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Offener Brief

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Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben am 21. April 2022 einen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz veröffentlicht: “Wenn Verantwortung tragende Menschen wie Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Entwicklung nicht stoppen, steht am Ende wieder der ganz große Krieg. Nur diesmal mit Atomwaffen, weitreichender Verwüstung und dem Ende der menschlichen Zivilisation. Die Vermeidung von immer mehr Opfern, Zerstörungen und einer weiteren gefährlichen Eskalation muss daher absoluten Vorrang haben … Wir fordern daher die Bundesregierung, die EU- und NATO-Staaten auf, die Waffenlieferungen an die ukrainischen Truppen einzustellen”.

Der unten stehende Brief kann hier unterschrieben werden …

Hier der offene Brief im Wortlaut:

Bundeskanzler Olaf Scholz
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Str. 1

10557 Berlin
 

21.04.2022

Offener Brief

Deeskalation jetzt!

Dem Schutz der Bevölkerung Vorrang einräumen!

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,

wir sind Menschen unterschiedlicher Herkunft, politischer Einstellungen und Positionen gegenüber der Politik der NATO, Russlands und der Bundesregierung. Wir alle verurteilen zutiefst diesen durch nichts zu rechtfertigenden Krieg Russlands in der Ukraine. Uns eint, dass wir gemeinsam vor einer unbeherrschbaren Ausweitung des Krieges mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Welt warnen und uns gegen eine Verlängerung des Krieges und Blutvergießens mit Waffenlieferungen einsetzen.

Mit der Lieferung von Waffen haben sich Deutschland und weitere NATO-Staaten de facto zur Kriegspartei gemacht. Und somit ist die Ukraine auch zum Schlachtfeld für den sich seit Jahren zuspitzenden Konflikt zwischen der NATO und Russland über die Sicherheitsordnung in Europa geworden.

Dieser brutale Krieg mitten in Europa wird auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung ausgetragen.  Der nun entfesselte Wirtschaftskrieg gefährdet gleichzeitig die Versorgung der Menschen in Russland und vieler armer Länder weltweit.

Berichte über Kriegsverbrechen häufen sich. Auch wenn sie unter den herrschenden Bedingungen schwer zu verifizieren sind, so ist davon auszugehen, dass in diesem Krieg, wie in anderen zuvor, Gräueltaten begangen werden und die Brutalität mit seiner Dauer zunimmt. Ein Grund mehr, ihn rasch zu beenden.

Der Krieg birgt die reale Gefahr einer Ausweitung und nicht mehr zu kontrollierenden militärischen Eskalation ‒ ähnlich der im Ersten Weltkrieg. Es werden Rote Linien gezogen, die dann von Akteuren und Hasardeuren auf beiden Seiten übertreten werden, und die Spirale ist wieder eine Stufe weiter. Wenn Verantwortung tragende Menschen wie Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Entwicklung nicht stoppen, steht am Ende wieder der ganz große Krieg. Nur diesmal mit Atomwaffen, weitreichender Verwüstung und dem Ende der menschlichen Zivilisation. Die Vermeidung von immer mehr Opfern, Zerstörungen und einer weiteren gefährlichen Eskalation muss daher absoluten Vorrang haben.

Trotz zwischenzeitlicher Erfolgsmeldungen der ukrainischen Armee: Sie ist der russischen weit unterlegen und hat kaum eine Chance, diesen Krieg zu gewinnen. Der Preis eines längeren militärischen Widerstands wird ‒ unabhängig von einem möglichen Erfolg ‒ noch mehr zerstörte Städte und Dörfer und noch größere Opfer unter der ukrainischen Bevölkerung sein. Waffenlieferungen und militärische Unterstütz­ung durch die NATO verlängern den Krieg und rücken eine diplomatische Lösung in weite Ferne.

Es ist richtig, die Forderung „Die Waffen nieder!“ in erste Linie an die russische Seite zu stellen. Doch müssen gleichzeitig weitere Schritte unternommen werden, das Blutvergießen und die Vertreibung der Menschen so schnell wie möglich zu beenden.

So bitter das Zurückweichen vor völkerrechtswidriger Gewalt auch ist, es ist die einzig realistische und humane Alternative zu einem langen zermürbenden Krieg. Der erste und wichtigste Schritt dazu wäre ein Stopp aller Waffenlieferungen in die Ukraine, verbunden mit einem auszuhandelnden sofortigen Waffenstillstand.

Wir fordern daher die Bundesregierung, die EU- und NATO-Staaten auf, die Waffenlieferungen an die ukrainischen Truppen einzustellen und die Regierung in Kiew zu ermutigen, den militär­ischen Widerstand ‒ gegen die Zusicherung von Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine politische Lösung ‒ zu beenden. Die bereits von Präsident Selenskyi ins Gespräch gebrachten Angebote an Moskau ‒ mögliche Neutralität, Einigung über die Anerkennung der Krim und Referenden über den zukünftigen Status der Donbass-Republiken ‒ bieten dazu eine reelle Chance.

Verhandlungen über den raschen Rückzug der russischen Truppen und die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sollten durch eigene Vorschläge der NATO-Staaten bezüglich berechtigter Sicherheitsinteressen Russlands und seinen Nachbarstaaten unterstützt werden.

Um jetzt weitere massive Zerstörungen der Städte so schnell wie möglich zu stoppen und Waffenstillstandsverhandlungen zu beschleunigen, sollte die Bundesregierung anregen, dass sich die derzeit belagerten, am meisten gefährdeten und bisher weitgehend unzerstörten Städte, wie Kiew, Charkiw und Odessa zu „unverteidigten Städten“ gemäß dem I. Zusatzprotokoll des Genfer Abkommen von 1949 erklären. Durch das bereits in der Haager Landkriegsordnung definierte Konzept konnten im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Städte ihre Verwüstung verhindern.

Die vorherrschende Kriegslogik muss durch eine mutige Friedenslogik ersetzt und eine neue europäische und globale Friedensarchitektur unter Einschluss Russlands und Chinas geschaffen werden. Unser Land darf hier nicht am Rand stehen, sondern muss eine aktive Rolle einnehmen.

Hochachtungsvoll,

PD Dr. Johannes M. Becker, Politologe, ehem. Geschäftsführer des Zentrums für Konfliktforschung in Marburg

Daniela Dahn, Journalistin, Schriftstellerin und Publizistin, Pen-Mitglied

Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist, Internationale Liga für Menschenrechte

Jürgen Grässlin, Bundessprecher DFG-VK und Aktion Aufschrei ‒ Stoppt den Waffenhandel!

Joachim Guilliard, Publizist

Dr. Luc Jochimsen, Journalistin, Fernsehredakteurin, MdB 2005-2013

Christoph Krämer, Chirurg, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges IPPNW (deutsche Sektion)

Prof. Dr. Karin Kulow, Politikwissenschaftlerin

Dr. Helmut Lohrer, Arzt, International Councilor, IPPNW (deutsche Sektion)

Prof. Dr. Mohssen Massarrat, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler

Dr. Hans Misselwitz, Grundwertekommission der SPD

Ruth Misselwitz, evangelische Theologin, ehem. Vorsitzende von Aktion Sühnezeichen
Friedensdienste

Prof. Dr. Norman Paech, Völkerrechtler, ehem. Mitglied des Deutschen Bundestages

Prof. Dr. Werner Ruf, Politikwissenschaftler und Soziologe

Prof. Dr. Gert Sommer, Psychologe, ehem. Direktoriummitglied des Zentrums für
Konfliktforschung in Marburg

Hans Christoph Graf von Sponeck, ehem. Beigeordneter Generalsekretär der UNO

Dr. Antje Vollmer, ehem. Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

Konstantin Wecker, Musiker, Komponist und Autor

Überlegungen zur “Ahnengalerie” des Bundesarbeitsgerichts

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Dr. Martin Borowsky ist Richter am Landgericht Erfurt und früherer wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesarbeitsgericht. Seit Frühjahr 2019 forscht er zur NS-Belastung des Gerichts. Bei dem folgenden Beitrag handelt es sich um die erste wissenschaftliche Veröffentlichung zum Thema. Der Beitrag wurde im Dezember 2021 in “Betrifft: JUSTIZ” Nr. 148 veröffentlicht. Wir veröffentlichen diesen Beitrag mit freundlicher Genehmigung dieser Zeitschrift und des Autors.

