der Ukraine würde es gestattet, sich eng Europa anzuschließen, und zugleich bekäme Russland die Zusicherung, dass die Ukraine nicht Mitglied der Nato wird. Sie hätte, so wie Finnland, einen speziellen Sicherheitsstatus“.

Die USA, die Bundesregierung, die NATO – sie hätten den Krieg verhindern können. Das meint auch die deutsche Sektion IALANA in ihrem offenen Brief vom 29. März 2022 an Bundeskanzler Olaf Scholz.

Sie hätten den russischen Vertragsentwurf in wesentlichen Punkten unterstützen können. Dazu gehört vor allem die Forderung, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO wird. Das haben sie nicht getan.

Auch die Bundesregerung hat das nicht getan, obwohl der Bundeskanzler noch wenige Tage vor dem Krieg mit dem russsichen Präsidenten in Moskau sprach.

Stattdessen beschloß der Bundestag nach der Invasion der russischen Trruppen in die Ukraine am 27. Februar, einem Sonntag (!), 100 Milliarden in die Bundeswehr zu investieren, jährlich zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung (BIP = Bruttoinlansprodukt) für die Verteidigung auszugeben, Waffen in die Ukraine zu liefern und das Auslandsguthaben der russischen Zentralbank zu blockieren.

Wir wollen Frieden mit denen, die in der Ukraine leben. Wir wollen aber ebenso Frieden mit denen, die in Russland leben. Und wer sagt denn, dass eine Mitgliedschaft der NATO dem Frieden dient? Wer sagt, dass die Stationierung von Atomrakten in Polen und Rumänien dem Frieden dient? Seit wann ist die NATO ein Friedensbündnis? Warum hat die Bundesregierung nicht darauf gedrängt, dass die Atomraketen der NATO aus Polen und Rumänien abgezogen werden? Alle Länder, die in den letzten 25 Jahren in die NATO aufgenommen wurden, sind mit Zustimmung der Bundesrepublik in die NATO aufgenommen worden; denn solche Beschlüsse werden in der NATO einstimmig gefasst. Warum hat die Bundesregierung immer zugestimmt? Warum hat die Bundesregierung gegenüber Russland nicht verbindlich zugesichert, dass sie auch zukünftig niemals einer Aufnahme der Ukraine in die NATO zustimmen wird? Ihr war der Erhalt des NATO-Bündnisses wichtiger als der Erhalt die Friedens in Europa.

Schaut man genau hin zeigt sich, wie aktuell die Losung ist, die schon vor über hundert Jahren galt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land.

„Asche in unserem Mund“

Wenn Politiker wie Roderich Kiesewetter von der CDU, Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, der GRÜNEN-Politiker Anton Hofreiter, der SPD-Politiker Michael Roth und die Politikerin Carola Rackete, die für DIE LINKE im Europaparlament sitzt, Raketen für die Ukraine fordern, die tief im Inneren Russlands Militärbasen zerstören sollen[1]zu Carola Rackete: https://www.jungewelt.de/artikel/484184.niedergang-der-linkspartei-rackete-schie%C3%9Ft-den-vogel-ab.html; abgerufen am 3.10.2024 um 09:53 Uhr, dann beschwören sie genau die Situation herauf, die umgekehrt in der Kubakrise 1962 die USA bedrohte.

Die damalige Sowjetunion hatte Mittelstreckenraketen auf Cuba stationiert, die die USA erreichen konnten. Die USA und die Sowjetunion befanden sich am Rande eines Atomkrieges.

Was hätten die Leitmedien und führende Politiker wohl gesagt, wenn Russland nach dem Überfall der USA auf Nikaragua oder den Irak in diese Länder zu ihrer Verteidigung wieder Raketen geschickt hätte, die tief im Inneren der USA militärische Ziele hätten treffen können?

Diese Politiker, die jetzt mit völliger Selbstverständlichkeit die Stationierung von Raketen in der Ukraine fordern, die zur Verteidigung der Ukraine militärische Ziele tief im Inneren Russlands treffen können, wollen die Welt in Brand setzen.

Die vom Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU/CSU, FDP, GRÜNEN/Bündnis 90 und SPD unterstützte Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenrakten und Hyperschallraketen in Deutschland, die ebenfalls Ziele tief im Inneren Russlands erreichen können, beschwört dieselbe Gefahr herauf. Und das, obwohl Deutschland von Russland nicht überfallen wurde. Ab 2026 sollen in Deutschland Marschflugkörper vom Typ „Tomahawks“ und Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW) “Dark Eagle” stationiert werden. Die „Tomahawks“ haben eine Reichweite von deutlich mehr als 2.000 km, die „Dark Eagle“ eine Reichweite von 2.750 km. Die Entfernung Deutschland – Moskau (Luftlinie) beträgt 1.836 km. Putin nennt diese Bedrohung das „Messer am Hals“[2]siehe: https://widerstaendig.de/keine-osterweiterung-der-nato/#Messer. Wenn Russland diese Bedrohung militärisch ausschaltet, ist das Schlachtfeld Deutschland.

„Das Gedächtnis der Menschheit
für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz.
Ihre Vorstellungsgabe für kommende
Leiden ist fast noch geringer.


Diese Abgestumpftheit ist es,
die wir zu bekämpfen haben,
ihr äußerster Grad ist der Tod.
Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote,
wie Leute, die schon hinter sich haben,
was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen.

Und doch wird nichts mich davon überzeugen,
dass es aussichtslos ist,
der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen.
Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
Lasst uns die Warnungen erneuern,
und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!
Denn der Menschheit drohen Kriege,
gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind,
und sie werden kommen ohne jeden Zweifel,
wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten,
nicht die Hände zerschlagen werden.“ (Bertolt Brecht[3]Zum Kongress der Völker für den Frieden, „Das Gedächtnis der Menschheit“, aus: Bertolt Brecht, Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Band 12: Gedichte 2. © … Continue reading.)

References

References
1 zu Carola Rackete: https://www.jungewelt.de/artikel/484184.niedergang-der-linkspartei-rackete-schie%C3%9Ft-den-vogel-ab.html; abgerufen am 3.10.2024 um 09:53 Uhr
2 siehe: https://widerstaendig.de/keine-osterweiterung-der-nato/#Messer
3 Zum Kongress der Völker für den Frieden, „Das Gedächtnis der Menschheit“, aus: Bertolt Brecht, Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Band 12: Gedichte 2. © Bertolt-Brecht-Erben/Suhrkamp Verlag 1988

Zur Gefahr eines Dritten Weltkrieges

Auf Youtube kann eine Stellungnahme von Klaus von Dohnany zur gegenwärtigen deutschen Außenpolitik und zur Gefahr eines Dritten Weltkrieges angesehen werden. Er verweist auf eine aktuelle Warnung Henry Kissinger’s vor einem Dritten Weltkrieg (unten ab 52:56).

Die Gefahr eines Dritten Weltkrieges ergibt sich unter anderem aus der immer schärferen Konfrontationspolitik der USA gegenüber China. Der Ansatz ist Taiwan, das die USA massiv aufrüsten und gegen die Volksrepublik China in Stellung bringen. Es geht um die Ein-China-Politik Chinas, die die USA zunehmend in Frage stellen.

Nach der Ein-China-Politik sind Festland-China und Taiwan ein Land. „Taiwan heißt offiziell Republik China – im Unterschied zur kommunistischen Volksrepublik China. Das Land wird von den meisten Staaten nicht als souveräner Staat anerkannt – auch von Deutschland nicht. Es ist auch kein Mitglied der Vereinten Nationen. Dort ist die Volksrepublik China Mitglied …“[1]siehe DIE ZEIT v. 12.04.2023 Zunächst war allein Taiwan Mitglied der UNO und vertrat auch die Volksrepublik China in der UNO. Damals war also Taiwan Vertreterin dieser Ein-China-Politik. 1971 übernahm die Volksrepublik China diese Rolle. Bisher wird diese Ein-China-Politik von (fast) allen Staaten respektiert. China hat unmissverständlich erklärt, dass es ein Abweichen von dieser Ein-China Politik durch andere Staaten als ein Überschreiten einer roten Linie betrachtet und nicht hinnehmen werde.

Doch scheinen die USA mit Taiwan gegenüber China zu wiederholen, was sie schon mit der Ukraine gegenüber Russland gemacht haben. Taiwan wird massiv aufgerüstet. Vor China wird eine amerikanische Bastion aufgebaut und zugleich erklären die USA: “Wir wollen die alleinige Weltmacht bleiben und wir wollen nicht, dass China heranrückt an eine vergleichbare Weltmachtposition.”

Wie soll China unter diesen Umständen die Ein-China-Politik verteidigen? Xi Jinping muss sich fragen: “Soll ich warten, bis die Ein-China Politik nicht mehr verteidigt werden kann, weil Taiwan bis an die Zähne bewaffnet ist und sich dann selbstständig machen will?” Die Aufrüstung Taiwans durch die USA -Politik ist nichts anderes als die Vorbereitung eines Dritten Weltkrieges. Und ganz sicher werden die USA die Verantwortung dafür China zuschieben wie sie es auch gegenüber Russland gemacht haben.

Aufschlussreich ist die Position, die Macron in dieser Frage bei seinem Besuch mit von der Leyen in China eingenommen hat: „Die Frage, die wir als Europäer beantworten müssen, ist die Folgende: Liegt es in unserem Interesse, (eine Krise) bei Taiwan zu beschleunigen?“ Macron verneinte und warnte die Europäische Union vor dem Einfluss einer „US-Agenda“ und einer „chinesischen Überreaktion“. Damit fordert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine eigenständige Position der EU im Konflikt zwischen China und den USA zu Taiwan.[2]siehe DIE ZEIT v. 12.04.2023

Ebenso aufschlussreich sind die Reaktionen deutscher Politiker auf diesen Vorstoß von Macron: „Mit scharfer Kritik haben SPD, FDP und CDU auf Macrons Äußerungen reagiert. Das sei eine „völlige Fehlbeschreibung der Situation“, sagte Außenpolitiker Norbert Röttgen (CDU) im Deutschlandfunk: „Es geht darum, ob in Taiwan Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung weiter gelten, oder ob wir China mitteilen: Wenn ihr dieses freie, demokratische Land angreift, dann interessiert uns das nicht.“[3]siehe DIE ZEIT v. 12.04.2023 Von Krieg sprechen diese Politiker und Politikerinnen nicht, sie sprechen nur davon, dass uns – anders als Macron es sieht – zu interessieren hat, wenn China Taiwan angreift. Die Konsequenz: Der Dritte Weltkrieg im Namen von „Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung Taiwans“.

Siehe auch Chinas Stellungnahme zur Chinastrategie Deutschlands.

References

Eskalation bis zum Atomkrieg.

Vorbemerkung: Am 13. März 2023 stimmte die Bundesregierung der Lieferung von Flugzeugen durch Polen an die Ukraine zu. Ein Jahr später im Februar / März wird der Streit um die Lieferung von TAURUS Marschflugkörpern angeheizt. Bisher lehnt Bundeskanzler Scholz solche Lieferungen ab. Der französische Staatspräsident schließt die Entsendung von Bodentruppen nicht aus. Die Eskalationsschraube dreht sich immer weiter. Wir beschreiben das und die Gefahr eines Atomkrieges. Zum Schluss gehen wir auf Alternativen ein:


Deutsche militärische Unterstützung der Ukraine: Stand 4. Januar 2023

Wir erinnern daran: Zunächst weigerte sich die Bundesregierung überhaupt Waffen an die Ukraine zu liefern und berief sich dabei auf die Koalitionsvereinbarung. Diese Position hielt die Bundesregierung auch kurz nach dem Beginn des Krieges aufrecht. Am 22. Februar 2022 forderte pax christi die Bundesregierung auf, bei ihrer Haltung zu bleiben.

Die Bundesregierung veröffentlicht regelmäßig eine Überischt über den Stand ihrer militärischen Unterstützung der Ukraine. Den aktuellen Stand hier lesen.


Leichte“ Waffen:

Am 31. März 2022 schrieben wir:

Die Süddeutsche Zeitung meldete heute, der Regierung liege „eine Liste mit Rüstungsgütern im Wert von 300 Millionen Euro vor, die an die Ukraine geliefert werden können … Darunter befinden sich 2.650 Panzerfäuste vom Typ Matador … und 18 Aufklärungsdrohen“.

Im Wochenrythmus werden immer neue Waffenlieferungen Deutschlands an die die Ukraine gemeldet.

„Deutschland wird der Ukraine noch mehr Waffen liefern. Die Lieferungen würden sich an dem orientieren, was Deutschland bisher bereits geliefert habe, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Bisher waren dies Panzerfäuste und Flugabwehrraketen. Er verwies auf Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die gesagt habe, dass man entsprechende Waffen direkt bei Rüstungskonzernen bestellen könne“[1]„Die Welt vom 22. März 2022; auch die Süddeutsche Zeitung erscheint mit der Schlagzeile: „“EU-Länder schicken mehr Waffen“.. „Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock „bestätigte, dass die EU das Volumen für Waffenlieferungen verdoppeln und somit auf insgesamt eine Milliarden Euro aufstocken werde. Deutschland zahlt dafür weitere 130 Millionen Euro“[2]Süddeutsche Zeitung am 22. März 2022.

Nach 80 Jahren sorgt die Bundesregierung dafür, dass deutsche Waffen wieder gegen russisches Militär eingesetzt werden.


Schwere Waffen

Einen Monat später, nach einer wochenlangen massiven Kampagne von Politikern und Politikerinnen von GRÜNEN, FDP und CDU/CSU, orchestriert von den Leitmedien aus Presse und Fernsehen, – eine Kampagne wie sie der Autor dieses Beitrags in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt hat – beschloss der Bundestag am 28. April 2022 in einer ganz großen Koalition von Regierungsparteien und CDU/CSU, auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, … die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und womöglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme, etwa im Rahmen des Ringtausches zu erweitern, ohne die Fähigkeit Deutschlands zur Bündnisverteidigung zu gefährden“, so der beschlossene Antrag. Das heißt: Jede Ausrüstung, die von der Ukraine „benötigt“ wird, soll geliefert werden. Die Lieferung „benötigter“ Ausrüstung soll nur dadurch eingeschränkt sein, dass die „Fähigkeiten Deutschlands zur Bündnisverteidigung nicht gefährdet“ werden.

Noch wenige Tage zuvor hatte Bundeskanzler Scholz vor einer Eskalation mit unabsehbaren Folgen gewarnt: „Ich tue alles, um eines Eskalation zu verhindern, die zu einem Dritten Weltkrieg führt. Es darf keinen Atomkrieg geben.“[3]Scholz im SPIEGEL vom 23.4.22. Jetzt wird die Bundesregierung mit Bundeskanzler Scholz an der Spitze auch von der SPD aufgefordert genau das zu tun, wovor der Bundeskanzler vorher gewarnt hatte.

Am 26. April 2022 hatte der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin 40 Staaten zu einer Konferenz auf die Ramstein Air Base eingeladen. Austin wörtlich: „Die Ukraine glaubt daran, dass sie gewinnen kann, und alle hier glauben das auch.“[4]Stern vom 26.2.22, https://www.stern.de/news/lambrecht-sagt-partnern-lieferung-schwerer-waffen-an-ukraine-zu-31807448.html. Auf monatlichen Besprechungen soll in Zukunft nachgebessert werden.

Damit hatten die USA das Ziel klargestellt: Der Krieg gegen Russland soll gewonnen werden.

Während CIA-Chef Burns davor gewarnt hatte, die nukleare Bedrohung nicht zu unterschätzen[5]“ … kann keine von uns die Bedrohung durch einen möglichen Einsatz taktischer Atomwaffen und Atomwaffen geringer Sprengkraft auf die leichte Schulter nehmen. Wir tun es nicht“, … Continue reading, will der amerikanische Präsident weitere 33 Milliarde Dollar für die Ukraine im Repräsentantenhaus beschließen lassen,

Sie eskalieren sehenden Auges immer mehr. Sie löschen Feuer mit Benzin.

Nach dem Frankreich die Lieferung sogenannter „Spähpanzer“ des Typs AMX-10 RC angekündigt hatte, berichtete schon am 5. Januar 2023 die Presse[6]siehe Stern vom 5. Januar 2023: https://www.stern.de/politik/deutschland/deutschland-liefert–marder–panzer-an-die-ukraine-33073020.html, abgerufen am 7. Januar 2023, Bundeskanzler Olaf Scholz habe nach einem Telefonat mit Biden entschieden, Schützenpanzer vom Typ Marder an die Ukraine zu liefern. Zusätzlich wird die Diskussion über die Lieferung von Leopard 2 angeheizt. Indem der Bundeskanzler die Entscheidung, welche Waffen Deutschland in die Ukraine liefert, von Anfang an und ausschließlich von der Entscheidung der Verbündeten in der NATO abhängig macht, macht sich Scholz zum Gefangenen der NATO: Verschärfen die NATO und vor allem die USA die Gangart und befürworten die Lieferung von noch gefährlicheren Waffen, schließt sich Deutschland dem an.

