Gemeinsam: Raus aus der NATO – NATO raus

Mitglieder der „Anti-Nato-Aktion“ aus Athen berichten.

Zeit: Samstag, den 3. Juni 2023, um 19.00 Uhr
Ort: Kiezraum auf dem Dragonerareal / Mehringdamm (hinter dem Finanzamt), 10963 Berlin, U1, U6, U7 (Mehringdamm, Hallesches Tor).

Im Herbst letzten Jahres besuchte die 2012 gegründete gewerkschaftliche Solidaitätsgruppe „Gegen Spardiktate und Nationalismus“ zum zehnten Mal Griechenland. In Athen waren wir zur öffentlichen Vorstellung der „Anti-Nato-Aktion“ eingeladen. Wir haben zwei Vertreter dieses Bündnisses eingeladen, um uns über ihre Sichtweise auf diesen Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland zu berichten.

Der nordgriechische Hafen von Andropolis wurde von den USA zu einem Umschlagplatz für die Lieferung von Militärgütern an die Ukraine gemacht. Dagegen gab es Widerstand aus den Reihen der Bahngewerkschaft.

In weiten Teilen der griechischen Bevölkerung wird die NATO weitaus kritischer gesehen als bei uns. Die lebendig gehaltenen historischen Erfahrungen, beispielsweise die Unterstützing der Obristendiktatur von 1967 bis 1974 durch die USA, prägen die Einstellungen über das westliche Militärbündnis bis heute. Wir erwarten interessante Berichte aus Griechenland und wollen uns anschließend austauschen über die Bedingungen der antimilitaristischen Arbeit in unseren Ländern.

Gibt es Gemeinsamkeiten? Wo und wie lassen sich unsere Antikriegsaktivitäten vernetzen oder koordinieren?

Dies ist eine Veranstaltung im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Es geht darum, den Frieden zu gewinnen, nicht den Krieg!«
AK Frieden in der GEW Berlin, AK Frieden in der VVN BdA, VVN-VdA Neukölln, VVN-VdA Tempelhof/Schöneberg, VVN-VdA Reinickendorf, VVN-VdA Spandau, VVN-VdA Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandauer Bündnis gegen Rechts, Friedenskoordination Berlin, Initiative 1918 unvollendet, Gruppe Arbeiterpolitik Berlin.


Wer paßt hier hinein?

Diese Frage stellte bereits 1960 die Zeitschrift „Der Mahnruf“ (Nr. 14; März/April 1960) das Mitteilungsblatt für die Mitglieder der VVN Westberlin.

Sicherlich wißt Ihr für die heutige Zeit auch schon die Antwort


Hintergründe und Folgen des Zugunglücks in Griechenland

Warum das griechische Zugunglück auch ein europäisches Versagen ist

Veranstaltung vom Bündnis Griechenland Solidarität Berlin
in Kooperation mit: Haus der Demokratie, AK Internationalismus IGM Berlin, Rosa Luxemburg Stiftung (Europareferat),
attac Berlin, SoliOli

Zeit: Montag, 26. Juni,

Ort: Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, 10495 Berlin

Referentin: Evridiki Bersi

Trotz jahrelanger Warnungen der Bahngewerkschafter, der EU und vieler anderer wurde der desolate Zustand von Netz und Bahn nicht verbessert. Durch die verordnete Sparpolitik und den Privatisierungszwang trägt auch die EU ein erhebliches Maß an Schuld. Die Referentin schreibt als Journalistin seit Jahren über diesen Skandal.

Nach dem Zugunglück hieß es sehr oft, dieses grauenvolle Ereignis habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Gerade die junge Generation würde den Mächtigen im Lande jetzt ihre Verantwortungslosigkeit nicht mehr durchgehen lassen. Die meisten Todesopfer
waren junge Menschen gewesen.

Das griechische Parlament wird am 21 Mai gewählt, wodurch die Frustration der jungen Generation zum Ausdruck kommen könnte.
Auch die aktuelle Stimmung in Griechenland wird an diesem Abend Thema sein.

Kollegen von der griechischen Eisenbahn berichten

Veranstaltung in Salzgitter bei der IGM-Jugend Foto: A. Hesse
Eisenbahnkatastrophe führt zum Generalstreik und den größten Massendemonstrationen seit zehn Jahren

Veranstaltung der EVG Berlin
mit der gewerkschaftlichen Solidaritätsgruppe »Gegen Spardiktate und Nationalismus«

Zeit: Sonntag, 4. Juni 2023, 17.00 Uhr
Ort: Seminarraum 2, ND-Gebäude, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

Am 28. Februar des Jahres ereignete sich die größte Katastrophe in der Geschichte der griechischen Bahn »TRAINOSE«, nach der Privatisierung umbenannt in »HELLENIC TRAIN«. 57 Menschen starben.

Es war ein Unglück mit Ansage. Seit Jahren wiesen die Bahngewerkschaften auf die eklatanten Sicherheitsmängel hin und warnten vor den damit verbundenen Gefahren ohne bei den Regierungen Gehör zu finden. Die Sicherheitsmängel waren Folge einer völlig verfehlten Bahnpolitik – der Privatisierung der ehemaligen Staatsbahn, ihrer Aufsplitterung in mehrere Gesellschaften, der Trennung von Schiene und Fahrbetrieb und dem horrenden Personalabbau. Im Jahr 2000 beschäftigte die griechische Eisenbahn 12.500 Menschen, 2021 waren es nur noch 2.000 Mitarbeitende.

Nach dem Unglück traten die Bahnbeschäftigten tagelang in den Ausstand, der am 8. März zu einem Generalstreik führte. Zu ihm hatten die beiden Dachverbände der griechischen Gewerkschaften (ADEDY und GSEE) aufgerufen. Hunderttausende in zahlreichen
griechischen Städten folgten dem Aufruf zu Arbeitskämpfen und Demonstrationen. Sie brachten ihre Wut über die Regierung zum Ausdruck, die mit dem Hinweis, „menschliches Versagen“ sei für die Tragödie verantwortlich, von den strukturellen Ursachen und
ihrer eigenen Verantwortung für das Unglück ablenken wollte.

Besuch bei Alstom in Salzgitter, Foto: A. Hesse

Zwei Kollegen von der griechischen Bahn, Panagiotis Kalitsis und Georgios Koratzanis, berichten über ihren Arbeitskampf, den Generalstreik und die Demonstrationen vom 8. März.

Hinweis: In einer weiteren Veranstaltung berichtet die Journalistin Evrydice Bersi über die Hintergründe des Zugunglücks

Die Parolen auf den Transparenten der Demonstration vom 8. März:
Die junge Generation verzeiht nicht
Wir sind die Stimme aller Toten
Mörder
Ihre Gewinne, unsere Toten
Schick mir eine Nachricht, wenn du ankommst
(Eine übliche Parole diese Tage. Besonders die
Mütter bitten ihre Kinder, ihnen eine Nachricht
zu schicken, wenn sie gut angekommen sind.)
Es war kein Unglück, es war Mord
Die Liste (der Toten, ist gemeint) hat kein Ende
Unsere Leben zählen


China – eine aufstrebende Weltmacht

Einleitung: Die USA erwirtschafteten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Hälfte des Welt-Bruttosozialprodukts. Zwischen 2002 und 2022 stieg Chinas Anteil am Welt-BIP von 8,1 Prozent auf 18,8 Prozent. Der Anteil der USA sank im gleichen Zeitraum von 19,8 auf 15,8 Prozent. Der Anteil der EU schrumpfte von 19.9 auf 14,8 Prozent.[1]Belege für die Behauptungen in den einleitenden drei Sätzen oben in: Beate Landefeld „Kräfteverhältnisse und Formen der Ostexpansion“ in: Marxistische Blätter 3_2023 S. 98 ff; dort … Continue reading

Inhalt:


China zur US-Hegemonie und ihre Gefahren

Im Folgenden geben wir in vollem Wortlaut eine Stellungnahme des chinesischen Außenministeriums vom Februar 2023 mit der Überschrift “Die US-Hegemonie und ihre Gefahren” wieder. Diese Stellungnahme ist lesenswert.

Aus der Einleitung:

„Seit die Vereinigten Staaten nach den beiden Weltkriegen und dem Kalten Krieg zum mächtigsten Land der Welt geworden sind, haben sie sich immer dreister in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingemischt, ihre Hegemonie angestrebt, aufrechterhalten und missbraucht, Subversion und Infiltration vorangetrieben und vorsätzlich Kriege geführt, die der internationalen Gemeinschaft Schaden zufügen.

Die Vereinigten Staaten haben ein hegemoniales Drehbuch entwickelt, um unter dem Deckmantel der Förderung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten “farbige Revolutionen” zu inszenieren, regionale Streitigkeiten anzuzetteln und sogar direkt Kriege zu führen. In Anlehnung an die Mentalität des Kalten Krieges haben die Vereinigten Staaten die Blockpolitik angeheizt und Konflikte und Konfrontationen geschürt. Sie haben das Konzept der nationalen Sicherheit überstrapaziert, Exportkontrollen missbraucht und anderen einseitige Sanktionen aufgezwungen. Sie sind selektiv mit internationalem Recht und internationalen Regeln umgegangen, haben sie je nach Bedarf genutzt oder verworfen und versucht, im Namen der Aufrechterhaltung einer “regelbasierten internationalen Ordnung” Regeln durchzusetzen, die ihren eigenen Interessen dienen.

Dieser Bericht versucht durch die Darstellung der relevanten Fakten den Hegemoniemissbrauch der USA im politischen, militärischen, wirtschaftlichen, finanziellen, technologischen und kulturellen Bereich aufzudecken und die internationale Aufmerksamkeit auf die Gefahren der US-Praktiken für den Weltfrieden und die Stabilität sowie das Wohlergehen aller Völker zu lenken.“

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Chinas Position zur Politischen Beilegung der Ukraine-Krise

China legte am 24.Februar 2023 einen Vorschlag zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vor. Es gibt keine einzige Forderung, die nicht auch im Sinne der Friedensbewegung ist. Ja, es ist sogar so: Sehr wichtige Forderungen der Friedensbewegung sind in diesen zwölf Punkten enthalten. Hinzu kommen unsere Forderungen: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine! Keine Militarisierung Deutschlands! Die Friedensbewegung sollte entschiedener reagieren und die Bundesregierung auffordern, diesen Plan aktiv zu unterstützen, wie dies Brasilien schon jetzt macht. Hier die zwölf Punkte der chinesischen Initiative:

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Über China im Jahr 1959 in der Zeitschrift der VVN Westberlin „Mahnruf“

„Der Mahnruf“ – Mitteilungsblatt für die Mitglieder der VVN Westberlin, Nr. 09/ März-April 1959

Quellenangabe:Der Mahnruf“


References

References
1 Belege für die Behauptungen in den einleitenden drei Sätzen oben in: Beate Landefeld „Kräfteverhältnisse und Formen der Ostexpansion“ in: Marxistische Blätter 3_2023 S. 98 ff; dort wird auf die beiden folgenden Fundstellen verwiesen: Jörg Nagler, USA – Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft, Kalter Krieg von 1945-1989, Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung bpb, 20.3.2014; https://de.statista.com/infografik/27680/anteil-am-kaufkraftbereinigten-globalen-bruttoinlandsprodukt/

China zur US-Hegemonie und ihren Gefahren

Im Folgenden geben wir in vollem Wortlaut eine Stellungnahme des chinesischen Außenministeriums vom Februar 2023 mit der Überschrift „Die US-Hegemonie und ihre Gefahren“ wieder. Diese Stellungnahme ist lesenswert.


Inhalt

Einleitung

I. Politische Hegemonie – mit dem eigenen Gewicht hausieren gehen

II. Militärische Hegemonie-Wantons Anwendung von Gewalt

III. Wirtschaftliche Hegemonie – Plünderung und Ausbeutung

IV. Technologische Hegemonie – Monopolisierung und Unterdrückung

V. Kulturelle Hegemonie – Verbreitung falscher Narrative

Schlussfolgerung


Einleitung

Seit die Vereinigten Staaten nach den beiden Weltkriegen und dem Kalten Krieg zum mächtigsten Land der Welt geworden sind, haben sie sich immer dreister in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingemischt, ihre Hegemonie angestrebt, aufrechterhalten und missbraucht, Subversion und Infiltration vorangetrieben und vorsätzlich Kriege geführt, die der internationalen Gemeinschaft Schaden zufügen.

Die Vereinigten Staaten haben ein hegemoniales Drehbuch entwickelt, um unter dem Deckmantel der Förderung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten „farbige Revolutionen“ zu inszenieren, regionale Streitigkeiten anzuzetteln und sogar direkt Kriege zu führen. In Anlehnung an die Mentalität des Kalten Krieges haben die Vereinigten Staaten die Blockpolitik angeheizt und Konflikte und Konfrontationen geschürt. Sie haben das Konzept der nationalen Sicherheit überstrapaziert, Exportkontrollen missbraucht und anderen einseitige Sanktionen aufgezwungen. Sie sind selektiv mit internationalem Recht und internationalen Regeln umgegangen, haben sie je nach Bedarf genutzt oder verworfen und versucht, im Namen der Aufrechterhaltung einer „regelbasierten internationalen Ordnung“ Regeln durchzusetzen, die ihren eigenen Interessen dienen.

Dieser Bericht versucht durch die Darstellung der relevanten Fakten den Hegemoniemissbrauch der USA im politischen, militärischen, wirtschaftlichen, finanziellen, technologischen und kulturellen Bereich aufzudecken und die internationale Aufmerksamkeit auf die Gefahren der US-Praktiken für den Weltfrieden und die Stabilität sowie das Wohlergehen aller Völker zu lenken.


I. Politische Hegemonie – mit dem eigenen Gewicht hausieren gehen

Die Vereinigten Staaten versuchen seit langem, im Namen der Förderung von Demokratie und Menschenrechten andere Länder und die Weltordnung nach ihren eigenen Werten und ihrem politischen System zu formen.

◆ Es gibt zahlreiche Fälle, in denen sich die USA in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen. Im Namen der „Förderung der Demokratie“ verfolgten die Vereinigten Staaten in Lateinamerika eine „Neo-Monroe-Doktrin“, stifteten „farbige Revolutionen“ in Eurasien an und inszenierten den „Arabischen Frühling“ in Westasien und Nordafrika, der in vielen Ländern Chaos und Katastrophen auslöste.