„Mit Stolz kann man auch auf die erste arbeitsgerichtliche Nachkriegsgeneration zurückblicken“

Überlegungen zur „Ahnengalerie“ im Bundesarbeitsgericht

Von Martin Borowsky

„Mit Stolz kann man auch auf die erste arbeitsgerichtliche Nachkriegsgeneration zurückblicken“ – dieses Zitat stammt von Peter Hanau, dem Doyen des deutschen Arbeitsrechts, der zum 60-jährigen Jubiläum des Bundesarbeitsgerichts, das im Mai 1954 gegründet wurde, im Jahr 2014 eine Chronik verfasst hat und bei der Geschichte beginnt. Es ist aufschlussreich, wie Hanau zu dieser Wertung kommt. Er beginnt „Das Bundesarbeitsgericht hat nicht bei Null angefangen, sondern hat im Arbeitsrecht und in der Arbeitsgerichtsbarkeit wichtige Vorgänger“. Dann stellt er Hugo Sinzheimer in den Mittelpunkt seiner Ausführungen, den Vater des deutschen Arbeitsrechts, der als Jude später verfolgt wurde. Hanau geht knapp auf den Nationalsozialismus ein. Ich zitiere: „Im Nationalsozialismus ging das Recht weitgehend verloren und eine verderbte Politik gewann die Oberhand. Die Gerichte haben dem wenig Widerstand entgegengesetzt, während in den nicht politisch infizierten Angelegenheiten die Rechtsentwicklung normal weiterging, so dass das Bundesarbeitsgericht auf Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts zurückgreifen konnte.“ Interessant, dass Hanau die Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts im „Dritten Reich“ nicht als politisch infiziert ansieht. Dann berichtet er noch von widerständigen Arbeitsrichtern im „Dritten Reich“, und vor diesem Hintergrund resümiert er: „Es ist gut zu wissen, dass es solche Vorgänger gibt. Mit Stolz kann man auch auf die erste arbeitsgerichtliche Nachkriegsgeneration zurückblicken, die unter widrigsten Umständen an die Weimarer Tradition anknüpfen und sie selbständig fortentwickeln konnte.“ Im Lichte eines solchen positiven Narrativs – Sinzheimer als jüdischer Vater des Arbeitsrechts, widerständige Arbeitsrichter, unbelastete „saubere“ Judikate des Reichsarbeitsgerichts und der Arbeitsgerichtsbarkeit – begegnet eine Ahnengalerie, wie wir sie am Bundesarbeitsgericht vorfinden, keinerlei Bedenken und Einwänden. Im Gegenteil: Mit Stolz könne man auf die Portraits der Richter:innen in der Ahnengalerie blicken.

Die wenigsten unter Ihnen dürften diese Ahnengalerie vor Augen haben. Sie befindet sich im Konferenzbereich im zweiten Stock. Rechts befinden sich die Portraits der Präsidenten in Öl, links Fotoportraits der in jüngerer Zeit ausgeschiedenen Bundesrichter. Linker Hand gibt es noch einen Konferenzraum, in dem etwa wöchentliche Kaffeerunden stattfinden, wo sich die Richter und Richterinnen versammeln. Dort hängen auch die Portraits der ersten Generation der Bundesrichter und Bundesrichterinnen.

Im Grunde genommen ist die selbstsichere Wertung von Hanau erstaunlich, weil es 2014 an jeder Tatsachengrundlage fehlte und bis heute fehlt. Vor 2014 war nur die Biografie von Nipperdey, dem ersten Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, erforscht worden; danach die Biografien von Marie Luise Hilger und von zwei Richtern, Walter Schilgen und Hugo Berger – dies von Georg Falk, weil sie vorher am OLG Frankfurt tätig waren. Das heißt, Hanau kommt zu dieser Wertung ohne jede Tatsachengrundlage. Dies kontrastiert mit der Jubiläumsschrift für die Bundesrechtsanwaltskammer aus derselben Zeit, die sich sehr eindringlich und intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und auch die belasteten Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer deutlich benennt. Es kontrastiert auch mit meinen vorläufigen, zwischenzeitlichen Erkenntnissen aufgrund der nunmehr bald dreijährigen Forschungen zu der NS-Belastung einzelner Bundesarbeitsrichter.

Ich möchte hier nur kurz in Erinnerung rufen: Von den 25 untersuchten Personen sind rund die Hälfte als erheblich bis schwer belastet anzusehen. Von zehn Juristen, die schon im „Dritten Reich“ in der Justiz tätig waren, halte ich neun für so belastet. Es gibt zwei spätere Vizepräsidenten, Hermann Stumpf und Friedrich Auffarth, die in der SA engagiert waren; es gibt Hans-Gustav Joachim, der eine Dissertation im Geiste des eliminatorischen Antisemitismus verfasst hat, und wir sehen in der Ahnengalerie sechs Juristen, die aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit als schwer belastet zu gelten haben. Es handelt sich um zwei ehemalige Rechtsanwälte, Boldt und Holschemacher, die in der Wehrmacht im Divisionsstab als Ic-Offiziere, also als Führungsoffiziere für die Geheime Feldpolizei – das war die Gestapo der Wehrmacht – tätig waren. Dann Schilgen, der am Oberlandesgericht in Kattowitz, heute Polen, im politischen Strafsenat Todesurteile zu verantworten hatte. Kattowitz liegt in unmittelbarer Nähe von Auschwitz mit eigenem Amtsgericht – das konnte ihm nicht verborgen geblieben sein. Weiter Willy Martel und Theodor Simons, die an Sondergerichten – „Panzertruppe der Rechtspflege“ (Freisler) – Todesurteile fällten, die als Mord qualifiziert werden könnten, und schließlich Georg Schröder, der in den Niederlanden der führende Jurist für die Arisierung, Enteignung, Ausplünderung der niederländischen und in die Niederlande geflüchteten Juden war. Furchtbare Juristen. Vor diesem Hintergrund erstaunt die Auffassung von Hanau.

Meine Ausführungen gliedern sich im Weiteren in zwei Teile: die Belastungsgeschichte des Bundesarbeitsgerichts und dann die Suche nach Gründen für die mangelnde Erforschung und Aufarbeitung bis zum heutigen Tag.

Belastungsgeschichte

Was waren die Gelegenheiten und Gründe für eine individuelle oder kollektive Konfrontation der Richter und Richterinnen mit ihrer Vergangenheit, für eine – unabschließbare – Aufarbeitung? Bedauerlicherweise habe ich keine Einsicht in Generalakten bekommen können. Meine Bewertung stützt sich also nur auf Personalakten, Urteile und Publikationen, die ich finden konnte. Ich identifiziere jetzt Aufarbeitungsfenster, Chancen und Möglichkeiten, innezuhalten und herauszufinden, was jemand konkret getan hat. Und auch, was die Institution Bundesarbeitsgericht hätte unternehmen können.

Dreh- und Angelpunkt ist die Entnazifizierung. Die Entnazifizierungsakten liegen zu praktisch allen Bundesrichtern vor. Spannend sind die „Persilscheine“, mit denen sie weißgewaschen wurden und die sie sich auch untereinander ausgestellt haben. Nipperdey hat so dem späteren Vizepräsidenten Stumpf einen Persilschein ausgestellt, und umgekehrt Stumpf Nipperdey. Und wie nicht anders zu erwarten, sind nahezu alle damals betroffenen Juristen als entlastet oder sogar nicht betroffen eingestuft worden. Das waren in der Regel Männer um die 40, hoch ehrgeizig, die zum größten Teil der Generation des Unbedingten angehörten, und deren Karriere noch nicht zu Ende sein sollte. Alle haben es geschafft, dieses Entréebillet in die Nachkriegsjustiz zu bekommen, und konnten so entweder, wenn sie schon vorher Justizjuristen waren, wieder aufgenommen werden, bzw. – als ehemalige Anwälte oder Wissenschaftler – erstmals in die Justiz aufgenommen werden. Nach meiner bisherigen Erkenntnis sind sie fortan unbehelligt geblieben, bis auf zwei oder drei Ausnahmen, bei denen es ganz konkrete besondere Anlässe für eine Befassung gab.