Seit dem 25. Januar 2023 steht fest: Es werden auch schwere Panzer geliefert. Deutschland liefert 14 Leopard und erlaubt auch anderen Staaten die Lieferung dieser Schweren Panzer an die Ukraine. Die Eskalationsschraube dreht sich immer weiter.


Flugzeuge

Am 13. März 2023 berichtete die Tagesschau: „Deutschland genehmigt „MIG“-Lieferung Polens.“ Die Tagesschau erinnert: „Polen hatte kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 die Lieferung von Kampfflugzeugen des sowjetischen Typs MiG-29 erwogen. Sie sollten über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland an die Ukraine gehen. Damals kam dies nicht zustande. Die USA und die NATO mahnten lange zur Zurückhaltung.“ [7]Tagesschau vom 13.03.2023 um 21:22; https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-kampfjets-ukraine-101.html, abgerufen am 14.04.2023 um 08:23 Uhr

Nach am 31. März 2023 konnte man in der Berliner Zeitung lesen. „Polen will keine Kampfjets aus Deutschland an die Ukraine liefern.“ Nach Angaben der Berliner Zeitung hatte im Jahr 2002 Polen 23 Kampfjets vom Typ MIG 29 von Deutschland gekauft, die Deutschland von der NVA der DDR übernommen hatte. Eine Lieferung dieser Flugzeuge sei an die Zustimmung der Bundesrepublik gebunden.[8]Berliner Zeitung vom 31.3.2023, abgerufen am 14.04.2023

Die Berliner Zeitung weiter: „Aber auch die Debatte über die Lieferung westlicher Kampfjets ist in vollem Gange. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vergangene Woche beim EU-Gipfel in Brüssel per Videobotschaft noch einmal eindringlich darum gebeten: „Wir brauchen moderne Flugzeuge.“ … In Frankreich wird darüber spekuliert, ob Flugzeuge vom Typ Mirage 2000-9 an die Ukraine übergeben werden sollen. „Ich schließe absolut nichts aus“, hat Präsident Emmanuel Macron dazu gesagt. Und die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin überraschte bei ihrem jüngsten Ukraine-Besuch mit der Aussage, man könne über die Bereitstellung finnischer Hornet-Kampfjets diskutieren. Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat sich beim Besuch von Kanzler Scholz Anfang der Woche offen für die Lieferung westlicher Kampfjets gezeigt.“[9]Berliner Zeitung vom 31.3.2023, abgerufen am 14.04.2023

Am 25. Januar 2023 hatte der Stern noch berichtet: „Scholz definiert auch rote Linien für die weitere militärische Unterstützung der Ukraine. Die Lieferung von Kampfflugzeugen oder die Entsendung von Bodentruppen schließt er aus. „Dass es nicht um Kampfflugzeuge geht, habe ich ja sehr früh klargestellt und mache das auch hier“, sagt Scholz. Als kurz nach Kriegsbeginn über Flugverbotszonen diskutiert worden sei, hätten er und US-Präsident Joe Biden gesagt: „Das werden wir nicht tun. Und an dieser Haltung hat sich gar nichts geändert und wird sich auch nichts ändern.“ Er fügt hinzu: „Bodentruppen werden wir in keinem Fall schicken. Ich habe gesagt, es wird keine direkte Beteiligung von Nato-Soldaten in dem Ukraine-Krieg geben. Das ist bisher nicht der Fall und das wird auch in Zukunft nicht der Fall sein. Und darauf können sich alle verlassen“, sagt der Kanzler. „Das ist von Anfang an so gesagt worden, nicht nur von mir, sondern auch vom amerikanischen Präsidenten. Und zusammen sollte das ja wohl ein gewichtiges Wort sein.“[10]Stern vom 25.01.2023 um 14:11 Uhr, abgerufen am 14.04.2023 08:26 Uhr

Die roten Linien, die der Bundeskanzler bisher regelmäßig definierte, wirft der Bundeskanzler nach einiger Zeit mit derselben Regelmäßigkeit um.


„Am 22. Februar beschloss der Bundestag den Antrag der Ampelfraktionen: Die Regierung müsse die »langanhaltende Bedrohung« durch Russland zum Anlass für »die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition« nehmen. Inhaltlich glich er dem Gegenantrag der CDU/CSU mit dem einen Unterschied, als »weitreichendes Waffensystem« wurde namentlich der Marschflugkörper TAURUSi genannt. Ein anderes »weitreichendes Waffensystem« hat Deutschland auch nicht zu bieten. Auch Bündnis90/Die Grünen fordern explizit eine Lieferung von TAURUS an Kiew.

Die Debatte um eine Lieferung von TAURUS an die Ukraine geht schon seit Monaten. TAURUS wird als das Waffensystem gehandelt, mit dem Russland endgültig besiegt werden könne.“[11]zitierte nach Beitrag der VVN-BdA Aachen: https://aachen.vvn-bda.de/taurus-atomwaffenfaehig-atomkriegsgefahr-erhoeht/

Die Presse und GRÜNE, FDP und die CDU/CSU machen Druck, TAURUS Mittelstreckenraketen an die Ulraine zu liefern. Bis jetzt verweigert Bundeskanzler Scholz diese Lieferung.

  1. Hohe Offiziere sprechen über den Einsatz von Taurus gegen die Krim-Brücke.
  2. TAURUS: Atomwaffenfähig?

RT hat in einem podcast ein Gespräch hoher deutscher Offiziere über den Einsatz von TAURUS veröffentlicht: https://podtail.com/de/podcast/rt-deutsch-podcast Bundeskanzler Scholz begründet bisher seine Ablehnung des Einsatzes von TAURUS damit, dass er vermeiden will, dass Deutschland Kriegspartei wird. Man kann darüber streiten, ob Deutschland nicht schon jetzt Kriegspartei ist. Aber diejenigen, die diesen Einsatz von TAURUS immer heftiger fordern, scheint das nicht zu kümmern. Und Scholz hat nicht das erste Mal rote Linien gezogen und sie dann gerissen. Wir erinnern uns an sein Versprechen, keine schweren Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Die Offiziere sagen in dem abgehörten Gespräch: Dieser Einsatz von TAURUS „wird nicht kriegsentscheidend sein“. Sie sprechen über einen möglichen Einsatz gegen die Krim-Brücke. Jedenfalls heizt ein Einsatz von TAURUS-Flugkörpern den Krieg an; wer glaubt, alle Konsequenzen im Blick zu haben, kann sich täuschen. Inzwischen bestätigte das Verteidigungsministerium dieses Gespräch[12]https://www.ndr.de/nachrichten/info/Super-GAU-fuer-die-Bundeswehr-Taurus-Abhoerfall-sorgt-fuer-Wirbel,audio1584782.html , abgerufen am 2.3.2024 um 16:04 Uhr

Die Berliner Zeitung unterscheidet in den Reaktionen auf die Veröffentlichung dieses podcast zwischen den Vielen, die das ausschließlich als eine Frage der Spionage und Spionageabwehr sehen, und den sehr Wenigen, die sehen, dass Deutschland immer mehr die Sicherheit der Bevölkerung in Deutschland gefähret. So zitiert die Berliner Zeitung Sevim Dagdelen: „“Die Angriffsplanungen führender Bundeswehroffiziere mit Taurus inklusive ihrer Vertuschungsabsicht sind weder mit dem Grundgesetz noch mit dem Völkerrecht vereinbar. Der Krieg in der Ukraine ist kein deutscher Verteidigungskrieg. Russland hat Deutschland nicht angegriffen. Diese Planspiele riskieren eine direkte Kiegsbeteiligung Deutschlands und gefähren so massiv die Sicherheit der Bevölkerung in Deutschland. Dieser Wahnsinn muss sofort gestoppt werden! Wir brauchen dringend einen Waffenstillstand und Diplomatie statt eine weitere Eskalation direkter Kriegsbeteiligung.“[13]Berliner Zeitung v. 4. März 2024, S. 13, „Deutschland kaviert“

„»TAURUS« (Abkürzung für »Target Adaptive Unitary and Dispenser Robotic Ubiquity System«) ist ein Marschflugkörper deutscher Produktion mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Er wird von Flugzeugen abgefeuert, ist schwer zu bekämpfen und kann als »Bunkerknacker« auch tief vergrabene und gehärtete Ziele zerstörenii. Bundeskanzler Scholz wird nachgesagt, er lehne (bislang) die Lieferung von TAURUS nach Kiew ab, weil Moskau so in die Reichweite einer deutschen Mittelstreckenrakete gelangt und Deutschland zur Kriegspartei macht. »Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein«, führte Scholz am 26. Februar auf einer Pressekonferenz aus. Die Sorge, Kriegspartei gegen Russland zu werden, ist berechtigt. Doch diese Debatte verschleiert einen weitaus gefährlicheren Aspekt:

Wenn eine TAURUS auf russische Ziele anfliegt, kann die russische Abwehr nicht wissen, wie diese TAURUS konkret bewaffnet ist. Die russische Verteidigung müsste davon ausgehen, dass der TAURUS-Marschflugkörper einen nuklearen Sprengkopf trägt. Ein nuklearer Gegenschlag könnte die Folge sein, jedes Leben in Europa ein Ende finden.

Die NATO hat in Osteuropa ein Raketenabwehrsystem aufgebaut und bekundet offiziell, ihre Marschflugkörper nicht nuklear zu bewaffnen. Landgestütze Mehrzweck-Abschussrampen der NATO in Rumänien und in Polen sind als Raketenabwehrsystem deklariert. Russland betrachtet diesen Abwehrschirm dennoch als Teil der Nuklear-Strategie der USA, weil die Marschflugkörper in kürzester Zeit auch mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. …“[14]zitierte nach Beitrag der VVN-BdA Aachen: https://aachen.vvn-bda.de/taurus-atomwaffenfaehig-atomkriegsgefahr-erhoeht/

Weiterlesen hier


Bodentruppen

Am 27. Februar 2024 meldet die Tagesschau:

„Bei einer Hilfskonferenz in Paris haben über 20 Länder mehr und schnellere Hilfe für die Ukraine beschlossen. Auch der Einsatz von westlichen Bodentruppen wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schließt den Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine durch sein Land nicht aus. Nichts sei ausgeschlossen, um einen russischen Sieg in der Ukraine zu verhindern, sagte Macron nach Abschluss einer Ukraine-Hilfskonferenz am Abend in Paris.

Bei dem Treffen von über 20 Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), habe es zwar keine Einigkeit zum Einsatz von Bodentruppen gegeben, sagte Macron. „Aber in der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann.“[15]Tagesschau vom 27.2.2024; abgerufen am 26.3.2024; link: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/macron-bodentruppen-ukraine-100.html

Dann wäre die NATO ganz unverhüllt beteiligt. Der Beginn des Dritten Weltkrieges?


Atomwaffen

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Am 4. Mai 2022 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) einen Leitartikel von Nikolas Busse mit dem Titel „Auch der Westen hat Atomwaffen“[16]FAZ v. 4.5.2022 Leitartikel von Nikolas Busse.

Busse zielt auf eine Bedrohung der Menschheit von ungeheurem Ausmaß: „Wenn Putin ernsthaft in Erwägung ziehen sollte, eines oder mehrere NATO-Mitglieder mit Atomwaffen anzugreifen, dann riskiert er die völlige Zerstörung Russlands“[17]a.a.O..

„… man kann einiges dafür tun, dass die nukleare Schwelle so hoch ist, dass selbst jemand wie Putin es nicht wagt, sie zu überschreiten. Dass die Bundesregierung neue Kampfflugzeuge für die nukleare Teilhabe anschaffen will, ist ein wichtiger Beitrag dazu“[18]„Dass die Bundesregierung neue Kampfflugzeuge für die nukleare Teilhabe anschaffen will, ist ein wichtiger Beitrag dazu“- so Nikolas Busse in FAZ vom 4.5.20200.

Über den Einsatz der US-Atomwaffen innerhalb der NATO entscheiden die USA.

Der Leitartikler fragt nicht, zu welchem Risiko die USA bereit sind.

Er fragt nicht, ob die USA zu einem Zweitschlag bereit wären, obwohl die Ukraine nicht Mitglied der NATO ist.

Er fragt nicht, ob die USA zu diesem Risiko bereit wären, wenn die Ukraine Mitglied der NATO würde.

Er fragt nicht, ob es möglich ist, das Risiko einer „völligen Zerstörung“ auf Russland zu begrenzen.

Inhaltsverzeichnis:

Militärmanöver mit „begrenztem Atomwaffeneinsatz“

Im Guardian berichtete Julian Borger am 24. Februar 2020 über ein US-Manöver, in dem ein „begrenzter Atomwaffeneinsatz“ gegen Russland simuliert wurde[19]https://www.theguardian.com/world/2020/feb/24/limited-nuclear-war-game-us-russia; dieser Artikel ist auch zu lesen in der Luftpost 025/20 vom 20.03.2020: … Continue reading. Das habe ein führender Pentagon-Mitarbeiter bestätigt.

Der Guardian: „Dieses Manöver war nicht nur deshalb außergewöhnlich, weil das US-Verteidigungsministerium von der umstrittenen Annahme ausging, in einem begrenzten Atomkrieg mit Russland siegen zu können, ohne einen die Welt vernichtenden umfassenden Atomkrieg riskieren zu müssen, sondern weil auch Journalisten bis ins Detail darüber informiert wurden …

Nach einem schriftlichen Hintergrundbericht höherer Pentagon-Mitarbeiter hat auch Verteidigungsminister Mark Esper an der Stabsübung im US Strategic Command[20]s. https://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Strategic_Command in Nebraska teilgenommen. In der Übung, die eine Krise simulierte, in der Russland im Rahmen einer Offensive auch eine US-Militärbasis in Europa mit (einer Atomrakete) angegriffen hat, spielte Esper den US-Verteidigungsminister, vertrat also sich selbst.

„Das Szenario war ein in Europa ausgetragener Konflikt mit Russland, in dem sich die Russen dafür entscheiden, eine Atomwaffe geringer Sprengkraft gegen eine (US-)Militärbasis auf dem Territorium eines NATO-Staates einzusetzen,“ informierte ein höherer Offizieller. „Der Verteidigungsminister musste beim US-Präsidenten rückfragen, wie darauf reagiert werden sollte.“

Der Offizielle ergänzte, in der Übung sei entschieden worden, „mit einem begrenzten Atomschlag zu antworten“. Für eine begrenzte Antwort habe sich der Einsatz einer kleinen Anzahl von Atomwaffen geringer Sprengkraft – zum Beispiel von auf U-Booten stationierten (Trident-)Raketen mit dem neuen Sprengkopf W67-2 (der eine Sprengkraft von „nur“ 5 bis 7 Kilotonnen hat) – angeboten, die, wie im Januar bekannt wurde, Ende letzten Jahres erstmals im Atlantik Verwendung fanden.

Als das Pentagon über dieses Manöver informierte, rechtfertigte es auch die Indienststellung des Sprengkopfes W67-2. „Das ist eine angemessene Antwort auf die Änderung der russischen Atomwaffendoktrin, die jetzt auch den Einsatz von Atomwaffen mit geringerer Sprengkraft vorsieht,“ äußerte ein führender Offizieller“[21]a.a.O. .

Der Guardian fasst das Militärmanöver mit begrenztem Einsatz von Atomwaffen „geringer“ Sprengkraft (taktische Atomwaffen, das heißt keine strategischen Atomwaffen) so zusammen:

„Die Befürworter der neuen US-Atomwaffen behaupten, diese würden gebraucht, um Moskau vom Einsatz taktischer Atomwaffen abzuschrecken, weil die Russen dann mit einer entsprechenden US-Antwort rechnen und nicht mehr darauf hoffen könnten, dass die USA auf die Vergeltung mit strategischen Atomraketen verzichten würden.

Abrüstungswillige befürchten aber, dass sich in den Regierungen der USA und Russlands die (irrige) Meinung durchsetzen könnte, ein umfassender Atomkrieg ließe sich vermeiden, weil man in kleineren Konflikten auch durch den Einsatz taktischer Atomwaffen siegen könne (wodurch die Schwelle zu einem die Welt vernichtenden Atomkrieg sehr viel niedriger würde)“[22]a.a.O. .

Dohnanyi zur Strategie der „flexible response“.

Die USA verfolgen mit ihrer nuklearen Abschreckung eine Strategie der „flexible response“

Klaus von Dohnanyi schreibt in seinem jüngst erschienen Buch[23]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für eine deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ München 2022 zur Nuklear-Strategie der „flexible response“:

„Die äußere Sicherheit Europas gründet ausschließlich auf der NATO, das heißt letzten Endes auf der Verteidigungsstrategie der USA. Denn was immer Europa materiell zur Finanzierung der NATO beiträgt: Am Ende werden die USA alle Entscheidungen in der eigenen Hand behalten“[24]a.a.O. Seite 90.