Im Jahr 1823 verkündeten die Vereinigten Staaten die Monroe-Doktrin. Während sie ein „Amerika für die Amerikaner“ anpriesen, war das, was sie wirklich wollten, ein „Amerika für die Vereinigten Staaten“.

Seitdem war die Politik der verschiedenen US-Regierungen gegenüber Lateinamerika und der Karibik von politischer Einmischung, militärischer Intervention und dem Umsturz von Regimen geprägt. Von der 61 Jahre währenden Feindseligkeit und Blockade Kubas bis zum Sturz der Allende-Regierung in Chile hat die US-Politik gegenüber dieser Region auf einer Maxime beruht: Wer sich unterwirft, wird Erfolg haben; wer sich widersetzt, wird untergehen.

Das Jahr 2003 markierte den Beginn einer Reihe von „farbigen Revolutionen“ – die „Rosenrevolution“ in Georgien, die „Orangene Revolution“ in der Ukraine und die „Tulpenrevolution“ in Kirgisistan. Das US-Außenministerium gab offen zu, eine „zentrale Rolle“ bei diesen „Regimewechseln“ gespielt zu haben. Die Vereinigten Staaten mischten sich auch in die inneren Angelegenheiten der Philippinen ein und stürzten 1986 Präsident Ferdinand Marcos senior und 2001 Präsident Joseph Estrada durch die so genannten „People Power Revolutions“.

Im Januar 2023 veröffentlichte der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo sein neues Buch „Never Give an Inch: Fighting for the America I love“ (Keinen Zentimeter: Kämpfen für das Amerika, das ich liebe). Darin enthüllte er, dass die Vereinigten Staaten geplant hatten, in Venezuela zu intervenieren. Der Plan war, die Regierung Maduro zu einer Einigung mit der Opposition zu zwingen, Venezuela die Möglichkeit zu nehmen, Öl und Gold gegen Devisen zu verkaufen, starken Druck auf die Wirtschaft des Landes auszuüben und die Präsidentschaftswahlen 2018 zu beeinflussen.

◆ Die USA messen mit zweierlei Maß bei internationalen Regeln. Indem sie ihr Eigeninteresse an die erste Stelle setzen, haben sich die Vereinigten Staaten von internationalen Verträgen und Organisationen entfernt und ihr nationales Recht über das internationale Recht gestellt. Im April 2017 kündigte die Trump-Administration an, dass sie dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) sämtliche US-Finanzmittel mit der Begründung streichen werde, die Organisation „unterstütze oder beteilige sich an der Verwaltung eines Programms zur Zwangsabtreibung oder unfreiwilligen Sterilisation“. Die Vereinigten Staaten sind 1984 und 2017 zweimal aus der UNESCO ausgetreten. Im Jahr 2017 kündigten sie an, aus dem Pariser Abkommen zum Klimawandel auszutreten. Im Jahr 2018 kündigten sie ihren Austritt aus dem UN-Menschenrechtsrat an und begründeten dies mit der „Voreingenommenheit“ der Organisation gegenüber Israel und dem Versagen, die Menschenrechte wirksam zu schützen. 2019 kündigten die Vereinigten Staaten ihren Rückzug aus dem Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen an, um die ungehinderte Entwicklung fortschrittlicher Waffen zu fördern. Für 2020 kündigten sie den Ausstieg aus dem Vertrag über den Offenen Himmel an.

Die Vereinigten Staaten haben auch die Kontrolle biologischer Waffen behindert, indem sie sich den Verhandlungen über ein Verifizierungsprotokoll für das Biowaffenübereinkommen (BWÜ) widersetzten und die internationale Überprüfung der Aktivitäten der Länder im Zusammenhang mit biologischen Waffen behinderten. Als einziges Land, das im Besitz von Chemiewaffen ist, haben die Vereinigten Staaten die Vernichtung von Chemiewaffen wiederholt verzögert und sind ihren Verpflichtungen nur zögerlich nachgekommen. Sie sind zum größten Hindernis für die Verwirklichung einer „chemiewaffenfreien Welt“ geworden.

◆ Die Vereinigten Staaten setzen mit ihrem Bündnissystem kleine Blöcke zusammen. Sie zwingen der asiatisch-pazifischen Region eine „Indo-Pazifik-Strategie“ auf, stellen exklusive Clubs wie die Five Eyes, die Quad und AUKUS zusammen und zwingen die Länder der Region, Partei zu ergreifen. Solche Praktiken dienen im Wesentlichen dazu, die Region zu spalten, Konfrontationen zu schüren und den Frieden zu untergraben.

◆ Die USA fällen willkürlich Urteile über die Demokratie in anderen Ländern und fabrizieren ein falsches Narrativ von „Demokratie gegen Autoritarismus“, um Entfremdung, Spaltung, Rivalität und Konfrontation zu schüren. Im Dezember 2021 richteten die Vereinigten Staaten den ersten „Gipfel für Demokratie“ aus, der von vielen Ländern kritisiert und abgelehnt wurde, weil er den Geist der Demokratie verhöhnt und die Welt spaltet. Im März 2023 werden die Vereinigten Staaten ein weiteres „Gipfeltreffen für Demokratie“ ausrichten, das nach wie vor unerwünscht ist und erneut keine Unterstützung finden wird.


II. Militärische Hegemonie – Willkürlicher Einsatz von Gewalt

Die Geschichte der Vereinigten Staaten ist von Gewalt und Expansion geprägt. Seit ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1776 haben die Vereinigten Staaten ständig versucht, mit Gewalt zu expandieren: Sie haben Indianer abgeschlachtet, sind in Kanada eingefallen, haben einen Krieg gegen Mexiko geführt, den Amerikanisch-Spanischen Krieg angezettelt und Hawaii annektiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die USA unter anderem den Korea-Krieg, den Vietnam-Krieg, den Golf-Krieg, den Kosovo-Krieg, den Afghanistan-Krieg, den Irak-Krieg, den Libyen-Krieg und den Syrien-Krieg provoziert oder begonnen und dabei ihre militärische Hegemonie missbraucht, um den Weg für expansionistische Ziele zu ebnen. In den letzten Jahren hat das durchschnittliche jährliche Militärbudget der USA 700 Milliarden US-Dollar überschritten und macht damit 40 Prozent des weltweiten Gesamtbudgets aus, mehr als die 15 Länder hinter den USA zusammen. Die Vereinigten Staaten haben etwa 800 Militärstützpunkte in Übersee und 173.000 Soldaten sind in 159 Ländern stationiert.

Laut dem Buch „America Invades: How We’ve Invaded or been Militarily Involved with almost Every Country on Earth“ (Wie wir in fast jedes Land der Erde eingedrungen oder militärisch involviert sind) haben die Vereinigten Staaten mit nur drei Ausnahmen gegen fast alle der rund 190 von den Vereinten Nationen anerkannten Länder gekämpft oder waren in sie militärisch involviert. Die drei Länder wurden „verschont“, weil die Vereinigten Staaten sie nicht auf der Landkarte gefunden haben.

◆ Wie der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter es ausdrückte, sind die Vereinigten Staaten zweifellos die kriegerischste Nation in der Weltgeschichte. Einem Bericht der Tufts University zufolge, „Introducing the Military Intervention Project: Introducing the Military Intervention Project: A new Dataset on U.S. Military Interventions, 1776-2019“ haben die Vereinigten Staaten in diesen Jahren weltweit fast 400 Militärinterventionen durchgeführt, davon 34 Prozent in Lateinamerika und der Karibik, 23 Prozent in Ostasien und dem Pazifik, 14 Prozent im Nahen Osten und Nordafrika und 13 Prozent in Europa. Gegenwärtig nimmt die militärische Intervention im Nahen Osten und Nordafrika sowie in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara zu.

Alex Lo, ein Kolumnist der South China Morning Post, wies darauf hin, dass die Vereinigten Staaten seit ihrer Gründung nur selten zwischen Diplomatie und Krieg unterschieden hätten. Im 20. Jahrhundert stürzten sie in vielen Entwicklungsländern demokratisch gewählte Regierungen und ersetzten sie umgehend durch pro-amerikanische Marionettenregime. Heute wiederholen die Vereinigten Staaten in der Ukraine, im Irak, in Afghanistan, Libyen, Syrien, Pakistan und im Jemen ihre alte Taktik, Stellvertreterkriege, Kriege niedriger Intensität und Drohnenkriege zu führen.

◆ Die militärische Hegemonie der USA hat zu humanitären Tragödien geführt. Seit 2001 haben die Kriege und Militäroperationen, die von den Vereinigten Staaten im Namen der Terrorismusbekämpfung geführt wurden, mehr als 900.000 Menschenleben gefordert, darunter etwa 335.000 Zivilisten, Millionen von Verletzten und Dutzende von Millionen Vertriebenen. Der Irak-Krieg von 2003 forderte etwa 200.000 bis 250.000 zivile Todesopfer, darunter mehr als 16.000, die direkt vom US-Militär getötet wurden, und machte mehr als eine Million Menschen obdachlos.

Die Vereinigten Staaten haben 37 Millionen Flüchtlinge auf der ganzen Welt hervorgebracht. Allein die Zahl der syrischen Flüchtlinge hat sich seit 2012 verzehnfacht. Zwischen 2016 und 2019 wurden 33.584 zivile Todesopfer bei den Kämpfen in Syrien dokumentiert, darunter 3.833 Tote durch Bombardierungen der US-geführten Koalition, die Hälfte davon Frauen und Kinder. Der Public Broadcasting Service (PBS) berichtete am 9. November 2018, dass allein bei den Luftangriffen der US-Streitkräfte auf Raqqa 1.600 syrische Zivilisten getötet wurden.

Der zwei Jahrzehnte andauernde Krieg in Afghanistan hat das Land verwüstet. Insgesamt 47.000 afghanische Zivilisten und 66.000 bis 69.000 afghanische Soldaten und Polizisten, die nichts mit den Anschlägen vom 11. September zu tun hatten, wurden bei US-Militäroperationen getötet, und mehr als 10 Millionen Menschen wurden vertrieben. Der Krieg in Afghanistan zerstörte die Grundlagen der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes und stürzte die afghanische Bevölkerung ins Elend. Nach dem „Kabul-Debakel“ im Jahr 2021 kündigten die Vereinigten Staaten an, Vermögenswerte der afghanischen Zentralbank in Höhe von rund 9,5 Milliarden Dollar einzufrieren, was als „reine Plünderung“ betrachtet wurde.

Im September 2022 erklärte der türkische Innenminister Süleyman Soylu auf einer Kundgebung, dass die Vereinigten Staaten in Syrien einen Stellvertreterkrieg geführt, Afghanistan in ein Opiumfeld und eine Heroinfabrik verwandelt, Pakistan in Aufruhr gestürzt und Libyen in ständige Unruhen gestürzt hätten. Die Vereinigten Staaten tun alles, was nötig ist, um die Bevölkerung eines Landes mit Bodenschätzen auszurauben und zu versklaven.

Auch im Krieg haben die Vereinigten Staaten entsetzliche Methoden angewandt. Während des Koreakriegs, des Vietnamkriegs, des Golfkriegs, des Kosovokriegs, des Afghanistankriegs und des Irakkriegs setzten die USA massive Mengen chemischer und biologischer Waffen sowie Streubomben, Treibstoff-Luft-Bomben, Graphitbomben und Bomben mit abgereichertem Uran ein, die enorme Schäden an zivilen Einrichtungen, unzählige zivile Opfer und eine dauerhafte Umweltverschmutzung verursachten.


III. Wirtschaftliche Hegemonie – Plünderung und Ausbeutung

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Vereinigten Staaten federführend bei der Gründung des Bretton-Woods-Systems, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, die zusammen mit dem Marshall-Plan das internationale Währungssystem um den US-Dollar herum bildeten. Darüber hinaus haben die Vereinigten Staaten auch eine institutionelle Hegemonie im internationalen Wirtschafts- und Finanzsektor aufgebaut, indem sie die gewichteten Abstimmungssysteme, die Regeln und Vereinbarungen internationaler Organisationen, einschließlich der „Zustimmung mit 85-prozentiger Mehrheit“, sowie ihre nationalen Handelsgesetze und -vorschriften manipuliert haben. Indem sie den Status des Dollars als wichtigste internationale Reservewährung ausnutzen, kassieren die Vereinigten Staaten im Grunde „Seigniorage“ aus der ganzen Welt; und indem sie ihre Kontrolle über internationale Organisationen ausüben, zwingen sie andere Länder dazu, Amerikas politische und wirtschaftliche Strategie zu unterstützen.

◆ Die Vereinigten Staaten beuten den Reichtum der Welt mit Hilfe der „Seigniorage“ aus. Die Herstellung eines 100-Dollar-Scheins kostet nur etwa 17 Cent, aber andere Länder mussten 100 Dollar an tatsächlichen Waren aufbringen, um einen solchen zu erhalten. Vor mehr als einem halben Jahrhundert wurde darauf hingewiesen, dass die Vereinigten Staaten exorbitante Privilegien und Defizite ohne Tränen genossen, und dass sie die wertlose Papiernote dazu nutzten, die Ressourcen und Fabriken anderer Nationen zu plündern.

◆ Die Hegemonie des US-Dollars ist die Hauptquelle für Instabilität und Unsicherheit in der Weltwirtschaft. Während der COVID-19-Pandemie missbrauchten die Vereinigten Staaten ihre globale Finanzhegemonie und pumpten Billionen von Dollar in den Weltmarkt, so dass andere Länder, insbesondere Schwellenländer, den Preis dafür zahlen mussten. Im Jahr 2022 beendete die Fed ihre ultralockere Geldpolitik und ging zu aggressiven Zinserhöhungen über, was zu Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten und einer erheblichen Abwertung anderer Währungen wie dem Euro führte, von denen viele auf ein 20-Jahres-Tief fielen. Infolgedessen sahen sich zahlreiche Entwicklungsländer mit einer hohen Inflation, Währungsabwertungen und Kapitalabflüssen konfrontiert. Dies war genau das, was Nixons Finanzminister John Connally einmal mit Selbstzufriedenheit und doch scharfer Präzision bemerkte: „Der Dollar ist unsere Währung, aber er ist euer Problem.“

◆ Mit ihrer Kontrolle über die internationalen Wirtschafts- und Finanzorganisationen knüpfen die Vereinigten Staaten ihre Hilfe für andere Länder an zusätzliche Bedingungen. Um die Hindernisse für den Kapitalzufluss und die Spekulationen der USA zu verringern, wird von den Empfängerländern verlangt, dass sie die finanzielle Liberalisierung vorantreiben und die Finanzmärkte öffnen, damit ihre Wirtschaftspolitik mit der Strategie der USA in Einklang steht. Laut der Review of International Political Economy wurden mit den 1.550 Schuldenerlassprogrammen, die der IWF seinen 131 Mitgliedsländern zwischen 1985 und 2014 gewährt hat, nicht weniger als 55.465 zusätzliche politische Bedingungen verknüpft.