Weitere Gelegenheiten zur Aufarbeitung blieben ungenutzt, so z.B. die Beförderung in der Landesjustiz – die Bundesrichter kamen ja in der Regel über das Landesarbeitsgericht oder ein Oberlandesgericht zum Bundesarbeitsgericht. Da wäre Gelegenheit gewesen, sich mit ihrer Vergangenheit zu befassen. Und die Wahl zum Bundesrichter. In den Akten, die ich in Koblenz einsehen konnte, waren zumindest die formellen Mitgliedschaften in NSDAP, SA, SS erfasst. Aber diese Mitgliedschaften waren kein Hinderungsgrund für die Berufung. Erstaunlich auch, dass sich bisweilen in den Akten der Name von Fritz Bauer als Vertreter der hessischen Justiz findet – auch er hat offenbar keinen Anstoß genommen. Gelegenheit hätte zudem die Beförderung am Bundesarbeitsgericht selbst geboten. Weiter hätte die Blutrichter- und Braunbuchkampagne der DDR den Anstoß geben können, sich der Vergangenheit zu stellen. Dort sind immerhin vier Richter am Bundesarbeitsgericht angeprangert worden. Später ging es um Honorarprofessuren. Ich habe mir zwei oder drei Berufungsvorgänge anschauen können: Dort wird die Vergangenheit so gut wie nicht thematisiert. Es haben auch mehrere NS-Juristen das Bundesverdienstkreuz bekommen, so der erheblich belastete Vizepräsident Hermann Stumpf. Beim Bundespräsidialamt war man darüber jetzt auch erstaunt, denn eigentlich wären Regelanfragen beim Berlin Document Center fällig gewesen, aber die sind wohl unterblieben. Die Ehrungen waren also kein Anlass, Nachforschungen anzustellen. Das gilt auch für die offiziellen Nachrufe und die wenigen biografischen Skizzen, die es zu diesen Richtern gibt. So hat der Vizepräsident Dirk Neumann zu einem Richter am Reichsarbeitsgericht, Johannes Denecke, der noch kurz am Bundesarbeitsgericht tätig war, aus den Personalakten positiv zitiert, aber die negativen Belege daraus schlicht weggelassen, die etwa besagten, dass Denecke Urteile im Geiste des Nationalsozialismus fälle, die in der nationalsozialistischen Presse begeistert gefeiert würden.

Es gab drei Ausnahmen, bei denen die Vergangenheit hochgekommen ist. Zunächst Martel und Simons, die an Sondergerichten Todesurteile gefällt haben. Da wurde eine rote Linie überschritten. Diese beiden Herren durften dann still und heimlich bei vollen Bezügen in den Vorruhestand gehen. Bei Joachim ist Ende der 70er Jahre die Doktorarbeit aufgefallen. Der Spiegel und andere Presseorgane haben skandalisiert – aber da war er schon Präsident des Landesarbeitsgerichts in Frankfurt, und der Skandal hat nicht mehr das Bundesarbeitsgericht erreicht.

Eine individuelle Aufarbeitung im Einzelfall hat mithin nicht stattgefunden. Dies gilt leider auch für die kollektive oder institutionelle Aufarbeitung. Da ist erstaunlich, dass die einflussreiche 68er-Generation, die auch am Bundesarbeitsgericht maßgeblich gewirkt hat, sich offenbar nicht mit der eigenen Geschichte befasst hat. Auch diverse Publikationen in den letzten Jahrzehnten, die Probleme aufgezeigt haben, hat man nicht zum Anlass genommen, in die Tiefe zu gehen. Das gilt etwa für die Doktorarbeit von Marc von Miquel, der schon 2004 die Braunbuchkampagne der DDR auswertet und vier Richter am Bundesarbeitsgericht benennt, oder die großen Forschungen von Hubert Rottleuthner 2010, oder eine Habilitationsschrift von Britta Rehder zum Bundesarbeitsgericht und dessen Frühgeschichte von 2011. Die Autobiografie des Präsidenten Thomas Dieterich aus 2016, exzellent und gut lesbar, spricht gelegentlich Problemfälle an, so Martel am Sondergericht, und zwischen den Zeilen meine ich zu lesen, dass Dieterich eine Aufarbeitung wünschte. Leider ist er kurz darauf verstorben. Ein letztes Beispiel ist die ebenfalls 2016 veröffentlichte Dissertation meiner Thüringer Kollegin Misselwitz zu Marie Luise Hilger.

Diese Publikationen haben nicht wirklich interessiert. Frau Misselwitz zum Beispiel wurde nie eingeladen, ihre Doktorarbeit beim Bundesarbeitsgericht zu präsentieren. Immerhin hat sie einen Preis des Deutschen Juristinnenbundes für ihre Forschung erhalten.

Es gab sogar einen Großversuch: Die damalige Generalbundesanwältin Monika Harms hat 2008 oder 2009 angeregt, dass sich Bundesjustizministerium und Bundesgerichte mit ihrer Vergangenheit befassen. Diese Initiative ist bekanntlich gescheitert. Auf verschlungenen Wegen ist daraus allerdings zum einen das Rosenburg-Projekt entstanden, zur Aufarbeitung der Geschichte des Bundesjustizministeriums, und zum anderen eine Ringvorlesung an der Universität Jena zu der frühen Rechtsprechung der Bundesgerichte. Gerade Jena geht vorzüglich voran bei der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Was allerdings die Bundesgerichte angeht, ist das Projekt im Sande verlaufen. Laut Jena war die Bereitschaft der Bundesgerichtspräsident:innen sehr unterschiedlich ausgeprägt, Akten zur Verfügung zu stellen. Es werden auch Finanzprobleme angeführt. Das Bundesarbeitsgericht soll sich sogar – als „nachkonstitutionelles Gericht“ – als nicht betroffen angesehen haben. Eine Aufarbeitung oder auch nur Thematisierung einer möglichen NS-Belastung fand nicht statt.

Zusammengefasst: Es gab ein Nicht-Wissen, aber es war auch Nicht-Wissen-Wollen, so dass sich bis heute der Mythos des unbelasteten Gerichts halten konnte.

Erklärungsversuche

Das zweite große Themenfeld sind die Erklärungsversuche – eine Annäherung, warum man sich nicht mit der eigenen Geschichte befasst hat. Zunächst banal: schlichtes Desinteresse und andere Prioritäten. Auch kollegiale Rücksichtnahme, Takt. Ich habe schon Dirk Neumann erwähnt, dessen Biografie ich wegen des fehlenden Ablaufs von Schutzfristen nicht erforsche. Man nimmt zudem Rücksicht auf Angehörige.

Weiter gibt es wissenschaftliche Nähebeziehungen: Das deutsche Arbeitsrecht ist eine überschaubare geschlossene Welt, un petit monde, in der man sich kennt, austauscht, mit vielen Vernetzungen und Freundschaften und Feindschaften. Da nimmt man Rücksicht aufeinander. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es den Übervater Nipperdey aus Köln gab, den ersten Präsidenten. Köln ist maßgeblich für die erste Richtergeneration. Nipperdey hatte bei sehr vielen Berufungen und Wahlen zum Bundesarbeitsgericht seine Hände im Spiel. Das spiegelt sich auch in der regionalen Herkunft der ersten Richter wider. Sie kamen zum Großteil entweder aus NRW oder aus Hessen. Bremer, Saarländer, Bayern waren lange nicht vertreten. Ich erinnere an diesen berühmten Historikertag, wo Schüler meinten, ihre Lehrer verteidigen zu müssen – so ähnlich stelle ich es mir auch hier vor: wissenschaftliche Nähebeziehungen. Belastete Juristen als Namensgeber für führende arbeitsrechtliche Kommentare … Das führte dann dazu, dass man schwieg. Ein kollektives und kommunikatives Beschweigen. Auch nachdem meine ersten Forschungsergebnisse über die FAZ und andere Medien wie den MDR ab Dezember 2020 in die Öffentlichkeit gekommen sind, herrscht Schweigen in der Welt des Arbeitsrechts. Die führende arbeitsrechtliche Zeitschrift NZA hat auf diverse Zuschriften von mir keinerlei Reaktion gezeigt. Siehe Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“

Familiäre und gesellschaftliche Verflechtungen treten hinzu. Es fehlt allerdings an einer Richtersoziologie, anders als in den USA: Zur Herkunft, Einstellung usw. der Bundesrichter:innen liegt kaum Forschung vor. Ich gehe davon aus, dass es eine Selbsterneuerung der deutschen juristischen Elite gibt – wesentlich erleichtert durch Recht und Praxis der Bundesrichterwahlen. Eine Pädagogik- Professorin, die bei vielen Berufungen mitwirkt, hat mich gefragt, ob es denn üblich sei, dass die Kinder und Enkel von Jura-Professoren wieder Jura-Professoren würden. Family-owned success stories? Ich weiß es nicht, aber anekdotisch gibt es durchaus Anhaltspunkte.