Von Dohnanyi beschreibt die US-amerikanische Verteidigungsstrategie durch Atomwaffen so: „Washington hat als Eigentümer dieser Waffen seit Jahrzehnten diese Strategie der „flexible response“ erläutert, wie es jetzt auch Präsident Biden durch seine Erklärung bestätigte: „Solange nicht die USA selbst angegriffen werden, wird ein Einsatz der Atombomben nicht erfolgen“. Das war allerdings die offizielle Verteidigungsdoktrin der USA als „flexible response“ schon seit den frühen sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bereits de Gaulle hatte früh darauf aufmerksam gemacht: „Flexible response“ verlagere jedes mögliche Kriegsgeschehen in Europa ausschließlich auf die Staaten der EU selbst … „[25]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für eine deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ München 2022, 3. Auflage Seite 91 ff..

Klaus von Dohnanyi weiter: „Als die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) im Mai 2021 von der Erklärung Präsident Bidens berichtete, kommentierte sie, wenn diese ergänzende Abschreckungsstrategie durch die NATO angenommen werde, werde das Zweifel unter den Alliierten entstehen lassen und den Zusammenhalt der NATO gefährden: Die NATO bedürfe einer schnellen Reaktion, um erneut die Hauptfragen nuklearer Strategie zu diskutieren. Was jedoch an diesem Kommentar der DGAP am meisten erstaunt, ist die Meinung, es handele sich um einen „bedeutenden Kurswechsel innerhalb der Sicherheitspolitik der USA“. Das eben ist genau nicht der Fall! Bidens Erklärung schuf keine neue Lage, sie war vielmehr schon US-amerikanisches strategisches Dogma seit den sechziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts! Dass die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag jedoch weiterhin davon ausgeht, dass Europa nuklear verteidigt werde, ist angesichts der nun über sechzig Jahre alten „flexible response“-Strategie völlig unverständlich“[26]a.a.O. Seite 96 f. In Wikipedia wird die US-Verteidigungsstrategie der „flexible response“ ebenfalls unrichtig auf die Zeit bis zum Ende des Kalten Krieges begrenzt, siehe: … Continue reading.

Damit kommt Klaus von Dohnanyi zu dem entgegengesetzten Ergebnis des Leitartiklers der FAZ: „Wir müssen keine Kampfflugzeuge beschaffen, um nukleare Sprengköpfe zu transportieren, die nur zur Verteidigung der USA gedacht sind“[27]a.a.O. Seite 97.

Atomwaffenrisiko und Russland-Ukraine-Krieg

Prof. Dr. Karl Hans Bläsius ist Informatiker und Initiator der Initiative Atomkrieg aus Versehen.

Im Zusammenhang mit dem Russland-Urkaine-Krieg beschäftigt er sich zunächst mit dem bewussten Einsatz von Atomwaffen.

Er weist zunächst darauf hin, dass das Prinzip „Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter“ in der aktuellen Situation schon allein deswegen nicht gilt, weil die Ukraine keine Atomwaffen besitzt[28]Bläsius Atomrisiko und „Russland-Ukraine-Krieg“.

Er gibt zu Bedenken, „dass die Auswirkungen eines Atomkriegs für alle Seiten so gravierend sind, dass auch in Krisen- und Kriegszeiten eine große Hemmschwelle für den Einsatz von Atomwaffen bestehen wird“[29]siehe hier.

Angesichts der Tatsache, dass inzwischen Atomwaffen mit geringer Sprengkraft entwickelt wurden, warnt er jedoch, dass „die Hemmschwelle sinken könnte“[30]siehe hier.

Bläsius weiter: „Es kann auch andere Szenarien geben, die zu einem bewussten Einsatz von Atomwaffen führen könnten. Beispielsweise besteht besteht die Gefahr, dass eine Atommacht, die in existenzielle Not gerät, den Einsatz von Atomwaffen in Erwägung zieht. Die Strategiepapiere Russlands sehen den Einsatz von Nuklearwaffen dann vor, wenn die Existenz der Russischen Föderation auf dem Spiel steht. Dabei ist es irrelevant, ob dieser Zustand militärisch oder wirtschaftlich herbeigeführt wird. Wenn Sanktionen gegen eine Atommacht so schwerwiegend sind, dass eine existenzielle Notlage entsteht, könnte dies das Risiko eines Einsatzes von Atomwaffen erhöhen. Ähnliches gilt für schwerwiegende Cyberangriffe auf ein Land. Die Frage ist, wann ist eine solche Grenze erreicht? Das Spektrum eines möglichen Schadenspotenzials erstreckt sich kontinuierlich von „gering“ bis „riesig“ bzw. „total“.

Für das Setzen einer Schwelle für einen nuklearen Angriff gibt es großen Ermessensspielraum innerhalb dieses kontinuierlichen Spektrums. Zu Beginn der Angriffe auf die Ukraine am 24.2.2022 hat der russische Präsident erklärt: „Jetzt ein paar wichtige, sehr wichtige Worte für diejenigen, bei denen die Versuchung aufkommen könnte, sich von der Seite in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, uns zu behindern, geschweige denn eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Wir sind auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet. Alle notwendigen Entscheidungen wurden in dieser Hinsicht getroffen. Ich hoffe, dass ich gehört werde.“[31]siehe. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/putin-rede-angriff-ukraine-101.html

Diese Drohung wird als Drohung mit Atomwaffen interpretiert.[32]https://www.icanw.org/ican_condemns_russia_invasion_of_ukraine_an_escalation_risking_nuclear_war  und  https://www.icanw.de/action/ican-verurteilt-russische-invasion-in-die-ukraine/

Auch eine drohende Niederlage einer Atommacht in einer konventionellen Auseinandersetzung könnte zum Einsatz von Nuklearwaffen führen.

Am 27.2.2022 hat Russland seine „Abschreckungskräfte“ in Alarmbereitschaft versetzt, dazu gehören auch Atomwaffen.[4] Zwar war dies auch 2014 bei der Annexion der Krim geschehen, aber dieses Mal ist die Situation deutlich gefährlicher. Dies auch wegen bereits ausgesprochener und auch möglicher weiterer Sanktionen. Wenn eine solche Maßnahme wie die Alarmbereitschaft einmal gutging, muss das nicht immer so sein. Das gilt auch für andere Bereiche. Wenn beispielsweise ein riskantes Manöver im Straßenverkehr gut gegangen ist, bedeutet das nicht, dass solche Manöver immer gut gehen. Im Gegenteil: die Risikobereitschaft kann sich erhöhen, bis es zu einem schwerwiegenden Unfall kommt“[33]Bläsius Atomrisiko und „Russland-Ukraine-Krieg“.

Atomwaffeneinsatz aus Versehen

Dann beschreibt Prof. Dr. Bläsius die Gefahr eines Atomkrieges aus Versehen:

„Frühwarnsysteme für nukleare Bedrohungen basieren auf Sensoren und sehr komplexen Computer-Netzwerken und dienen dazu, Angriffe mit Atomwaffen so früh zu erkennen, dass ein Gegenschlag ausgelöst werden kann (bezeichnet als „Launch on Warning“), bevor die angreifenden Atomraketen einschlagen und eine Gegenreaktion erschweren oder verhindern.

In Frühwarnsystemen kann es aber zu Fehlalarmen kommen, d.h. es wird ein Angriff mit Atomwaffen gemeldet, obwohl keine Bedrohung vorliegt. Solche Alarmmeldungen sind dann besonders gefährlich, wenn politische Krisensituationen vorliegen, eventuell mit gegenseitigen Drohungen oder wenn in zeitlichem Zusammenhang mit einem Fehlalarm weitere Ereignisse eintreten, die zur Alarmmeldung in Zusammenhang gesetzt werden könnten. In der Vergangenheit gab es einige Situationen, in denen es nur durch großes Glück nicht zu einem Atomkrieg aus Versehen kam“[34]Bläsius Atomrisiko und „Russland-Ukraine-Krieg“.

Prof. Dr. Bläsius beschreibt die Gefahr eines Atomkrieges aus Versehen auch mit Blick auf den Russland-Ukraine-Krieg:

„Sehr kritisch sind solche Fehlalarme, wenn aufgrund entsprechender Drohungen oder sonstiger Erkenntnisse mit einem nuklearen Angriff des Gegners gerechnet wird bzw. ein solcher Angriff als plausibel gilt. Dann besteht die Gefahr, dass die Bewertungsmannschaft von einem tatsächlichen Angriff ausgeht und eine Entscheidung für eine Gegenreaktion treffen muss“.

Prof. Bläsius bezieht sich auf seine Ausführungen, dass eine Atommacht in existenzieller Not auch den Einsatz von Atomwaffen erwägen könnte, und fährt dann fort: „Angenommen es kommt in dieser Situation zu einem Fehlalarm mit einer nuklearen Angriffsmeldung: Wird der scheinbar angegriffene Staat dann auch abwarten und auf die Zweitschlagfähigkeit vertrauen oder eher einen sofortigen nuklearen Gegenschlag beschließen?

Besonders gefährlich kann es werden, wenn die aktuelle Situation in der Ukraine weiter eskaliert und auch die Nato in kriegerische Aktionen einbezogen wird. Dann kann es auch leicht zu nuklearen Auseinandersetzungen kommen. Vor diesem Risiko warnen auch militärische Experten[35]https://www.n-tv.de/politik/Ex-Oberst-warnt-vor-Eskalation-mit-dem-Westen-article23151797.html.

Bei einer drohenden Niederlage in einem konventionellen Krieg zwischen Atommächten könnte die unterlegene Seite den Einsatz von Atomwaffen in Erwägung ziehen. Des Weiteren wird jeder Fehlalarm in einem Frühwarnsystem für nukleare Bedrohungen in solchen Situationen extrem gefährlich. Wenn ohnehin schon kriegerische Auseinandersetzungen laufen, dann könnte eine Alarmmeldung in Bezug auf Atomwaffen auch sehr leicht aus plausibel eingeschätzt werden und den aktuellen Erwartungen entsprechen. Dann wäre es auch wirkungsvoller, eine Gegenreaktion einzuleiten, bevor die gegnerischen Atomwaffen einschlagen und eine Gegenreaktion erschweren. Kriegerische Konflikte zwischen Atommächten werden von Cyberangriffen begleitet sein, auch diese erhöhen das Risiko von Fehlinterpretationen bei Fehlalarmen in Frühwarnsystemen“[36]Bläsius Atomrisiko und „Russland-Ukraine-Krieg“.

Zwischenbilanz zu den Gefahren eines Atomkriegs

1.

Wir wiederholen zunächst, wie der Guardian das Militärmanöver mit begrenztem Einsatz von Atomwaffen „geringer“ Sprengkraft (taktische Atomwaffen im Unterschied zu strategischen Atomwaffen) zusammenfasst:

„Die Befürworter der neuen US-Atomwaffen behaupten, diese würden gebraucht, um Moskau vom Einsatz taktischer Atomwaffen abzuschrecken, weil die Russen dann mit einer entsprechenden US-Antwort rechnen und nicht mehr darauf hoffen könnten, dass die USA auf die Vergeltung mit strategischen Atomraketen verzichten würden.

Abrüstungswillige befürchten aber, dass sich in den Regierungen der USA und Russlands die (irrige) Meinung durchsetzen könnte, ein umfassender Atomkrieg ließe sich vermeiden, weil man in kleineren Konflikten auch durch den Einsatz taktischer Atomwaffen siegen könne (wodurch die Schwelle zu einem die Welt vernichtenden Atomkrieg sehr viel niedriger würde)“[37]a.a.O. .

2.

In dem Militärmanöver, über das der Guardian berichtete, wurde von einem Angriff Russlands auf eine US-Militärbasis in Europa ausgegangen. Betrachtet man dies als einen unmittelbaren Angriff auf die USA selbst, so wäre das eine Reaktion im Rahmen der „flexible response“, wie sie Klaus von Dohnanyi beschreibt.

Auch wenn man – anders als von Dohnanayi – annimmt, dass die USA bei einem russischen Angriff auf ein NATO-Mitglied zu einem atomaren Gegenschlag bereit sind, gilt in jedem Fall:

  • Die USA verlagert jedes mögliche Kriegsgeschehen in Europa ausschließlich auf die Staaten der EU selbst.
  • Auch einen Krieg mit Atomwaffen glauben die USA auf Europa beschränken zu können.
  • Es geht immer um den Einsatz nuklearer Waffen von „geringer Sprengkraft“, so dass nicht mehr uneingeschränkt gilt: „Wer als erster schießt, stirbt als zweiter“
  • Daher gilt auch nicht mehr die aus dieser Überzeugung hergeleitete Konsequenz, ein Atomkrieg werde niemals ausgelöst werden.

3.

Von Dohnanyi zu den Konsequenzen:

„Das aber heißt, dass Europa im Falle eines russischen Angriffs nach amerikanischer und NATO-Strategie zum alleinigen Kriegsschauplatz würde, ohne jedes Risiko für das Heimatland USA. Deutschland aber wäre, als vermutliche Nachschubbasis, sofortigen Raketenangriffen ausgesetzt. Haben die NATO oder die Bundesregierung den Deutschen jemals erklärt, was die heutige Verteidigungsstrategie eigentlich für ihr Land bedeuten würde? Die nukleare NATO bietet nämlich als heutige militärische Organisation keinerlei Garantie für Europas Unversehrtheit. Natürlich stellt auch die konventionelle Verteidigungsbereitschaft der NATO ein gewisses Risiko für jeden Angreifer da. Nur solange Russland selbst an einer Aggression nicht interessiert ist, ist Europa wirklich sicher. Eine entsprechende Haltung russischer Politik zu festigen und herzustellen, bleibt die vorrangige Aufgabe deutscher und europäischer Diplomatie! Dauerhafte Sicherheit kann es nur mit und nicht gegen Russland geben“[38]a.a.O. Seite 97.

Seit dem Februar 2022 versucht die NATO jedoch alles, die letzten Brücken zu Russland einzureißen. Sie wollen gegen Russland gewinnen. Warum sollte davon ausgegangen werden, dass Russland das zulässt? Je mehr die NATO den Krieg gegen Russland intensiviert, desto größer die Gefahr, dass Russland seinerseits Atomwaffen einsetzt.

4.

Von Dohnanyi weist daraufhin, dass die US-Verteidigungsstrategie „flexible response“ in der Vergangenheit nicht ausschloss, Deutschland mit Atomwaffen zu bombardieren, und er denkt dabei vor allem an „nukleare Waffen als taktische Waffen“, also an Atomwaffen mit „geringer“ Sprengkraft, die die USA einsetzen und „erheblich zur Zerstörung Deutschlands beitragen“ können[39]a.a.O.. Von Dohnanyi berichtet von einer NATO-Übung Ende der 1970er Jahre, an der er selbst beteiligt war: „So gegen drei Uhr morgens legten wir uns kurz schlafen. Als wir dann nach zwei Stunden aufstanden, erfuhren wir, dass die USA zur Verteidigung Europas gegen den simulierten Angriff kleinere „taktische“ nukleare Sprengsätze über Deutschland abgeworfen hatten, um einen Cordon sanitaire, einen Sicherheitsgürtel, gegen den weiteren russischen Vormarsch zu schaffen. Blech und ich waren überrascht, dass ein solcher Eingriff in die souveränen Rechte der Bundesrepublik ohne Abstimmung erfolgen konnte, und wir schrieben einen entsprechenden ärgerlichen Brief an den Bundeskanzler. Als ich dann etwas später mit Helmut Schmidt zusammentraf, bemerkte er, ihm sei diese Strategie der NATO bekannt und er werde, sowie kriegsähnliche Entwicklungen in Europa erkennbar würden, Deutschland für neutral erklären. Meine Antwort war recht lakonisch: „Dann, Helmut, ist es allerdings zu spät.“ Schmidt selbst hatte ja schon 1961 in „Verteidigung oder Vergeltung“ erklärt, Deutschland habe kein Interesse daran, das zerstörte Deutschland durch eine ‚letzte Schlacht‘ wieder befreit zu sehen“[40]a.a.O. Seite 92 f..

5.

Ted Postol, Physiker und Atomwaffenexperte sowie emeritierter MIT-Professor, lehrte vor seiner Zeit am Massachusetts Institute of Technology an der Stanford University und in Princeton und war außerdem wissenschaftlicher und politischer Berater des Chefs der Marineoperationen sowie Analyst im Office of Technology Assessment. Sein Fachwissen über Atomwaffen veranlasste ihn, die Behauptungen der US-Regierung über die Raketenabwehr zu kritisieren, wofür er 2016 den Garwin-Preis der Federation of American Scientists erhielt[41]Interview mit Ted Postol, https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Ted .

