Der Ukraine-Krieg und unsere Verpflichtung zum Frieden

Das Magazin für Wirtschaftspolitik Makroskop veröffentlich am 18. 02. 2023 den folgenden Beitrag von Michael von der Schulenburg.

Wenn heute wieder damit argumentiert wird, dass ein Frieden nur durch Waffengewalt errungen werden kann, ist das ein Rückfall in die kriegerischen Zeiten vor der UN-Charta.

Der Krieg in der Ukraine geht nun in ein zweites Jahr – ohne, dass auch nur der Versuch einer diplomatischen Lösung unternommen wird. Anstelle von Friedensgesprächen haben sich die Kriegs- und Konfliktparteien weiter in einer gefährlichen militärischen Eskalationsspirale unter Einsatz immer schwererer Waffensysteme verfangen. Als wären wir noch den Denkmustern der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts verhaftet, sollen nun militärische Großoffensiven die Lösung bringen.

Das wird die Ukraine nur weiter zerstören. Aber eine noch gefährlichere Konsequenz ist, dass am Ausgang solcher Offensiven das Prestige der zwei größten Nuklearmächte der Welt – USA und Russland – hängt. Damit steigt das Risiko einer direkten Konfrontation zwischen diesen Nuklearmächten, die über etwa 90% aller Atomwaffen der Welt verfügen.

Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wäre dies das dritte Mal, dass ein Krieg auf europäischem Boden zu einem Weltkrieg eskaliert – nur dieses Mal mit potenziell erheblich verheerenderen Konsequenzen. Schon jetzt leidet die überwiegende Mehrheit der am Krieg unbeteiligten Weltbevölkerung an den wirtschaftlichen Folgen dieses Krieges; ein Nuklearkrieg könnte alles Leben auf
der Welt auslöschen – ohne Unterschied, ob einer Kiegspartei angehörend oder nicht. Es ist also eine Kriegssituation entstanden, die unsere Vorfahren durch die UN-Charta hatten verhindern wollen.

In der Präambel der UN-Charta heißt es: „die Völker der Vereinten Nationen (sind) fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat.“

Leider scheint dieser Appell der UN-Charta heute vergessen. Das liegt vor allem daran, dass die eigentlichen Schutzmächte (und UN-Gründungsmitglieder) der UN-Charta, die USA, Großbritannien, Frankreich und nun auch Russland, die Prinzipien der UN-Charta kontinuierlich erodiert, ja, sie wiederholt gänzlich ignoriert haben. Das ist ihnen als permanente Mitglieder des UN-Sicherheitsrates
mit Vetorecht möglich. Im Krieg in der Ukraine sind nun diese vier Schutz- und Vetomächte zu Konfliktparteien geworden. Damit tragen sie gegenüber der Menschheit die vorrangige Verantwortung für diesen Krieg.

Die UN-Charta ist vorranging ein Friedensgebot und erst dann ein Kriegsverbot

Ein im Westen ständig wiederholter Vorwurf ist, dass Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine völkerrechtswidrig ist und die Ukraine damit nicht nur das Recht hat, sich zu verteidigen, sondern auch, andere Staaten bei der Verteidigung um Hilfe zu bitten. Das ist unbestreitbar, da diese Aussage auf der UN-Charta beruht. Aber gibt die UN-Charta damit dem Westen auch das Recht, diesen Krieg beliebig fortzusetzen, einen militärischen Sieg über Russland anzustreben und aus diesen Gründen alle Friedensbemühungen zu verweigern?

Sicherlich nicht! Denn im Kern ist die UN-Charta eine gegenseitige Verpflichtung aller Mitgliedsländer, Konflikte friedlich zu lösen; nur darauf beruht der allgemeine Bann der Anwendung militärischer Gewalt zu politischen Zielen – und nicht umgekehrt. Die UN-Charta ist eben kein globales Waffenstillstandsabkommen, sondern eine Aufforderung an alle Mitgliedsländer, durch friedliche Mittel einen weltumspannenden Frieden zu garantieren. Die Charta ist zuerst ein Friedensgebot und erst dann ein Kriegsverbot! Es ist dieser Aspekt des Friedensgebotes, der mit einer militärischen Logik bricht, die in der Vergangenheit zu so vielen Kriegen gerade in Europa geführt hatte. Wenn heute wieder damit argumentiert wird, dass ein Frieden nur durch Waffengewalt – also durch Krieg – errungen werden kann, ist das ein Rückfall in die kriegerischen Zeiten vor der UN-Charta.

In der UN-Charta heißt es dann auch, dass die Hauptaufgabe darin besteht,

„den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu
bereinigen oder beizulegen.