Damit komme ich zu einem weiteren möglichen Motiv: Die Furcht vor Lawfare, also davor, vor Gericht gezerrt zu werden. Der Doyen des Forum Justizgeschichte, Helmut Kramer, kann davon ein Lied singen. Wir können aktuell die Politik der Hohenzollern bewundern. Ostrazismus, Ausgrenzung, der Vorwurf der Nestbeschmutzung bis hin zu Gerichtsverfahren. Ich selbst muss auch sehr vorsichtig sein, um solche Prozesse zu vermeiden. Das hat abschreckende Wirkung, einen chilling effect.

Für zentral halte ich die Furcht der Institution vor Reputationsverlust bis hin zur Delegitimation der eigenen Rechtsprechung. Damit sind wir bei der Frage nach den tiefen Schichten der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angekommen. Das Arbeitsrecht ist bekanntlich stark richterrechtlich geprägt. Das Bundesarbeitsgericht war vor allem in der Anfangszeit ein Ersatzgesetzgeber. Es gibt sachliche Kontinuitäten. Ich habe nach meinem Gang an die Öffentlichkeit Zuschriften von überallher zu solchen Kontinuitäten bekommen. Ich erwähne hier nur das – in Deutschland – restriktive Streikrecht. Man hat wohl Angst davor, die Büchse der Pandora zu öffnen, wie Annette Weinke vor kurzem befand. Und ich frage mich, ob es nicht doch immer wieder Kollegen und Kolleginnen gegeben hat, die in die Tiefe gegangen sind und einzelne Fakten ausgegraben haben – und sie dann lieber nicht veröffentlichten.

Spannend zum Abschluss: Es gab 2011 eine Anfrage der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag zur NS-Belastung von Bundesbehörden und Bundesgerichten. In ihrer Antwort hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass es am Bundesarbeitsgericht für die Richter:innen bis Jahrgang 1927 15 Mitgliedschaften in der NSDAP gab. Ich wollte in Erfahrung bringen, woher die Bundesregierung diese Kenntnis hatte, und habe über die Initiative „FragDenStaat“ eine offizielle Anfrage an das Bundesinnenministerium geschickt, das damals die Antworten auf die parlamentarische Anfrage gebündelt hatte. Das BMI teilte mit, dies sei vom Bundesarbeitsministerium zugearbeitet worden. Auf Anfrage dort erfuhr ich, die Auskünfte kämen aus dem Bundesarbeitsgericht selbst … Die Verwaltung des Bundesarbeitsgerichts schrieb mir dann:

„Die gewünschte Auskunft zu den Namen der NSDAP-Mitglieder und NSDAP-Mitgliedsnummern kann nicht erteilt werden. Die Personalakten der zwischenzeitlich verstorbenen Bundesrichter sind in den letzten Jahren vollständig an das Bundesarchiv abgegeben worden. Hausinterne Aktenvorgänge zu Parlamentarischen Anfragen werden in regelmäßigen Abständen vernichtet. Dies betrifft auch die Unterlagen für die Zuarbeit zu der Antwort der Bundesregierung vom 14. Dezember 2011 (Ds.17/8134) auf eine parlamentarische Anfrage. Ob und inwieweit die NS Belastung auf einer Mitgliedschaft in der NSDAP beruhte, um wen es sich handelte und wie die genannte Zahl 15 zustande kam, lässt sich daher heute nicht mehr nachvollziehen.“

Auch da: Fehlanzeige. Immerhin steht fest, dass man am Bundesarbeitsgericht schon 2011 die Akten nach einer NS-Belastung durchforstet hat. Es stellt sich die brisante Frage, wer wann von einer NS-Belastung wusste, und untätig blieb. Die Ahnengalerie wurde jedenfalls nicht als anstößig empfunden.

Ausblick: Was tun mit der Ahnengalerie?

In der Tiefe denke ich, dass man eine solche Ahnengalerie nur darum belassen konnte, weil man die Opfersicht vollkommen abspaltete. Ich war diese Woche zu einem „Weimarer Salon“ im Hotel Elephant mit Bodo Ramelow und vier Überlebenden des Holocaust. Wir haben dort von einem Auschwitz-Überlebenden erfahren, dass ungarische jüdische Kinder lebend ins Feuer geworfen wurden. Das unermessliche Leid der Opfer muss in den Blick genommen werden, nach innen wie nach außen. Ich frage mich, wie die homosexuellen Richter:innen am Bundesarbeitsgericht, die heute dort tätig sind, damit umgehen, dass ihr Fotoportrait, das man in der Regel zum Ausscheiden bekommt, in der Nähe des Porträts eines Willy Martel hängen wird, der am Sondergericht Mannheim zwei junge, geistig zurückgebliebene Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Orientierung auf das Schafott geschickt hat. Oder ich frage mich, wie man damit umgeht, dass ein Georg Schröder, der in den Niederlanden – im Wissen um die Shoa – zahllose Juden ausgeplündert hat, heute – 2021 – von der Ahnengalerie auf die wöchentlichen Kaffeerunden oder Gäste aus Israel und den Niederlanden herab lacht. Der Vater des deutschen Arbeitsrechts Hugo Sinzheimer hat als geflüchteter Jude in den Niederlanden die Befreiung nur kurze Zeit überlebt …

Es hängen in der Ahnengalerie Juristen, die den Dolch des Mörders unter der Robe trugen oder Wegbereiter der Shoa waren. Daher lautet meine abschließende Frage: Wie können wir als Citoyens, als aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger angesichts des absolut Bösen eine solche Ahnengalerie rechtfertigen?

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Der Artikel beruht auf dem Vortrag “Überlegungen zur Ahnengalerei im Bundesarbeitsgericht” im Rahmen der Jahrestagung des Forum Justizgeschichte am 25. September 2021 „Wie Justitia zurückblickt – Erinnerungskulturen der Deutschen Justiz“. Der Vortragsstil wurde beibehalten.

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Hier geht es zur Veröffentlichung in “Betrifft: JUSTIZ” Nr. 148

Keine Osterweiterung der NATO

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Zu diesem besonders häufig gelesenen Beitrag vom 4. März 2022, zuletzt ergänzt im September 2023:

Zahllose Menschen sterben im Ukraine-Krieg. Aber niemand fragt: Was verteidigen sie?

Die russische Regierung will nicht, dass die Ukraine Mitglied der NATO wird. Sie betrachtet eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine als Bedrohung: Nach Darstellung der russischen Regierung beträgt die Flugzeit für ballistische Raketen aus dem Raum Charkow 7 bis 8 Minuten und für die Hyperschall-Rakete ‘Dark Eagle’ 4 bis 5 Minuten. Präsident Putin in seiner Rede an die Nation am 21. Februar 2022: “Das bezeichnet man als ‘das Messer am Hals'”[1]zitiert nach Lühr Henken “Der Ukraine Krieg – immnense Herausforderung für die Friedensbewegung, Vortrag gehalten am 5. April 2022, … Continue reading.

Dagegen förderte die USA immer den Willen der Ukraine, in das NATO-Lager zu wechseln.

Niemand fragt auch nur danach, ob es in unserem Interesse ist, dass die Regierungen der USA, Ukraine, Deutschlands und Europas zur Verteidigung dieser “Politik der offenen Tür” einen Krieg in Kauf genommen haben. Nur Wenige verurteilen, dass die NATO nie bereit war, auf Osterweiterungen zu verzichten.

Nachdem die russische Regierung Truppen in die Ukraine geschickt hat, begnügt man sich mit der Aussage: Das Verhalten der NATO-Staaten kann nicht die russische Invasion in die Ukraine rechtfertigen.

Aber das reicht nicht, um den Krieg rasch zu beenden.

Nur wenn erkannt wird, dass die Politik der NATO-Osterweiterung und die Weigerung, auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO zu verzichten, entscheidende Voraussetzungen für diesen Krieg waren, kann dieser Krieg beendet werden: Durch Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO und Rückzug der militärischen Kräfte und Raketenstützpukte, die in den vergangenen Jahrzehnten immer näher an Russland heranrückten.

Doch stattdessen nimmt die NATO auch Finnland und Schweden auf und liefert immer gefährlichere Waffen an die Ukraine.

Wen muss da nicht die Angst vor einem Dritten Weltkrieg umtreiben?

Inhaltsverzeichnis:

1990: Es gab eine mündliche Vereinbarung von US-Außenminister Baker mit Gorbatschow: Keine Osterweiterung der NATO.