Tred Postol beschreibt die nuklearen Gefahren so:

„Die Russen   – die weder verrückt sind noch Selbstmord begehen oder die US-Amerikaner zuerst ermorden wollen   – können nur eins tun, um die Begeisterung der US-Amerikaner für einen atomaren Angriff zu bremsen: Sie müssen Vorbereitungen für eine automatisierte Reaktion treffen. Dazu bräuchten sie eigentlich eine Art „Weltuntergangswaffe“, wobei ich nicht weiß, ob sie die wirklich wollen. Im Grunde müssten sie aber so eine Weltuntergangsreaktion vorbereiten, für den Fall, dass die russische Führung bei einem überraschenden atomaren Erstschlag der USA getötet wird.

Die Russen müssten also auch Vorkehrungen für diesen „Worst Case“ treffen. Das erfordert ein sehr kompliziertes System, in dem Fehler auftreten und zu unbeabsichtigten Frühstarts russischer Atomraketen führen können. Im Grunde genommen haben die amerikanische Modernisierungsbemühungen und die bedauerliche Unfähigkeit Russlands, sein Frühwarnsystem gleichwertig zu verbessern, zu einer Situation geführt, die potenziell noch viel gefährlicher ist als vorher, weil viel leichter eine fatale Störung einen Atomkrieg auslösen könnte. Und das kann sowohl ein soziales, ein politisches als auch ein technisches Problem sein“[42]https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Ted .

Auf Nachfrage, ob er von der Modernisierung der letzten 10 Jahre spreche, die unter Barack Obama begonnen hat, antwortet Ted Postol: „Ja, auf jeden Fall, auf jeden Fall“[43]a.a.O..

Unmittelbar nach der Zündung einer Atomwaffe

Die Wirkung einer Atomwaffe unmittelbar nach ihrer Zündung beschreibt Ted Postol so: „Wenn eine Atomwaffe auf dem Gefechtsfeld gezündet wird, weiß zunächst niemand, was das bedeutet. War es eine einzelne Waffe? Werden ihr in wenigen Minuten oder Stunden weitere Atomexplosionen folgen? Wird der Gegner, den Sie gerade angegriffen haben, sofort oder erst in einigen Tagen mit einer oder mehreren Waffen nachziehen? Wird er versuchen, ihre Atomwaffenstandorte anzugreifen und ihre wichtigen Kommandozentralen in Bündnisstaaten wie zum Beispiel die US Air Base Ramstein.“[44]weitere Infos dazu s. unter https://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP14415_060815.pdf )? Keiner weiß, was der andere tun wird. Es ist wie ein Schachspiel auf einem Brett, bei dem man … Continue reading.

Die Wirkung einer Atomwaffe

Ted Postol weiter zur Wirkung einer Atomwaffe: “ Wir reden von einer Feuerwand, die alles um uns herum mit der Temperatur des Sonnenmittelpunkts einschließt. Die Explosion von Nuklearwaffen würde uns buchstäblich in weniger als Asche verwandeln. Ich kann nicht genug betonen, wie mächtig diese Waffen sind. Wenn sie detonieren, sind sie vier- oder fünfmal heißer als das Zentrum der Sonne, das 20 Millionen Grad Kelvin hat. Im Zentrum einer Detonation dieser Waffen herrschen 100 Millionen Grad Kelvin. Menschen können sich das Ausmaß dieser Hitze nicht vorstellen. Ich habe wiederholt Artikel über die Folgen der Explosion von Atomwaffen auf Städte geschrieben. Sie sind so schwerwiegend, dass sie die menschliche Vorstellungskraft sprengen. Im Zentrum der Explosion wird die Erdoberfläche fünfmal so heiß, wie das Zentrum unserer Sonne. Im Explosionsgebiet wird buchstäblich alles in weniger als Asche verglühen. Mir fehlen einfach die Worte, um vor dem wirklichen Ausmaß der Gefahr zu warnen“[45]https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Ted .

„Wenn wir es tun, sind wir alle tot“

Der Atomwaffenexperte Ted Postol erklärte in einem Interview am 25. März 2022: „Ich kann Ihnen nur sagen, der Grund, warum diese Waffen nicht eingesetzt werden können, ist der, dass wir alle sterben werden, wenn wir sie einsetzen. So einfach ist das. Und ich könnte auch noch viel ausführlicher erklären, warum das, was ich gerade gesagt habe, richtig ist. Wenn sie also wieder die Frage stellen, warum wir diese Waffen nicht einsetzen können, ist die einfache Antwort: Wenn wir es tun, sind wir alle tot“.

Was tun?


Alternativen

Krieg sofort beenden

Wir haben in einem gesonderten Beitrag dargelegt, dass es möglich ist, den Krieg sofort zu beenden.

Die Berliner Zeitung berichtete am 20. Mai 2022, dass sich die New York Times zu einer Kehrwende in ihrer Haltung zum Ukraine- Krieg entschieden habe: „In dem Text verweist die New York Times auf das 40-Milliarden-Dollar-Soforthilfepaket für die Ukraine, das diese Woche verabschiedet wurde – und zitierte gleichzeitig Avril Haines, die Direktorin des Nationalen Nachrichtendienstes. Sie warnte kürzlich vor dem Streitkräfteausschuss des Senats, dass die nächsten Monate unbeständig sein könnten. Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland könnte „eine unvorhersehbarere und potenziell eskalierende Richtung einschlagen“. Die New York Times spricht in diesem Zusammenhang von „außerordentlichen Kosten und ernsten Gefahren“ und verlangt von US-Präsident Joe Biden Antworten auf die Frage: Wohin soll das alles führen?“

Die deutschen Leitmedien scheinen zu einer solchen kritischen Bewertung der amerikanischen Politik in der Ukraine nicht in der Lage zu sein. Zwei Tage nach der Kehrwende der New York Times war der Tagesspiegel immerhin zur Veröffentlichung eines Gastkommentars des französischen Philosophen Edgar Morin bereit. Morin schreibt: „Zwar erklärt das von den USA geführte westliche Lager keinen Krieg gegen Russland zu führen. Aber seine Intervention für die Ukraine ist ein indirekter Krieg, zu dem ein Wirtschaftskrieg kommt. Wir befinden uns mitten in einer Eskalation, die durch neue gegenseitige Beschuldigungen und neue Wellen gegenseitige Krininalisierung aufrecht erhalten wird. Der indirekte Krieg kann jederzeit durch versehentliche Bombenangriffe auf russisches oder europäisches Territorium ausgeweitet werden. Ein dritter Weltkrieg wäre die Folge, mit taktischen Atomwaffen von begrenzter Reichweite, Drohnen und einem Cyberkeig zur Zerstörung der Kommunikationssysteme … Vor allem aber ist die Eskalation in Richtung eines globalisierten Krieges der Abstieg der Menschheit in den Abgrund. …“

Morin ist 1921 geboren, also hundert Jahre alt. Er hat den Zweiten Weltkrieg miterlebt.

Mit, nicht gegen Russland

Aus der Beschreibung der Gefahren, die mit dem Konfrontationskurs gegen Russland heraufbeschworen werden, ergibt sich der Grundsatz: „Dauerhafte Sicherheit kann es nur mit und nicht gegen Russland geben“[46]a.a.O. Seite 97

Ohne NATO leben

Helmut Schmidt deutet zudem eine Alternative an, als er schon vor Jahrzehnten daran dachte, bei einer „kriegsähnlichen Entwicklung in Europa“ Deutschland für neutral zu erklären[47]siehe oben, wo Klaus von Dohnanyi Helmut Schmidt zitiert. Genau in dieser „kriegsähnlichen Entwicklung“ leben wir jetzt.

Klaus von Dohnanyi schreibt: „Viele Europäer erkennen inzwischen, was bei einer Verteidigung Europas durch die USA auf europäischem Boden herauskäme: Ein erneut total zerstörtes Europa, aber ein völlig unbeschädigtes US-Amerika. Europa hat eben andere Erfahrungen: Wir wissen, dass wir in einem Krieg mit Russland sogar als Sieger nur die Verlierer sein könnten! Nur Entspannungspolitik könnte die Kriegsgefahr für Europa verringern … Europa kann durch militärische Kraft, sei es die der EU oder die der von den USA beherrschten NATO, nicht wirklich gesichert werden. Das Ziel Europas muss am Ende eine allianzneutrale Position sein. Wer sich selbst gegenüber einem Stärkeren nicht mehr wirkungsvoll verteidigen kann, für den ist es immer sicherer, sich nicht einzumischen in die Konflikte der Größeren und sich auch nicht durch eine Allianz zu binden … Diejenigen Staaten, die während des zweiten Weltkrieges diese Regel befolgten, wie zum Beispiel Schweden, die Schweiz oder auch Spanien, kamen unzerstört aus dem Krieg heraus. Deswegen ist es auch heute im Interesse Europas, einen solchen Kurs anzustreben“[48]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München S. 118 ff.

Waffenexporte beenden
Während sich Deutschland vor Kriegsbeginn weigerte, Waffen an die Ukraine zu exportieren, jetzt aber um so mehr Waffen in die Ukraine liefert, verbietet die Schweiz selbst die Überflugerlaubnis für Waffentransporte über ihr Staatsgebiet[49]die Schweiz übernahm allerdings die wirtschaftlichen Sanktionsbeschlüsse der EU gegen Russland: „Die Schweiz erteilt angesichts des Ukraine-Krieges keine Überflugerlaubnis für Transporte, die das Ziel einer militärischen Hilfe für die Konfliktparteien haben … Der Bundesrat verwies bei seiner Entscheidung auf die gesetzlich festgeschriebene Neutralität der Schweiz. Dieser Grundsatz sei bereits in Dokumenten erwähnt, die bis ins Jahr 1647 zurückreichten, erklärte die Regierung in einer Broschüre, die infolge des russischen Einmarsches in die Ukraine herausgegeben worden war“[50]Berliner Zeitung vom 11.3.2022. Allerdings schließt sich auch die Schweiz den wirtschaftlichen Sanktionen der EU gegen Russland an; dazu weiterlesen hier oder hier weiterlesen.

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Italien haben gezeigt, dass wir nicht ohnmächtig sind: „Italiens Basisgewerkschaften sind in den Arbeiterkämpfen für soziale Gerechtigkeit seit Jahren der radikal antikapitalistische Vortrupp. In der vergangenen Woche rief ihre national führende Unione Sindicale di Base (USB) die Arbeiter des Flughafens „Galileo Galilei“ in Pisa auf, keine Waffen für die Ukraine zu verladen. Der Aufruf, dem die Beschäftigten geschlossen folgten, schloss auch den Kampf gegen die von den USA und der NATO geschürte Kriegshetze ein. In der Folge sah sich der Leiter der Flughäfen in der Toskana, Marco Carrai, zu der Aussage gezwungen, Waffenexporte würden von Pisa aus „nicht mehr stattfinden“. Unterstützt von der USB Porto Livorno demonstrierten am Sonnabend in Pisa Tausende Menschen. Nicht nur Arbeiter, sondern auch Einwohner der Stadt traten unter der Losung „Von der Toskana sollen Brücken des Friedens statt Kriegsflüge ausgehen“ der Kriegshysterie entgegen“[51]Gerhard Feldbauer „Antikapitalistischer Vortrupp“, Junge Welt 22. März 2022, Seite 15, und Junge Welt 31. März 2022.

References

References
1 „Die Welt vom 22. März 2022; auch die Süddeutsche Zeitung erscheint mit der Schlagzeile: „“EU-Länder schicken mehr Waffen“.
2 Süddeutsche Zeitung am 22. März 2022
3 Scholz im SPIEGEL vom 23.4.22
4 Stern vom 26.2.22, https://www.stern.de/news/lambrecht-sagt-partnern-lieferung-schwerer-waffen-an-ukraine-zu-31807448.html
5 “ … kann keine von uns die Bedrohung durch einen möglichen Einsatz taktischer Atomwaffen und Atomwaffen geringer Sprengkraft auf die leichte Schulter nehmen. Wir tun es nicht“, siehe https://www.rnd.de/politik/einsatz-von-atomwaffen-im-ukraine-krieg-cia-warnt-russische-drohung-zu-unterschaetzen-KYKP6HE6ALENXKOTSMUPB6PT7U.html
6 siehe Stern vom 5. Januar 2023: https://www.stern.de/politik/deutschland/deutschland-liefert–marder–panzer-an-die-ukraine-33073020.html, abgerufen am 7. Januar 2023
7 Tagesschau vom 13.03.2023 um 21:22; https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-kampfjets-ukraine-101.html, abgerufen am 14.04.2023 um 08:23 Uhr
8, 9 Berliner Zeitung vom 31.3.2023, abgerufen am 14.04.2023
10 Stern vom 25.01.2023 um 14:11 Uhr, abgerufen am 14.04.2023 08:26 Uhr
11, 14 zitierte nach Beitrag der VVN-BdA Aachen: https://aachen.vvn-bda.de/taurus-atomwaffenfaehig-atomkriegsgefahr-erhoeht/
12 https://www.ndr.de/nachrichten/info/Super-GAU-fuer-die-Bundeswehr-Taurus-Abhoerfall-sorgt-fuer-Wirbel,audio1584782.html , abgerufen am 2.3.2024 um 16:04 Uhr
13 Berliner Zeitung v. 4. März 2024, S. 13, „Deutschland kaviert“
15 Tagesschau vom 27.2.2024; abgerufen am 26.3.2024; link: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/macron-bodentruppen-ukraine-100.html
16 FAZ v. 4.5.2022 Leitartikel von Nikolas Busse
17, 21, 39, 43 a.a.O.
18 „Dass die Bundesregierung neue Kampfflugzeuge für die nukleare Teilhabe anschaffen will, ist ein wichtiger Beitrag dazu“- so Nikolas Busse in FAZ vom 4.5.20200
19 https://www.theguardian.com/world/2020/feb/24/limited-nuclear-war-game-us-russia; dieser Artikel ist auch zu lesen in der Luftpost 025/20 vom 20.03.2020: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_19/LP02520_220320.pdf
20 s. https://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Strategic_Command
22, 37 a.a.O.
23 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für eine deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ München 2022
24 a.a.O. Seite 90
25 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für eine deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ München 2022, 3. Auflage Seite 91 ff.
26 a.a.O. Seite 96 f. In Wikipedia wird die US-Verteidigungsstrategie der „flexible response“ ebenfalls unrichtig auf die Zeit bis zum Ende des Kalten Krieges begrenzt, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Flexible_Response
27, 38, 46 a.a.O. Seite 97
28, 33, 34, 36 Bläsius Atomrisiko und „Russland-Ukraine-Krieg“
29, 30 siehe hier
31 siehe. https://www.tagesschau.de/ausland/asien/putin-rede-angriff-ukraine-101.html
32 https://www.icanw.org/ican_condemns_russia_invasion_of_ukraine_an_escalation_risking_nuclear_war  und  https://www.icanw.de/action/ican-verurteilt-russische-invasion-in-die-ukraine/
35 https://www.n-tv.de/politik/Ex-Oberst-warnt-vor-Eskalation-mit-dem-Westen-article23151797.html
40 a.a.O. Seite 92 f.
41 Interview mit Ted Postol, https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Ted
42, 45 https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Ted
44 weitere Infos dazu s. unter https://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP14415_060815.pdf )?

Keiner weiß, was der andere tun wird. Es ist wie ein Schachspiel auf einem Brett, bei dem man immer nur die Figur sehen kann, die gerade bewegt wird. Sie und ihr Gegner könnten auch schon die Kontrolle über die eigenen Figuren und die gegnerischen Züge verloren haben. Es herrscht ein totalen Chaos, und ehe man sich versieht, explodieren nicht nur ein paar Dutzend oder Hunderte, sondern Tausende von Atomwaffen. Das ist einfach unvermeidlich. Es ist wie bei der Finanzkatastrophe von 2008/09 (in den tatsächlichen Auswirkungen aber unvorstellbar desaströser). Bei den bestehenden Instabilitäten wird die Katastrophe nicht aufzuhalten sein. Deshalb sollten alle wirklich davor zurückschrecken, Atomwaffen auch nur auf niedrigstem Niveau einsetzen zu wollen“((siehe Interview mit Ted Postol, https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Ted

47 siehe oben, wo Klaus von Dohnanyi Helmut Schmidt zitiert
48 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München S. 118 ff.
49 die Schweiz übernahm allerdings die wirtschaftlichen Sanktionsbeschlüsse der EU gegen Russland
50 Berliner Zeitung vom 11.3.2022. Allerdings schließt sich auch die Schweiz den wirtschaftlichen Sanktionen der EU gegen Russland an; dazu weiterlesen hier oder hier weiterlesen
51 Gerhard Feldbauer „Antikapitalistischer Vortrupp“, Junge Welt 22. März 2022, Seite 15, und Junge Welt 31. März 2022

Die nationale Sicherheitsstrategie der USA

Zusammenfassung:

Die US-Regierung veröffentlichte am 12. Oktober 2022 ihre „Nationale Sicherheitsstrategie.“

Darin erklären die USA ausdrücklich ihren Willen, ihre „Führungsrolle in der ganzen Welt“ dauerhaft aufrecht zu erhalten. Keine Nation sei „besser in der Lage, mit Stärke und Zielstrebigkeit zu führen als die Vereinigten Staaten von Amerika“. Nur die Volksrepublik China sei fähig, das globale Spielfeld zu ihren Gunsten zu kippen. Ein weiterer Gegner sei Russland. Die Welt stehe an einem Wendepunkt. Es gehe darum, die Konkurrenten auszustechen und diesen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts zu gewinnen. Dazu verfügten die USA über militärische Bündnisse (NATO, AUKUS usw.), die von wirtschaftlichen Bündnissen flankiert werden (Europäische Union, Indo-Pacifik-Quad usw.). Die nächsten zehn Jahre würden entscheidend sein.

