Gorillas: Streit um das Streikrecht

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Beschäftigten des Lieferdienstes Gorillas wurde gekündigt, weil sie an einem Streik teilgenommen hatten, zu dem die Gewerkschaft nicht aufgerufen hatte. Knapp 20 Beschäftigte klagten gegen ihre Kündigung. Drei von Ihnen streiten bis heute gegen ihre Kündigungen und damit für ein besseres Streikrecht für Alle. Dieser Rechtsstreit wirft grundlegende Fragen zum deutschen Streikrecht auf.

Inhaltsverzeichnis


Aktueller Stand und grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits von Dyugu, Fernando und Ronnie gegen die Getir Germany GmbH (Gorillas)

16. Mai 2024. Duygu, Fernando und Ronnie waren Rider beim Lieferdienst Gorillas. Ihnen wurde gekündigt, weil sie gestreikt haben. Jetzt kämpfen die drei Unerschrockenen mit finanzieller Unterstützung der Roten Hilfe vor den Gerichten für ein besseres Streikrecht. Gorillas wurde inzwischen vom Lieferdienst Getir aufgekauft. Daher wird der Prozess der drei gegen die Getir Germany GmbH weitergeführt.

Selbst wenn sich die Getir Germany GmbH aus Deutschland, wie angekündig, zurückzieht, muss das nicht ein Ende der Verfasssungsbeschwerde bedeuten. Denn diese Beschwerde ist von grundsätzlicher Bedeutung. In solchen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht auch dann entscheiden, wenn der Prozessgegener – hier die Getir Germany GmbH – nicht mehr existiert, das heißt im vorliegenden Fall, die Getir Germany GmbH aus dem Handelsregister gelöscht wird.

Zur Zeit liegt der Rechtsstreit beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Verfassungsgericht berücksichtige in Urteilen und Beschlüssen »generell sämtliche entscheidungsrelevanten Umstände des jeweiligen Falles«, antwortete die Kammer, nach der Bedeutung der Beschwerde gefragt. Diese befinde sich »in Bearbeitung«.” – berichtet die Junge Welt vom 16. Mai 2024, die beim Bundesverfassungsfgericht nachgefragt hatte.

Die Begründung, dass es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung handelt, kann in einem Satz zusammengefasst werden: Das Streikrecht steht insgesamt auf dem Prüfstand.

Im Einzelnen:

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27. April 2024: Präsidentin des Bundesarbeitsgericht zum Streikerecht

27. April 2024: In einem Interview im Neuen Deutschland nimmt die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, zum Streikrecht Stellung. Bemerkenswert ist, dass die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich darauf hinweist, dass das Bundesarbeitsgericht “in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2002 und 2007 mit Blick auf völker- und menschenrechtliche Garantien zweimal die Frage des Verbots politischer Streiks mit Bezügen zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen berührt.” Die Präsidentin des Bundesarbeitsgericht fährt dann fort: “Über die Frage wurde aber nicht tragend entschieden.”

Im Rechtsstreit der Gorillas – Beschäftigten geht es nicht unmittelbar um den politischen Streik. Allerdings beruht das angebliche Verbot des verbandsfreien Streiks und des politischen Streiks auf derselben argumentativen Grundlage: Der Arbeitskampf sei ausschließlich Hilfsinstrument zur Durchsetzung von Tarifverträgen. Der Rechtsstreit der Gorillas – Beschäftigten Beschäftigten liegt inzwischen beim Bundesverfassungsgericht.

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Duygu Kaya am 9. November 2023 zu Streik und Streikrecht

Duygu Kaya war an einem verbandsfreien Streik beim Lieferdienst Gorillas beteiligt und wurde deswegen gekündigt. Am 9. November 2023 hielt sie eine Rede zu diesem Thema auf einer Veranstaltung, die in jedem Jahr zum Jahrestag der Novemberrevolution von der Koordination “9. November 1918 – die unvollendete Revolution” durchgeführt wird. Die Rede kann man sich hier ansehen und anhören.

Hier die Rede in vollem Wortlaut


Vor dem Gorillas – Prozess in der 1. Instanz

Zum Ergebnis der Verhandlungen vor dem LAG Berlin-Brandenburg

Die Anwälte der Kläger der drei ehemaligen Gorillas-Beschäftigten, denen gekündigt wurde, weil sie an einem verbandsfreien Streik teilgenommen haben, teilen mit:

Offensichtlich hat sich das Landesarbeitsgericht entschieden, die gegen den Wortlaut des Grundgesetzes gerichtete, völkerrechtswidrige und historisch auf dem Erbe der dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte beruhende Streikrechtsprechung weiter zuführen. Diese Urteile, die die Wirksamkeit der Kündigungen feststellen, werden der Bedeutung dieses Freiheitsrechts in keiner Weise gerecht.

Dass die rechtliche Überprüfung beim Bundesarbeitsgericht (Revision) nicht zugelassen wurde, ist nicht nachvollziehbar. Wir werden die Begründung abwarten und dann Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen.


Zur Verhandlung vor dem LAG Berlin-Brandenburg: Das Streikrecht von seinen Beschränkungen befreien!