“Immer wieder geht es … auch um die Frage, ob die USA 1990 Gorbatschow im Zusammenhang mit seiner Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung versprochen haben, die NATO nicht über die deutschen Grenzen nach Osten zu erweitern. Hier sollte man die wichtigste Quelle US-amerikanischer Forschung heranziehen: Das Buch “1989” der Harvard-Professorin Mary Elise Sarotte, und zwar die zweite Auflage mit dem zweiten Nachwort 2014. Es ist heute unbestreitbar – wie auch Burns einst eindeutig bestätigte -, dass US-Außenminister Baker Anfang Februar 1990 in seinen Verhandlungen mit Gorbatschow über die deutsche Wiedervereinigung mündlich vereinbarte, es werde über die damalige Ostgrenzen der DDR hinaus keinerlei Erweiterung der NATO geben. Baker hielt nämlich diese Zusage im Gespräch mit Gorbatschow seinerseits als ein mündlich gegebenes Versprechen in einer Notiz fest: “End result: Unified Ger.anchored* in a changed (polit.) NATO–* whose jurisd. would not moved* eastwards!” Sarotte berichtet auch die Antwort Gorbtschows: “Ganz gewiss wäre jede Erweiterung der NATO über ihren bisherigen Bereich inakzeptabel”. Und Baker antwortete: “I agree” (Ich stimme zu”). Der Inhalt des Vermerks wurde einen Tag später in einem Brief an Bundeskanzler Kohl anlässlich dessen Besuch in Moskau übermittelt” – so Klaus von Dohnanyi in seinem Buch “Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche”, dass in diesem Jahr in 3. Auflage erschienen ist[2]Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche”, 3. Auflage 2022 München S. 66 f..

Klaus von Dohnanyi’s Kommentar: “Es bleibt unverständlich, warum diese Tatsachen in Deutschland noch immer weitgehend verschwiegen werden”[3]Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München s. 67.

Die Informationsstelle Militarisierung drückt es in einem Beitrag vom 3. März 2022 so aus:

“Seit Jahren ist die NATO vehement darum bemüht, die Aussage, Russland bzw. der Sowjetunion sei Anfang der 1990er zugesagt worden, es werde zu keiner Erweiterung der westlichen Militärallianz nach Osten kommen, als Falschmeldung zu diskreditieren. Auch die Medien, angefangen von Stefan Kornelius in der Süddeutschen Zeitung über Thomas Hanke im Handelsblatt bis hin zu Michael Thumann in der Zeit wissen es ganz genau: die russische Sichtweise entbehre jeder vernünftigen Grundlage, so der Tenor.

Über diverse Winkelzüge versucht die NATO dem Problem beizukommen, dass sie mit der schlussendlich 1999 vollzogenen Osterweiterung wissentlich ihre einstigen Zusagen eklatant verletzt hat. Da wäre einmal die Behauptung, die (nicht nur) von US-Außenminister James Baker gemachte Versicherung, die NATO werde sich nicht nach Osten erweitern, habe sich lediglich auf das Gebiet der ehemaligen DDR bezogen, von anderen Ländern in Osteuropa sei nie die Rede gewesen …”.

Hören wir uns einmal genau an, was Genscher während der Verhandlungen über den zwei-plus-vier Vertrag im Jahr 1990 im Weltspiegel der ARD im Beisein des amerikanischen Außenministers Baker erklärte:

“Wir waren uns einige, dass nicht die Absicht besteht, das NATO Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten – das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern gilt ganz generell”.

“… das gilt nicht nur in Bezug auf die DDR … sondern gilt ganz generell” – mit dieser Aussage wird der Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung nicht auf das Gebiet der DDR begrenzt[4]Zu dem Thema ein Interview mit Horst Teltschik.

Dass eine NATO-Osterweiterung ausgeschlossen wurde, wird auch durch eine Regelung im 2+4-Vertrag gestützt, in der es mit Blick auf das ehemalige Gebiet der DDR heißt: “Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.”[5]Artikel 5 Absatz 3 Satz 3 des 2+4-Vertrages

1991: Einigkeit zwischen den politischen Direktoren der Außenministerien der USA, GB, Frankreichs und Deutschlands: Keine Osterweiterung der NATO

Aus dem folgenden schriftlichen Dokument – hier in einem Ausschnitt zu sehen – geht hervor, dass auch 1991 eine Erweiterung der NATO ausgeschlossen wurde:

Dieses Dokument fand ein amerikanischer Professor der Universität Boston, Joshua Shifrinson, im britischen Nationalarchiv. Der Spiegel berichtete am 18. Februar 2022, dass es ursprünglich als geheim eingestuft und dann freigegeben wurde.

Das Dokument protokolliert ein Treffen der politischen Direktoren der Außenministerien der Vereinigten Staat, Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs am 6. März 1991 in Bonn.

Der Vertreter Deutschlands, Jürgen Chrobog, erklärte: „Wir haben in den Zwei-plus-vier Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Elbe hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten.“ Chrobog wies ausdrücklich daraufhin, dass diese Position mit Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher abgestimmt worden sei.

Der US-Vertreter Raymond Seitz erklärte: »Wir haben gegenüber der Sowjetunion klargemacht – bei Zwei-plus-vier wie auch anderen Gesprächen – dass wir keinen Vorteil aus dem Rückzug sowjetischer Truppen aus Osteuropa ziehen werden… Die Nato soll sich weder formal noch informell nach Osten ausdehnen.«

Keine Osterweiterung der NATO – das war damals die gemeinsame Position von Deutschland, den USA, Frankreichs und Deutschlands.

Bleibt die Frage: Warum wurde diese gemeinsame Position, dieses Versprechen gegenüber Russland aufgegeben?

Warum wurde das Versprechen aufgegeben? – “Die größte vertane Chance”!

Dazu Klaus von Dohnanyi:

“Präsident George H.W. Bush pfiff damals seinen Außenminister etwas zurück: “Wieso, wir haben gewonnen und nicht die”, wusste aber auch, dass Kohl auf dieser Grundlage mit Gorbatshow verhandelt habe, und er wusste außerdem, dass die Bundesregierung in Sachen Nato-Erweiterung anderer Meinung war als die USA. Doch angesichts des verzögernden Widerstands von Frankreich und Großbritannien auf dem Wege zur Wiedervereinigung brauchte Kohl die USA. So lud man bei den Beratungen auf Camp David am 24. Februar 1990 die Außenminister formell nicht ein; Genscher, Gegner der NATO-Erweiterung, musste zu Hause bleiben, aber Außenminiser Baker kam dann doch “zufällig” in Camp David vorbei. Man beschränkte dann auch die “zwei plus vier” Verhandlungen eng auf die deutsche Frage. Obwohl doch unbestritten bleibt, dass Baker den ausdrücklichen Auftrag von Bush hatte, “auf eine schnell deutsche Wiedervereinigung zu drängen … und dabei der Sowjetunion zu versichern , dass die Nato nicht weiter östlich erweitert werde,” so Burn[6]Michael McFaul “From Cold War to hot Peace. An Amercan Ambassador in Putins’s Russia”, London 2018 S. 48.

Letzten Endes war es … Präsident George H.W. Bush, der die Chance eines Neuanfangs mit Russland nicht erkannte und damit leichtfertig das Ende des Kalten Krieges zum Anfang neuer Spannungen mit Russland machte. … Der Präsident und die USA als Führungsmacht des Westens verkannten die Chance, mit einem Russland, das nun geschwächt und friedlich gestimmt war und die kommunistische Weltmission aufgegeben hatte, einen konstruktiven Weg in die Zukunft zu finden. Insbesondere amerikanische Fachleute für Ost-West-Beziehungen, unter ihnen auch William J. Burns, haben immer wieder darauf hingewiesen, welche Folgen aus russischer Sicht mit der Nato-Erweiterung verbunden waren und sind … “We have won and not they.” Dieser Satz und die dahinter stehende Haltung der USA erweisen sich heute als die größte vertane Chance für einen dauerhaften Frieden in Europa … “[7]Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München s. 67 ff..

Ergänzend dazu noch einmal die Informationsstelle Militarisierung in ihrem Beitrag vom 3. März 2022: “Allerdings zeigen 2018 freigegebene und beim „National Security Archive“ veröffentlichte Dokumente, dass auch mit Gorbatschows Nachfolger Boris Jelzin in Sachen NATO-Osterweiterung ein falsches Spiel getrieben wurde”.