US-Präsident Biden meint: “Die Vereinigten Staaten werden also weiterhin die Demokratie in der ganzen Welt verteidigen … Wir werden weiterhin in die Stärkung der amerikanischen Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene investieren … Wir werden der Aufrechterhaltung eines dauerhaften Wettbewerbsvorteils gegenüber der VR China Priorität einräumen … Die VR China ist der einzige Konkurrent, der sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung neu zu gestalten, als auch zunehmend über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, dies zu tun“.

Erkennbar werden in der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA die „Verteidigung der Demokratie in der ganzen Welt“, die „Aufrechterhaltung der Führungsrolle der USA in der ganzen Welt“ und die „Aufrechterhaltung eines dauerhaften Wettbewerbsvorteils“ in eins gesetzt.

Der „Aufrechterhaltung eines dauerhaften Wettbewerbsvorteils“ wird Priorität eingeräumt. Wettbewerbsvorteil ist ein Begriff aus der Wirtschaft und meint den Vorteil von US-Unternehmen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen in der Welt. Es geht also um die Sicherung der Zukunft der großen US-amerikanischen Unternehmen: Es geht um die Zukunft der Bank of Amerika, der JP Morgan Chase, von Exxon Mobile, Birkshire Hattaway, Apple, Amazon, Google, Youtube, Coca Cola, MacDonald’s usw. usw. Genauer gesagt geht es um die Zukunft derjenigen, denen dieser Unternehmen gehören, also um die Zukunft der Herren Elon Musk, Jeff Bezos, Warren Buffets, Mark Zuckerberg, Larry Fink usw. usw. Sie sind diejenigen, die von Wettbewerbsvorteilen unmittelbar profitieren. Die Arbeitsplätze der Beschäftigten in diesen privaten Unternehmen können dagegen weiter an Firmen mit Billiglöhnen ausgegliedert oder in andere Länder mit niedrigeren Löhnen verlagert werden.

Der US-Präsident wirft den autokratischen Ländern, zu denen er China und Russland zählt, vor, dass „sie nicht verstehen, dass die ‚Macht einer Nation von ihrem Volk ausgeht‘.“ Doch der US-Präsident versteht das auch nicht. Die Losung „Alle Macht geht vom Volke aus“ ist ein Zukunftsprogramm, aber keine Realitätsbeschreibung. Was hat die Sicherung von Wettberwerbsvorteilen für private Unternehmen mit Verteidigung von Demokratie zu tun? Der US-Präsident, aber auch jede andere Regierung pflegt jedoch vehement die Gleichsetzung der Interessen derer, denen diese privaten Unternehmen gehören, mit den Interessen derjenigen, die in ihnen und für sie arbeiten. Diese Gleichsetzung ist es, die uns in die Irre führt.

Die US-amerikanischen Führung will ihren Kampf „zu Ende zu führen“, und zwar „in den nächsten zehn Jahren.“ Wie Biden sich das vorstellt, davon bekamen wir schon 2022 einen Vorgeschmack: Biden sorgte im März 2022 dafür, dass die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine abgebrochen wurden.

Diese Nationale Sicherheitsstrategie steuert auf einen neuen Weltkrieg zu.

Der Arbeitskreis der IG Metall in Berlin hat eine passende Antwort: „Wir ziehen nicht in eure Kriege. GRENZENLOSE Solidarität.“


Übersicht:

Im Folgenden zitieren wir einige Kernaussagen aus dem Vorwort und aus dem gesamten Text der nationalen Sicherheitsstrategie der USA. Danach kommentieren wir die Kernaussagen aus dem Vorwort.

Dann gehen wir kurz auf eine Rede ein, die Biden im März 2022 in Warschau hielt und die diese Strategie ebenfalls bestätigt.

Nach den Vorgaben dieser „Nationalen Sicherheitsstrategie“ folgte wenige Tage nach deren Veröffentlichung die Verkündung der US-amerkanischen „Nationalen Verteidigungsstrategie“.

Inhaltsverzeichnis:


12. Oktober 2022: Kernaussagen der Nationalen Sicherheitsstrategie

Aus dem Vorwort des US-Präsidenten:

Die USA beanspruchen eine dauerhafte Führungsrolle in der ganzen Welt. Doch die Welt stehe an einem Wendepunkt. Es komme auf das nächste Jahrzehnt an. Es gehe um die Zukunft der internationalen Ordnung. China sei fähig, das globale Spielfeld zu seinen Gunsten zu kippen. Ein weiterer Gegner sei Russland. Es gehe darum, die Konkurrenten auszustechen und diesen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts zu gewinnen. Dazu verfügten die USA in der ganzen Welt über militärische Bündnisse (NATO, AUKUS usw.), die von wirtschaftlichen Bündnissen flankiert werden (Europäische Union, Indo-Pacifik-Quad usw.). Die nächsten zehn Jahre würden entscheidend sein.

Aus dem weiteren Text:

Wörtlich heißt es in in der Nationalen Sicherheitsstrategie [1]Seite23: „Die VR China und Russland sind zunehmend aufeinander ausgerichtet, aber die Herausforderungen, die sie darstellen, sind in wichtiger Hinsicht unterschiedlich. Wir werden der Aufrechterhaltung eines dauerhaften Wettbewerbsvorteils gegenüber der VR China Priorität einräumen und gleichzeitig ein nach wie vor äußerst gefährliches Russland in die Schranken weisen. Die VR China ist der einzige Konkurrent, der sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung neu zu gestalten, als auch zunehmend über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, dies zu tun“

Belege für diese Kernaussagen hier lesen. Hier das gesamte Vorwort – in Deutsch übersetztin vollem Wortlaut.[2]Hier der gesamte Text der „National Security Strategy“ in Englisch … Continue reading


Einzelne Aussagen der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ kommentiert

Im Folgenden werden einzelne zitierte Aussagen des US-Präsidenten aus dem Vorwort (weiß hinterlegt) von uns in Anmerkungen kommentiert (hellgrau hinterlegt):

„Von den ersten Tagen meiner Präsidentschaft an habe ich darauf hingewiesen, dass unsere Welt an einem Wendepunkt steht. … Die Nationale Sicherheitsstrategie 2022 legt dar, wie meine Regierung dieses entscheidende Jahrzehnt nutzen wird, um Amerikas lebenswichtige Interessen zu fördern, die Vereinigten Staaten in die Lage zu versetzen, unsere geopolitischen Konkurrenten auszumanövrieren … .

Anmerkung zu dem Ziel, in zehn Jahren die gepolitschen Konkurrenten auszumanövrieren„: Zehn Jahre sind eine kurze Zeit. In den Medien sind gegenwärtig fast täglich Artikel mit Überlegungen zu lesen, wie deutsche Unternehmen, die in China engagiert sind, für den Fall Vorsorge treffen können, dass es einen Krieg mit China gibt.[3]der Moderator Bernd Rasem spricht zum Beispiel am 14. November 2022 in einem Interview in Phönix mit dem BGA-Präsidenten Jandura (BDA = Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen) … Continue reading Es soll eine wirtschaftliche Abhängigkeit von China vermieden werden. Das wurde jahrelang nicht als Problem angesehen. Der Krieg in der Ukraine ist nach Bundeskanzler Scholz auch insoweit eine Zeitenwende: „Als Konsequenz müssen wir unsere Absatzmärkte, unsere Lieferketten, Rohstoffquellen und Produktionsstandorte erweitern, damit wir nicht von einzelnen Staaten und Lieferanten abhängig werden“, sagte Scholz während seines Aufenthaltes in Vietnam.[4]FAZ vom 14. November 2022, Seite 1 Ein Krieg mit China wird nicht mehr ausgeschlossen. Es ist denkbar, dass China gegen Taiwan militärisch vorgeht, und es wird dabei unterstellt, dass Taiwan und Festland-China nicht zusammen ein China bilden. Selten wird gesagt, dass sich die USA zu einer Ein-China Politik verpflichtet haben – eine Verpflichtung, an die die USA sich bis jetzt gebunden sehen. Wenn sich die USA von dieser Verpflichtung lösen, ist der dritte Weltkrieg da. Dann war der Ukrainekrieg nur das Vorspiel zu diesem dritten Weltkrieg.

In der ganzen Welt ist der Bedarf an amerikanischer Führung so groß wie nie zuvor. Wir befinden uns inmitten eines strategischen Wettbewerbs um die Gestaltung der Zukunft der internationalen Ordnung. … Da die Welt weiterhin mit den anhaltenden Auswirkungen der Pandemie und der globalen wirtschaftlichen Unsicherheit zu kämpfen hat, gibt es keine Nation, die besser in der Lage ist, mit Stärke und Zielstrebigkeit zu führen als die Vereinigten Staaten von Amerika.“

Anmerkung zur amerikanischen Führung in der ganzen Welt: Das sollte festgehalten werden: Die USA halten sich als Führungsmacht in der ganzen Welt für unverzichtbar: „In der ganzen Welt ist der Bedarf an amerikanischer Führung so groß wie nie zuvor“.

Anmerkung zu COVID 19: Die Toten der Pandemie COVID 19 – nach Staaten aufgeschlüsselt – können in den Tabellen der Weltgesundheitsorganisation nachgelesen werden[5]siehe: https://covid19.who.int/table: COVID 19 forderte in den USA mit 338 Millionen Menschen 1 Millionen Tote[6]genau: 1.060.430 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022, in China mit 1.426 Millionen Menschen 28.000 Tote[7]genau: 28.679 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022, in Cuba mit 11 Millionen Menschen 8.500 Tote[8]genau: 8.530 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022 und in Deutschland mit 85 Millionen Menschen 150.000 Tote[9]genau: 154.328 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022. Die absoluten Zahlen der Bevölkerung nach Angaben der Vereinten Nationen – Stand 2022 – können unter … Continue reading Umgerechnet auf die Bevölkerung sind das je tausend Einwohner in den USA 0,29 Tote; in China 0,002 Tote; in Cuba 0,077 Tote und in Deutschland 0,176 Tote.

Seit Ende November 2022 erlebt China die größte Welle der Neuinfektionen. China hat – auch angesichts weniger gefährlicherer COVID-Varianten – die bisherigen Einschränkungen in großem Umfang aufgegeben. Die Welle der Neuinfektionen scheint Ende Februar 2023 abgeschlossen zu sein. Niemand kann zur Zeit die Folgen genau einschätzen. Aber schon allein der Umstand, dass die COVID-Varianten, mit denen sich die Menschen in China jetzt angesteckt haben, als auch der Umstand, dass ein erheblicher Teil der chinesischen Bevölkerung zumindest zwei Mal geimpft war, spricht dafür, dass die Zahl der Toten je tausend Einwohner immer noch erheblich unter der der USA, Deutschland und anderen entwickelten kapitalistischen Staaten liegt. In der Tabelle der Weltgesundheitsorganisation wurden am 26. Februar für China insgesamt 119.510 Tote angegeben[10]siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen am 26.02.2023, umgerechnet auf tausend Einwohner sind das 0,0083 Tote.

Anmerkung zur globalen wirtschaftlichen Umsicherheit: Die globale wirtschaftliche Unsicherheit ist eine unvermeidbare Eigenschaft eines jeden kapitalistischen Systems. Was wollen die USA als besonders vehemente Verteidigerin dieses Systems also tun gegen die globale wirtschaftliche Unsicherheit?

„Wir haben auch Amerikas unübertroffenes Netz von Bündnissen und Partnerschaften wiederbelebt … . Wir haben unsere Kernbündnisse in Europa und im indo-pazifischen Raum vertieft. Die NATO ist stärker und geeinter als je zuvor, und wir freuen uns darauf, mit Finnland und Schweden zwei fähige neue Verbündete aufzunehmen. Wir bemühen uns verstärkt darum, unsere Partner und Strategien durch Initiativen wie unsere Sicherheitspartnerschaft mit Australien und dem Vereinigten Königreich (AUKUS) regionsübergreifend zu verbinden.“

Anmerkung zu den Bündnissen: Schon in dem vorhergehenden Absatz wurde klar gestellt, wer das Sagen in diesen militärischen Bündnissen hat: Der Bedarf an „amerikanischer Führung in der ganzen Welt“ sei „so groß wie nie zuvor.“

„Und wir gehen kreative neue Wege, um mit Partnern bei Themen von gemeinsamem Interesse zusammenzuarbeiten, wie mit der Europäischen Union, dem Indo- Pazifik-Quad, dem Indo-Pazifik-Wirtschaftsrahmen und der Amerikanischen Partnerschaft für wirtschaftlichen Wohlstand

Diese Partnerschaften stärken unsere Fähigkeit, auf gemeinsame Herausforderungen zu reagieren und die Probleme anzugehen, die das Leben von Milliarden von Menschen direkt beeinflussen. Wenn Eltern ihre Kinder nicht ernähren können, ist alles andere unwichtig. Wenn Länder wiederholt von Klimakatastrophen heimgesucht werden, werden ganze Zukunftsperspektiven zunichte gemacht. Und wie wir alle erfahren haben, können pandemische Krankheiten, wenn sie sich ausbreiten, die Ungleichheiten verschärfen und die ganze Welt zum Stillstand bringen. Die Vereinigten Staaten werden auch weiterhin gemeinsam mit unseren Partnern die internationale Antwort auf diese grenzüberschreitenden Herausforderungen anführen, auch wenn wir uns konzertierten Bemühungen entgegenstellen, die Beziehungen der Nationen untereinander neu zu gestalten.“

Anmerkung dazu, dass sich die USA konzertierten Bemühungen entgegenstellen, die Beziehungen der Nationen untereinander neu zu gestalten: Damit machen die USA unmissverständlich deutlich, dass sie ihre Stellung als Führungsmacht behalten und nicht durch konzertierte Bemühungen anderer gefährdet sehen wollen.

Anmerkung zum Hunger in der Welt: Die FAO, eine Organisation der Vereinten Nationen[11]https://www.fao.org/home/en/ unterscheidet zwischen Unterernährung[12]Definition Unterernährung: Die Prävalenz von Unterernährung (PoU) ist eine Schätzung des Anteils der Bevölkerung, deren gewohnheitsmäßiger Lebensmittelkonsum nicht ausreicht, um die … Continue reading und Ernährungsunsicherheit[13]Definition Ernährungungsunsicherheit: Ernährungssicherheit ist gegeben, wenn alle Menschen jederzeit physischen und wirtschaftlichen Zugang zu ausreichenden, sicheren und nährstoffreichen … Continue reading. 1.1. Stand der Unterernährung in der Welt: Die Vereinten Nationen haben sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Hunger zu überwinden[14]Ziel 2.1:Bis 2030 den Hunger beenden und den Zugang aller Menschen, insbesondere der Armen und der Menschen in gefährdeten Situationen, einschließlich Säuglingen, das ganze Jahr über zu … Continue reading. Doch „die Zahl der Unterernährten ist in den letzten zwei Jahren stark gestiegen, mit bis zu 828 Millionen Menschen auf der Welt …. Nachdem der Anteil der an Unterernährung Leidenden[15]1. Prävalenz allgemein: Kennzahl, die angibt, welcher Anteil einer bestimmten Gruppe (Population) an einem bestimmten Übel leidet; 2. Prävalenz der Unternährung: Als Pävalenz der Unterernährung … Continue reading seit 2015 relativ unverändert geblieben war, sprang er von 8 Prozent im Jahr 2019 auf rund 9,3 Prozent im Jahr 2020 und dann weiter auf 9,8 Prozent im Jahr 2021. … „[16]siehe: https://www.fao.org/3/cc1403en/online/cc1403en.html#/2. 1.2. Stand der Ernährungsunsicherheit in den USA und Europa: „In Nordamerika und Europa, der Region, in der die niedrigsten Raten der Ernährungsunsicherheit gefunden werden, nahm der Anteil der an Ernährungsunsicherheit Leidenden zum zweiten Mal in Folge seit der entsprechenden Beginn der entsprechenden Datenerhebung im Jahr 2014 zu. Im Jahr 2021 waren 8,0 Prozent der Bevölkerung Nordamerikas und Europas mäßig oder stark ernährungsunsicher.“[17]FIES-Datenerhebung und Stand der Ernährungssicherheit und der Ernährung in der Welt 2022: https://www.fao.org/3/cc0639en/online/sofi-2022/food-security-nutrition-indicators.html. 2. Die FAO stellt fest, dass die COVID 19 Pandemie die Unternährung und Ernährungsunsicherheit verschärft hat[18]https://www.fao.org/3/cc0639en/online/sofi-2022/food-security-nutrition-indicators.html. Die FAO befürchtet, dass der Krieg in der Ukraine zu einer weiteren Verschärfung der Unternährung und Ernährungsunsicherheit beitragen wird. 3. Doch weder die USA noch die NATO-Länder haben dagegen das Mögliche getan. Den Krieg in der Ukraine können die USA und die NATO jederzeit beenden – wenn sie wollen. Doch sie verlängern den Krieg und treiben die Rüstungsausgaben immer weiter nach oben anstatt dieses Geld zur Bekämpfung der Welthungerkrise zu verwenden. Zur COVID 19 Pandemie haben wir schon oben Stellung genommen. Vor allem Deutschland hat wenig dazu beigetragen, den Entwicklungsländern einen Zugang zu Impfstoffen zu eröffnen.