Und dann noch deutlicher:

„Alle Mitglieder legen ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei, dass der Weltfriede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden.“

Die Verpflichtung zur friedlichen Lösung von Konflikten besteht nicht nur, um Kriegen vorzubeugen, sondern auch, um diese zu beenden. So ruft die Resolution der UN-Generalversammlung vom 2. März 2022, in der die militärische Intervention Russlands scharf verurteilt wurde, nicht nur Russland und die Ukraine, sondern alle beteiligten Staaten zu einer friedlichen Lösung des Ukrainekrieges auf:

„Die Generalversammlung fordert nachdrücklich die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel.“

In vielem ist die UN-Charta der heutigen schwarz-weiß Sichtweise einer Welt zwischen Gut und Böse oder gar zwischen angeblich demokratischen und autoritären Staaten weit überlegen. So kennt die UN-Charta keine Begriffe wie „Angriffskrieg“, „Präventionskrieg“, „Anti-Terrorkrieg“ oder gar „humanitärer Krieg“. Sie unterscheidet nicht zwischen den jeweiligen politischen Systemen der Mitgliedsländer und auch nicht zwischen berechtigten und unberechtigten Streitpunkten der Konfliktparteien. Die UN-Charta geht davon aus, dass es zu jedem Konflikt immer zwei Seiten gibt, die durch friedliche Mittel auszugleichen sind. Übertragen auf den Ukrainekrieg wären die Sicherheitsinteressen Russlands und die der Ukraine gleichberechtigt und hätten durch Verhandlungen
gelöst werden müssen.

Die schwere Mitschuld des Westens am Ukrainekrieg

Der Ernst des sich aufschaukelnden Konfliktes über die Ausweitung der NATO an die Grenzen Russlands, die nun zum Krieg geführt hat, war allen Beteiligten mindestens seit 1994 klar. Russland hat wiederholt davor gewarnt, dass mit den Aufnahmen der Ukraine und Georgiens in die NATO seine elementaren Sicherheitsinteressen verletzt und damit eine rote Linie überschritten würde.

Damit handelt es sich um einen klassischen Konflikt, wie er oft vorkommt.

Der UN-Charta entsprechend hätte dieser Konflikt diplomatisch gelöst werden müssen – und wohl auch können. Das ist aber nicht geschehen, weder um einen Krieg zu verhindern noch um einen friedlichen Ausgang des einmal begonnen Krieges zu erreichen. Auch darin besteht ein Bruch der UN-Charta. Dennoch wurde der NATO-Beitritt der Ukraine vor allem seitens der USA systematisch weiterverfolgt und Russlands Bedenken einfach übergangen. Das verlief nicht ohne Provokationen. Dabei schreckte der Westen nicht einmal davor zurück, im Jahr 2014 den gewaltsamen Umsturz eines rechtmäßig gewählten (OSZE) Präsidenten zu unterstützen, um so eine für einen NATO-Beitritt genehme Regierung in der Ukraine einzusetzen. Nach Angaben von Victoria Nuland, heute stellvertretende Außenministerin der USA, hatte die USA diesen Umsturz mit 5 Milliarden Dollar finanziert; in Wirklichkeit aber dürfte es ein noch wesentlich höherer Betrag gewesen sein. Auch dies war eine grobe Verletzung der Souveränität eines UN-Mitglieds und damit ein Bruch der UN-Charta.

Nach den kürzlich gemachten Aussagen von Angela Merkel und Francois Holland zu den Minsk I- und Minsk II-Abkommen stellt sich auch die Frage, ob diese seitens des Westens überhaupt in ‚good faith‘ verhandelt wurden oder nur dem Ziel dienten, Zeit für die militärische Aufrüstung der Ukraine zu schaffen. Da diese Abkommen durch den Beschluss des UN-Sicherheitsrates rechtsbindend
wurden, wäre das eine schockierende Travestie jeden internationalen Rechtes.

Als im Dezember 2021 Russland auf die NATO-Entscheidung, den Beitritt der Ukraine weiter voranzutreiben, mit einer Drohgebärde antwortete und Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammenzog, machte es gleichzeitig einen weiteren Versuch, eine friedliche Lösung zu erreichen. Das führte zwar zu einer Reihe diplomatischer Aktivitäten, aber Gespräche über den Beitritt der Ukraine zur
NATO wurden von den westlichen Gesprächspartnern kategorisch abgelehnt. Die ukrainische Regierung antwortete im Februar 2022 sogar mit massivsten Bombardierungen des von pro-russischen Rebellen kontrollierten Donbas und der dortigen Zivilbevölkerung.

Auch nach dem Ausbruch des Krieges wurden alle unternommenen Friedensbemühungen von der NATO, insbesondere von den USA und Großbritannien, torpediert. In der ersten Märzwoche 2022 bereits bemühte sich der damalige Premierminister Israels, Naftali Bennet, um einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine. Nach seinen kürzlich gemachten Aussagen hatten Russland und die Ukraine großes Interesse an einem schnellen Ende des Krieges. Laut Bennet war durch Konzessionen Russlands ein Waffenstillstand „in greifbare Nähe“ gerückt. Dazu kam es aber nicht, denn „sie (die USA und Großbritannien) haben einen Waffenstillstand blockiert, und ich dachte, sie hätten unrecht“, so Bennet weiter.

Und dann gab es die ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen, bei denen sich beide Seiten bereits in der dritten Märzwoche, also nur einen Monat nach Ausbruch des Krieges, auf die Grundzüge einer Friedensvereinbarung geeinigt hatten: die Ukraine versprach, der NATO nicht beizutreten und keine Militärbasen ausländischer Mächte auf ihrem Territorium zuzulassen, während Russland im
Gegenzug versprach, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine anzuerkennen und alle russischen Besatzungstruppen abzuziehen. Für den Donbas und die Krim gab es Sonderregelungen. Auf einer für den 29. März 2022 geplanten Friedenskonferenz in Istanbul sollten diese Grundzüge weiterentwickelt werden.