Dann listet die Informationsstelle in einer Tabelle einige Kerndaten des “NATO-Weges in die Eskalation” bis zum Jahr 2022 auf. Ganz kurz zusammengefasst: Auf dem NATO-Gipfel in Madrid 1997 wurden erstmals Beitrittsverhandlungen mit den ehemaligen Warschauer Pakt Staaten Polen, Tschechien und Ungarn angeboten, später folgten weitere osteuropäische Staaten. Am 12. März 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei. Im November 2002 lud die NATO, beim NATO-Gipfel in Prag, die Länder Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien zu Verhandlungen über einen NATO-Beitritt ein. Am 29. März 2004 traten diese sieben Länder der NATO offiziell bei. Beim NATO-Gipfel in Bukarest im April 2008 wurde der Beitritt Albaniens und Kroatiens offiziell beschlossen. Ihr Beitritt wurde für den NATO-Gipfel im April 2009 in Kehl und Straßburg geplant, von allen NATO-Mitgliedern ratifiziert und am 1. April 2009 vollzogen. Auch Deutschland stimmte sämtlichen neuen Mitgliedschaften zu.

Moldawien, Georgien und der Ukraine wurde von den USA und der NATO schon 2008 auf dem Gipfeltreffen in Bukarest eine Mitgliedschaft angetragen. Was damals noch an einem Veto Deutschlands scheiterte, wird bis heute nicht für die Zukunft ausgeschlossen.

Klaus von Dohnanyi in seinem 2022 erschienenen Buch “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik” in Zeiten globaler Umbrüche” mit Blick auf die gegenwärtige Bundesregierung: “Es ist bedauerlich, dass das ganze Thema in dem umfangreichen Koalitionsvertrag der neuen deutschen Regierung keinerlei Erwähung findet”[8]Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München s. 105.

2021/22: Die NATO bleibt bei ihrer “Politik der offenen Tür”

Am 15. Februar 2022, also noch vor Kriegsbeginn, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz in Moskau mit dem russischen Präsidenten Putin zur NATO-Erweiterung um die Ukraine:

“… Das gilt auch für die unterschiedlichen Positionen zur Frage der NATO-Osterweiterung. Das ist ja die etwas eigenwillige Situation, dass die gar nicht ansteht. Die steht nicht auf der Tagesordnung und jeder weiß es ganz genau: Das ist kein Thema, das uns wahrscheinlich in unseren Ämtern begegnen wird wieder, solange wir sie ausüben. Ich weiß jetzt nicht wie lange der Präsident vorhat im Amt zu bleiben, aber ich jedenfalls habe das Gefühl, das könnte länger sein, aber nicht ewig, und insofern werden wir deshalb doch die Aufgabe haben, auch jetzt aus diesem Punkt etwas zu machen, das miteinander zu einer politischen Verständigung führen kann ohne dass irgendjemand seine Grundsätze, seine Prinzipien dabei aufgeben muss”.

Olaf Scholz ist dazu hier zu sehen und zu hören.

Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine für die Zukunft schließt die Formulierung “Die steht nicht auf der Tagesordnung” definitiv nicht aus.

Vorher, im Dezember 2021, hatte die russische Regierung der NATO einen Vertragsentwurf vorgelegt hatte, in dem die Verpflichtung der NATO, die Ukraine nicht aufzunehmen, ein entscheidender Punkt war[9]Artikel 6 des russischen Vertragsentwurfs: “Alle Mitgliedstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation verpflichten sich, von jeder weiteren Erweiterung der NATO, einschließlich des Beitritts … Continue reading. Die NATO lehnte in ihrer Antwort eine solche Verpflichtung ab und bestand auf einer “Politik der Offenen Tür”[10]Aus der Antwort der NATO auf den russischen Vertragsentwurf: “8.2 Alle Staaten respektieren das Recht anderer Staaten, Sicherheitsvereinbarungen zu wählen oder zu ändern, und ihre eigene … Continue reading.

Noch am 14. Juni 2021 hatte der NATO-Rat auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs beschlossen: “Wir bekräften unseren auf dem Gipfeltreffen 2008 in Bukarest gefassten Beschluss, dass die Ukraine ein Mitglied des Bündisses wird”[11]siehe unter Nr. 69 des vollständig dokumentierten Beschlusses des Nordatlantikrates vom 14. Juni 2021: … Continue reading. Klaus von Dohnanyi kommentiert diesen Beschluss so: “Warum musste das sein? Liest der NATO-Generalsekretär …die Berichte der Botschafter aus Moskau über die möglichen Folgen einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine …? … es hätte diesmal genügt, hinsichtlich der Ukraine nur auf den Status quo zu verweisen. Jetzt ist die NATO beunruhigt über russische Truppenansammlungen an der Ostgenze der Ukraine …”[12]zitiert nach Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München S. 104.

Scholz weicht nicht substantiell von diesem Beschluss ab, wenn er am 15. Februar 2022 in der Pressekonferenz gegenüber Präsident Putin nur erklärt: “Die steht nicht auf der Tagesordnung und jeder weiß es ganz genau: Das ist kein Thema, das uns wahrscheinlich in unseren Ämtern begegnen wird”. Ein Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO ist das nicht.

Die NATO kann eine neues Mitglied nur mit der Zustimmung aller NATO-Mitglieder aufnehmen. Deutschland verweigerte für viele Jahre eine Zustimmung zur Aufnahme der Ukraine in die NATO. Doch die “Politik der offenen Tür”, auch gegenüber der Ukraine, wollte die Bundesregierung auch nie ausschließen. Ausführlich dazu auch: “Was will Russland, was will die NATO?”, wo der Vertragsentwurf Russlands und die Antwort der NATO detailliert dargestellt und kommentiert wird.

Warnende Stimmen

Noam Chomsky zählt am 23. März 2022 in einem Interview, das in pressenza widergegeben ist, warnende Stimmen auf, die vor den gefährlichen Konsequenzen einer Aufnahme der Ukraine in die NATO warnen:

” … Zum Beispiel: „Da Putins Hauptforderung die Zusicherung ist, dass die NATO keine weiteren Mitglieder aufnehmen wird, insbesondere nicht die Ukraine oder Georgien, hätte es offensichtlich keine Grundlage für die gegenwärtige Krise gegeben, wenn es nach dem Ende des Kalten Krieges keine Erweiterung des Bündnisses gegeben hätte, oder wenn die Erweiterung im Einklang mit dem Aufbau einer Sicherheitsstruktur in Europa erfolgt wäre, die Russland einschließt.“ Der Autor dieser Worte ist der ehemalige US-Botschafter in Russland, Jack Matlock, einer der wenigen ernsthaften Russland-Spezialisten im diplomatischen Corps der USA, der kurz vor der Invasion schrieb. Er kommt zu dem Schluss, dass die Krise „mit gesundem Menschenverstand leicht gelöst werden kann… Nach den Maßstäben des gesunden Menschenverstands liegt es im Interesse der Vereinigten Staaten, den Frieden zu fördern, nicht den Konflikt. Der Versuch, die Ukraine vom russischen Einfluss abzukoppeln – das erklärte Ziel derjenigen, welche die „Farbrevolutionen“ angezettelt haben – war ein törichter und gefährlicher Versuch. Haben wir die Lektion der kubanischen Raketenkrise so schnell vergessen?

Matlock ist nicht allein. Die Memoiren des CIA-Chefs William Burns, eines weiteren der wenigen echten Russland-Spezialisten, kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen über die zugrunde liegenden Probleme. Die noch schärfere Position von George Kennan ist mit Verspätung weithin zitiert worden, und auch der ehemalige Verteidigungsminister William Perry und außerhalb der diplomatischen Reihen der bekannte Gelehrte für internationale Beziehungen, John Mearsheimer, sowie zahlreiche andere Persönlichkeiten, die kaum mehr Mainstream kaum sein könnten, unterstützen sie.

Nichts davon ist verborgen. Aus internen US-Dokumenten, die von WikiLeaks veröffentlicht wurden, geht hervor, dass das rücksichtslose Angebot von Bush II an die Ukraine, der NATO beizutreten, sofort scharfe Warnungen Russlands auslöste, dass die wachsende militärische Bedrohung nicht toleriert werden könne. Verständlicherweise”.

Die Warnung von George Kennan in der New York Times 1997 hier lesen

Klaus von Dohnanyi zitiert in seinem Buch “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche” frühe Warnungen von Michael McFaul[13]“Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche”, München, 2022, 3. Auflage S. 67, Robert Hunter[14]a.a.O. S. 66 und Burns[15]a.a.O. S. 66 sowie später wieder Burns[16]a.a.O. S. 1099, Kennan[17]a.a.O. S. S. 109 und Brzezinski[18]a.a.O. S. 103, 105.

Eine weitere Zusammenstellung von warnenden Stimmen hier lesen.