Anmerkung zu den Klimakatastrophen in der Welt: Dass die Klimakatastrophen ihre Ursachen in der Klimaerwärmung haben, die von Menschen verursacht wurde, sei als bekannt vorausgesetzt. Es kommt darauf an, die Ursachen der Klimaerwärmung genauer zu erfassen und die Gründe zu verstehen, warum die Erwärmung trotz der Warnungen nicht aufgehalten wird. Es sind die hoch entwickelten kapitalistischen Industriestaaten, die für die Klimaerwärmung verantwortlich und nicht bereit sind, das Notwendige gegen das große Kapital in ihren Ländern durchzussetzen, damit die Klimaerwärmung nicht 1,5 Grad übersteigt.

„Im Kampf um die Zukunft unserer Welt ist sich meine Regierung über den Umfang und die Schwere dieser Herausforderung im Klaren. Die Volksrepublik China hat die Absicht und in zunehmendem Maße auch die Fähigkeit, die internationale Ordnung zugunsten einer Ordnung umzugestalten, die das globale Spielfeld zu ihren Gunsten kippt, auch wenn die Vereinigten Staaten sich weiterhin dafür einsetzen, den Wettbewerb zwischen unseren Ländern verantwortungsvoll zu gestalten.“

Anmerkung 1 zu China: An einer anderen Stelle der „Nationalen Sicherheisstrategie heißt es: „Die VR China hingegen ist der einzige Konkurrent, der sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, als auch in zunehmendem Maße über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, um dieses Ziel zu erreichen.“[19]Nationale Sicherheitsstrategie der USA“ Seite 8 Erkennbar betrachten die USA China als die Hauptbedrohung der USA in ihrer Stellung als weltweite Führungsmacht. Diese Bedrohung beruht auf dem enormen wirtschaftlichen Aufschwung Chinas in den letzten Jahrzehnten. Ein wesentlicher Unterschied in den ökonomischen System zwischen den USA und China besteht darin, dass China über einen großen wirtschaftltichen Sektor verfügt, der in genossenschaftlichem oder staatlichem Eigentum ist[20]Vladimiro Giacche Wirtschaft und Eigentum – Staat und Markt im heutige China, MASCH-Skript, Hrsg.: Neue Impulse Verlag, ISBN: 978-3-96170-032-5. Der Grund und Boden ist ebenfalls nicht in privater Hand. Die Ziele, die sich die Herrschenden in China in ihren Wirtschaftsplänen setzen, haben sie in den letzten Jahrzehnten eingehalten. Bemerkenswert ist auch, dass es bisher in China keine schwerwiegenden Wirtschaftskrisen gegeben hat. Im Gegenteil: In der letzten großen weltweiten Wirtschaftskrise 2007/08 war China das Land, das mit den größten Investitionen gegensteuerte. Wichtig ist auch, dass die chinesische kommunistische Partei und über diese Partei der Staat eine starke Stellung gegenüber dem privaten Kapital haben.

Anmerkung 2 zu China: Auch militärisch betrachten die USA China als ihren Hauptgegner: „Die Vereinigten Staaten haben ein vitales Interesse an der Abschreckung von Aggressionen durch die VR China, Russland und andere Staaten. Fähigere Konkurrenten und neue Strategien für bedrohliches Verhalten unterhalb und oberhalb der traditionellen Konfliktschwelle bedeuten, dass wir es uns nicht leisten können, uns ausschließlich auf konventionelle Streitkräfte und nukleare Abschreckung zu verlassen. Unsere Verteidigungsstrategie muss die Abschreckung aufrechterhalten und stärken, wobei die Volksrepublik China unsere größte Herausforderung darstellt.“[21]Nationale Sicherheitsstrategie der USA“ Seite 20

Russlands brutaler und unprovozierter Krieg gegen sein Nachbarland Ukraine hat den Frieden in Europa erschüttert und die Stabilität überall beeinträchtigt, und seine rücksichtslosen nuklearen Drohungen gefährden das globale Nichtverbreitungsregime. …“

Anmerkung zu „Russlands „unprovozierter Krieg“: Der Krieg war nicht unprovoziert. Die USA verschweigen, dass sie mit der NATO Osterweiterung der vergangenen 30 Jahre und dem andauernden Drängen, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, jede Rücksichtnahme auf die Sicherheitsinteressen Russlands beiseite geschoben haben, siehe: Gebrochene Versprechen: Keine NATO-Osterweiterung: hier lesen .

„Diese Konkurrenten glauben fälschlicherweise, die Demokratie sei schwächer als die Autokratie, weil sie nicht verstehen, dass die Macht einer Nation von ihrem Volk ausgeht.“

Anmerkung: Die Demokratie geht vom Volke aus. Aber: Wo geht sie hin? (Bert Brecht)

„Unser Militär ist unbesiegt …“

Anmerkung: Auch in Vietnam? Auch in Afghanistan? Da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens. Aber dieser Wunsch hat weitreichende Folgen: Die USA stecken in jedem Jahr gewaltige Summen in die Rüstung und drängen seit Jahren auch die anderen Mitglieder in ihren Bündnissen, zum Beispiel Deutschland, den Rüstungshaushalt zu erhöhen.

„Die Vereinigten Staaten werden also weiterhin die Demokratie in der ganzen Welt verteidigen, auch wenn wir zu Hause weiter daran arbeiten, der in unseren Gründungsdokumenten verankerten Idee von Amerika besser gerecht zu werden. Wir werden weiterhin in die Stärkung der amerikanischen Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene investieren … Und wir werden weiterhin demonstrieren, wie Amerikas dauerhafte Führungsrolle bei der Bewältigung der Herausforderungen von heute und morgen, mit Vision und Klarheit, der beste Weg ist, um für das amerikanische Volk etwas zu erreichen.

Aber ich bin zuversichtlicher denn je, dass die Vereinigten Staaten alles haben, was wir brauchen, um den Wettbewerb des 21. Jahrhunderts zu gewinnen. … Wir können es schaffen – für unsere Zukunft und für die Welt.“

Anmerkung: Nein, es geht in diesem Wettbewerb weder um die Zukunft der Vereinigten Staaten von Amerika noch um die Zukunft für die Welt. Es geht ausschließlich um die Zukunft des Großkapitals der USA: Die Zukunft der Bank of Amerika, der JP Morgan Chase, von Birkshire Hattaway, Apple, Amazon, Google, Youtube, Coca Cola, Macdonalds usw. [22]siehe Capital vom 7.9.2022; https://www.capital.de/wirtschaft-politik/fortune-global-500–groesste-unternehmen-der-welt–32703720.html, abgerufen am 2.11.2022 um 06:11 Uhr.


26. März 2022 Biden’s Rede in Warschau

Der UN-Diplomat Michael von der Schulenburg beschreibt, wie die USA im März 2022 Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine zum Scheitern brachten: „Im März 2022, nur einen Monat nach Kriegsbeginn, gelang es ukrainischen und russischen Verhandlungsteams, einen 15-Punkte-Entwurf für ein mögliches Friedensabkommen vorzulegen … Man hoffte, dieses Abkommen auf einer Friedenskonferenz am 29. März [2022] in Istanbul auf Außenministerebene abschließen zu können. … Doch dazu kam es nicht. Angesichts der Möglichkeit einer neutralen Ukraine berief die NATO für den 23. März einen Sondergipfel in Brüssel ein, an dem auch US-Präsident Biden teilnahm. Der einzige Zweck dieses Treffens bestand darin, die ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen zu beenden. …”

Danach beschrieb der amerikanische Präsident Biden in seiner Rede am 26. März 2022 in Warschau seine „Nationale Sicherheitsstrategie“:

Er zog den Bogen von dem Zerfall des Warschauer Pakts bis zum Krieg gegen das heutige Russland. “Der Kampf um Demokratie konnte mit dem Ende des kalten Kieges nicht zu Ende geführt werden”. “In den letzten 30 Jahren haben sich die Kräfte der Autokratie ausgebreitet”.

Die “regelbasierte Ordnung, wie sie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffen wurde,” sei “direkt bedroht”. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zielten auf das “Herz der Wirtschaft”. Der Rubel werde “zu nichts”. Die Wirtschaft werde “in den nächsten Jahren einen Niedergang erleben”. Vor der Invasion als 11. Volkswirtschaft gelistet, werde “Russland wohl nicht mehr unter den obersten 20. der Weltwirtschaft sein”. “Diese internationalen Sanktionen untergraben die Stärke Russlands”. Mit Blick auf Putin rief Biden aus: “Dieser Mann darf dort nicht bleiben”. Das russische Volk solle eine “faire Chance” bekommen.

“Wir werden einen Preis dafür zahlen, aber die Düsternis der Autokratie bedroht uns”.

Es gehe um eine Aufgabe “unserer Generation und der nächsten Jahre.”

Hinweis:

Aus einem Beitrag von Augusto Zamora Rodríguez geht hervor, dass wesentliche Elemente diese grundlegende US-amerikanische Weichenstellung schon in der Nationalen Sicherheitsstrategie von 2018 beschrieben wurden.


27. Oktober 2022: Die „Nationale Verteidigungsstrategie“ der USA

Entsprechend den Vorgaben der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ der USA folgte wenige Tage später die „Nationale Verteidigungsstrategie“ der USA.

Weiterlesen hier


References

References
1 Seite23
2 Hier der gesamte Text der National Security Strategy“ in Englisch (https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2022/10/Biden-Harris-Administrations-National-Security-Strategy-10.2022.pdf); den vollständigen Text in Deutsch hier lesen.
3 der Moderator Bernd Rasem spricht zum Beispiel am 14. November 2022 in einem Interview in Phönix mit dem BGA-Präsidenten Jandura (BDA = Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen) ganz offen von der Möglichkeit einer militärischen Auseinandersetzung mit China
4 FAZ vom 14. November 2022, Seite 1
5 siehe: https://covid19.who.int/table
6 genau: 1.060.430 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022
7 genau: 28.679 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022
8 genau: 8.530 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022
9 genau: 154.328 Tote, siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen November 2022. Die absoluten Zahlen der Bevölkerung nach Angaben der Vereinten Nationen – Stand 2022 – können unter diesem link nachgelesen werden: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Staaten_und_Territorien_nach_Einwohnerzahl#cite_ref-WPP_2022_2-0; danach lebten im Jahr 2022 in China 1.425.887.337 Menschen, in den USA 338.289.857 Menschen, in Deutschland 85.079.811 Menschen und in Cuba 11.212.191 Menschen.
10 siehe: https://covid19.who.int/table, abgerufen am 26.02.2023
11 https://www.fao.org/home/en/
12 Definition Unterernährung: Die Prävalenz von Unterernährung (PoU) ist eine Schätzung des Anteils der Bevölkerung, deren gewohnheitsmäßiger Lebensmittelkonsum nicht ausreicht, um die Ernährungsenergie zu liefern, die erforderlich sind, um ein normales aktives und gesundes Leben zu führen. Diese Schätzung des Anteils an der Bevölkerung wird als Prozentsatz ausgedrückt; https://www.fao.org/sustainable-development-goals/indicators/2.1.1/en/
13 Definition Ernährungungsunsicherheit: Ernährungssicherheit ist gegeben, wenn alle Menschen jederzeit physischen und wirtschaftlichen Zugang zu ausreichenden, sicheren und nährstoffreichen Lebensmitteln haben, die ihren Ernährungsbedürfnissen und -vorlieben entsprechen und ihnen ein aktives und gesundes Leben ermöglichen; siehe https://www.fao.org/3/al936e/al936e00.pdf
14 Ziel 2.1:Bis 2030 den Hunger beenden und den Zugang aller Menschen, insbesondere der Armen und der Menschen in gefährdeten Situationen, einschließlich Säuglingen, das ganze Jahr über zu gewährleisten, um sichere, nahrhafte und ausreichende Nahrung zu gewährleisten, https://www.fao.org/sustainable-development-goals/indicators/2.1.1/en/
15 1. Prävalenz allgemein: Kennzahl, die angibt, welcher Anteil einer bestimmten Gruppe (Population) an einem bestimmten Übel leidet; 2. Prävalenz der Unternährung: Als Pävalenz der Unterernährung wird der Zustand einer Person bezeichnet, deren gewohnheitsmäßiger Nahrungskonsum nicht ausreicht, um im Durchschnitt die Menge an Nahrungsenergie zu liefern, die erforderlich ist, um ein normales, aktives und gesundes Leben zu erhalten; diese Definition entnommen der website der FAO: https://www.fao.org/3/cc0639en/online/sofi-2022/annexes1_b.html
16 siehe: https://www.fao.org/3/cc1403en/online/cc1403en.html#/2
17 FIES-Datenerhebung und Stand der Ernährungssicherheit und der Ernährung in der Welt 2022: https://www.fao.org/3/cc0639en/online/sofi-2022/food-security-nutrition-indicators.html
18 https://www.fao.org/3/cc0639en/online/sofi-2022/food-security-nutrition-indicators.html
19 Nationale Sicherheitsstrategie der USA“ Seite 8
20 Vladimiro Giacche Wirtschaft und Eigentum – Staat und Markt im heutige China, MASCH-Skript, Hrsg.: Neue Impulse Verlag, ISBN: 978-3-96170-032-5
21 Nationale Sicherheitsstrategie der USA“ Seite 20
22 siehe Capital vom 7.9.2022; https://www.capital.de/wirtschaft-politik/fortune-global-500–groesste-unternehmen-der-welt–32703720.html, abgerufen am 2.11.2022 um 06:11 Uhr

Keine Osterweiterung der NATO

Zu diesem besonders häufig gelesenen Beitrag vom 4. März 2022, zuletzt ergänzt im September 2023:

Zahllose Menschen sterben im Ukraine-Krieg. Aber niemand fragt: Was verteidigen sie?

Die russische Regierung will nicht, dass die Ukraine Mitglied der NATO wird. Sie betrachtet eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine als Bedrohung: Nach Darstellung der russischen Regierung beträgt die Flugzeit für ballistische Raketen aus dem Raum Charkow 7 bis 8 Minuten und für die Hyperschall-Rakete ‚Dark Eagle‘ 4 bis 5 Minuten. Präsident Putin in seiner Rede an die Nation am 21. Februar 2022: „Das bezeichnet man als ‚das Messer am Hals'“[1]zitiert nach Lühr Henken „Der Ukraine Krieg – immnense Herausforderung für die Friedensbewegung, Vortrag gehalten am 5. April 2022, … Continue reading.

Dagegen förderte die USA immer den Willen der Ukraine, in das NATO-Lager zu wechseln.

Niemand fragt auch nur danach, ob es in unserem Interesse ist, dass die Regierungen der USA, Ukraine, Deutschlands und Europas zur Verteidigung dieser „Politik der offenen Tür“ einen Krieg in Kauf genommen haben. Nur Wenige verurteilen, dass die NATO nie bereit war, auf Osterweiterungen zu verzichten.

Nachdem die russische Regierung Truppen in die Ukraine geschickt hat, begnügt man sich mit der Aussage: Das Verhalten der NATO-Staaten kann nicht die russische Invasion in die Ukraine rechtfertigen.

Aber das reicht nicht, um den Krieg rasch zu beenden. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn brachten NATO-Staaten unter Führung der USA einen Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine zum Scheitern.

Nur wenn erkannt wird, dass die Politik der NATO-Osterweiterung und die Weigerung, auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO zu verzichten, entscheidende Voraussetzungen für diesen Krieg waren, kann dieser Krieg beendet werden: Durch Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO und Rückzug der militärischen Kräfte und Raketenstützpukte, die in den vergangenen Jahrzehnten immer näher an Russland heranrückten.

Doch stattdessen nimmt die NATO auch Finnland und Schweden auf, liefert immer gefährlichere Waffen an die Ukraine und sorgt mit der Stationierung weitreichender Waffen auf deutschem Boden dafür, dass Deutschland sich als Kriegsschauplatz anbietet.