Doch dann zog sich die Ukraine auf Druck der USA und Großbritanniens von den Friedensverhandlungen zurück. Der türkische Außenminister Çavuşoğlu sagte später über die gescheiterte Friedenskonferenz in Istanbul: „einige NATO- Staaten wollten, dass der Krieg in der Ukraine weitergeht, um Russland zu schwächen.“

Wie viel Leiden, wie viele Menschenleben und wie viele Zerstörungen hätten vermieden werden können, wenn sich die NATO im März hinter die ukrainisch-russischen Friedensbemühungen gestellt hätte? Dafür, dass sie diese jedoch verhindert haben, tragen die NATO-Länder eine schwere Mitschuld an den Opfern des Krieges seit dieser Zeit.

Und hier noch ein Wort zur Verteidigung der Ukraine: Präsident Selenskyj hatte sich sehr wohl um eine schnelle friedliche Lösung des nun ausgebrochenen Krieges bemüht. Er hatte den israelischen Premierminister Bennet um Vermittlung mit Russland gefragt und es war auch er, der die ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen genehmigt hatte. Noch am 27. März 2022 hatte Selenskyj den Mut gezeigt, die Ergebnisse der ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen vor russischen Journalisten in aller Öffentlichkeit zu
verteidigen – und das, obwohl die NATO bereits am 24. März 2022 auf einem Sondergipfel beschlossen hatte, diese Friedensverhandlungen nicht zu unterstützen. Letztlich gab Selenskyj dem Druck der NATO nach und setzte auf eine Fortsetzung des Krieges.

Diese Entscheidung hat nun zu einer weitreichenden Zerstörung der Ukraine, zu unermesslichem Leid der dortigen Zivilbevölkerung und zum Verlust großer Teile der Ukraine geführt. Heute wäre die Verhandlungsposition der Ukraine wesentlich schlechter, als sie es im März 2022 noch war. Das erklärt sicherlich die jetzige Haltung Selenskyjs, nun alles auf einen totalen Sieg über Russland zu setzen. Aber auch ein solcher Sieg, sollte er überhaupt möglich sein, ginge mit enormen menschlichen Kosten einher und könnte zur völligen Zerstörung der Ukraine führen. Es muss Selenskyj und den meisten seiner Mitstreiter inzwischen klar geworden sein, dass sie im März/April besser nicht auf ihre Freunde aus dem Westen hätten hören sollen und, dass sie mit der Ablehnung einer friedlichen, auf Verhandlungen basierenden, Lösung nun mit ihrem eigenen Blut für die strategischen Kriegsziele anderer bezahlen. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass sich die Ukrainer betrogen fühlen werden.

Der Ukrainekrieg lehrt die Unersetzlichkeit der UN-Charta

Seit dem Ende des Kalten Krieges hat der Westen, insbesondere die USA, die Gültigkeit der UN-Charta immer wieder in Zweifel gezogen. Die UN-Charta und dessen Prinzip der „sovereign equality“ verträgt sich eben nicht mit dem alleinigen globalen Führungsanspruch der USA. Um dieser Führungsrolle gerecht zu werden, haben die USA nach Angaben des US Congressional
Research Service seit dem Ende des Kalten Krieges 251 militärische Interventionen in anderen Ländern durchgeführt – geheime CIA-Operationen und Finanzierungen von Proxy-Kriegen sind dabei nicht mitgezählt. Es kann davon ausgegangen werden, dass viele – wenn nicht gar die meisten dieser Interventionen – Verletzungen der UN-Charta waren. In fast allen Fällen haben sie nur menschliches Leid, Zerstörung, Chaos und dysfunktionale Regierungen hinterlassen, Demokratien sind daraus nie entstanden. Ist der Ukraine nun ein ähnliches Schicksal beschieden?

Der Krieg in der Ukraine hat die Welt näher an eine nukleare Katastrophe gebracht als irgendein anderer Konflikt seit dem Ende des Kalten Krieges – vielleicht sogar seit dem Ende der beiden Weltkriege. Das sollte uns allen schmerzlich bewusst gemacht haben, wie wichtig, ja unersetzlich die UN-Charta auch heute noch ist. Um den Weltfrieden zu erhalten, bleibt uns nur der Weg über eine freiwillige Einigung zwischen Staaten, Konflikte friedlich zu lösen.

Die UN-Charta war einst ein Geschenk der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges – der USA, der damaligen Sowjetunion, Großbritanniens und Frankreichs – an die Menschheit. Heute haben sich gerade diese Staaten (oder deren Nachfolgestaaten) mit dem Ukrainekrieg derart diskreditiert, dass wir von ihnen keine Erneuerung der UN-Charta erwarten können. Die Fackel für eine friedliche, auf Zusammenarbeit gerichtete Weltordnung muss nun von anderen Ländern getragen werden, von Ländern wie Brasilien, Argentinien und Mexiko in Lateinamerika; von Indien, China und Indonesien in Asien; von Südafrika, Nigeria und Äthiopien in Afrika und Ägypten und Saudi-Arabien im Mittleren Osten.