◆ Die Vereinigten Staaten unterdrücken ihre Gegner vorsätzlich mit wirtschaftlichem Zwang. In den 1980er Jahren setzten die Vereinigten Staaten ihre hegemoniale Finanzmacht gegen Japan ein und schlossen das Plaza-Abkommen, um die wirtschaftliche Bedrohung durch Japan zu beseitigen und das Land im Dienste des strategischen Ziels der USA, die Sowjetunion zu konfrontieren und die Welt zu beherrschen, zu kontrollieren und zu nutzen. Infolgedessen wurde der Yen in die Höhe getrieben, und Japan wurde gezwungen, seinen Finanzmarkt zu öffnen und sein Finanzsystem zu reformieren. Das Plaza-Abkommen versetzte der Wachstumsdynamik der japanischen Wirtschaft einen schweren Schlag, so dass Japan das erlebte, was später als „drei verlorene Jahrzehnte“ bezeichnet wurde.

◆ Die wirtschaftliche und finanzielle Hegemonie der USA ist zu einer geopolitischen Waffe geworden. Die Vereinigten Staaten setzen verstärkt auf einseitige Sanktionen und „weitreichende Rechtsprechung“ und haben innerstaatliche Gesetze wie den International Emergency Economic Powers Act, den Global Magnitsky Human Rights Accountability Act und den Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act erlassen sowie eine Reihe von Durchführungsverordnungen zur Sanktionierung bestimmter Länder, Organisationen oder Personen erlassen. Statistiken zeigen, dass die Sanktionen der USA gegen ausländische Einrichtungen zwischen 2000 und 2021 um 933 Prozent gestiegen sind. Allein die Trump-Administration hat mehr als 3.900 Sanktionen verhängt, was drei Sanktionen pro Tag bedeutet. Bislang haben die Vereinigten Staaten Wirtschaftssanktionen gegen fast 40 Länder auf der ganzen Welt verhängt, darunter Kuba, China, Russland, die Demokratische Volksrepublik Korea, den Iran und Venezuela, was fast die Hälfte der Weltbevölkerung betrifft. Die „Vereinigten Staaten von Amerika“ haben sich in „die Vereinigten Staaten von Sanktionen“ verwandelt. Und die „weitreichende Gerichtsbarkeit“ ist zu einem reinen Instrument für die Vereinigten Staaten geworden, um ihre staatlichen Machtmittel zur Unterdrückung wirtschaftlicher Konkurrenten und zur Einmischung in normale internationale Geschäfte einzusetzen. Dies ist eine schwerwiegende Abkehr von den Grundsätzen der liberalen Marktwirtschaft, derer sich die Vereinigten Staaten seit langem rühmen.


IV. Technologische Hegemonie – Monopol und Unterdrückung

Die Vereinigten Staaten versuchen, die wissenschaftliche, technologische und wirtschaftliche Entwicklung anderer Länder durch die Ausübung von Monopolmacht, Unterdrückungsmaßnahmen und Technologiebeschränkungen in Hochtechnologiebereichen zu verhindern.

◆ Die Vereinigten Staaten monopolisieren geistiges Eigentum im Namen des Schutzes dieses Eigentums. Unter Ausnutzung der schwachen Position anderer Länder, insbesondere der Entwicklungsländer, in Bezug auf die Rechte an geistigem Eigentum und der institutionellen Lücke in den entsprechenden Bereichen, erzielen die Vereinigten Staaten übermäßige Gewinne durch Monopole. Im Jahr 1994 setzten die Vereinigten Staaten das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) durch und erzwangen damit amerikanisierte Verfahren und Standards beim Schutz des geistigen Eigentums, um ihr Technologiemonopol zu festigen.

Um die Entwicklung der japanischen Halbleiterindustrie einzudämmen, leiteten die USA in den 1980er Jahren die „301“-Untersuchung ein, bauten ihre Verhandlungsmacht in bilateralen Verhandlungen durch multilaterale Abkommen aus, drohten damit, Japan als unlauteren Handel zu bezeichnen, und verhängten Vergeltungszölle, was Japan zur Unterzeichnung des amerikanisch-japanischen Halbleiterabkommens zwang. Infolgedessen wurden die japanischen Halbleiterunternehmen fast vollständig aus dem globalen Wettbewerb verdrängt, und ihr Marktanteil sank von 50 Prozent auf 10 Prozent. Mit Unterstützung der US-Regierung nutzten zahlreiche US-Halbleiterunternehmen die Gelegenheit und eroberten größere Marktanteile.

◆ Die Vereinigten Staaten politisieren technologische Fragen, machen sie zu Waffen und benutzen sie als ideologische Werkzeuge. Indem sie das Konzept der nationalen Sicherheit überstrapazierten, mobilisierten die Vereinigten Staaten die Staatsmacht, um das chinesische Unternehmen Huawei zu unterdrücken und zu sanktionieren, schränkten den Zugang von Huawei-Produkten zum US-Markt ein, unterbrachen seine Versorgung mit Chips und Betriebssystemen und zwangen andere Länder, Huawei den Aufbau lokaler 5G-Netze zu verbieten. Sie haben Kanada sogar dazu überredet, die Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou ungerechtfertigt für fast drei Jahre in Haft zu nehmen.

Die Vereinigten Staaten haben eine ganze Reihe von Vorwänden erfunden, um gegen Chinas Hightech-Unternehmen mit globaler Wettbewerbsfähigkeit vorzugehen, und haben mehr als 1.000 chinesische Unternehmen auf Sanktionslisten gesetzt. Darüber hinaus haben die Vereinigten Staaten Kontrollen für Biotechnologie, künstliche Intelligenz und andere Spitzentechnologien eingeführt, Exportbeschränkungen verschärft, Investitionsprüfungen verschärft, chinesische Social-Media-Apps wie TikTok und WeChat unterdrückt und bei den Niederlanden und Japan darauf hingewirkt, die Ausfuhr von Chips und verwandten Geräten oder Technologien nach China zu beschränken.

Die Vereinigten Staaten haben auch in ihrer Politik gegenüber Technologiefachleuten aus China mit zweierlei Maß gemessen. Um chinesische Forscher ins Abseits zu drängen und zu unterdrücken, wurde seit Juni 2018 die Gültigkeitsdauer von Visa für chinesische Studenten bestimmter Hightech-Disziplinen verkürzt, es gab wiederholt Fälle, in denen chinesische Wissenschaftler und Studenten, die zu Austauschprogrammen und Studienzwecken in die Vereinigten Staaten reisten, ungerechtfertigt abgewiesen und schikaniert wurden, und es wurden groß angelegte Ermittlungen gegen chinesische Wissenschaftler durchgeführt, die in den Vereinigten Staaten arbeiten.

◆ Die Vereinigten Staaten festigen ihr technologisches Monopol im Namen des Schutzes der Demokratie. Durch den Aufbau kleiner Technologieblöcke wie die „Chip-Allianz“ und das „saubere Netzwerk“ haben die Vereinigten Staaten der Hochtechnologie das Etikett „Demokratie“ und „Menschenrechte“ aufgedrückt und technologische Fragen in politische und ideologische Fragen verwandelt, um Vorwände für ihre Technologieblockade gegen andere Länder zu erfinden. Im Mai 2019 luden die Vereinigten Staaten 32 Länder zur Prager 5G-Sicherheitskonferenz in der Tschechischen Republik ein und veröffentlichten den Prager Vorschlag, um Chinas 5G-Produkte auszuschließen. Im April 2020 kündigte der damalige US-Außenminister Mike Pompeo den „5G clean path“ an, einen Plan, der darauf abzielt, eine technologische Allianz im Bereich 5G mit Partnern aufzubauen, die durch ihre gemeinsame Ideologie der Demokratie und die Notwendigkeit des Schutzes der „Cybersicherheit“ verbunden sind. Die Maßnahmen sind im Wesentlichen der Versuch der USA, ihre technologische Hegemonie durch technologische Allianzen aufrechtzuerhalten.

◆ Die Vereinigten Staaten missbrauchen ihre technologische Hegemonie, indem sie Cyberangriffe und Lauschangriffe durchführen. Die Vereinigten Staaten sind seit langem als „Imperium der Hacker“ berüchtigt und werden für ihre zügellosen Cyberdiebstähle in der ganzen Welt verantwortlich gemacht. Sie verfügen über alle möglichen Mittel, um allgegenwärtige Cyberangriffe und Überwachung durchzusetzen, darunter die Nutzung analoger Basisstationssignale für den Zugriff auf Mobiltelefone zum Zwecke des Datendiebstahls, die Manipulation mobiler Apps, das Eindringen in Cloud-Server und der Diebstahl über Unterseekabel. Die Liste lässt sich fortsetzen.

Die Überwachung durch die USA ist wahllos. Alle können Ziel ihrer Überwachung sein, ob Rivalen oder Verbündete, sogar die Führer verbündeter Länder wie die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und mehrere französische Präsidenten. Cyber-Überwachung und Angriffe der Vereinigten Staaten wie „Prism“, „Dirtbox“, „Irritant Horn“ und „Telescreen Operation“ sind der Beweis dafür, dass die Vereinigten Staaten ihre Verbündeten und Partner genau überwachen. Das Abhören von Verbündeten und Partnern hat bereits weltweit für Empörung gesorgt. Julian Assange, der Gründer von Wikileaks, einer Website, die die Überwachungsprogramme der USA aufgedeckt hat, sagte: „Erwarten Sie nicht, dass eine globale Überwachungs-Supermacht mit Ehre oder Respekt handelt. Es gibt nur eine Regel: Es gibt keine Regeln“.


V. Kulturelle Hegemonie – Verbreitung falscher Narrative

Die globale Ausbreitung der amerikanischen Kultur ist ein wichtiger Teil der außenpolitischen Strategie der USA. Die Vereinigten Staaten haben oft kulturelle Instrumente eingesetzt, um ihre Hegemonie in der Welt zu stärken und aufrechtzuerhalten.

◆ Die Vereinigten Staaten verankern amerikanische Werte in ihren Produkten wie z. B. in Filmen. Amerikanische Werte und ein amerikanischer Lebensstil sind mit ihren Filmen und Fernsehsendungen, Veröffentlichungen, Medieninhalten und Programmen der staatlich finanzierten gemeinnützigen Kultureinrichtungen verbunden. Auf diese Weise wird ein kultureller und öffentlicher Meinungsraum geschaffen, in dem die amerikanische Kultur regiert und die kulturelle Hegemonie aufrechterhält. In seinem Artikel „Die Amerikanisierung der Welt“ hat der amerikanische Wissenschaftler John Yemma die wahren Waffen der kulturellen Expansion der USA aufgedeckt: Hollywood, die Image-Design-Fabriken in der Madison Avenue und die Produktionslinien der Mattel Company und Coca-Cola.

Es gibt verschiedene Mittel, mit denen die Vereinigten Staaten ihre kulturelle Hegemonie aufrechterhalten. Amerikanische Filme sind das am meisten genutzte; sie halten heute mehr als 70 Prozent des Weltmarktanteils. Die Vereinigten Staaten nutzen ihre kulturelle Vielfalt geschickt aus, um verschiedene Ethnien anzusprechen. Wenn Hollywood-Filme die Welt erobern, schreien sie die mit ihnen verbundenen amerikanischen Werte hinaus.

◆ Die amerikanische kulturelle Hegemonie zeigt sich nicht nur in der „direkten Intervention“, sondern auch in der „medialen Infiltration“ und als „Trompete für die Welt“. Die von den USA dominierten westlichen Medien spielen eine besonders wichtige Rolle bei der Formung der öffentlichen Meinung in der Welt zugunsten der Einmischung der USA in die inneren Angelegenheiten anderer Länder.

Die US-Regierung zensiert alle Social-Media-Unternehmen streng und verlangt ihren Gehorsam. Der CEO von Twitter, Elon Musk, gab am 27. Dezember 2022 zu, dass alle Social-Media-Plattformen mit der US-Regierung zusammenarbeiten, um Inhalte zu zensieren, berichtete Fox Business Network. Die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten unterliegt staatlichen Eingriffen, um alle unliebsamen Äußerungen zu unterbinden. Google lässt oft Seiten verschwinden.

Das US-Verteidigungsministerium manipuliert soziale Medien. Im Dezember 2022 enthüllte The Intercept, eine unabhängige US-Untersuchungswebsite, dass der Beamte des U.S. Central Command, Nathaniel Kahler, im Juli 2017 das Public Policy Team von Twitter angewiesen hatte, die Präsenz von 52 arabischsprachigen Konten auf einer von ihm übermittelten Liste zu erhöhen, von denen sechs Priorität haben sollten. Einer der sechs Accounts war der Rechtfertigung von US-Drohnenangriffen im Jemen gewidmet, z. B. mit der Behauptung, die Angriffe seien präzise und töteten nur Terroristen und keine Zivilisten. Nach Kahlers Anweisung setzte Twitter diese arabischsprachigen Konten auf eine „weiße Liste“, um bestimmte Nachrichten zu verstärken.

◆Die Vereinigten Staaten messen mit zweierlei Maß, was die Freiheit der Presse angeht. Sie unterdrücken Medien anderer Länder auf brutale Weise und bringen sie mit verschiedenen Mitteln zum Schweigen. Die Vereinigten Staaten und Europa sperren russische Mainstream-Medien wie Russia Today und Sputnik aus ihren Ländern aus. Plattformen wie Twitter, Facebook und YouTube schränken offizielle Konten Russlands offen ein. Netflix, Apple und Google haben russische Kanäle und Anwendungen aus ihren Diensten und App-Stores entfernt. Gegen russlandbezogene Inhalte wird eine beispiellos drakonische Zensur verhängt.