“Das Messer am Hals”

Wir haben schon darauf hingewiesen, dass Putin ballistische Raketen aus dem Raum Charkow mit einer Flugzeit bis Moskau von 7 bis 8 Minuten und Hyperschall-Raketen mit einer Flugzeit von 4 bis 5 Minuten als “Messer am Hals” beschrieb.

Dazu Lühr Henken[19]https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Henken:

“Die USA lassen Hyperschallraketen für Armee, Luftwaffe und Marine entwickeln[20]Congressional Research Service, The U.S. Army’s Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), 8.12.2021, 3 Seiten, https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11991. Das Programm hat „höchste Priorität“[21]The Military Balance 2022, S.31 für das Pentagon. Für Deutschland und Europa steht ein Déja-vù ins Haus. Die Eckdaten der Hyperschallrakete „Dark Eagle“ von Lockheed-Martin, dem einstigen Hersteller der Pershing 2, sind klar: Reichweite mehr als 2.775 km, auf LKW landbeweglich und in Flugzeugen transportierbar, Stationierung ab 2023. Sie sollen nicht-nuklear bewaffnet werden.

Hyperschallraketen sind mindestens fünfmal schneller als der Schall. „Dark Eagle“ hat die 12fache Schallgeschwindigkeit. Dass sie in Europa stationiert werden sollen, ist klar[22]NDR Info, Streitkräfte und Strategien, 12.3.2022, Manuskript, 18 Seiten, S. 14 f, https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/sendemanuskriptstreitkraefte160.pdf, wo sie in Europa stationiert werden sollen, ist nicht bekannt. Von wo sie kommandiert werden sollen, jedoch schon. Von Wiesbaden aus, beim Europa- Hauptquartier der US-Armee. Dort ist seit November eine 500 Mann starke „Multi-Domain-Taskforce“ (MDTF) eingezogen, dessen 56. Artilleriekommando exakt jenes ist, welches bis 1991 für die Pershing 2 zuständig war. Die dem Kommando untergeordnete 41. Feldartilleriebrigade im bayrischen Grafenwöhr stellt damals wie heute die Kanoniere. Deshalb liegt es nahe, dass die „Dark Eagle“ in Grafenwöhr stationiert werden. Moskau liegt 2.000 km von Grafenwöhr entfernt. Die Flugzeit der „Dark Eagle“ von dort beträgt 10 Minuten. Was für Ziele gibt es in über 2.000 Kilometern Entfernung, die unbedingt binnen weniger Minuten zerstört werden müssen? Reicht dafür nicht ein Tomahawk-Marschflugkörper?

Zu dieser Frage erklärte das US-Heer im September 2021, die Raketen „Dark Eagle“ würden „eine einzigartige Kombination von Geschwindigkeit, Manövrierfähigkeit und Flughöhe liefern, um zeitkritische, stark verteidigte und hochwertige Ziele zu besiegen“[23]Dave Makichuk, Mach 5 Monster: Germany to Get Dark Eagle Missiles, Asia Times, 14.11.2021, https://asiatimes.com/2021/11/death-at-mach-5-germany-to-get-lethal-dark-eagle-missile/.

Gehen wir die einzelnen Parameter kurz durch: Zur Geschwindigkeit:

  • 12 fache Schallgeschwindigkeit zu Unterschall bei Tomahawk.
  • Zur Manöverfähigkeit: Im Unterschied zu ballistischen Raketen, die eine berechenbare Flugparabel beschreiben, ist „Dark Eagle“ lenkbar, so dass ein Abfangen unmöglich ist. Jedenfalls bisher. Das von der Hyperschallrakete gelöste Gleitvehikel schlägt samt konventionellem Sprengstoff mit Hyperschallgeschwindigkeit präzise ein. Volltreffer in ein Haus.
  • Zeitkritisch bedeutet, es zielt nicht auf unbewegliche Ziele wie zum Beispiel militärische Infrastruktur, sondern auf bewegliche Ziele, die ihren Standort ändern. Stark verteidigt meint, durch Raketenabwehr verteidigt, und Hochwertziel meint, politische oder militärische Führungspersonen. Wegen des Kriteriums zeitkritisch, kommen Tomahawk nicht in Frage. Sie wären 2 Stunden unterwegs und von russischer Raketenabwehr zerstörbar. Hyperschallraketen benötigen von Grafenwöhr aus nach Moskau 10 Minuten, von der Nord-Ukraine nur 5 Minuten. Sie sind Überraschungswaffen, also Erstschlagwaffen, die die politische Führung Russlands töten sollen.“

Dark Eagle „ist eine Hightech-Waffe. Ein Schuss kostet mehr als 40 Millionen Dollar[24]4 Col. Mark Gunzinger, USAF (Ret.), Lukas Autenreid, Bryan Clark, Cost-Effective Long-Range Strike, 30.6.2021, https://www.airforcemag.com/article/cost-effective-long-range-strike/.

Lühr Henken: “Um diese Gefahr, die von ukrainischem Boden ausgeht, auszuschließen, hat Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen”.

2022: Krieg

Klaus Dohnanyi in einem Interview mit dem NDR am 22. April 2022: “Was ich so traurig und bedrückend finde, ist, dass es man hat sehen können und dass es man nicht verhindert hat”. Die von Klaus von Dohnanyi beschriebene Verweigerungshaltung Bidens geht auch aus einer Pressemitteilungen über ein telefonisches Gespräch zwischen Biden und Putin am 31. Dezember 2021 hervor. Hier ein Ausschnitt aus dem Interview mit Klaus von Dohnanyi:

Das vollständige Interview mit Klaus von Dohnanyi kann hier gehört werden.

Im Dezember 2021 veröffentlichten ehemalige deutsche Generale und Diplomaten einen Aufruf “Raus aus der Eskalationsspirale”.

Am 11. Februar 2022 veröffentlichte die IALANA zusammen mit der IPPNW einen Appell an die Bundesregierung “Diplomatie statt Kriegsvorbereitung

Am 19. Februar 2022 sagte Selenskij auf der Münchener Sicherheitskonferenz: “Ich initiiere Konsultationen im Rahmen des Budapester Memorandums. Der Außenminister wurde beauftragt, sie einzuberufen. Wenn sie nicht wieder stattfinden oder zu keinen konkreten Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit unseres Staates führen, wird die Ukraine mit Recht glauben, dass das Budapester Memorandum nicht funktioniert und alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden”. In diesem Budapester Memorandum verpflichteten sich am 5. Dezember 1994 Russland, die USA und England gegenüber Kasachstan, Belarus und der Ukraine, die nach der Auflösung der Sowjetunion alle im Besitz von Nuklearwaffen waren, die Souveränität und die Grenzen dieser Länder als Gegenleistung zu einem Nuklearverzicht zu achten. Wenn die Ukraine glaubt, dass “alle Beschlüsse des Pakets von 1994 in Frage gestellt wurden”, betrachtet sie sich nicht mehr an den in diesem Memorandum festgelegten Nuklearverzicht gebunden.

Am 24. Februar 2022 begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. Der Krieg in der Ukraine hatte schon 2014 begonnen – niemand hatte die über 10.000 Toten in diesem Krieg beachtet.

Zur Politik der USA

In einem Interview mit der “Welt” am 1. April 2022 warnte der US-amerikanische Ökonom Jeffrey Sachs:

“Die USA lieben die Eskalation von Konflikten. Ich beobachte sehr genau, welche Vorschläge und Botschaften aus den USA kommen. Die US-Regierung will die Gelegenheit nutzen und Russland in die Knie zwingen. Aber Europa sollte sich darauf nicht einlassen. Künftige Generationen in Europa müssen mit Russland als Nachbar leben. Biden hat in der Tat gesagt, dass wir uns für einen langen Konflikt wappnen sollen. Das ist eine schreckliche Idee. Ein langjähriger Kampf; da spricht ein alter amerikanischer Mann mit Erinnerungen aus dem Kalten Krieg. Da spricht kein Mann der Zukunft. Die Welt sollte sich nicht auf einen langen Kampf vorbereiten. Sie sollte darauf hinarbeiten, den Krieg mit Verhandlungen zu stoppen. Das ist eher möglich, als die US-Regierung glaubt. Die EU sollte vorrangig auf eine Verhandlungslösung setzen und zusammen mit der Ukraine Vorschläge für eine Einigung machen”.

Auf den Vorhalt:Das klingt, als würden Sie der USA Kriegstreiberei vorwerfen”, antwortet Jeffrey Sachs: “Die USA betreiben Expansionspolitik. Das ist der Geist in Washington. Der USA geht es um die Vorherrschaft in der Welt”.