Indem diese Länder eine stärkere Verantwortung für den Weltfrieden übernehmen, würde ein weiterer Schritt hin zu einer multipolaren und gleichberechtigten Welt gegangen. Was eignet sich da besser als eine Friedensordnung, die auf der UN-Charta und dem Prinzip „der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder“ aufgebaut ist!

Liste politischer Streiks nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland

Hier eine (unvollständige) Liste von politischen Streiks, die der Arbeitsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Däubler aufzählt und die hier wörtlich wiedergegeben wird[1]Däubler-Däubler Arbeitskampfrecht 4. Auflage Baden-Baden 2018, § 13 Rn. 57; dabei wird der Zeitungsstreik am 28. und 29 Mai 1952, den wir schon beschreiben hatten, nicht noch einmal erwähnt:

  • 24stündiger Generalstreik des DGB am 12. November 1948 u.a. mit den Forderungen nach Wirtschaftslenkung und Überführung der Grundstoffindustrien in Gemeineigentum
  • “Gedenkstreik” von fünf Minuten anlässlich des Todes von Hans Böckler im Jahr 1951;
  • DGB-Aufruf vom 23.06.1953 angesichts der Ereignisse vom 17.6.in Ostberlin und der DDR;
  • Streikaufruf von DBG, IG Metall und IG Bergbau am 22.1.1955 wegen der geplanten Liqidierung der Montanmitbestimmung
  • DGB-Aufruf vom 15.8.1961 anlässlich des Mauerbaus in Berlin;
  • Beim Kampf um die Notstandsgesetze 1968 lehnte der DGB einen Generalstreik ab. Dennoch – so wird berichtet – hätten am 12.5. 12.000 Arbeitnehmer und am 27.5.1968 sogar 20.000 Arbeitnehmer allein in Hessen an Proteststreiks teilgenommen;
  • Proteststreiks in der Zeit vom 25. bis 27.5.1972 wegen des Misstrauensvotums gegen Bundeskanzler Willy Brandt, an denen ca. 1000.000 Arbeitnehmer teilnahmen;
  • DGB-Aufruf vom 25.10.1977 gegen Terrorismus und die Ermordung von Hans-Martin Schleyer, wobe es zu zahlreichen Arbeitsunterbrechungen kam, die in aller Regel von Arbeitgeberseite gutgeheißen wurden;
  • Wegen der geplanten Zerschlagung des NDR rief die RFFU (Rundfunk-, Fernseh- und Film-Union) für den 19.12.1979 zu einem Demonstrationsstreik zwischen 20:00 und 24:00 Uhr auf, der das gesamte Hörfunk- und Fernsehprogramm erfassen sollte. In letzter Minute wurde er vom LAG München druch einstweilige Verfügung untersagt. Die Vorinstanz hatt den Antrag der Arbeitgeberseite zurückgewiesen.
  • Wegen der Stationierung von US-Raketen rief der DGB Bundesvorstand am 5.10.1983 zu “Fünf Mahnminuten für den Frieden” auf; an dem fraglichen Tag ruhte in vielen Betrieben die Arbeit von 11:55 Uhr bis 12:00 Uhr.
  • Nachdem DGB und IG Metall wegen der geplanten Änderung des § 116 AFG bereits im November 1985 zu “betrieblichen Aktionen” aufgefordert hatten, folgten am 6.2.1986 rund 1 Millionen Arbeitnehmer insbesondere in der Metallindustrie dem gewerkschaftlichen Aufruf, ab 13 Uhr die Arbeit ruhen zu lassen. Dies war die größte Massenmobilisierung in der Geschichte der Bundesrepublik. Ein inhaltlicher Erfolg blieb ihm allerdings versagt.
  • Im Jahr 1996 kam es insbesondere im Automobilsektor zu Arbeitsniederlegungen wegen der geplanten Absenkung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese waren nicht offiziell von den Gewerkschaften getragen.
  • In den Jahren 2000 bis 2007 kam es zu Arbeitsniederlegungen aus Protest gegen die Absenkung der Renten bzw. der Rente mit 67, die anders als die Aktionen gegen den § 116 AFG nicht auf einem gewerkschaftlichen Aufruf beruhten und sich so anderer Wege bedienen mussten;
  • Im Jahr 2006 gab es Arbeitsniederlegungen vom Hafenarbeitern wegen der geplanten Deregulierung der Hafenarbeit(“Port Package II“), die von Arbeitgeberseite stillschweigend, bsiweilen auch offen unterstützt wurde.

Diese Liste müsste ergänzt werden um die Mahnminuten am 4. März 2020 aus Anlass der Morde in Hanau. Es war also ein Streik gegen Rechts; in der Regel wurde diese Arbeitsniederlegung mit dem Arbeitgeber abgesprochen. Die Dauer der Arbeitsniederlegung war unterschiedlich lang. Es nahmen bundesweit mehrere zehntausend Arbeitnehmer teil.

References

References
1 Däubler-Däubler Arbeitskampfrecht 4. Auflage Baden-Baden 2018, § 13 Rn. 57

Gewerkschaften: Ordnungsfaktor oder Gegenmacht?