◆ Die Vereinigten Staaten missbrauchen ihre kulturelle Hegemonie, um eine „friedliche Entwicklung“ in sozialistischen Ländern herbeizuführen. Sie richten Nachrichtenmedien und kulturelle Einrichtungen ein, die auf sozialistische Länder ausgerichtet sind. Sie investieren gewaltige Summen öffentlicher Gelder in Radio- und Fernsehsender, um deren ideologische Unterwanderung zu unterstützen, und diese Sprachrohre bombardieren die sozialistischen Länder Tag und Nacht in Dutzenden von Sprachen mit aufrührerischer Propaganda.

Die Vereinigten Staaten setzen Fehlinformationen als Speer ein, um andere Länder anzugreifen, und haben eine ganze Industriekette darum herum aufgebaut: Es gibt Gruppen und Einzelpersonen, die Geschichten erfinden und weltweit damit hausieren gehen, um die öffentliche Meinung mit Unterstützung nahezu unbegrenzter finanzieller Mittel in die Irre zu führen.

Schlussfolgerung

Eine gerechte Sache verschafft ihrem Verfechter breite Unterstützung, während eine ungerechte Sache ihren Verfolger dazu verurteilt, ein Ausgestoßener zu sein. Die hegemonialen, herrschsüchtigen und tyrannischen Praktiken, die darin bestehen, Stärke einzusetzen, um die Schwachen einzuschüchtern, anderen mit Gewalt und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen etwas wegzunehmen und Nullsummenspiele zu spielen, richten großen Schaden an. Die historischen Trends zu Frieden, Entwicklung, Zusammenarbeit und gegenseitigem Nutzen sind unaufhaltsam. Die Vereinigten Staaten haben sich mit ihrer Macht über die Wahrheit hinweggesetzt und das Recht mit Füßen getreten, um ihren eigenen Interessen zu dienen. Diese einseitigen, egoistischen und regressiven hegemonialen Praktiken stoßen auf wachsende, heftige Kritik und Widerstand in der internationalen Gemeinschaft.

Die Länder müssen sich gegenseitig respektieren und als Gleichberechtigte behandeln. Große Länder sollten sich so verhalten, wie es ihrem Status entspricht, und die Führung bei der Verfolgung eines neuen Modells der Beziehungen zwischen den Staaten übernehmen, das auf Dialog und Partnerschaft und nicht auf Konfrontation oder Allianz setzt. China wendet sich gegen alle Formen von Hegemonismus und Machtpolitik und lehnt die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ab. Die Vereinigten Staaten müssen sich ernsthaft mit sich selbst auseinandersetzen. Sie müssen kritisch prüfen, was sie getan haben, ihre Arroganz und Vorurteile ablegen und ihre hegemonialen, herrschsüchtigen und schikanösen Praktiken aufgeben.

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Artikel 6 Europäische Sozialcharta

Hier werden wichtige Informationen zu Art. 6 Nr. 4 Europäische Sozialcharta (ESC) veröffentlicht.

Es wird der Wortlaut des Art. 6 ESC wiedergegeben, wobei die Garantien zum Streikrecht fett gedruckt sind (Art. 6 Nr. 4 ESC). Die Europäische Sozialcharta (ESC) wurde überarbeitet und nach 20 Jahren stimmte auch der Bundestag dieser revidierten Fassung RESC zu.

Außerdem werden im Folgenden die Berichte („conclusions“) des zuständigen Sachverständigenausschusses EASR aus den Jahren 2014 und 2019 in vollem Wortlaut dokumentiert. Dort finden sich unter anderem kritische Aussagen zur Einschränkung des Streikrechts in Deutschland,

  • weil nur Gewerkschaften zum Streik aufrufen oder ihn später übernehmen dürfen,
  • weil die Streikziele auf tariflich regelbare Ziele begrenzt werden und
  • weil alle Beamte in Deutschland nicht streiken dürfen.

Der Sachverständigenausschuss ist das zuständige Gremium, das die Einhaltung der Europäischen Sozialcharta kontrolliert (Teil IV Art. C RESC i.V.m. Art. 25 ff. ESC).

Wenn diese Berichte nicht von den Staaten beachtet werden, die die ESC unterzeichnet haben, entsteht eine deutsche, spanische, englische französische Sozialcharta. Die europäische Sozialcharta würde nicht mehr existieren.

Inhalt:


Art. 6 Nr. 4 Europäische Sozialcharta

Art. 6 der Europäischen Sozialcharta lautet[1]https://www.sozialcharta.eu/europaeische-sozialcharta-9326/#8–artikel-6-%E2%80%93-das-recht-auf-kollektivverhandlungen:

Artikel 6 – Das Recht auf Kollektivverhandlungen

Um die wirksame Ausübung des Rechtes auf Kollektivverhandlungen zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien:

  1. gemeinsame Beratungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu fördern;
  2. Verfahren für freiwillige Verhandlungen zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberorganisationen einerseits und Arbeitnehmerorganisationen andererseits zu fördern, soweit dies notwendig und zweckmäßig ist, mit dem Ziele, die Beschäftigungsbedingungen durch Gesamtarbeitsverträge zu regeln;
  3. die Einrichtung und die Benutzung geeigneter Vermittlungs- und freiwilliger Schlichtungsverfahren zur Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten zu fördern;
    und anerkennen:
  4. das Recht der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen einschließlich des Streikrechts im Falle von Interessenkonflikten, vorbehaltlich etwaiger Verpflichtungen aus geltenden Gesamtarbeitsverträgen.

Hinweis: Wir haben den für das Streikrecht maßgebenden Text fett hervorgehoben.


Bericht des Sachverständigenausschusses des Jahres 2022 über die Einhaltung des Streikrechts nach Art. 6 Nr. 4 ESC durch Deutschland

Bericht des Sachverständigenausschusses[2]EASR = Europäischer Ausschuss für soziale Rechte des Jahres 2022[3]vom März 2023 über die Einhaltung von Art. 6 Nr. 4 Europäische Sozialcharta durch Deutschland[4]Quelle: Germany – Social Rights 1680aa9854 (coe.int) S. 29 ff.:

„Der Ausschuss nimmt die in dem von Deutschland vorgelegten Bericht enthaltenen Informationen und die Hinweise des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zur Kenntnis. …

Der Ausschuss erinnert … daran, dass er in der Allgemeinen Einführung zu den Schlussfolgerungen XXI-3 (2018) eine allgemeine Frage nach Artikel 6 Absatz 4 gestellt und die Staaten gebeten hat, im nächsten Bericht Angaben zu machen, Informationen über das Streikrecht von Angehörigen der Polizei und etwaige Beschränkungen vorzulegen.

In seiner vorherigen Schlussfolgerung (Schlussfolgerungen XXI-3 (2018)) war der Ausschuss der Ansicht, dass die Situation in Deutschland nicht im Einklang mit Artikel 6 Nr. 4 der Charta von 1961 stand, weil

  • das Verbot aller Streiks, die nicht auf die Erzielung eines Tarifvertrags abzielen eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellte;
  • die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellte;
  • die Verweigerung des Streikrechtes für alle Beamten, unabhängig davon, ob sie eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellte.

Die Bewertung des Ausschusses wird sich daher auf die in dem Bericht enthaltenen Informationen beziehen als Antwort auf die Feststellung der Nichtübereinstimmung und auf die allgemeine Frage.

Recht auf kollektive Maßnahmen

Definition und zulässige Ziele

In Bezug auf den ersten Grund der Nichtübereinstimmung (Streiks sind nur dann zulässig, wenn sie auf die Aushandlung eines Tarifvertrags abzielen, stellt eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts dar), erklärt die Regierung, dass sie dem Ausschuss nicht zustimmt. Sie weist darauf hin, dass sich der gesetzliche Rahmen nicht geändert hat, und verweist auf ihre früheren Berichte.

Da sich die Situation nicht geändert hat, bekräftigt der Ausschuss seine Schlussfolgerung der Nichtübereinstimmung zu diesem Punkt.

Berechtigung zur Einreichung einer Sammelklage

In Bezug auf den zweiten Grund der Nichtübereinstimmung (die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, stellen eine eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts dar), erklärt die Regierung, dass sie nicht die Auffassung des Ausschusses teile. Sie weist darauf hin, dass der gesetzliche Rahmen nicht geändert wurde, und verweist auf ihre früheren Berichte. Sie weist insbesondere erneut darauf hin, dass die Anforderung, dass eine Gruppe von Arbeitnehmern in der Lage ist, Tarifverhandlungen zu führen (ihre „Durchsetzungsfähigkeit“), notwendig ist, um sicherzustellen, dass die Gegenseite Verhandlungsangebote nicht ablehnen kann.

Da sich die Situation nicht geändert hat, bekräftigt der Ausschuss seine Schlussfolgerung der Nichtübereinstimmung in diesem Punkt.

Beschränkungen des Streikrechts, Verfahrensvorschriften

In Bezug auf den dritten Grund der Nichtübereinstimmung (Beamte sind nicht streikberechtigt) erklärt die Regierung, dass das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 12. Juni 2018 (Az. 2 BvR 1738/12) Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, dass das Streikverbot für Beamte unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit ein eigenständiger und hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Artikels 33 Absatz 5 des Grundgesetzes sei, der eine Einschränkung des Koalitionsrechts rechtfertige. Das Verbot stehe insbesondere in engem Zusammenhang mit dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip, der Treuepflicht und dem Grundsatz der lebenslangen Beschäftigung.

Das Bundesverfassungsgericht fügte hinzu, dass die Bestimmungen des Grundgesetzes im Einklang mit dem Völkerrecht auszulegen seien. In diesem Zusammenhang entschied es, dass das Streikverbot für Streikverbot für Beamte in Deutschland mit den Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sei und ein Widerspruch zwischen dem deutschen Recht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Artikel 11 der Konvention (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) nicht festgestellt worden sei.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass Beamte das Recht auf Streik gemäß Artikel 6 Nr. 4 der Charta von 1961 haben. Das Verbot der Ausübung des Streikrechts für alle öffentlichen Bediensteten steht nicht im nicht im Einklang mit dieser Bestimmung. Daher bekräftigt der Ausschuss seine Schlussfolgerung, dass dieses Verbot nicht mit Art. 6 Absatz 4 der Charta vereinbar ist.


Schlussfolgerung (conclusion)

Der Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass die Situation in Deutschland nicht im Einklang mit Artikel 6 Nr. 4 der Charta von 1961 steht, und zwar aus folgenden Gründen:

das Verbot aller Streiks, die nicht auf die Erzielung eines Tarifvertrags abzielen eine übermäßige Einschränkung des Streikrechtes darstellt;

die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellt;

allen Beamten, unabhängig davon, ob sie öffentliche Ämter ausüben, das Streikrecht verweigert wird.“


Bericht des Sachverständigenausschusses des Jahres 2019 über die Einhaltung des Streikrechts nach Art. 6 Nr. 4 ESC durch Deutschland

Bericht des Sachverständigenausschusses[5]EASR = Europäischer Ausschuss für soziale Rechte des Jahres 2019 über die Einhaltung von Art. 6 Nr. 4 Europäische Sozialcharta durch Deutschland[6]Quelle: https://hudoc.esc.coe.int/eng?i=XXI-3/def/DEU/6/4/EN:

Der Ausschuss nimmt die in dem von Deutschland vorgelegten Bericht enthaltenen Informationen zur Kenntnis.

Kollektivmaßnahmen: Definition und zulässige Ziele

Das deutsche Gesetz über kollektive Maßnahmen, das sich auf Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes in der Auslegung durch die Gerichte stützt, verbietet nach wie vor Streiks, die nicht den Abschluss von Tarifverträgen zum Ziel haben. Seit seiner ersten Schlussfolgerung (Schlussfolgerung I (1969)) hat der Ausschuss festgestellt, dass dieses Verbot nicht im Einklang mit Artikel 6 Absatz 4 der Charta steht. Zuvor (Schlussfolgerungen XX-3 (2014)) behielt er sich seine Position für den Fall vor, dass bestimmte Situationen auf Interessenkonflikte hinweisen, die nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen abzielen und nicht von einem zuständigen Gericht gelöst werden können. Nun bekräftigt er jedoch die Feststellung der Nichtkonformität, da die Zulassung des Streikrechts nur dann, wenn es auf den Abschluss eines Tarifvertrags abzielt, das Streikrecht unangemessen einschränkt.

Recht auf Aufruf zu einer kollektiven Aktion

Der Ausschuss hatte zuvor festgestellt, dass die Situation nicht im Einklang mit Artikel 6 Absatz 4 steht, da die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellen. An dieser Situation hat sich nichts geändert. Daher bekräftigt der Ausschuss seine frühere Schlussfolgerung.

Spezifische Einschränkungen des Streikrechts und Verfahrensvorschriften

Der Ausschuss hat bereits früher festgestellt, dass die Situation in Deutschland nicht konform ist, weil das Streikverbot für Beamte eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellt. An dieser Situation hat sich nichts geändert. Daher bekräftigt der Ausschuss seine früheren Schlussfolgerungen.

Der Ausschuss erinnert daran, dass das Streikrecht eines der wesentlichen Mittel ist, die den Arbeitnehmern und ihren Organisationen zur Förderung und zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen zur Verfügung stehen. Im Lichte von Artikel 31 der Charta „kann das Streikrecht für bestimmte Gruppen von Staatsbediensteten eingeschränkt werden, insbesondere für Angehörige der Polizei und der Streitkräfte, Richter und höhere Beamte. Die Verweigerung des Streikrechts für die Gesamtheit der öffentlich Bediensteten kann jedoch nicht als mit der Charta vereinbar angesehen werden“ (vgl. Schlussfolgerungen I (1969)). Der Ausschuss stellt ferner fest, dass im Falle von Beamten, die keine öffentliche Gewalt ausüben, nur eine Einschränkung, nicht aber ein absolutes Verbot gerechtfertigt werden kann (Schlussfolgerungen XVII-1 (2005) Deutschland). Nach diesen Grundsätzen sollten alle öffentlichen Bediensteten, die keine hoheitlichen Befugnisse im Namen des Staates ausüben, zur Verteidigung ihrer Interessen auf Streiks zurückgreifen können.

Der Ausschuss verweist auf seine allgemeine Frage nach dem Streikrecht für Angehörige der Polizei.

Folgen eines Streiks

Der Ausschuss stellt fest, dass sich an der Situation in diesem Bereich, die er zuvor als mit der Charta konform befunden hatte, nichts geändert hat.