Wen muss da nicht die Angst vor einem Dritten Weltkrieg umtreiben?


Inhaltsverzeichnis:


1990: Es gab eine mündliche Vereinbarung von US-Außenminister Baker mit Gorbatschow: Keine Osterweiterung der NATO.

„Immer wieder geht es … auch um die Frage, ob die USA 1990 Gorbatschow im Zusammenhang mit seiner Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung versprochen haben, die NATO nicht über die deutschen Grenzen nach Osten zu erweitern. Hier sollte man die wichtigste Quelle US-amerikanischer Forschung heranziehen: Das Buch „1989“ der Harvard-Professorin Mary Elise Sarotte, und zwar die zweite Auflage mit dem zweiten Nachwort 2014. Es ist heute unbestreitbar – wie auch Burns einst eindeutig bestätigte -, dass US-Außenminister Baker Anfang Februar 1990 in seinen Verhandlungen mit Gorbatschow über die deutsche Wiedervereinigung mündlich vereinbarte, es werde über die damalige Ostgrenzen der DDR hinaus keinerlei Erweiterung der NATO geben. Baker hielt nämlich diese Zusage im Gespräch mit Gorbatschow seinerseits als ein mündlich gegebenes Versprechen in einer Notiz fest: „End result: Unified Ger.anchored* in a changed (polit.) NATO–* whose jurisd. would not moved* eastwards!“ Sarotte berichtet auch die Antwort Gorbtschows: „Ganz gewiss wäre jede Erweiterung der NATO über ihren bisherigen Bereich inakzeptabel“. Und Baker antwortete: „I agree“ (Ich stimme zu“). Der Inhalt des Vermerks wurde einen Tag später in einem Brief an Bundeskanzler Kohl anlässlich dessen Besuch in Moskau übermittelt“ – so Klaus von Dohnanyi in seinem Buch „Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“, dass in diesem Jahr in 3. Auflage erschienen ist[2]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“, 3. Auflage 2022 München S. 66 f..

Klaus von Dohnanyi’s Kommentar: „Es bleibt unverständlich, warum diese Tatsachen in Deutschland noch immer weitgehend verschwiegen werden“[3]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München s. 67.

Die Informationsstelle Militarisierung drückt es in einem Beitrag vom 3. März 2022 so aus:

„Seit Jahren ist die NATO vehement darum bemüht, die Aussage, Russland bzw. der Sowjetunion sei Anfang der 1990er zugesagt worden, es werde zu keiner Erweiterung der westlichen Militärallianz nach Osten kommen, als Falschmeldung zu diskreditieren. Auch die Medien, angefangen von Stefan Kornelius in der Süddeutschen Zeitung über Thomas Hanke im Handelsblatt bis hin zu Michael Thumann in der Zeit wissen es ganz genau: die russische Sichtweise entbehre jeder vernünftigen Grundlage, so der Tenor.

Über diverse Winkelzüge versucht die NATO dem Problem beizukommen, dass sie mit der schlussendlich 1999 vollzogenen Osterweiterung wissentlich ihre einstigen Zusagen eklatant verletzt hat. Da wäre einmal die Behauptung, die (nicht nur) von US-Außenminister James Baker gemachte Versicherung, die NATO werde sich nicht nach Osten erweitern, habe sich lediglich auf das Gebiet der ehemaligen DDR bezogen, von anderen Ländern in Osteuropa sei nie die Rede gewesen …“.

Hören wir uns einmal genau an, was Genscher während der Verhandlungen über den zwei-plus-vier Vertrag im Jahr 1990 im Weltspiegel der ARD im Beisein des amerikanischen Außenministers Baker erklärte:

„Wir waren uns einige, dass nicht die Absicht besteht, das NATO Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten – das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern gilt ganz generell“.

„… das gilt nicht nur in Bezug auf die DDR … sondern gilt ganz generell“ – mit dieser Aussage wird der Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung nicht auf das Gebiet der DDR begrenzt[4]Zu dem Thema ein Interview mit Horst Teltschik.

Dass eine NATO-Osterweiterung ausgeschlossen wurde, wird auch durch eine Regelung im 2+4-Vertrag gestützt, in der es mit Blick auf das ehemalige Gebiet der DDR heißt: „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“[5]Artikel 5 Absatz 3 Satz 3 des 2+4-Vertrages

1991: Einigkeit zwischen den politischen Direktoren der Außenministerien der USA, GB, Frankreichs und Deutschlands: Keine Osterweiterung der NATO

Aus dem folgenden schriftlichen Dokument – hier in einem Ausschnitt zu sehen – geht hervor, dass auch 1991 eine Erweiterung der NATO ausgeschlossen wurde:

Dieses Dokument fand ein amerikanischer Professor der Universität Boston, Joshua Shifrinson, im britischen Nationalarchiv. Der Spiegel berichtete am 18. Februar 2022, dass es ursprünglich als geheim eingestuft und dann freigegeben wurde.

Das Dokument protokolliert ein Treffen der politischen Direktoren der Außenministerien der Vereinigten Staat, Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs am 6. März 1991 in Bonn.

Der Vertreter Deutschlands, Jürgen Chrobog, erklärte: „Wir haben in den Zwei-plus-vier Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Elbe hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten.“ Chrobog wies ausdrücklich daraufhin, dass diese Position mit Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher abgestimmt worden sei.

Der US-Vertreter Raymond Seitz erklärte: »Wir haben gegenüber der Sowjetunion klargemacht – bei Zwei-plus-vier wie auch anderen Gesprächen – dass wir keinen Vorteil aus dem Rückzug sowjetischer Truppen aus Osteuropa ziehen werden… Die Nato soll sich weder formal noch informell nach Osten ausdehnen.«

Keine Osterweiterung der NATO – das war damals die gemeinsame Position von Deutschland, den USA, Frankreichs und Deutschlands.

Bleibt die Frage: Warum wurde diese gemeinsame Position, dieses Versprechen gegenüber Russland aufgegeben?

Warum wurde das Versprechen aufgegeben? – „Die größte vertane Chance“!

Dazu Klaus von Dohnanyi:

„Präsident George H.W. Bush pfiff damals seinen Außenminister etwas zurück: „Wieso, wir haben gewonnen und nicht die“, wusste aber auch, dass Kohl auf dieser Grundlage mit Gorbatshow verhandelt habe, und er wusste außerdem, dass die Bundesregierung in Sachen Nato-Erweiterung anderer Meinung war als die USA. Doch angesichts des verzögernden Widerstands von Frankreich und Großbritannien auf dem Wege zur Wiedervereinigung brauchte Kohl die USA. So lud man bei den Beratungen auf Camp David am 24. Februar 1990 die Außenminister formell nicht ein; Genscher, Gegner der NATO-Erweiterung, musste zu Hause bleiben, aber Außenminiser Baker kam dann doch „zufällig“ in Camp David vorbei. Man beschränkte dann auch die „zwei plus vier“ Verhandlungen eng auf die deutsche Frage. Obwohl doch unbestritten bleibt, dass Baker den ausdrücklichen Auftrag von Bush hatte, „auf eine schnell deutsche Wiedervereinigung zu drängen … und dabei der Sowjetunion zu versichern , dass die Nato nicht weiter östlich erweitert werde,“ so Burn[6]Michael McFaul „From Cold War to hot Peace. An Amercan Ambassador in Putins’s Russia“, London 2018 S. 48.

Letzten Endes war es … Präsident George H.W. Bush, der die Chance eines Neuanfangs mit Russland nicht erkannte und damit leichtfertig das Ende des Kalten Krieges zum Anfang neuer Spannungen mit Russland machte. … Der Präsident und die USA als Führungsmacht des Westens verkannten die Chance, mit einem Russland, das nun geschwächt und friedlich gestimmt war und die kommunistische Weltmission aufgegeben hatte, einen konstruktiven Weg in die Zukunft zu finden. Insbesondere amerikanische Fachleute für Ost-West-Beziehungen, unter ihnen auch William J. Burns, haben immer wieder darauf hingewiesen, welche Folgen aus russischer Sicht mit der Nato-Erweiterung verbunden waren und sind … „We have won and not they.“ Dieser Satz und die dahinter stehende Haltung der USA erweisen sich heute als die größte vertane Chance für einen dauerhaften Frieden in Europa … „[7]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München s. 67 ff..

Ergänzend dazu noch einmal die Informationsstelle Militarisierung in ihrem Beitrag vom 3. März 2022: „Allerdings zeigen 2018 freigegebene und beim „National Security Archive“ veröffentlichte Dokumente, dass auch mit Gorbatschows Nachfolger Boris Jelzin in Sachen NATO-Osterweiterung ein falsches Spiel getrieben wurde“.

Dann listet die Informationsstelle in einer Tabelle einige Kerndaten des „NATO-Weges in die Eskalation“ bis zum Jahr 2022 auf. Ganz kurz zusammengefasst: Auf dem NATO-Gipfel in Madrid 1997 wurden erstmals Beitrittsverhandlungen mit den ehemaligen Warschauer Pakt Staaten Polen, Tschechien und Ungarn angeboten, später folgten weitere osteuropäische Staaten. Am 12. März 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei. Im November 2002 lud die NATO, beim NATO-Gipfel in Prag, die Länder Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien zu Verhandlungen über einen NATO-Beitritt ein. Am 29. März 2004 traten diese sieben Länder der NATO offiziell bei. Beim NATO-Gipfel in Bukarest im April 2008 wurde der Beitritt Albaniens und Kroatiens offiziell beschlossen. Ihr Beitritt wurde für den NATO-Gipfel im April 2009 in Kehl und Straßburg geplant, von allen NATO-Mitgliedern ratifiziert und am 1. April 2009 vollzogen. Auch Deutschland stimmte sämtlichen neuen Mitgliedschaften zu.

Moldawien, Georgien und der Ukraine wurde von den USA und der NATO schon 2008 auf dem Gipfeltreffen in Bukarest eine Mitgliedschaft angetragen. Was damals noch an einem Veto Deutschlands scheiterte, wird bis heute nicht für die Zukunft ausgeschlossen.

Klaus von Dohnanyi in seinem 2022 erschienenen Buch „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik“ in Zeiten globaler Umbrüche“ mit Blick auf die gegenwärtige Bundesregierung: „Es ist bedauerlich, dass das ganze Thema in dem umfangreichen Koalitionsvertrag der neuen deutschen Regierung keinerlei Erwähung findet“[8]Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München s. 105.

2021/22: Die NATO bleibt bei ihrer „Politik der offenen Tür“

Am 15. Februar 2022, also noch vor Kriegsbeginn, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz in Moskau mit dem russischen Präsidenten Putin zur NATO-Erweiterung um die Ukraine:

„… Das gilt auch für die unterschiedlichen Positionen zur Frage der NATO-Osterweiterung. Das ist ja die etwas eigenwillige Situation, dass die gar nicht ansteht. Die steht nicht auf der Tagesordnung und jeder weiß es ganz genau: Das ist kein Thema, das uns wahrscheinlich in unseren Ämtern begegnen wird wieder, solange wir sie ausüben. Ich weiß jetzt nicht wie lange der Präsident vorhat im Amt zu bleiben, aber ich jedenfalls habe das Gefühl, das könnte länger sein, aber nicht ewig, und insofern werden wir deshalb doch die Aufgabe haben, auch jetzt aus diesem Punkt etwas zu machen, das miteinander zu einer politischen Verständigung führen kann ohne dass irgendjemand seine Grundsätze, seine Prinzipien dabei aufgeben muss“.

Olaf Scholz ist dazu hier zu sehen und zu hören.

Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine für die Zukunft schließt die Formulierung „Die steht nicht auf der Tagesordnung“ definitiv nicht aus.

Vorher, im Dezember 2021, hatte die russische Regierung der NATO einen Vertragsentwurf vorgelegt hatte, in dem die Verpflichtung der NATO, die Ukraine nicht aufzunehmen, ein entscheidender Punkt war[9]Artikel 6 des russischen Vertragsentwurfs: „Alle Mitgliedstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation verpflichten sich, von jeder weiteren Erweiterung der NATO, einschließlich des Beitritts … Continue reading. Die NATO lehnte in ihrer Antwort eine solche Verpflichtung ab und bestand auf einer „Politik der Offenen Tür“[10]Aus der Antwort der NATO auf den russischen Vertragsentwurf: „8.2 Alle Staaten respektieren das Recht anderer Staaten, Sicherheitsvereinbarungen zu wählen oder zu ändern, und ihre eigene … Continue reading.

Noch am 14. Juni 2021 hatte der NATO-Rat auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs beschlossen: „Wir bekräften unseren auf dem Gipfeltreffen 2008 in Bukarest gefassten Beschluss, dass die Ukraine ein Mitglied des Bündisses wird“[11]siehe unter Nr. 69 des vollständig dokumentierten Beschlusses des Nordatlantikrates vom 14. Juni 2021: … Continue reading. Klaus von Dohnanyi kommentiert diesen Beschluss so: „Warum musste das sein? Liest der NATO-Generalsekretär …die Berichte der Botschafter aus Moskau über die möglichen Folgen einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine …? … es hätte diesmal genügt, hinsichtlich der Ukraine nur auf den Status quo zu verweisen. Jetzt ist die NATO beunruhigt über russische Truppenansammlungen an der Ostgenze der Ukraine …“[12]zitiert nach Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München S. 104.

Scholz weicht nicht substantiell von diesem Beschluss ab, wenn er am 15. Februar 2022 in der Pressekonferenz gegenüber Präsident Putin nur erklärt: „Die steht nicht auf der Tagesordnung und jeder weiß es ganz genau: Das ist kein Thema, das uns wahrscheinlich in unseren Ämtern begegnen wird“. Ein Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO ist das nicht.

Die NATO kann eine neues Mitglied nur mit der Zustimmung aller NATO-Mitglieder aufnehmen. Deutschland verweigerte für viele Jahre eine Zustimmung zur Aufnahme der Ukraine in die NATO. Doch die „Politik der offenen Tür“, auch gegenüber der Ukraine, wollte die Bundesregierung auch nie ausschließen. Ausführlich dazu auch: „Was will Russland, was will die NATO?“, wo der Vertragsentwurf Russlands und die Antwort der NATO detailliert dargestellt und kommentiert wird.

Warnende Stimmen

Noam Chomsky zählt am 23. März 2022 in einem Interview, das in pressenza widergegeben ist, warnende Stimmen auf, die vor den gefährlichen Konsequenzen einer Aufnahme der Ukraine in die NATO warnen:

“ … Zum Beispiel: „Da Putins Hauptforderung die Zusicherung ist, dass die NATO keine weiteren Mitglieder aufnehmen wird, insbesondere nicht die Ukraine oder Georgien, hätte es offensichtlich keine Grundlage für die gegenwärtige Krise gegeben, wenn es nach dem Ende des Kalten Krieges keine Erweiterung des Bündnisses gegeben hätte, oder wenn die Erweiterung im Einklang mit dem Aufbau einer Sicherheitsstruktur in Europa erfolgt wäre, die Russland einschließt.“ Der Autor dieser Worte ist der ehemalige US-Botschafter in Russland, Jack Matlock, einer der wenigen ernsthaften Russland-Spezialisten im diplomatischen Corps der USA, der kurz vor der Invasion schrieb. Er kommt zu dem Schluss, dass die Krise „mit gesundem Menschenverstand leicht gelöst werden kann… Nach den Maßstäben des gesunden Menschenverstands liegt es im Interesse der Vereinigten Staaten, den Frieden zu fördern, nicht den Konflikt. Der Versuch, die Ukraine vom russischen Einfluss abzukoppeln – das erklärte Ziel derjenigen, welche die „Farbrevolutionen“ angezettelt haben – war ein törichter und gefährlicher Versuch. Haben wir die Lektion der kubanischen Raketenkrise so schnell vergessen?

Matlock ist nicht allein. Die Memoiren des CIA-Chefs William Burns, eines weiteren der wenigen echten Russland-Spezialisten, kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen über die zugrunde liegenden Probleme. Die noch schärfere Position von George Kennan ist mit Verspätung weithin zitiert worden, und auch der ehemalige Verteidigungsminister William Perry und außerhalb der diplomatischen Reihen der bekannte Gelehrte für internationale Beziehungen, John Mearsheimer, sowie zahlreiche andere Persönlichkeiten, die kaum mehr Mainstream kaum sein könnten, unterstützen sie.

Nichts davon ist verborgen. Aus internen US-Dokumenten, die von WikiLeaks veröffentlicht wurden, geht hervor, dass das rücksichtslose Angebot von Bush II an die Ukraine, der NATO beizutreten, sofort scharfe Warnungen Russlands auslöste, dass die wachsende militärische Bedrohung nicht toleriert werden könne. Verständlicherweise“.

Die Warnung von George Kennan in der New York Times 1997 hier lesen

Klaus von Dohnanyi zitiert in seinem Buch „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ frühe Warnungen von Michael McFaul[13]„Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“, München, 2022, 3. Auflage S. 67, Robert Hunter[14]a.a.O. S. 66 und Burns[15]a.a.O. S. 66 sowie später wieder Burns[16]a.a.O. S. 1099, Kennan[17]a.a.O. S. S. 109 und Brzezinski[18]a.a.O. S. 103, 105.