Das Bundesarbeitsgericht beantwortete diese Frage 1963 im Zusammenhang mit der Illegalisierung des verbandsfreien Streiks so:

„Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts hat bereits betont, daß Arbeitskämpfe im allgemeinen un­erwünscht sind (BAG 1, 3oo). Zur Begründung hat er u. a. auf die mit ihnen zwangsläufig verbundenen volkswirtschaftlichen Schäden hingewiesen. Daraus ergibt sich – und das ist die vor allem entscheidende und schon für sich allein durchschlagende Erwägung gegenüber einer rechtlichen Anerkennung oder auch nur Tolerierung des wilden Streiks daß die Zulassung von Arbeitskämpfen nur in einem bestimmten Rahmen verantwortet werden kann. Dabei ist es wichtig, beim Ausbruch eines Streiks zu Kontrollzwecken Stellen einzuschalten, die wegen ihrer Stellung im Arbeitsleben, ihrer Bedeutung in wirtschaftlicher Hinsicht und ihrem Wissen auf dem Gebiet des Arbeitskampfrechts die Gewähr dafür bieten, daß nur in wirklich begründeten Fällen gestreikt wird und daß im Falle eines Streiks die im Allgemeininteresse erforderlichen Kampfregeln eingehalten werden. Als solche Stellen kommen auf der Arbeitnehmerseite bei ihrer gesell­schaftlichen Steilung nur die Gewerkschaften infrage”[1]BAG vom 20.12.1963 – 1 AZR 428/62 Entscheidungsgründe B II. 3. e., S. 31 f.

Der Gewerkschaft wird eine Kontrollfunktion zugeschoben, die sie in eine äußerst unangenehme Konfrontation zu ihren eigenen Mitgliedern bringen kann[2]Th. Ramm AuR 12/1964, S. 358, wie wenige Jahre später die IG Metall in ihrem Geschäftsbericht von 1971 – 1973 beschreibt: “Im Gewande eines angeblichen Streikmonopols der Gewerkschaften werden so die Gewerkschaften zwischen die Stühle gebracht und die Kollegen, die an spontanen Arbeitsniederlegungen teilgenommen haben, der Willkür der Unternehmer ausgeliefert (Kündigung, Schadenersatz!). Für die Gewerkschaft kann es nicht darauf ankommen, die eigenen organisationspolitische Position durch das Rechtswidrigkeitsurteil des Bundesarbeitsgerichts prägen zu lassen”.[3]Michael Kittner “Arbeitskampf. Geschichte Recht Gegenwart” München2005, S. 685

References

References
1 BAG vom 20.12.1963 – 1 AZR 428/62 Entscheidungsgründe B II. 3. e., S. 31 f
2 Th. Ramm AuR 12/1964, S. 358
3 Michael Kittner “Arbeitskampf. Geschichte Recht Gegenwart” München2005, S. 685

Waffen runter – Löhne rauf!

Zur Vorlage auf der Delegiertenversammlung der IG Metall Bremen im März 2023:

Antrag an den 25. Gewerkschaftstag der IG Metall

„Waffen runter – Löhne rauf !“

Der 25. Gewerkschaftstag der IG Metall stellt fest:

•   In Zeiten des Krieges und der Inflation bekommt die praktische Umsetzung des §2 der Satzung der IG Metall* besondere Bedeutung, um sie nicht zu einem vergilbten Stück Papier verkommen zu lassen. Denn es geht um den Bestand unserer Gewerkschaft.

•   Die IG Metall darf nie wieder daran beteiligt sein, dass wir von Seiten des Kapitals mit einem Tarifergebnis abgespeist werden, das nicht einmal annähernd den Reallohn und damit unser Leben sichert.

•   Sie nimmt unverzüglich ihre satzungsmäßige Verpflichtung wahr, aus den bitteren Erfahrungen der deutschen Geschichte abgeleitet, aktiv von ihrem Widerstandssrecht Gebrauch zu machen gegen Krieg und Aufrüstung*, zu dem sie sich nach der Befreiung vom Faschismus, unter der Führung von Willi Bleicher, ausdrücklich bekannt hat.

•   Der 25. Gewerkschaftstag der IG Metall bekräftigt, dass es nach zwei Weltkriegen unmissverständlich klar sein muss, dass wir Arbeiter und Angestellte es nie wieder zulassen dürfen, dass gegen unsere Brüder, wo auch immer auf dieser Welt, geschossen wird, weil dies auch eindeutig Krieg gegen uns bedeutet.
•   Die IG Metall setzt sich deshalb mit allen Mitteln für den sofortigen Stopp deutscher Waffenlieferungen ein.

•   Wissend, dass der Krieg mit Teilen unseres Lohnes finanziert wird, setzt sich die IG Metall für die sofortige Abschaffung der Mehrwertsteuer ein und setzt dazu die notwendigen gewerkschaftlichen Kampfmittel ein.
Das schmälert die Kriegskassen und sichert wenigstens ein Stück weit unsere Existenz. Dass dies     möglich ist, haben die Arbeiter Frankreichs vorgemacht, wo durch ihren Kampf diese Sondersteuer     wenigsten auf Lebensmittel zurück gezogen werden musste.