Schlussfolgerung

Der Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass die Situation in Deutschland nicht im Einklang mit Artikel 6 Absatz 4 der Charta von 1961 steht, und zwar aus folgenden Gründen:

das Verbot aller Streiks, die nicht auf die Erzielung eines Tarifvertrags abzielen, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellt und

die Anforderungen, die eine Gruppe von Beschäftigten erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Voraussetzungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellen und

die Verweigerung des Streikrechts für Beamte insgesamt, unabhängig davon, ob sie öffentliche Ämter ausüben, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellt.

Quelle: https://hudoc.esc.coe.int/eng?i=XXI-3/def/DEU/6/4/EN


Bericht des Sachverständigenausschusses 2014 über die Einhaltung des Streikrechts nach Art. 6 Nr. 4 ESC durch Deutschland

„Der Ausschuss nimmt die in dem von Deutschland vorgelegten Bericht enthaltenen Informationen zur Kenntnis.

Kollektive Maßnahmen: Definition und zulässige Ziele

Das deutsche Recht der kollektiven Maßnahmen, das auf Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes in der Auslegung durch die Gerichte beruht, sieht nach wie vor vor, dass kollektive Maßnahmen zulässig sind. Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes in der Auslegung durch die Gerichte, verbietet nach wie vor Streiks, die nicht den Abschluss von Tarifverträgen zum Gegenstand haben. Seit seiner ersten Schlussfolgerung (Schlussfolgerung I (1969)) hat der Ausschuss festgestellt, dass dieses Verbot gegen Artikel 6 Absatz 4 der Charta verstößt. Ohne dieser Einschätzung zu widersprechen, wies der Ausschuss in den Schlussfolgerungen XIII-4 darauf hin, dass „Artikel 6 Abs. 4 nicht zur Rechtfertigung eines Streiks zu politischen Zwecken oder eines Streiks zur Anfechtung des Bestehens, der Gültigkeit oder der Auslegung eines Tarifvertrags herangezogen werden kann“.

In Beantwortung des Ersuchens des Ausschusses um Informationen darüber, wie die deutschen Behörden dieser negativen Schlussfolgerung Rechnung getragen haben, die in der Empfehlung Nr. R ChS (98) 2 des Ministerkomitees an Deutschland wiederholt wurde, erklärte die Regierung, dass es aus verfassungsrechtlichen und politischen Gründen nicht möglich sei, die Situation zu ändern (siehe den von Deutschland im Hinblick auf die Schlussfolgerungen XV-1 (2001) des Ausschusses vorgelegten Bericht).

Da sich die Situation in den aufeinanderfolgenden Berichtszeiträumen, die in den Schlussfolgerungen XV-1 (2001), XVI-1 (2003), XVII-1 (2005), XVIII-1 (2006) und XIX-3 (2010) geprüft wurden, nicht geändert hatte, bekräftigte der Ausschuss seine Schlussfolgerung, dass das Verbot aller Streiks, die nicht auf die Erzielung eines Tarifvertrags abzielen, im deutschen Recht gegen Artikel 6 Absatz 4 der Charta von 1961 verstößt.

Da dieser Punkt in dem Bericht nicht erwähnt wird, nimmt der Ausschuss die Informationen zur Kenntnis, die der deutsche Vertreter dem Regierungsausschuss der Europäischen Sozialcharta vorgelegt hat. In diesem Zusammenhang erklärte der deutsche Vertreter: „Es gibt keine Aussichten auf eine Änderung der gegenwärtigen Rechtslage“ und dass es „angesichts der grundlegend gegensätzlichen Positionen der politischen Kräfte zu kollektiven Maßnahmen nicht möglich ist (…), sich auf eine Gesetzgebung zu einigen (…)“.

Der Ausschuss geht davon aus, dass das deutsche Rechtssystem die Interessen der Arbeitnehmer auf unterschiedliche Weise schützt, je nachdem, ob es sich um einen Interessenkonflikt oder einen Rechtskonflikt handelt. Rechtskonflikte werden durch Gesetze, Rechtsnormen oder die Bestimmungen bestehender Tarifverträge oder individueller Verträge geregelt und von Gerichten gelöst. Interessenkonflikte werden durch Tarifverhandlungen gelöst, und nur für solche Fälle sieht das deutsche Rechtssystem kollektive Maßnahmen als Mittel zur Lösung eines solchen Konflikts vor, wenn sich die Tarifparteien ansonsten nicht einigen können.

Artikel 6 Absatz 4 der Charta von 1961 verweist auf das Recht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf kollektive Maßnahmen bei Interessenkonflikten und erkennt damit an, dass es andere Arten von Konflikten geben kann, bei denen die Interessen der Arbeitnehmer durch andere Mittel als kollektive Maßnahmen geschützt werden können. Artikel 6 Absatz 4 der Charta von 1961 muss jedoch auch dahingehend ausgelegt werden, dass die Staaten sicherstellen müssen, dass Arbeiter und Angestellte ihr Recht auf Kollektivverhandlungen wirksam ausüben können, einschließlich des Streikrechts zur Verteidigung der Arbeitnehmerinteressen, und dass die Umstände, unter denen Arbeiter und Angestellte kollektive Maßnahmen ergreifen können, nicht übermäßig eingeschränkt werden.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der spezifische deutsche Ansatz, der die Entscheidung von Rechtskonflikten den Gerichten überlässt und gleichzeitig vorschreibt, dass kollektive Maßnahmen auf die Lösung von Interessenkonflikten ausgerichtet sein müssen, grundsätzlich mit den Bestimmungen von Artikel 6 Absatz 4 der Charta von 1961 im Einklang steht, solange das Recht der Arbeiter und Angestellten auf kollektive Maßnahmen im Zusammenhang mit Interessenkonflikten nicht übermäßig eingeschränkt wird.

Der Schutz des Rechts auf kollektive Maßnahmen gemäß der Charta von 1961 verfolgt das Ziel, kollektive Konflikte zu lösen. Solange dieses Ziel in der Praxis tatsächlich gewährleistet ist, können gleichwertige Mittel zu diesem Zweck geschaffen werden. Der Ausschuss behält sich jedoch eine Stellungnahme für den Fall vor, dass bestimmte Situationen auf Interessenkonflikte hindeuten, die nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen abzielen und nicht durch ein zuständiges Gericht gelöst werden können.

Berechtigung zur Einreichung einer Sammelklage

In den Schlussfolgerungen XV-1 (2001), XVI-1 (2003), XVII-1 (2005), XVIII-1 (2006) und XIX-3 (2010) stellte der Ausschuss fest, dass die Situation in Deutschland nicht mit Artikel 6 Absatz 4 vereinbar ist, da die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Bedingungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellen. Diese Schlussfolgerungen berücksichtigen die in der deutschen Rechtsprechung festgelegten Kriterien, die eine Gewerkschaft erfüllen muss, um einen rechtmäßigen Streik ausrufen zu können, und stützen sich auf den vom Ausschuss aufgestellten Grundsatz, dass es mit der Charta vereinbar sein kann, das Streikrecht den Gewerkschaften vorzubehalten, wenn die Arbeitnehmer problemlos und ohne unangemessene Anforderungen oder Formalitäten eine Gewerkschaft zum Zwecke eines Streiks gründen können (Hervorhebung durch Fett-Druck von B. Hopmann) (vgl. Schlussfolgerungen XV-1 (2001), Schweden).

Der Bericht geht nicht auf diesen Punkt ein. Der Ausschuss nimmt die Informationen zur Kenntnis, die der deutsche Vertreter dem Regierungsausschuss zu diesem Thema vorgelegt hat. In diesem Zusammenhang erklärte der deutsche Vertreter, dass die dem letzten Bericht beigefügten Streikstatistiken „in keiner Weise darauf hindeuten, dass die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Streik schwer zu erfüllen sind“. Er führte weiter aus, dass „die deutsche Rechtsprechung zum Recht auf kollektive Maßnahmen bewusst die Rechtmäßigkeit von Streiks ausschließt, die von einer kleinen Gruppe von Arbeitnehmern außerhalb von Gewerkschaftsorganisationen mit Tarifverhandlungsbefugnis angezettelt werden; dies entspricht dem Grundsatz, dass wirksame Tarifverträge nur von Gewerkschaften mit der Fähigkeit zu Kollektivverhandlungen in einem kollektiven Rahmen – und wenn möglich ohne kollektive Maßnahmen – abgeschlossen werden können.“

In Anbetracht dieser Erklärungen erinnert der Ausschuss daran, dass es mit der Charta vereinbar sein kann, das Streikrecht den Gewerkschaften vorzubehalten, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer problemlos und ohne unangemessene Anforderungen oder Formalitäten eine Gewerkschaft zum Zwecke eines Streiks gründen können. In Bezug auf die Frage, auf die sich die Verletzung bezieht, möchte sie wissen, ob die in der deutschen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, die eine Gewerkschaft erfüllen muss, um in den Genuss des Schutzes aus Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes, auch in Bezug auf das Recht, kollektive Maßnahmen zu ergreifen, wie sie vom Ausschuss im Addendum zu den Schlussfolgerungen XVI-1 (2001) zusammengefasst wurden, weiterhin angewandt werden.

Da sich die Situation in diesem Punkt nicht geändert hat, ist der Ausschuss der Ansicht, dass die Anforderungen, die eine Gruppe von Beschäftigten erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Voraussetzungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellen.

Spezifische Einschränkungen des Streikrechts und Verfahrensvorschriften

In seiner früheren Schlussfolgerung (Schlussfolgerungen XIX-3 (2010)) hat der Ausschuss hervorgehoben, dass es Aufgabe des Vertragsstaates ist, dafür zu sorgen, dass die innerstaatlichen Gerichte vernünftig handeln und dass ihre Eingriffe insbesondere nicht den Kern des Streikrechts angreifen und es damit seiner Wirksamkeit berauben (Schlussfolgerungen XVII-1 (2005)). In der oben genannten Schlussfolgerung stellte der Ausschuss fest, dass im Falle von einstweiligen Verfügungen, die von einem Gericht auf Antrag eines Arbeitgebers gegen einen Streik erlassen werden, keine Möglichkeit besteht, auf Bundesebene, insbesondere beim Bundesarbeitsgericht, Rechtsmittel einzulegen. Er stellte fest, dass in Ermangelung einer gesetzlichen Garantie des Streikrechts die Gefahr der Rechtsunsicherheit bestehe, da verschiedene Gerichte in verschiedenen Bundesländern in ähnlichen Fällen zu abweichenden Entscheidungen kommen könnten. Der Ausschuss bat daher erneut um weitere Informationen über Mittel und Wege zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit, die das Streikrecht in dieser Hinsicht einschränken könnte, und behielt sich seinen Standpunkt zu diesem Punkt vor.

In ihrem Bericht stellt die Regierung fest, dass die Tatsache, dass die Arbeitsgerichte in ähnlichen Fällen unterschiedliche Entscheidungen getroffen haben, nicht unbedingt bedeutet, dass die betreffenden Gerichte unterschiedliche Rechtsauffassungen über dieselbe Rechtsfrage haben; sie ist vielmehr der Ansicht, dass die abweichenden Entscheidungen auf Unterschiede in den zugrunde liegenden Fakten der einzelnen Fälle zurückzuführen sind. Die Regierung stellt ferner fest, dass es den Parteien freisteht, Rechtsfragen durch ein höheres Gericht klären zu lassen, und dass, wenn von den Parteien keine Berufung eingelegt wird, dies nicht bedeuten kann, dass es in Deutschland eine Einschränkung des Streikrechts gibt, die vom Gesetzgeber korrigiert werden muss. Dementsprechend erklärt die Regierung, dass sie nicht beabsichtigt, das gerichtliche Verfahren zur Gewährleistung des Streikrechts zu ändern, da sie der Auffassung ist, dass das derzeitige System es den betroffenen Parteien ermöglicht, die erforderliche rechtliche Klärung rasch herbeizuführen.

Der Bericht bestätigt, dass Beamte gemäß Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes Beamten kein Streikrecht zusteht. Der Ausschuss stellt fest, dass im Falle von Beamten, die keine öffentliche Gewalt ausüben, nur eine Einschränkung, aber kein absolutes Verbot gerechtfertigt werden kann (Schlussfolgerungen XVII-1, Deutschland). Aus dem Bericht geht hervor, dass das Streikverbot für Beamte während des Berichtszeitraums Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren war. Alle Verfahren betrafen die Teilnahme von verbeamteten Lehrern an Streiks. In seinem Urteil vom 15. Dezember 2010 (Az. 31 K 3904/10.0) entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf, dass Beamte in Deutschland nach wie vor nicht streikberechtigt sind. Das Gericht stellte aber auch fest, dass die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme wegen der Teilnahme an einem Streik unzulässig sei, wenn der Beamte nicht im Kernbereich der öffentlichen Verwaltung mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt beschäftigt sei. In solchen Fällen müsse das Disziplinarverfahren ausgesetzt werden, weil nur so Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) Rechnung getragen werden könne, so das betreffende Gericht. In seiner Entscheidung vom 27. Juli 2011 (Az. 28 K 574/10.KS:D) stellte das Verwaltungsgericht Kassel fest, dass das Streikverbot im Hinblick auf Artikel 11 EMRK nur für Beamte gelte, die Aufgaben im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Gewalt wahrnehmen. Dagegen entschied das Verwaltungsgericht Osnabrück am 19. August 2011 (Az. 9 A 1/11 und 9 A 2/11), dass Beamte nach der Bundesverfassung kein Streikrecht haben. Auch das letztgenannte Gericht stellte fest, dass eine funktionsbezogene Differenzierung einen Verstoß gegen Art. 33 Abs.. 5 des Grundgesetzes in seiner Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht dar.

Im Anschluss an diese Auslegungen der genannten Gerichte sind Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten ergangen, in denen das Streikverbot für Beamte bestätigt wurde. So hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seiner Entscheidung vom 07. März 2012 (Az. 3d A 317/11.0) die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf aufgehoben. Es stellte fest, dass unabhängig von den Grundsätzen der EMRK die Koalitionsfreiheit für Beamte in Deutschland durch die in der Bundesverfassung verankerten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingeschränkt ist. Ähnlich argumentierte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in zwei Entscheidungen vom 12. Juni 2012 (Az. 20 BD 7/11 und 20 BD 8/11): Selbst bei Berücksichtigung von Artikel 11 EMRK müsse davon ausgegangen werden, dass Beamte in Deutschland nicht streiken dürfen.