Am Dienstag, den 25. April 2023 um 11:00 Uhr wurden vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg drei Kündigungen verhandelt, die der Lieferdienst Gorillas wegen Teilnahme an einem verbandsfreien Streik ausgesprochen hat. Wir haben in dieser Instanz verloren. Wir werden aber weiter machen. Das Streikrecht muss von seinen schlimmen Prägungen aus der Zeit des Faschismus befreit werden. Um was geht es im Einzelnen? Dazu nehmen wir im Folgenden Stellung.

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Um was geht es im Gorillas – Prozess?

Die Beschäftigten aus der Politik herauszuhalten – das war das Ziel, das der Jurist Nipperdey 1953 in einem Gutachten verfolgte – im Auftrag der Unternehmerverbände (BDA). Es ging um einen politischen Streik ein Jahr zuvor, den Zeitungsstreik. Dagegen hatten die Unternehmerverbände geklagt. Der Jurist Abendroth hatte im Auftrag der Gewerkschaften dagegen gehalten. Die Landesarbeitsgerichte folgten Nipperdey.

Seitdem ist der Streik Hilfsinstrument in Tarifverhandlungen und sonst nichts.

Genau dagegen richtet sich der Prozess der Gorillas-Beschäftigten.

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Termin Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Das Landesarbeitsgericht hat zur den Termin für die mündliche Verhandlung festgelegt

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Anwaltsvereine solidarisch mit gekündigten Gorillas Beschäftigten

Die Anwaltsvereinigung RAV und VDJ haben sich solidarisch mit den gekündigten Gorillas-Beschäftigten erklärt und setzen sich gemeinsam für ein umfassendes Streikrecht ein.

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Arbeitsgericht für verbandsfreien Streik – ein erster Erfolg!

Herzlichen Glückwunsch an den Kollegen RA Bechert! weiterlesen hier


Rede: Gorillas-Beschäftigte und Kampf ums Streikrecht

Hier eine Rede von RA Benedikt Hopmann zum Thema auf einer Demonstration von Gorillas-Beschäftigten am 26. November 2021.


Recht auf verbandsfreien Streik (z.B. Gorillas)

2. August 2021. Am Freitag, den 30. Juli, lud die Aktion ./. Arbeitsunrecht zu einer Veranstaltung  mit dem Thema “Mythos ‘wilder’ Streik und Illegalität” in den Nachbarschaftsladen Kommune65 in Berlin ein. RA Benedikt Hopmann hielt einen Vortrag zu diesem Thema. Etwas gekürzt ist  der Vortrag am 3. August auf der Themenseite der Zeitung “Junge Welt” unter dem Titel “Scharfe Waffe” nachzulesen. Hier zunächst der Vortrag als Video, dann der Vortrag als Text (mit Fußnoten).

Der Vortrag kann über eine Sendung des freien Radios LORA hier angehört werden:

Der Vortrag als Text: weiterlesen hier

Kompletter Vortrag mit Diskussion als Video: Weiterhören hier


Duygu Kaya zu den Arbeitsbedingungen der Gorillas-Beschäftigten

Duygu Kaya wollte während der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht zu den Arbeitsbedingungen der Gorillas-Beschäftigten Stellung nehmen. Hier die Erklärung, die die Klägerin Duygu Kaya während der Verhandlung nicht vortragen konnte, weil der Richter dies unterband.

Duygu Kayya hat auch in einem Gespräch mit der Jungen Welt vom 30.April / 1. Mai 2022 zu den Arbeitsbedingungen der Gorillas Beschäftigten und zur Bedeutung verbandsfreier Streiks unter der Überschrift „So wirkt die Ausbeutung ‚fair‘ “ Stellung genommen.


Solidarität mit den Gekündigten – Für ein besseres Streikrecht für alle!

Verschiedene Gruppen rufen zur Solidarität mit den Gorilla Workers in ihrem Rechtsstreit für ein besseres Streikrecht auf. Ihnen wurde wegen ihrer Teilnahme an einem verbandsfreien Streik gekündigt. Es geht in diesem Rechtsstreit nicht nur darum, ob Gorillas in diesen drei konkreten Fällen wegen der Teilnahme an einem verbandsfreien Streik kündigen durfte, sondern zugleich um die Rechtsmäßigkeit solcher Streiks überhaupt. Es geht um ein besseres Streikrecht für alle.

Der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht (1. Instanz)

Für alle drei Beschäftigten, die RA B. Hopmann vertritt, setzte der zuständige Richter denselben Termin für die zweite mündliche Verhandlung (sogenannter Kammertermin) an:

6. April 2021 um 12 Uhr Raum 513

Ort: Arbeitsgericht Berlin, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin

===> Der Kammertermin ist der Termin, an dem – nach mündlicher Verhandlung – das Gericht in der Regel entscheidet.

===> Es sind die COVID 19 Beschränkungen zu beachten

Hier eine Ankündigung des Verhandlungstermins für die Presse.

Hier Bilder zur Kundgebung vor dem Arbeitsgericht

Hier eine Erklärung, die die Klägerin Duygu Kaya während der Verhandlung nicht vortragen konnte, weil der Richter dies unterband.

Hier eine Presseerklärung des Arbeitsgericht über seine Entscheidung und eine Pressemitteilung des Anwalts Benedikt Hopmann

Hier zu den Berichten in der Presse über den Prozess.

Alle drei, die der Anwalt vertritt, wollen Berufung einlegen. Der Rechtsstreit wird also vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (2. Instanz) weitergehen.