•   Gerade in Zeiten des Kriegen und weltweiter Krisen verpflichtet sich die IG Metall ausdrücklich der Völkerfreundschaft. 
Deshalb hat sie den Kampf zusammen mit den Arbeitern Frankreichs, Italiens, Großbritanniens,    Griechenlands etc. zu führen und endlich die Spaltung durch Standortdenken aufzuheben, das nur  dem Kapital nutzt, die Arbeiter und Werktätigen aber spaltet und ihnen und wie uns so   unermesslichen Schaden zufügt.

•   Der 25. Gewerkschaftsag der IG Metall betont die besondere Verantwortung der Vertrauenskörper der IG Metall in den Betrieben, aktiv für den §2 der Satzung* einzutreten und seine Einhaltung zu überwachen. Denn besonders in Zeiten des Krieges und der Inflation sind Einhaltung und Umsetzung längst zu einer Frage von Leben oder Tod für uns geworden!

•   Die IG Metall begrüßt und unterstützt im Sinne ihrer internationalistischen Pflicht  die Handlungen z.B. der Hafenarbeiter Giechenlands und Italiens, die sich weigern, Schiffe mit Rüstungsgüter zu beladen, Massendemonstrationen und Streiks organisieren gegen Krieg und Inflation unter der Losung:

Waffen runter – Löhne rauf!“

Antragsteller:

Bremen, 01.02.2023.
Begründung:

Aus der Satzung der IG Metall:

§ 2 Aufgaben und Ziele der IG Metall Die IG Metall hat die Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen der Mitglieder zu fördern. Ihre Unabhängigkeit gegenüber den Regierungen, Verwaltungen, Unternehmern, Konfessionen und politischen Parteien hat sie jederzeit zu wahren. Sie bekennt sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich für die Sicherung und den Ausbau des sozialen Rechtsstaates und die weitere Demokratisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung und den Schutz der natürlichen Umwelt zur Sicherung der Existenz der Menschheit ein. Vor dem Hintergrund der globalisierten Wirtschaft schließt dies eine Internationalisierung der IG Metall ein. Sie fördert aktiv die Gleichstellung von Frauen und Männern in Gesellschaft, Betrieb und Gewerkschaft, unabhängig von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Die IG Metall wahrt und verteidigt die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie die demokratischen Grundrechte. Die Verteidigung dieser Rechte und der Unabhängigkeit sowie Existenz der Gewerkschaften erfolgt notfalls durch Aufforderung des Vorstandes an die Mitglieder, zu diesem Zweck die Arbeit niederzulegen (Widerstandsrecht gemäß Artikel 20 Absatz 4 GG)“.

Um was geht es im Gorillas-Prozess?

– Das gesamte Streikrecht steht auf dem Prüfstand

Warum wäre der Streik der Gorillas – Beschäftigten in Frankreich erlaubt, warum in Italien? Warum ist er in Deutschland verboten?

Die Beschäftigten aus der Politik herauszuhalten – das war das Ziel, das der Jurist Nipperdey 1953 in einem Gutachten verfolgte – im Auftrag der Unternehmerverbände (BDA). Es ging um einen politischen Streik ein Jahr zuvor, den Zeitungsstreik. Dagegen hatten die Unternehmerverbände geklagt. Der Jurist Abendroth hatte im Auftrag der Gewerkschaften dagegen gehalten. Die Landesarbeitsgerichte folgten Nipperdey. 1963 verbot das Bundesarbeitsgericht auf dieser Grundlage auch den verbandsfreien Streik: Streiks seien „im allgemeinen unerwünscht“. Es gehe darum, Gewerkschaften „zu Kontrollzwecken einzuschalten“.

Gewerkschaften nicht als Gegenmacht, sondern als Ordnungsfaktor – darum ging es.

Seitdem ist der Streik Hilfsinstrument in Tarifverhandlungen und sonst nichts.

Verbandsfreie Streiks sind deswegen verboten, weil nur Gewerkschaften Tarifverträge durchsetzen können und politische Streiks sind verboten, weil es in diesen Fällen nicht um Tarifverträge geht.

Richtig ist, dass nur Gewerkschaften Tarifverträge druchsetzen können. Richtig ist auch, dass politische Streiks nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind. Das gilt auch für verbandsfreie Streiks.

Was wir bekämpfen ist die Beschränkung des Streiks auf eine Hilfs-Funktion für Tarifverhandlungen.

Die Gorillas-Beschäftigten wollten eine pünktliche und vollständige Bezahlung ihrer Löhne und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Das haben sie auch erreicht: Seit dem Streik im Oktober 2021 bekamen alle Rider einen Stundenlohn von 12,00 €.

Aber es ging den Gorillas-Beschäftigten nie um einen Tarifvertrag. Sie wußten, dass sie das nicht durchsetzen können.

Auch wer – wie in Frankreich – gegen die Heraufsetzung des Rentenalters streikt, streikt nicht für einen Tarifvertrag. Wer sich an dem Klimastreik beteiligt oder gegen Waffenexport streikt, will auch keinen Tarifvertrag.

Ohne das Recht auf den politischen Streik keine demokratische Gesellschaft.

Auch das Verbot verbandsfreier Streiks ist undemokratisch.