Der Ausschuss stellt fest, dass das Bundesverwaltungsgericht die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Im Revisionsverfahren (Az. 2 C 1/13, anhängig) wird zu klären sein, ob die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Streikrecht, insbesondere das Urteil Enerji Yapı-Yol Sen/Türkei vom 21. April 2009, für die Gültigkeit des verfassungsrechtlichen Streikverbots für Beamtinnen und Beamte bzw. für die Sanktionen, die bei einem Verstoß gegen dieses Verbot verhängt werden können, von Bedeutung ist. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sind gegen die Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingelegt worden.

Der Ausschuss bittet darum, im nächsten Bericht aktuelle Informationen über die Entwicklung etwaiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und/oder des Bundesverfassungsgerichts zur Einschränkung des Streikrechts für Beamte zu geben.

Der Ausschuss weist darauf hin, dass das Streikrecht eines der wesentlichen Mittel ist, die den Arbeitnehmern und ihren Organisationen zur Förderung und zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen zur Verfügung stehen. Im Lichte von Artikel 31 der Charta „kann das Streikrecht für bestimmte Gruppen von Staatsbediensteten eingeschränkt werden, insbesondere für Angehörige der Polizei und der Streitkräfte, Richter und höhere Beamte. Die Verweigerung des Streikrechts für die Gesamtheit der öffentlich Bediensteten kann jedoch nicht als mit der Charta vereinbar angesehen werden“ (vgl. Schlussfolgerungen I (1969)). Der Ausschuss stellt ferner fest, dass im Falle von Beamten, die keine öffentliche Gewalt ausüben, nur eine Einschränkung, nicht aber ein absolutes Verbot gerechtfertigt werden kann (Schlussfolgerungen XVII-1 (2005) Deutschland). Nach diesen Grundsätzen können alle öffentlichen Bediensteten, die keine hoheitlichen Befugnisse im Namen des Staates ausüben, zur Verteidigung ihrer Interessen auf Streikmaßnahmen zurückgreifen. Der Ausschuss stellt fest, dass der IAO-Sachverständigenausschuss für die Durchführung der Übereinkommen und Empfehlungen in seiner Beobachtung von 2011, die anlässlich seiner 101. Tagung (2012) veröffentlicht wurde, in Bezug auf das Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts Schlussfolgerungen angenommen hat, in denen die vorgenannten Grundsätze bestätigt werden.

In seiner letzten Schlussfolgerung (Schlussfolgerungen XIX-3 (2010)) nahm der Ausschuss die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juni 2000 zur Kenntnis, wonach ein Beamter, der für die Aufnahme einer Tätigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages mit den privatisierten Unternehmen der Deutschen Post und der Deutschen Bahn beurlaubt wird, „grundsätzlich nicht dem Streikverbot unterliegt“. Er fragt, ob dies auch für alle verbeamteten Post- und Bahnangestellten gilt, die keine öffentliche Gewalt ausüben. Der Ausschuss bittet erneut darum, dass der nächste Bericht Informationen zu diesem Thema enthält.

Solange die gewünschten Informationen nicht vorliegen, behält sich der Ausschuss seinen Standpunkt zu diesem Punkt vor.

Folgen eines Streiks

Hinsichtlich der Verfahrensvorschriften für kollektive Maßnahmen und deren Folgen verweist der Ausschuss auf seine Bewertung der Situation in den Schlussfolgerungen XV-1 (2001) und XVI-1 (2003). In dem Bericht wird keine Änderung der Situation in dieser Hinsicht erwähnt.

Schlussfolgerung

Der Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass die Situation in Deutschland nicht im Einklang mit Artikel 6 Absatz 4 der Charta von 1961 steht, da die Anforderungen, die eine Gruppe von Arbeitnehmern erfüllen muss, um eine Gewerkschaft zu gründen, die die Voraussetzungen für einen Streik erfüllt, eine übermäßige Einschränkung des Streikrechts darstellen“[7]conclusions XX-3 vom 5.12.2014 Germany zu Artikel 6 Nr. 4 ESC; übersetzt von DeepL; Quelle im internet in Englisch – das ist neben Französische eine der beiden Sprachen, die nach der ESC … Continue reading

References

References
1 https://www.sozialcharta.eu/europaeische-sozialcharta-9326/#8–artikel-6-%E2%80%93-das-recht-auf-kollektivverhandlungen
2, 5 EASR = Europäischer Ausschuss für soziale Rechte
3 vom März 2023
4 Quelle: Germany – Social Rights 1680aa9854 (coe.int) S. 29 ff.
6 Quelle: https://hudoc.esc.coe.int/eng?i=XXI-3/def/DEU/6/4/EN
7 conclusions XX-3 vom 5.12.2014 Germany zu Artikel 6 Nr. 4 ESC; übersetzt von DeepL; Quelle im internet in Englisch – das ist neben Französische eine der beiden Sprachen, die nach der ESC gültig sind – hier zu finden

Streik(un)recht in Deutschland: Drei Fragen – drei Antworten

RA Benedikt Hopmann wurden drei Fragen zum Urteil des Landesarbeits gegen „wilde“ Gorillas-Streiks gestellt. Hier können die Fragen und Antworten gelesen werden.

1. Kurze Einführung der Fragesteller:

Letzten Monat bestätigte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Kündigungen gegen Gorillas-Beschäftigte, die 2021 gegen den Lieferdienst gestreikt hatten. Damit rückte erneut das – weitgehend auf „Richterrecht“ beruhende – Streikrecht in Deutschland in den Fokus, das „politische Streiks“ ebenso wie „wilde Streiks“ (d.h. Streik ohne Aufruf einer Gewerkschaft) illegalisiert.

Wir haben dazu Rechtsanwalt Benedikt Hopmann (Berlin) interviewt, der sich nicht nur für die Gorilla-Beschäftigten engagiert, sondern auch gegen die massiven Einschränkungen des Streikrechts durch die deutsche Rechtsprechung. Hier sei insbesondere die „Kampagne für ein umfassendes Streikrecht“ genannt (https://rechtaufstreik.noblogs.org/), die er unterstützt.

Für diese Kampagne sind Anke, Alex und andere verantwortlich. RA Benedikt Hopmann und RA Reinhold Niemerg sind für die anwaltliche Vertretung der drei Gorillas-Beschäftigten zuständig. Diesen drei Beschäftigten wurde gekündigt, weil sie an einem verbandsfreien Streik, also an einem Streik teilgenommen hatten, zu dem keine Gewerkschaft aufgerufen und den auch keine Gewerkschaft nachträglich übernommen hatte. Die drei Gorillas-Beschäftigten haben gegen ihre Kündigung Klage eingereicht.

2. Die drei Fragen und die drei Antworten:

Frage: Kannst du kurz darstellen, wofür die Gorilla-Beschäftigten gestreikt haben und unter welchen Umständen ihr Kampf erfolgte?

Den Gorillas Beschäftigten wurden die Löhne unpünktlich und unvollständig bezahlt. Außerdem erhielten für dieselbe Arbeit die einen 10,50 € und die anderen 12,00 €. Dagegen richtete sich ihr Streik. Die Beschäftigten kamen aus allen Ländern der Welt. 50 Prozent verfügten nur über eine sogenanntes working-holiday Visum, das eine Beschäftigug durch denselben Arbeitgeber nur für ein halbes Jahr erlaubt. Die übrigen waren ganz überwiegend auf ein Jahr befristet beschäftigt. Unter diesen Umständen war es unmöglich, einen von der Gewerkschaft als aureichend akzeptierten Organisationsgrad zu erreichen. Beschäftigten unter diesen Umständen nur den gewerkschaftlichen Streik zu erlauben, kommt einem Streikverbot zumindest sehr nahe.

Frage: Wie ist das, auch historisch, einzuordnen, dass ausgerechnet prekär Beschäftigten das Streikrecht verweigert wird, wenn keine Gewerkschaft den Streik „adoptiert“?

Nach herrschender Meinung sollen alle Streiks, die nicht einen Tarifabschluss zum Ziel haben, verboten sein. Das ist das entscheidende Dogma: Gestreikt werden darf nur, wenn der Streik auf den Abschluss eines Tarifvertrages gerichtet ist.

Dieses Verbot trifft auch verbandsfreie Streiks, wie den, den die Gorillas-Beschäftigten organisierten.

Tarifverträge wirken unmittelbar und zwingend, also wie Gesetze. Dass die Rechtsprechung für den Abschluss von solchen Tarifverträgen eine ausreichende Organisationsmacht verlangt, haben wir nicht angegriffen und solche Tarifverträge waren auch nicht das Ziel des Streiks der Gorillas-Beschäftigten. Also können auch nicht die Maßstäbe angelegt werden, die für den Kampf um Tarifverträgen entwickelt wurden. Wie sich zeigte, war ein Tarifvertrag auch gar nicht notwendig, um das Ziel der Gorillas-Beschäftigten zu erreichen. Das sahen die Beschäftigten einen Monat später auf ihrer Lohnabrechnung: Alle Beschäftigten mit derselbenTätigkeit bekamen 12,00 € – ohne dass dies durch einen Tarifvertrag vereinbart worden war. Natürlich ist ein Tarifvertrag besser als so eine einseitige Lohnangleichung von Unternehmensseite. Aber es ist auch mehr als nichts, wenn ein Unternehmen in dieser Weise den Forderungen der Beschäftigten nachgibt.

Die herrschende Meinung, die Streiks nur erlaubt, wenn sie auf einen Tarifvertrag gerichtet sind, trifft auch unmittelbar die Gewerkschaften: Wenn die Gewerkschaften gegen eine Entscheidung der Regierung oder des Parlaments streiken, dann geht es offensichtlich nicht um einen Tarifvertrag, der ja mit den Unternehmern oder deren Verbänden abgeschlossen wird. Die herrschende Lehre schließt daraus, dass auch der politische Streik verboten ist.

Das Dogma, dass Streiks an den Abschluss von Tarifverträgen gebunden sein sollen, geht auf ein Gutachten zurück, das der Jurist Hans Carl Nipperdey nach dem sogenannten Zeitungsstreik erstellte. Der Streik hatte 1952 dazu geführt, dass zwei Tage lang keine einzige Tageszeitung erschien. Die Gewerkschaften hatten damit gegen die Verschlechterungen in dem Betriebsverfassungsgesetz, das die Bundesregierung plante, protestiert. Der Bund Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) war gegen diesen Zeitungsstreik vor Gericht gegangen und hatte Hans Carl Nipperdey mit einem Gutachten beauftragt. Wolfgang Abendroth erstellte das Gutachten für die Gewerkschaften. Hans Carl Nipperdey hatte während der Nazizeit das faschistische Arbeitsrecht “Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG)” kommentiert. Wolfgang Abendroth war in dieser Zeit im Widerstand auf Seiten der griechischen Partisanen gewesen. Alle Gerichte richteten sich nach dem Gutachten von Nipperdey und nur das Landesarbeitsgericht entschied auf dieser Grundlage, dass der Streik legal war. Das Bundesarbeitsgericht existierte damals noch nicht und konnte also in dieser Sache nicht entscheiden. Zum politischen Streik gibt es bis heute keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.

Wer mehr über diesen Hans Carl Nipperdey wissen will, wird fündig unter https://widerstaendig.de/wer-war-hans-carl-nipperdey/

Wer wer mehr über die faschistischen Einflüsse in Betriebsverfassungsgesetz und Streikrecht wissen will, kann nachlesen unter: https://widerstaendig.de/faschistische-einfluesse-in-betriebsverfassung-und-streikrecht/

Frage: Streiks (wie zurzeit in Frankreich) gegen Regierungsentscheidungen sind verboten (Adenauer nannte das „Parlamentsnötigung“), Beamte dürfen überhaupt nicht streiken. Wie dagegen handeln in den Gewerkschaften?

Zum Verbot des Beamtenstreiks zunächst ein Beispiel: Mehrere tausend Beamtinnen und Beamte hatten sich vor einigen Jahren in Hessen an einem Streik beteiligt, obwohl sie wussten, dass der Beamtenstreik verboten ist. Deswegen wurden sie sanktioniert und dagegen haben die Sanktionierten geklagt. Das ging durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht. Jetzt wird die Sache vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verhandelt. Wie auch immer der Europäische Gerchtshof entscheidet: seine Urteile legen nur Mindeststandards fest. In Frankreich ist zum Beispiel jetzt schon der Beamtenstreik in viel größerem Ausmaß erlaubt als in Deutschland. Die einzelnen Länder sind also vollkommen frei, den Beschäftigten ein weiter gehendes, besseres Streikrecht einzuräumen.

Der Verlauf dieser gerichtlichen Auseinandersetzung zeigt: Am Anfang stand der Beamtenstreik trotz Verbot. Anders geht es nicht. Das gilt für das gesamte Streikrecht, weil es Richterrecht ist und die Richter nur dann die bisher geltende Rechtsprechung überdenken können, wenn ihnen ein Fall vorgelegt wird, der bisher verboten war. Dabei möchte ich wiederholen: Zum politischen Streikrecht hat das Bundesarbeitsgericht bisher noch nicht entschieden. Und – auch das sei angemerkt – die Begründung zum Verbot des verbandsfreien Streiks stammt aus dem Jahr 1963 und bedarf dringend einer Überprüfung.

Sehr wichtig als erster Schritt zu einem umfassenderen Streikrecht ist die Forderung nach Legalisierung des politischen Demonstrationsstreiks, der von vorherein auf maximal einen Tag befristet ist. Auch wenn der politische Demonstrationsstreik wiederholt werden kann, wäre es lächerlich, einen politischen Demonstrationsstreik als Parlamentnötigung zu beschreiben. Will man ernsthaft behaupten, das französiche Recht sei undemokratisch, weil es den politischen Streik erlaubt? Nein, es ist undemokratisch, das Recht des Volkes, seiner Meinung und seinem Willen Ausdruck zu geben, auf die Wahlen alle paar Jahre zu beschränken. Wenn es im Grundgesetz heißt “Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat”, dann ist mit Demokratie mehr gemeint als Wahlen. Demokratie ist Beteiligung des Volkes an den politischen Prozessen. Um dieses Demokratieverständnis müssen wir kämpfen. Es geht um ein Ziel, das weit über die Gewerkschaften hinaus Unterstützung finden sollte. Alle demokratisch gesinnten Menschen sollten sich dafür einsetzen, dass das Streikrecht nicht länger auf den Abschluss von Tarifverträgen beschränkt wird. Zum Beispiel können an den Universitäten die Beschäftigten zusammen mit den Studenten über dieses wichtige Thema Diskussionen organisieren. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass von den Universitäten wichtige Impulse ausgehen.