Eine weitere Zusammenstellung von warnenden Stimmen hier lesen.

„Das Messer am Hals“

Wir haben schon darauf hingewiesen, dass Putin ballistische Raketen aus dem Raum Charkow mit einer Flugzeit bis Moskau von 7 bis 8 Minuten und Hyperschall-Raketen mit einer Flugzeit von 4 bis 5 Minuten als „Messer am Hals“ beschrieb.

Dazu Lühr Henken[19]https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Henken:

„Die USA lassen Hyperschallraketen für Armee, Luftwaffe und Marine entwickeln[20]Congressional Research Service, The U.S. Army’s Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), 8.12.2021, 3 Seiten, https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11991. Das Programm hat „höchste Priorität“[21]The Military Balance 2022, S.31 für das Pentagon. Für Deutschland und Europa steht ein Déja-vù ins Haus. Die Eckdaten der Hyperschallrakete „Dark Eagle“ von Lockheed-Martin, dem einstigen Hersteller der Pershing 2, sind klar: Reichweite mehr als 2.775 km, auf LKW landbeweglich und in Flugzeugen transportierbar, Stationierung ab 2023. Sie sollen nicht-nuklear bewaffnet werden.

Hyperschallraketen sind mindestens fünfmal schneller als der Schall. „Dark Eagle“ hat die 12fache Schallgeschwindigkeit. Dass sie in Europa stationiert werden sollen, ist klar[22]NDR Info, Streitkräfte und Strategien, 12.3.2022, Manuskript, 18 Seiten, S. 14 f, https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/sendemanuskriptstreitkraefte160.pdf, wo sie in Europa stationiert werden sollen, ist nicht bekannt. Von wo sie kommandiert werden sollen, jedoch schon. Von Wiesbaden aus, beim Europa- Hauptquartier der US-Armee. Dort ist seit November eine 500 Mann starke „Multi-Domain-Taskforce“ (MDTF) eingezogen, dessen 56. Artilleriekommando exakt jenes ist, welches bis 1991 für die Pershing 2 zuständig war. Die dem Kommando untergeordnete 41. Feldartilleriebrigade im bayrischen Grafenwöhr stellt damals wie heute die Kanoniere. Deshalb liegt es nahe, dass die „Dark Eagle“ in Grafenwöhr stationiert werden. Moskau liegt 2.000 km von Grafenwöhr entfernt. Die Flugzeit der „Dark Eagle“ von dort beträgt 10 Minuten. Was für Ziele gibt es in über 2.000 Kilometern Entfernung, die unbedingt binnen weniger Minuten zerstört werden müssen? Reicht dafür nicht ein Tomahawk-Marschflugkörper?

Zu dieser Frage erklärte das US-Heer im September 2021, die Raketen „Dark Eagle“ würden „eine einzigartige Kombination von Geschwindigkeit, Manövrierfähigkeit und Flughöhe liefern, um zeitkritische, stark verteidigte und hochwertige Ziele zu besiegen“[23]Dave Makichuk, Mach 5 Monster: Germany to Get Dark Eagle Missiles, Asia Times, 14.11.2021, https://asiatimes.com/2021/11/death-at-mach-5-germany-to-get-lethal-dark-eagle-missile/.

Gehen wir die einzelnen Parameter kurz durch: Zur Geschwindigkeit:

  • 12 fache Schallgeschwindigkeit zu Unterschall bei Tomahawk.
  • Zur Manöverfähigkeit: Im Unterschied zu ballistischen Raketen, die eine berechenbare Flugparabel beschreiben, ist „Dark Eagle“ lenkbar, so dass ein Abfangen unmöglich ist. Jedenfalls bisher. Das von der Hyperschallrakete gelöste Gleitvehikel schlägt samt konventionellem Sprengstoff mit Hyperschallgeschwindigkeit präzise ein. Volltreffer in ein Haus.
  • Zeitkritisch bedeutet, es zielt nicht auf unbewegliche Ziele wie zum Beispiel militärische Infrastruktur, sondern auf bewegliche Ziele, die ihren Standort ändern. Stark verteidigt meint, durch Raketenabwehr verteidigt, und Hochwertziel meint, politische oder militärische Führungspersonen. Wegen des Kriteriums zeitkritisch, kommen Tomahawk nicht in Frage. Sie wären 2 Stunden unterwegs und von russischer Raketenabwehr zerstörbar. Hyperschallraketen benötigen von Grafenwöhr aus nach Moskau 10 Minuten, von der Nord-Ukraine nur 5 Minuten. Sie sind Überraschungswaffen, also Erstschlagwaffen, die die politische Führung Russlands töten sollen.“

Dark Eagle „ist eine Hightech-Waffe. Ein Schuss kostet mehr als 40 Millionen Dollar[24]4 Col. Mark Gunzinger, USAF (Ret.), Lukas Autenreid, Bryan Clark, Cost-Effective Long-Range Strike, 30.6.2021, https://www.airforcemag.com/article/cost-effective-long-range-strike/.

Lühr Henken: „Um diese Gefahr, die von ukrainischem Boden ausgeht, auszuschließen, hat Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen“.

2022: Krieg

Klaus Dohnanyi in einem Interview mit dem NDR am 22. April 2022: „Was ich so traurig und bedrückend finde, ist, dass es man hat sehen können und dass es man nicht verhindert hat“. Die von Klaus von Dohnanyi beschriebene Verweigerungshaltung Bidens geht auch aus einer Pressemitteilungen über ein telefonisches Gespräch zwischen Biden und Putin am 31. Dezember 2021 hervor. Hier ein Ausschnitt aus dem Interview mit Klaus von Dohnanyi:

Das vollständige Interview mit Klaus von Dohnanyi kann hier gehört werden.

Im Dezember 2021 veröffentlichten ehemalige deutsche Generale und Diplomaten einen Aufruf „Raus aus der Eskalationsspirale“.

Am 11. Februar 2022 veröffentlichte die IALANA zusammen mit der IPPNW einen Appell an die Bundesregierung „Diplomatie statt Kriegsvorbereitung

Am 19. Februar 2022 sagte Selenskij auf der Münchener Sicherheitskonferenz: „Ich initiiere Konsultationen im Rahmen des Budapester Memorandums. Der Außenminister wurde beauftragt, sie einzuberufen. Wenn sie nicht wieder stattfinden oder zu keinen konkreten Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit unseres Staates führen, wird die Ukraine mit Recht glauben, dass das Budapester Memorandum nicht funktioniert und alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden“. In diesem Budapester Memorandum verpflichteten sich am 5. Dezember 1994 Russland, die USA und England gegenüber Kasachstan, Belarus und der Ukraine, die nach der Auflösung der Sowjetunion alle im Besitz von Nuklearwaffen waren, die Souveränität und die Grenzen dieser Länder als Gegenleistung zu einem Nuklearverzicht zu achten. Wenn die Ukraine glaubt, dass „alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden“, betrachtet sie sich nicht mehr an den in diesem Memorandum festgelegten Nuklearverzicht gebunden.

Am 24. Februar 2022 begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. Der Krieg in der Ukraine hatte schon 2014 begonnen – niemand hatte die über 10.000 Toten in diesem Krieg beachtet.

Zur Politik der USA

In einem Interview mit der “Welt” am 1. April 2022 warnte der US-amerikanische Ökonom Jeffrey Sachs:

“Die USA lieben die Eskalation von Konflikten. Ich beobachte sehr genau, welche Vorschläge und Botschaften aus den USA kommen. Die US-Regierung will die Gelegenheit nutzen und Russland in die Knie zwingen. Aber Europa sollte sich darauf nicht einlassen. Künftige Generationen in Europa müssen mit Russland als Nachbar leben. Biden hat in der Tat gesagt, dass wir uns für einen langen Konflikt wappnen sollen. Das ist eine schreckliche Idee. Ein langjähriger Kampf; da spricht ein alter amerikanischer Mann mit Erinnerungen aus dem Kalten Krieg. Da spricht kein Mann der Zukunft. Die Welt sollte sich nicht auf einen langen Kampf vorbereiten. Sie sollte darauf hinarbeiten, den Krieg mit Verhandlungen zu stoppen. Das ist eher möglich, als die US-Regierung glaubt. Die EU sollte vorrangig auf eine Verhandlungslösung setzen und zusammen mit der Ukraine Vorschläge für eine Einigung machen”.

Auf den Vorhalt:Das klingt, als würden Sie der USA Kriegstreiberei vorwerfen”, antwortet Jeffrey Sachs: “Die USA betreiben Expansionspolitik. Das ist der Geist in Washington. Der USA geht es um die Vorherrschaft in der Welt”.

Frühjahr 2022: Wer ließ den Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine scheitern?

Am 10. November 2023 veröffentlichten Hajo Funke und Harald Kujath einen Beitrag unter dem Titel „Wie ein früher Friedensvertrag im Ukrainekrieg scheiterte“ und einen Tag später einen weiteren Beitrag unter dem Titel „Wie der Westen auf Diplomatie setzte – und dann die Ukraine in den Krieg führte„. Diese beiden Beiträge beschreiben und belegen detailliert, dass Russland und die Ukraine wenige Wochen nach Beginn des Krieges Verhandlungen über einen Vertrag zur Beendigung des Krieges führten. Diese Verhandlungen waren weit gediehen und wurden auf Drängen von NATO-Staaten unter Führung der USA abgebrochen. Diese Staaten, die das Scheitern der Verhandlungen betrieben haben, sind also in einem erheblichen Ausmaß dafür verantwortlich, dass dieser Krieg bis heute andauert und endlos viele Tote auf Seiten der Ukraine und Russlands gekostet hat. Die NATO-Staaten unter der Fühung der USA wollten diesen Krieg nicht beenden.

Am 7. September 2023 hielt der Generalsekretär der NATO, Stoltenberg, vor Ausschüssen des Europäischen Parlaments[25]genauer: auf einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments eine Rede[26]Ausschnitte aus der Rede hier lesen; die Rede wurde am 7. September 2023 auf der website der NATO veröffentlicht und ist dort vollständig nachzulesen, in der er unter anderem erklärte:

“Zum Schluss noch ein Wort zu Schweden. Zunächst einmal ist es historisch, dass Finnland jetzt Mitglied des Bündnisses ist. Und wir müssen uns an den Hintergrund erinnern. Der Hintergrund war, dass Präsident Putin im Herbst 2021 erklärte und sogar einen Vertragsentwurf schickte, den die NATO unterzeichnen sollte, um zu versprechen, dass die NATO nicht mehr erweitert wird. Das war es, was er uns geschickt hat. Und das war eine Vorbedingung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Natürlich haben wir das nicht unterschrieben.

Das Gegenteil war der Fall. Er wollte, dass wir das Versprechen unterschreiben, die NATO niemals zu erweitern. …

Also zog er in den Krieg, um die NATO, mehr NATO, an seinen Grenzen zu verhindern. Er hat genau das Gegenteil erreicht.”[1]

Damit bestätigte Stoltenberg, was wir in diesem Beitrag von Beginn des Krieges an vorgetragen haben: Die Ursache dieses Krieges ist die seit Jahren betriebene Osterweiterung der NATO. Der drohende Beitritt der Ukraine zur NATO war schließlich der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Sehr instruktiv kommentiert Jeffrey D. Sachs diese Rede Stoltenberg.

10. Juli 2024: Kriegsschauplatz Deutschland

Am Rande des NATO-Gipfels veröffentlichten Deutschland und die USA am 10. Juli 2024 folgende Stellungnahme:

“Gemeinsame Erklärung der Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland zur Stationierung weitreichender Waffensysteme in Deutschland.

Die Vereinigten Staaten von Amerika werden, beginnend 2026, als Teil der Planung zu deren künftiger dauerhafter Stationierung, zeitweilig weitreichende Waffensysteme ihrer Multi-Domain Task Force in Deutschland stationieren.

Diese konventionellen Einheiten werden bei voller Entwicklung SM-6, Tomahawks und derzeit in Entwicklung befindliche hypersonische Waffen umfassen. Diese werden über deutlich größere Reichweite als die derzeitigen landgestützten Systeme in Europa verfügen.
Die Beübung dieser fortgeschrittenen Fähigkeiten verdeutlicht die Verpflichtung der Vereinigten Staaten von Amerika zur NATO sowie ihren Beitrag zur integrierten europäischen Abschreckung.”

Bei den „hypersonischen Waffen“ handelt es sich um die Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW) „Dark Eagle“ mit „einer Reichweite von 2.750 km und der fünffachen Schallgeschwindigkeit“[27]Junge Welt vom 12. Juli 2024; siehe https://www.jungewelt.de/artikel/479233.neue-us-waffen-in-deutschland-zur%C3%BCck-im-kalten-krieg.html; abgerufen am 12.07.2025 um 08:07 Uhr

Weiterlesen


Doomsday Clock

Auf der Weltuntergangsuhr (auch: “Atomkriegsuhr“, “Doomsday Clock” oder “Uhr des Jüngsten Gerichts“) stehen die Zeiger seit dem 24. Januar 2023 auf 90 Sekunden vor Zwölf. So nah stand die Menschheit nach Ansicht der verantwortlichen Wissenschaftler noch nie vor ihrem Untergang.
Seit 2020 stand die Weltuntergangsuhr auf 100 Sekunden vor 12. Mit dem neuerlichen Fortschreiten um 10 Sekunden bringt das Bulletin Board der Atomwissenschaftler die prekäre Lage der Weltbevölkerung zum Ausdruck, die vor allem mit dem Ukrainekrieg, aber auch mit der sich zuspitzenden Klimakrise begründet wurde.

References

References
1 zitiert nach Lühr Henken „Der Ukraine Krieg – immnense Herausforderung für die Friedensbewegung, Vortrag gehalten am 5. April 2022, https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Henken
2 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“, 3. Auflage 2022 München S. 66 f.
3 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München s. 67
4 Zu dem Thema ein Interview mit Horst Teltschik
5 Artikel 5 Absatz 3 Satz 3 des 2+4-Vertrages
6 Michael McFaul „From Cold War to hot Peace. An Amercan Ambassador in Putins’s Russia“, London 2018 S. 48
7 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München s. 67 ff.
8 Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München s. 105
9 Artikel 6 des russischen Vertragsentwurfs: „Alle Mitgliedstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation verpflichten sich, von jeder weiteren Erweiterung der NATO, einschließlich des Beitritts der Ukraine sowie anderer Staaten, Abstand zu nehmen
10 Aus der Antwort der NATO auf den russischen Vertragsentwurf: „8.2 Alle Staaten respektieren das Recht anderer Staaten, Sicherheitsvereinbarungen zu wählen oder zu ändern, und ihre eigene Zukunft und Außenpolitik frei von Einmischung von außen zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund bekräftigen wir unsere Verpflichtung für die NATO-Politik der Offenen Tür gemäß Artikel 10 des Washingtoner Vertrages“
11 siehe unter Nr. 69 des vollständig dokumentierten Beschlusses des Nordatlantikrates vom 14. Juni 2021: https://nato.diplo.de/blob/2467084/2ced1f1d1ea0edd979dabd815bcfca3e/20210614-gipfelerklaerung-data.pdf
12 zitiert nach Klaus von Dohnanyi „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“ 3. Auflage 2022 München S. 104
13 „Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche“, München, 2022, 3. Auflage S. 67
14, 15 a.a.O. S. 66
16 a.a.O. S. 1099
17 a.a.O. S. S. 109
18 a.a.O. S. 103, 105
19 https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Henken
20 Congressional Research Service, The U.S. Army’s Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), 8.12.2021, 3 Seiten, https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11991
21 The Military Balance 2022, S.31
22 NDR Info, Streitkräfte und Strategien, 12.3.2022, Manuskript, 18 Seiten, S. 14 f, https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/sendemanuskriptstreitkraefte160.pdf
23 Dave Makichuk, Mach 5 Monster: Germany to Get Dark Eagle Missiles, Asia Times, 14.11.2021, https://asiatimes.com/2021/11/death-at-mach-5-germany-to-get-lethal-dark-eagle-missile/
24 4 Col. Mark Gunzinger, USAF (Ret.), Lukas Autenreid, Bryan Clark, Cost-Effective Long-Range Strike, 30.6.2021, https://www.airforcemag.com/article/cost-effective-long-range-strike/
25 genauer: auf einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments
26 Ausschnitte aus der Rede hier lesen; die Rede wurde am 7. September 2023 auf der website der NATO veröffentlicht und ist dort vollständig nachzulesen
27 Junge Welt vom 12. Juli 2024; siehe https://www.jungewelt.de/artikel/479233.neue-us-waffen-in-deutschland-zur%C3%BCck-im-kalten-krieg.html; abgerufen am 12.07.2025 um 08:07 Uhr