Den Gorillas – Beschäftigten Duygu, Fernando und Ronnie wurde gekündigt, weil das deutsche Arbeitskampfrecht Streiks auf eine Hilfs-Funktion für Tarifverhandlungen beschränkt und mit dieser Begründung verbandsfreie und politische Streiks illegalisiert werden. Daher steht im Prozess gegen die Kündigungen von Duygu, Fernando und Ronnie das gesamte Streikrecht auf dem Prüfstand.

Arbeitskämpfe um Tarifverträge sind sehr wichtig, aber das Recht darf Arbeitskämpfe nicht darauf beschränken.

Streik ist gelebte Demokratie – darum geht es in dem Gorillas-Prozess.

Wenn Duygu, Fernando und Ronnie Erfolg haben, verbessert sich das Streikrecht für Alle.

Am 25. April wird vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg öffentlich verhandelt.

Nachbemerkung: Hans Carl Nipperdey kommentierte während des Faschismus das Arbeitsrecht der Nazis, das sogenannte Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG) und beteiligte sich in der „Akademie für Deutsches Recht“ an der Umsetzungen der faschistischen Ideologie in Gesetze. Der Jurist und Professor Wolfgang Abendroth hatte im Krieg mit den griechischen Partisanen gegen die deutsche Besatzung gekämpft. Sein Kampf für die Demokratie und Freiheit sollte endlich Erfolg haben. Auch darum geht es in dem Gorillas-Prozess.

Gegen Reallohnverluste und Krieg

Knapp 100 Gewerkschafter folgten vergangenen Donnerstag einer Demonstration der Verdi-Betriebsgruppe der Freien Universität Berlin (FU) vor das Berliner Abgeordnetenhaus. Die Gewerkschafter übergaben anlässlich der letzten Plenarsitzung vor den Wiederholungswahlen im Februar eine Petition mit knapp 4.800 Unterschriften. Über 20 Personalratsgremien der Hochschule fordern darin, die Hauptstadtzulage in Höhe von 150 Euro, welche das Land Berlin allen seinen Beschäftigten bis zur Gehaltsstufe E 13 zahlt, auch bei Hochschulbeschäftigten anzuwenden. Bislang sind Universitäten von der Zulage ausgenommen, die den Landesdienst attraktiver machen soll.

Man habe kurz vor den Wahlen im Februar mit anderen Belegschaften ein Zeichen setzen wollen, sagte Claudius Naumann, Sprecher der FU-Betriebsgruppe, auf der Demonstration. Beschäftigte müssten durch Inflation Reallohnverluste hinnehmen, »während Milliarden für Waffen ausgegeben werden und Rüstungskonzerne Rekordgewinne machen«.

Weiterlesen in der Jungen Welt vom 31. Januar 2023

Baerbock: „Weil wir einen Krieg gegen Russland führen und nicht gegeneinander …“

Foto: Ingo Müller. Auf der Kundgebung am 2. Juli 2022 Bebelplatz Berlin, die nächste Kundgebung ist am 1.Oktober 2022.

Was soll man von der Erklärung des Bundeskanzlers Olaf Scholz halten, der am 25. Januar versichert, Deutschland sei keine Kriegspartei, wenn seine Außenministerin Annalena Baerbock einen Tag vorher vor der Versammlung des Europarats in Straßbourg sagt: Wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander?

Hier das Video dazu:

Am 26. Januar erklärte das Auswärtige: „Das Völkerrecht ist eindeutig: Die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr in der UN-Charta verbrieftes individuelles Selbstverteidigungsrecht gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auszuüben, macht Deutschland nicht zu einer Konfliktpartei.“[1]Bild-Zeitung vom 26.01.2023, 21:39 Uhr: https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/jetzt-erklaert-baerbock-ihren-hammer-satz-wir-kaempfen-krieg-gegen-russland-82689320.bild.html Und weiter: „Bei ihrem Treffen mit Angehörigen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats am 24.1. betonte Außenministerin Baerbock, dass Europa gegen diesen Krieg zusammenhalten muss.“[2]Bild-Zeitung a.a.O.

Deutschland ist also nicht Kriegspartei, Europa, wie es die deutsche Außenministerin versteht, aber schon. Oder wie soll man diese Verlautbarung des Auswärtigen Amtes verstehen?

Das ZDF meldete am 27. Januar: „Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, forderte am heutigen Freitag eine Erklärung des deutschen Botschafters in Moskau zu „widersprüchlichen“ Aussagen aus Berlin. Deutschland erkläre einerseits, in der Ukraine keine Konfliktpartei zu sein. Andererseits sage Baerbock, dass sich die Länder Europas im Krieg gegen Russland befänden. „Verstehen sie selbst, wovon sie da reden?“, schrieb Sacharowa im Nachrichtenkanal Telegram.“

Das Auswärtige Amt nahm nur gegenüber der Bild-Zeitung Stellung. Eine Klarstellung gegenüber Russland ist bisher nicht bekannt. Dabei handelte es sich doch um eine öffentliche Rede der deutschen Außenministerin vor der Versammlung des Europarats.