Wir wissen allerdings: Das wichtigste Fundament gewerkschaftlichen Handelns sind die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter selbst. Alles hängt von der Frage ab: Wofür sind wir bereit zu kämpfen? Früher oder später werden wir dann mit der Frage konfrontiert: Was hält uns auf? Für Deutschland kann ganz klar gesagt werden: Es ist der Staat und das von ihm verordnete extrem eingeschränkte Streikrecht, das uns daran hindert, so zu streiken wie in Frankreich. Ich habe allerdings den Eindruck, das finden alle ganz normal. Viele wissen das auch gar nicht. Aber wegen dieses restriktiven Streikrechts haben die Gewerkschaften nur in homöopathischen Dosen gestreikt, als das Renteneintrittsalter von der Schröder-Regierung von 65 auf 67 Jahre heraufgesetzt wurde. Sie hatten Angst vor Schadenersatzforderungen. Es ist also nicht eine Frage der ‘Kultur’, wenn die französischen Gewerkschaften gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters streiken, die deutschen aber nicht. Der Grund ist das deutsche Streikrecht.

Es ist wichtig, den ersten Schritt zu tun, und der heißt: Mehr und gründlich über dieses wichtige Thema in den gewerkschaftlichen Gliederungen zu sprechen. Wir dürfen dieses Thema nicht den Rechtsabteilungen überlassen. Es ist eine Frage, die alle angeht und von allen diskutiert werden muss.

Hinweis: Die drei Fragen wurden von der Zeitung „freie Plattform für Arbeiterpolitik“ Nr. 84 v. 8. Mai 2023 gestellt und dort auch die Antworen erstmalig veröffentlicht.

Faschistische Einflüsse in Betriebsverfassung und Streikrecht

Vorbemerkung: Unter dem Gesichtspunkt von Einflüssen aus der Zeit des Faschismus werden im Folgenden die Leitsätze der Betriebsverfassung in den verschiedenen historischen Phasen miteinander verglichen und es werden unter diesem Gesichtspunkt auch die Prägungen des Streikrechts betrachtet.

Der Kampf für mehr Rechte im Betrieb und ein umfassendes Streikrecht ist in Deutschland immer auch ein antifaschistisches Programm unter der Losung “Nie wieder!”

Inhalt:

I. Leitsätze der verschiedenen Betriebsverfassungen im Vergleich

II. Der faschistische Einfluss auf das bestehende Streikrecht


I. Leitsätze der Betriebsverfassungen im Vergleich

Das Betriebsrätegesetz 1920 (BRG), das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit 1934 (AOG) und das Betriebsverfassungsgesetz 1952 (BetrVG 1952) enthalten jeweils einen Leitsatz, der Sinn und Zweck des Gesetzes beschreibt. Anhand eines Vergleichs dieser Leitsätze lässt sich die Orientierung dieser drei Gesetze feststellen.

Das Weimarer Betriebsrätegesetz 1920

Im Betriebsrätegesetz von 1920[1]§ 1 BRG 1920: „Zur Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) dem Arbeitgeber gegenüber und zur Unterstützung des Arbeitgebers in der … Continue reading sollte der Betriebsrat ursprünglich die Aufgabe haben, „den Einfluss der Arbeitnehmer auf die Erzeugung oder die sonstigen Betriebszwecke zu verwirklichen“.

In diesem Sinne bindet der Leitsatz des Betriebsrätegesetzes die Errichtung von Betriebsräten an das Ziel der „Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten) dem Arbeitgeber gegenüber“. Die Aufgabe von Betriebsräten, die „gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten)“ wahrzunehmen, wird damit eindeutig im Rahmen des Interessengegensatzes zwischen Arbeit und Kapital beschrieben (dem Arbeitgeber „gegenüber“). Das entspricht auch der Formulierung in der Weimarer Reichsverfassung und beschreibt die Aufgaben des Betriebsrates „gegenüber“ dem Arbeitgeber völlig ausreichend.

Doch im Verlauf des Tauziehens zwischen Kapital und Arbeit um die Ausrichtung des Betriebsrätegesetzes wurde eine weitere Aufgabe des Betriebsrates hinzugefügt: Die „Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke“. Das Betriebsrätegesetz verlangte vom Betriebsrat die „Betriebsleitung durch Rat zu unterstützen, um dadurch mit ihr für einen möglichst hohen Stand und für möglichst hohe Wirtschaftlichkeit der Betriebsleistungen zu sorgen“[2]§ 66 Nr. 1 BRG 1920; der Betriebsrat solle den Betrieb vor „Erschütterungen bewahren“[3]§ 66 Nr. 3 BRG 1920. Das wurde zugleich als Unterwerfung des Betriebsrates unter die Friedenspflicht verstanden.

So schrieb das Betriebsrätegesetz den Betriebsräten eine Doppelfunktion zu: Als Interessenvertretung der Beschäftigten und als Unterstützung des Arbeitgebers.

Das faschistische AOG von 1934

Das AOG von 1934[4]§ 1 AOG 1934: „Im Betrieb arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und zum gemeinsamen … Continue reading schließt den ersten Teil des Leitsatzes des BRG, der auf dem Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmern und Unternehmer aufbaut, komplett aus und schließt ausschließlich an den zweiten Teil dieses Leitsatzes an: Die „Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke“ (BRG) heißt im AOG „Zusammenarbeit von Unternehmer und Arbeiter und Angestellten zur Förderung der Betriebszwecke“. Die „Förderung der Betriebszwecke“ wird um den Zweck “zum gemeinsamen Nutzen von Volk und Staat erweitert. Dass diese Zusammenarbeit ein Herrschaftsverhältnis ist, wird im AOG dadurch unmissverständlich beschrieben, dass der Unternehmer als Führer und die Arbeiter und Angestellten als Gefolgschaft bezeichnet werden.

Das Betriebsverfassungsgesetz

Der Leitsatz des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952[5]§ 49 BetrVG 1952: „(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten im Rahmen der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den Im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und … Continue reading lautete: „Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten … vertrauensvoll … zum Wohl des Betriebes und seiner Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Gemeinwohls zusammen“. Soweit war nicht einmal das Betriebsrätegesetz von 1920 gegangen. Dies hatte zwar als ein Ziel die „Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke“ genannt und genau diese Formulierung hatte auch das faschistischen AOG übernommen, aber als ein weiteres Ziel nannte das Betriebsrätegesetz von 1920 die „Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten) dem Arbeitgeber gegenüber“, diese Formulierung wurde im AOG gestrichen und findet sich auch im Leitsatz des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 nicht mehr. Der Begriff der „Zusammenarbeit“ mit dem Unternehmer, der sich erstmals im AOG findet, wird auch im Betriebsverfassungsgesetz von 1952 verlangt und sogar noch gesteigert, indem eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ gefordert wird.

Anknüpfend an den Zweck “zum gemeinsamen Nutzen von Volk und Staat im AOG wird auch im BetrVG von 1952 die Klausel “unter Berücksichtigung des Gemeinwohls” hinzugefügt.

Der bestehende Interessengegensatz zwischen Beschäftigten und Unternehmer, der noch im Leitsatz des Betriebsrätegesetz von 1920 enthalten war („Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten) dem Arbeitgeber gegenüber“), wird damit in schlimmer Tradition und im Interesse der Unternehmer geleugnet. Auch dass diese vertrauensvolle Zusammenarbeit zum „Wohl des Betriebes“ zu erfolgen hat, steht in der Tradition der „Betriebsgemeinschaft“, wie sie vom faschistischen AOG verlangt wurde.

Schon im BRG 1920 wurde aus der Verpflichtung des Betriebsrates, „den Arbeitgeber in der Erfüllung der Betriebszwecke zu unterstützen“, die Friedenspflicht des Betriebsrates hergeleitet. Auch im BetrVG 1952 wird aus der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat, die Verpflichtung hergleitet, “keine Maßnahmen des Arbeitskampfes gegeneinander (zu) führen.”

Die verheerende Tradition der faschistischen „Betriebsgemeinschaft“ und „Volksgemeinschaft“ wurde also im Betriebsverfassungsgesetz weiter geführt.[6]Otto Brenner, viele Jahre der Erste Bevollmächtigte der IG Metall, erklärte zum Betriebsrätegesetz 1952: „Die dem Gesetzeswerk innewohnende Ideologie entspricht einer Zeit, die wir 1945 ein für … Continue reading Diese Ideologie wurde im Laufe der Jahre zwar abgeschwächt, aber bis heute nicht aus dem Betriebsverfassungsgesetz getilgt. Bis heute verlangt das Betriebsverfassungsgesetz, dass Arbeitgeber und Betriebsrat „zum Wohl des Betriebes vertrauensvoll zusammen arbeiten“. Bis heute ist „Die Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) dem Arbeitgeber gegenüber” nicht Teil des Leitsatzes des Betriebsverfassungsgesetzes wie das noch für das Betriebsrätegesetz (BRG) 1920 galt[7]§ 1 BRG 1920.

Das Recht ändern!

1985 versuchte das Bundesarbeitsgericht gegenzusteuern, indem es zur „vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) feststellte: „Das geltende Arbeitsrecht wird durchgängig von zwei gegenüberstehenden Grundpositionen beherrscht mit denen unterschiedliche Interessen von Arbeitgeber – und Arbeitnehmerseite verfolgt werden. Ohne den Interessengegensatz wären die gesetzlichen Regelungen zur Mitwirkung der Arbeitnehmer an sozialen, personellen und wirtschaftlichen Entscheidungen des Arbeitgebers gegenstandslos. Auch das Betriebsverfassungsgesetz setzt diesen Interessengegensatz voraus. Im Betrieb hat der Betriebsrat die Interessen der von ihm repräsentierten Belegschaften wahrzunehmen. Dass wird durch § 2 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz nur insoweit modifiziert, dass anstelle möglicher Konfrontation die Pflicht zur beiderseitigen Koopderation tritt. Dennoch beleibt der Betriebsrat Vertreter der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber. Er ist zur vertrauensvollen Zusammenarbeit, nicht aber dazu verpflichtet, die Interessen der Belegschaft zurück zu stellen.“[8]BAG v. 21.4.1983 ABR 70/82

Die Verpflichtung des Betriebsrates zur „vertrauenvollen Zusammenarbeit“ muss endlich aus dem Gesetz gestrichen werden.


II. Der faschistische Einfluss auf das Streikrecht

Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts[9]unter Mitwirkung des ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Hans Carl Nipperdey beschreibt im Jahr 1955 die Basis, auf der das Bundesarbeitsgericht zum Streikrecht entschied:

Arbeitskämpfe (Streik und Aussperrung) sind im allgemeinen unerwünscht, da sie volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringen und den im Interesse der Gesamtheit liegenden sozialen Frieden beeinträchtigen; aber sie sind in bestimmten Grenzen erlaubt, sie sind in der freiheitlichen, sozialen Grundordnung der Deutschen Bundesrepublik zugelassen. Unterbrechungen der betrieblichen Arbeitstätigkeit durch einen solchen Arbeitskampf sind sozialadaequat, da die beteiligten Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit solchen kampfweisen Störungen auf Veranlassung und unter der Leitung der Sozialpartner von jeher rechnen müssen und die deutsche freiheitliche Rechtsordnung derartige Arbeitskämpfe als ultima ratio anerkennt. ….”[10]der vollständige Text: “Arbeitskämpfe (Streik und Aussperrung) sind im allgemeinen unerwünscht, da sie volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringen und den im Interesse der Gesamtheit … Continue reading

Diese Wertung von Streiks als “im allgemeinen unerwünscht” mit der anschließende Feststellung, sie seien in der „freiheitlich, sozialen Grundordnung der Deutschen Bundesrepublik zugelassen“, und der sogleich folgenden Einschränkung, dass sie 1. „sozialadäquat“ und 2. “auf Veranlassung und unter Leitung der Sozialpartner” zu führen seien, mündete in dem bis heute geltenden Dogma: Streiks müssen auf den Abschluss von Tarifverträgen ausgerichtet sein.

Aus diesem Dogma entwickelt das BAG im Jahr 1963 das Verbot von verbandsfreien Streiks und die herrschende Meinung glaubt, aus diesem Dogma auch die Illegalisierung des politischen Streiks herleiten zu können, obwohl das BAG zu politischen Streiks nie entschieden hat. Diese Beschränkung des Streiks allein auf Tarifverträge bedeutet eine gewollte Entpolitisierung gewerkschaftlichen Handelns auf ihrem wichtigsten Terrain. Es ist eine gezielte Entmündigung der Gewerkschaften.

Gewerkschaften sind Wächter der Demokratie. Werden sie geschwächt, ist immer auch die Demokratie gefährdet. Wenn Demokratie nicht als Stimmabgabe alle vier Jahre verstanden wird, sondern als aktive Beteiligung am politischen Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung (Art. 20 GG), dann sind politische Streiks keine Erpressung des Parlaments, wie von den Gegnern des politischen Streiks gern gesagt wird, sondern gelebte Demokratie par excellence. Gewerkschaftliche Handlungsfreiheit ist eben keine Bedrohung dieser Demokratie, sondern ein Wesensmerkmal von Demokratie.

Ohne politisches Streikrecht keine Demokratie. Dass schon der Gedanke des politischen Streiks in Deutschland als umstürzlerisch betrachtet wird, kann in Frankreich nur ein Kopfschütteln auslösen. Die Streiks in Frankreich gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters waren politische Streiks und massiv. In Deutschland dagegen sollen sie illegal sein und waren deshalb allenfalls als kurzzeitige Arbeitseinstellungen in der Metallbranche wenig wahrnehmbar und schwach.

Es sei daran erinnert: Es waren die abhängig Beschäftigten, die am 9. November 1918 mit einem Generalstreik die erste Republik überhaupt erst erzwangen. Und es waren die abhängig Beschäftigten und ihre Gewerkschaften, die 1 1/2 Jahre später diese Republik gegen den Kapp-Lüttwitz-Putsch verteidigten.

Wir haben an anderer Stelle drei Zitate aus den Jahren 1930, 1943 und 1955 von Hans Carl Nipperdey, dem ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts nebeneinander gestellt. Sie machen deutlich, in welchem Ausmaß dessen Auffassungen zum Streikrecht durchgehend von den Interessen des Kapitals geprägt waren, indem er die wirtschaftlichen Schäden in den Mittelpunkt stellte, die notwendig dem Kapital in einem Streik entstehen, den Nutzen aber vernachlässigte, den die Streikenden eben dadurch bewirken, weil dieser wirtschaftliche Schaden die Verhandlungsbereitschaft des Kapitals erhöht.

Die vollständige Unterbindung von Streiks während der Nazizeit wirkte in der Adenauerzeit weiter. Dem Rückgriff auf die Berücksichtigung des “Gemeinwohls” im BetrVG 1952 entspricht der Rückgriff auf “die im Interesse der Gesamtheit liegenden sozialen Frieden” in der Rechtsprechung zum Streikrecht. Das Streikrecht wurde soweit eingeschränkt, dass verbandsfreie und politische Streiks verboten sein sollen. Soweit ist das Recht in der Weimarer Republik nie gegangen. Es existierte zwar mit der Zwangsschlichtung ein sehr restriktives Streikrecht, aber es kannte nicht das prinzipielle Verbot des verbandsfreien und politischen Streiks.

Wie anders als durch den Einfluss faschistischen Gedankenguts kann das erklärt werden?

Wer sich darauf beschränken will, dass der Streik dem Kapital immer ein Ärgernis war und daher der Faschismus als Erklärung nicht herangezogen werden muss, übersieht die besondere historische Situation in der Restaurationszeit unter Adenauer, in der die Weichen für die bis heute geltenden Einschränkungen des Streikrechts gestellt wurden[11]siehe auch der Beitrag “Wer war Hans Carl Nipperdey?” und die Darstellung wesentlicher Inhalt des faschistischen AOG in diesem Zusammenhang. Diese Restauration bestand gerade darin, den antifaschistischen Konsens aufzukündigen, der kurz nach dem Krieg in der Gesellschaft bestanden hatte und von denen geprägt worden war, die während der Nazizeit verfolgt worden waren. Noch der Generalstreik im November 1948 stellte Forderungen an den Staat und war damit ganz selbstverständlich politisch.

Unter den Verfolgten des Naziregimes waren viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die wenige Jahre nach Kriegsende im Zuge der Restauration erleben mussten, dass ihre Handlungsfreiheit substantiell eingeschränkt wurde. Dafür steht der Rechtsstreit um die Rechtsmäßigkeit des Zeitungsstreik, der ebenfalls ein politischer Streik war. Alle Gerichte entschieden im Sinne des Gutachtens, das Hans Carl Nipperdey im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Arbeitgeber (BDA) verfasst hatte[12]nur das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Zeitungsstreik nicht rechtswidrig war. Wie konnte von denen, die in den KZs gesessen hatten, weil sie in der Weimarer Republik die Interessen der abhängig Beschäftigten in den Gewerkschaften und Arbeiterparteien vertreten hatten, eine derart fundamentale Einschränkung des Streikrechts, eine Einschränkung der Gewerkschaften auf dem einzigen Feld, auf dem sie überhaupt nur wirksam Handlungsmacht entfalten können, nicht als in faschistischer Tradition verhaftet begriffen werden?

Die Einschränkungen des Streikrechts wenige Jahre nach Kriegsende, können nur mit Blick auf den Faschismus verstanden werden. Im Deutschland der Restaurationszeit unter der Regierung Adenauer zogen wieder in Politik, Verwaltung, Justiz und Polizei diejenigen ein, die wenige Jahre zuvor im Dienste der Faschisten tätig gewesen und immer noch von dem geprägt waren, was sie schon während der Nazizeit vertreten hatten. Die Zerschlagung der Arbeiterparteien und Gewerkschaften und damit die Brechung wirksamen Widerstandes war das erste Ziele dieser Nazi-Politik gewesen.

Der Kampf für ein umfassendes Streikrecht ist in Deutschland mit Blick auf diese Vergangenheit immer auch ein antifaschistisches Programm unter der Losung “Nie wieder!”.

References

References
1 § 1 BRG 1920: „Zur Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) dem Arbeitgeber gegenüber und zur Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke sind in allen Betrieben, die in der Regel mindestens zwanzig Arbeitnehmer beschäftigen, Betriebsräte zu errichten.“
2 § 66 Nr. 1 BRG 1920
3 § 66 Nr. 3 BRG 1920
4 § 1 AOG 1934: „Im Betrieb arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und zum gemeinsamen Nutzen von Volk und Staat.
5 § 49 BetrVG 1952: „(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten im Rahmen der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den Im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl des Betriebes und seiner Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Gemeinwohls zusammen. (2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Arbeit und den Frieden des Betriebes zu gefährden. Insbesondere dürfen Arbeitgeber und Betriebsrat keine Maßnahmen des Arbeitskampfes gegeneinander führen. Arbeitskämpfe tariffähiger Parteien werden hierdurch nicht berührt.“
6 Otto Brenner, viele Jahre der Erste Bevollmächtigte der IG Metall, erklärte zum Betriebsrätegesetz 1952: „Die dem Gesetzeswerk innewohnende Ideologie entspricht einer Zeit, die wir 1945 ein für alle Mal überwunden glaubten. Ein Textvergleich mit dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Januar 1934 macht deutlich, was ich meine (…) Seit Jahren müssen wir erleben, wie die spezifisch nationalsozialistische Ideologie von der ‚Volks – und Betriebsgemeinschaft‘ dem Gesetz unterschoben wird.“ Brenner weiter: „Dieses Gesetz hat mit Mitbestimmung nur sehr wenig oder gar nichts zu tun. Ja, es ist sogar irreführend, wenn in diesem Zusammenhang das Wort Mitbestimmung verwendet wird.“
7 § 1 BRG 1920
8 BAG v. 21.4.1983 ABR 70/82
9 unter Mitwirkung des ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Hans Carl Nipperdey
10 der vollständige Text: “Arbeitskämpfe (Streik und Aussperrung) sind im allgemeinen unerwünscht, da sie volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringen und den im Interesse der Gesamtheit liegenden sozialen Frieden beeinträchtigen; aber sie sind in bestimmten Grenzen erlaubt, sie sind in der freiheitlichen, sozialen Grundordnung der Deutschen Bundesrepublik zugelassen. Unterbrechungen der betrieblichen Arbeitstätigkeit durch einen solchen Arbeitskampf sind sozialadaequat, da die beteiligten Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit solchen kampf weisen Störungen auf Veranlassung und unter der Leitung der Sozialpartner von jeher rechnen müssen und die deutsche freiheitliche Rechtsordnung derartige Arbeitskämpfe als ultima ratio anerkennt. Es besteht Freiheit des Arbeitskampfes, Streikfreiheit und Aussperrungsfreiheit. Das ergibt sich nicht nur aus der gesamten historischen Entwicklung seit 1869, namentlich aus der wichtigen Regel des § 152 Abs. 1 GewO und der allgemeinen rechtlichen Überzeugung … sondern neuerdings namentlich auch aus § 49 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Dort ist im Anschluss an das Verbot der Arbeitskämpfe zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausdrücklich bestimmt, dass Arbeitskämpfe tariffähiger Parteien durch das Verbot nicht berührt werden” (BAG 28.1.1955 – GS 1/54, juris, Rn. 33 ff). Siehe https://research.wolterskluwer-online.de/document/49ed5654-a33e-40b9-bc86-b78a8a8f9f32
11 siehe auch der Beitrag “Wer war Hans Carl Nipperdey?” und die Darstellung wesentlicher Inhalt des faschistischen AOG in diesem Zusammenhang
12 nur das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Zeitungsstreik nicht rechtswidrig war

Antimilitaristische Demo anlässlich der Versammlung der Aktionärinnen und Aktionären von Rheinmetall

Ergänzung:

Hier geht’s zum Redebeitrag zur antimilitaristische Demo “Rheinmetall entwaffnen!” anlässlich der Hauptversammlung von Rheinmetall, gehalten von Brigitte Renkl, auf der Demo vor dem Brandenburger Tor und zur einer kleinen Fotogalerie.


Zeit: Dienstag 9. Mai 2023 17 Uhr.

Ort: Parteizentrale der Grünen Platz vor dem Neuen Tor 1 Berlin-Mitte.

Stationen: FDP, Bundeswehr-Showroom, Rheinmetall-Büro am Brandenburger Tor.

Die sich vor vielen Jahrzehnten einst als »Friedenspartei« verstandenen Grünen treiben die Militarisierung immer weiter voran und befeuern die kriegerische Eskalation in der Ukraine. Anstatt ernsthaft nach Alternativen zu einem lang andauernden Abnutzungskrieg mit Tausenden Toten auf beiden Seiten zu suchen, möchten die Grünen »Russland ruinieren« (Baerbock) und verkünden »Die Ukraine muss gewinnen. Punkt.« (Göring-Eckardt). Dabei können ihnen Aufrüstungsvorhaben und Waffenlieferungen gar nicht schnell genug gehen. Doch noch mehr Waffen werden dem Sterben kein Ende bereiten. Im Gegenteil.

Bei der letzten Bundestagswahl warben die Grünen noch mit dem Versprechen, Waffenexporte in Kriegsgebiete zu verbieten, heutzutage drängen sie auf die schnelle Lieferung von Kampfpanzern Leopard an die Ukraine. Diese Panzer und etliche andere deutsche Waffen töten auch nach wie vor in Kurdistan. Die Ampel-Regierung unterstützt den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei gegen die kurdische Revolution, gegen den Befreiungskampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Wenn Baerbock sagt, »Menschenrechte sind nicht verhandelbar«, ist dies pure Heuchelei. Denn gleichzeitig sucht die deutsche Regierung eine enge Kooperation mit dem türkischen Diktator Erdoğan und dem saudi-arabischen Regime.

Der Grundsatz, schwere Waffen nicht in Kriegs- und Krisengebiete zu liefern, wurde gekippt. Der Entwurf für ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz ist nicht restriktiver, sondern laxer. Auch dessen Pendant auf EU-Ebene wird weiter ausgehöhlt. Damit sollen unter anderem Gemeinschaftsvorhaben wie die deutsch-französischen Großprojekte für Kampfflugzeuge und Kampfpanzer geschützt werden. Gemeinsame Verteidigungsprogramme und der Ausbau eines europäischen Rüstungskomplexes werden durch die massive Erhöhung der EU-Militärbudgets verstärkt. Deutschland nutzt den Stellvertreterkrieg und eine vermeintliche abstrakte moralische Überlegenheit dafür aus, seine globalen wirtschaftlichen Interessen militärisch noch effektiver durchzusetzen.

Die deutsche Rüstungsindustrie frohlockt

Die Waffenausfuhr erreichte 2022 den zweithöchsten Wert in der Geschichte der Bundesrepublik. Währenddessen macht die deutsche Rüstungsindustrie Riesengewinne und die Aktienwerte von Firmen wie Rheinmetall haben sich teils verdoppelt. Die Rüstungslobby und die Politik sind eng vernetzt. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) ist zum Beispiel Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags und Mitglied im Präsidium des Förderkreises Deutsches Heer, einem zentralen Lobbyverband der deutschen Rüstungsindustrie.

Die Kriegstreiber*innen fordern stetig mehr Aufträge und bauen ihre Produktionskapazitäten für die nächsten Jahre aus. Die Rheinmetall-Führung plant sogar eine neue Panzerfabrik in der Ukraine, die mit einem eigenen Luftabwehrsystem ausgestattet, jährlich 400 Kampfpanzer produzieren will. »Wir freuen uns, dass nicht nur die Kapitalmärkte uns eine deutlich gewachsene Bedeutung beimessen. Auch weite Teile der Gesellschaft sehen die Notwendigkeit die Streitkräfte schnell und zuverlässig mit moderner Ausrüstung und Bewaffnung auszustatten«, frohlockt Rheinmetall-Chef Papperger. Ausgerechnet am 9. Mai, dem Tag des Sieges über NS-Deutschland, lässt sich der Rheinmetall-Vorstand bei der Aktionär*innenversammlung für das blühende Geschäft mit dem Tod feiern. Die Rheinmetall-Aktionär*innen können sich freuen. Ihnen winkt, wie auch schon in den letzten Jahren, eine satte Dividende. Dafür können sie sich auch bei den Grünen bedanken.

No war but class war!

Wir stellen uns gegen die russische Invasion in die Ukraine und gegen die Kriegspolitik der NATO. Wir denken, die Klasse der Lohnabhängigen hat nichts zu gewinnen, wenn sich die herrschenden kapitalistischen Mächte um geopolitische Einflusssphären streiten. Wenn nicht als Kanonenfutter missbraucht, müssen wir den Gürtel enger schnallen, um den Herrschenden bei ihren imperialistischen Manövern nicht in den Rücken zu fallen. Das genau aber sollten wir! Daher rufen wir dazu auf, am 9. Mai und anlässlich der Rheinmetall-Aktionär*innenversammlung vor die Bundesparteizentrale der Grünen zu ziehen! Danach gehen wir weiter zur FDP, zum Bundeswehr-Showroom und zum Rheinmetall-Büro am Brandenburger Tor. Linke Antimilitarist*innen, Antiimperialist*innen, Feminist*innen, Kurdistan-Solidarische, Gegen-das-Grenzregime-Kämpfende, Gewerkschafter*innen und Klimabewegte – lasst uns den Grünen und allen anderen Kriegstreiber*innen von FDP, SPD und Co in den Rücken fallen und ihnen zeigen, was wir von ihrer Politik halten!

Wir gehen auf die Straße für ein würdiges Leben für alle, gegen die Kriege dieser Welt, gegen Militarisierung und Aufrüstung. Wir brauchen keine 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr! Wir brauchen 100 Milliarden für Gesundheit, Bildung und den ökologischen Wandel, anstatt sie der Rüstungsindustrie in den Rachen zu werfen. Wir wollen raus aus dem globalen kapitalistischen System, das so viel Ausbeutung und Unterdrückung, Krisen und Kriege produziert. Wir sind für das Bleiberecht aller Geflüchteten und sind solidarisch mit Deserteur*innen aus allen Armeen.

Nazis, Rechte und rechtsoffene Akteur*innen sind bei unserer Demo nicht willkommen!

Rheinmetall Entwaffnen Ortsgruppe Berlin
rheinmetall-entwaffnen-berlin[at]riseup.net
rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

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