Dieser Vorfall zeigt meines Erachtens die Unfähigkeit der deutschen Regierung, den Krieg nicht weiter eskalieren zu lassen. Wer den Krieg gewinnen will, nimmt auf den Feind keine Rücksicht. Wer den Krieg gewinnen will, braucht die Militarisierung, die dieser Krieg jetzt schon in Deutschland bewirkt. Wer den Krieg gewinnen will, nimmt auch keine Rücksicht auf die Toten, das Leid und die Verwüstung, die dieser Krieg in der Ukraine anrichtet.

References

References
1 Bild-Zeitung vom 26.01.2023, 21:39 Uhr: https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/jetzt-erklaert-baerbock-ihren-hammer-satz-wir-kaempfen-krieg-gegen-russland-82689320.bild.html
2 Bild-Zeitung a.a.O.

Strack-Zimmermann’s Verbindungen zur Rüstungsindustrie

Wer den Frieden will, muss abrüsten – aber nicht mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Mitglied der FDP und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages.

Schon am 8. Mai 2022 meldete die Osnabrücker Zeitung:

„Der Verein Lobbycontrol hält die ehrenamtlichen Funktionen der Verteidigungsausschussvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) in Vereinen, an denen die Rüstungsindustrie zentral beteiligt ist, für schlecht vereinbar mit ihrer Tätigkeit als Ausschussvorsitzende.

Strack-Zimmermann ist unter anderem Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sowie beim Förderkreis Deutsches Heer. „Beides sind von der Rüstungsindustrie stark beeinflusste Organisationen, wo wir es kritisch sehen, wenn Abgeordnete des Bundestages dort leitende Funktionen übernehmen – auch wenn es ehrenamtlich geschieht“, sagte Lobbycontrol-Sprecher Timo Lange der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

Die Rüstungsindustrie würde so über „sehr enge und privilegierte Zugänge ins Parlament verfügen“. „Solche Gespräche sollten im parlamentarischen Raum stattfinden, nicht außerhalb“, sagte Lange.

Besonders kritisch bewertet der Verein im Fall Strack-Zimmermann, dass sie in beiden Vereinen Mitglied im Präsidium ist. „Damit steht und spricht sie auch für die Organisation. Mehr Abstand wäre für eine Ausschussvorsitzende wünschenswert.“

Streikrecht verteidigen! – Protect the right to strike! Kundgebung 1. Februar 2023

Am 1. Februar 2023 streiken in Großbritannien die Lehrer und Lehrerinnen, Lokführer und Lokführerinnen, Beschäftigte der Hochschulen und des öffentlichen Dienstes für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Der 1. Februar ist zudem ein Tag des Protests gegen die geplanten Anti-Streik-Gesetze. Denn die britische Regierung will das Streikrecht massiv einschränken.

Es gibt einen Aufruf international am 1. Februar Solidarität zu zeigen und vor britischen Botschaften zu protestieren. Als Kampagne für ein umfassendes Streikrecht rufen wir auf zu einer Kundgebung

am 1. Februar um 16 Uhr vor der Britischen Botschaft, Wilhelmstraße 70/71, 10117 Berlin.

Weiter unten findet ihr den Aufruf dazu. Wir freuen uns, wenn ihr euch an der Kundgebung beteiligt und den Termin und den Aufruf ankündigt und weiterverbreitet.

Aufruf

Der britische konservative Premierminister Rishi Sunak hat einen massiven Angriff auf das Streikrecht gestartet. Er will für Beschäftigte in den Bereichen Gesundheit, Feuerwehr oder Bildung das Streikrecht weitreichend einschränken. Einem Teil der Beschäftigten soll es verboten werden zu streiken, andernfalls können sie gekündigt werden!

Der Streik ist das zentrale Mittel, um unsere Interessen als Beschäftigte durchzusetzen. In der aktuellen Krise mit Preissteigerungen bei Lebensmitteln, Heizung oder Strom können wir uns nur organisiert wehren und zusammen für unsere Forderungen kämpfen, gerade auch mit Streiks. In Deutschland ist das Streikrecht restriktiv, denn Arbeitsniederlegungen werden in der herrschenden Rechtsprechung als illegal betrachtet, wenn sie nicht von einer Gewerkschaft ausgerufen werden und wenn nicht für Ziele gestreikt wird, die sich in einem Tarifvertrag abbilden lassen. Auch in Deutschland gab es bereits Vorstöße von Konservativen das Streikrecht in bestimmten Branchen, wie zum Beispiel bei der Bahn einzuschränken.

Wir setzen uns ein für ein umfassendes Streikrecht und sind solidarisch mit den Beschäftigten international, die für das Recht auf Streik kämpfen.

Am 1. Februar 2023 streiken in Großbritannien die Lehrer*innen, Lokführer*innen, Beschäftigte der Hochschulen und des öffentlichen Dienstes für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Der 1. Februar ist zudem ein Tag des Protests gegen die geplanten Anti-Streik-Gesetze.

Das Recht auf Streik ist ein Menschenrecht, jede Einschränkung dieses Rechts ist ein Angriff auf uns und unsere demokratischen Rechte. Diesen Angriff der Regierenden müssen wir entschlossen zurückweisen! Wir solidarisieren uns mit den Beschäftigten in Großbritannien und ihrem Kampf für das Streikrecht!