Am 7. September 2023 hielt der Generalsekretär der NATO, Stoltenberg, vor Ausschüssen des Europäischen Parlaments[25]genauer: auf einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments eine Rede[26]Ausschnitte aus der Rede hier lesen; die Rede wurde am 7. September 2023 auf der website der NATO veröffentlicht und ist dort vollständig nachzulesen, in der er unter anderem erklärte:

“Zum Schluss noch ein Wort zu Schweden. Zunächst einmal ist es historisch, dass Finnland jetzt Mitglied des Bündnisses ist. Und wir müssen uns an den Hintergrund erinnern. Der Hintergrund war, dass Präsident Putin im Herbst 2021 erklärte und sogar einen Vertragsentwurf schickte, den die NATO unterzeichnen sollte, um zu versprechen, dass die NATO nicht mehr erweitert wird. Das war es, was er uns geschickt hat. Und das war eine Vorbedingung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Natürlich haben wir das nicht unterschrieben.

Das Gegenteil war der Fall. Er wollte, dass wir das Versprechen unterschreiben, die NATO niemals zu erweitern. …

Also zog er in den Krieg, um die NATO, mehr NATO, an seinen Grenzen zu verhindern. Er hat genau das Gegenteil erreicht.”[1]

Damit bestätigte Stoltenberg, was wir in diesem Beitrag von Beginn des Krieges an vorgetragen haben: Die Ursache dieses Krieges ist die seit Jahren betriebene Osterweiterung der NATO. Der drohende Beitritt der Ukraine zur NATO war schließlich der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Sehr instruktiv kommentiert Jeffrey D. Sachs diese Rede Stoltenberg.

References

References
1 zitiert nach Lühr Henken “Der Ukraine Krieg – immnense Herausforderung für die Friedensbewegung, Vortrag gehalten am 5. April 2022, https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Henken
2 Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche”, 3. Auflage 2022 München S. 66 f.
3 Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München s. 67
4 Zu dem Thema ein Interview mit Horst Teltschik
5 Artikel 5 Absatz 3 Satz 3 des 2+4-Vertrages
6 Michael McFaul “From Cold War to hot Peace. An Amercan Ambassador in Putins’s Russia”, London 2018 S. 48
7 Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München s. 67 ff.
8 Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politikin Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München s. 105
9 Artikel 6 des russischen Vertragsentwurfs: “Alle Mitgliedstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation verpflichten sich, von jeder weiteren Erweiterung der NATO, einschließlich des Beitritts der Ukraine sowie anderer Staaten, Abstand zu nehmen
10 Aus der Antwort der NATO auf den russischen Vertragsentwurf: “8.2 Alle Staaten respektieren das Recht anderer Staaten, Sicherheitsvereinbarungen zu wählen oder zu ändern, und ihre eigene Zukunft und Außenpolitik frei von Einmischung von außen zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund bekräftigen wir unsere Verpflichtung für die NATO-Politik der Offenen Tür gemäß Artikel 10 des Washingtoner Vertrages”
11 siehe unter Nr. 69 des vollständig dokumentierten Beschlusses des Nordatlantikrates vom 14. Juni 2021: https://nato.diplo.de/blob/2467084/2ced1f1d1ea0edd979dabd815bcfca3e/20210614-gipfelerklaerung-data.pdf
12 zitiert nach Klaus von Dohnanyi “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche” 3. Auflage 2022 München S. 104
13 “Nationale Interessen – Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche”, München, 2022, 3. Auflage S. 67
14, 15 a.a.O. S. 66
16 a.a.O. S. 1099
17 a.a.O. S. S. 109
18 a.a.O. S. 103, 105
19 https://widerstaendig.de/uncategorized/sechs-empfehlungen/#Henken
20 Congressional Research Service, The U.S. Army’s Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), 8.12.2021, 3 Seiten, https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF11991
21 The Military Balance 2022, S.31
22 NDR Info, Streitkräfte und Strategien, 12.3.2022, Manuskript, 18 Seiten, S. 14 f, https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/sendemanuskriptstreitkraefte160.pdf
23 Dave Makichuk, Mach 5 Monster: Germany to Get Dark Eagle Missiles, Asia Times, 14.11.2021, https://asiatimes.com/2021/11/death-at-mach-5-germany-to-get-lethal-dark-eagle-missile/
24 4 Col. Mark Gunzinger, USAF (Ret.), Lukas Autenreid, Bryan Clark, Cost-Effective Long-Range Strike, 30.6.2021, https://www.airforcemag.com/article/cost-effective-long-range-strike/
25 genauer: auf einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments
26 Ausschnitte aus der Rede hier lesen; die Rede wurde am 7. September 2023 auf der website der NATO veröffentlicht und ist dort vollständig nachzulesen

Ostermarsch – 16.04.2022

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Die Ostermärsche in diesem Jahr waren wichtige Demonstrationen gegen Militarismus und Krieg und der Aufruf der Berliner Friedenskoordination ein wichtiges Zeichen:

“Die Waffen nieder!”

Deutschland darf nicht in die Schützengräben zurückkehren.

Hier der Aufruf der Friedenskoordination im vollen Wortlaut.

Recht herzlichen Dank an Jochen Gester für die Genehmigung der Veröffentlichung der Fotos.

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    China legte am 24.Februar 2023 einen Vorschlag zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vor. Es gibt keine einzige Forderung, die nicht auch im Sinne der Friedensbewegung ist. Ja, es ist sogar so: Sehr wichtige Forderungen … Weiterlesen
  • FRIEDEN SCHAFFEN! Waffenstillstand und Gemeinsame Sicherheit jetzt!
    Es ist ein sehr wichtiger gemeinsamer Aufruf veröffentlicht worden. Vor allem haben viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter diesen Aufruf unterschrieben. Das gibt Hoffnung, dass sich zusammen mit den Gewerkschaften eine Friedensbewegung aufbaut. Hier gehts zur Webseite des … Weiterlesen
  • Gute Kriege – schlechte Kriege?
    Hier ein Video-Beitrag (3 Minuten) gegen den Krieg:
  • Samstag, 25. Februar 2023, Brandenburger Tor, Kundgebung gegen den Krieg
    Die Dokumentation der Kundgebung gegen den Krieg in der Ukraine am 25. Februar 2023 vor dem Brandenburger Tor: Stellungnahmen zur Berichterstattung über die Kundgebung Von Anfang an war das “Manifest für den Frieden” sowie die Kundgebung … Weiterlesen
  • Stoppt den Krieg in der Ukraine: Auftaktveranstaltung 23.02.23 um 18 Uhr sowie Kundgebung 24.2.2023 um 17.00 Uhr Brandenburger Tor
    Auftaktveranstaltung zur Kundgebung “Den Frieden gewinnen – Nicht den Krieg” weiterlesen hier: Friko Berlin ruft zur Kundgebung” Stopp den Krieg in der Ukraine” am 24.02.2023, 17.00 Uhr Brandenburger Tor
  • Waffen runter – Löhne rauf!
    Zur Vorlage auf der Delegiertenversammlung der IG Metall Bremen im März 2023: Antrag an den 25. Gewerkschaftstag der IG Metall „Waffen runter – Löhne rauf !” Der 25. Gewerkschaftstag der IG Metall stellt fest: Waffen runter … Weiterlesen
  • Gegen Reallohnverluste und Krieg
    Knapp 100 Gewerkschafter folgten vergangenen Donnerstag einer Demonstration der Verdi-Betriebsgruppe der Freien Universität Berlin (FU) vor das Berliner Abgeordnetenhaus. Die Gewerkschafter übergaben anlässlich der letzten Plenarsitzung vor den Wiederholungswahlen im Februar eine Petition mit knapp 4.800 … Weiterlesen
  • Baerbock: “Weil wir einen Krieg gegen Russland führen und nicht gegeneinander …”
    Was soll man von der Erklärung des Bundeskanzlers Olaf Scholz halten, der am 25. Januar versichert, Deutschland sei keine Kriegspartei, wenn seine Außenministerin Annalena Baerbock einen Tag vorher vor der Versammlung des Europarats in Straßbourg sagt: … Weiterlesen
  • Strack-Zimmermann’s Verbindungen zur Rüstungsindustrie
    Wer den Frieden will, muss abrüsten – aber nicht mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Mitglied der FDP und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages. Schon am 8. Mai 2022 meldete die Osnabrücker Zeitung: “Der Verein Lobbycontrol hält die ehrenamtlichen … Weiterlesen
  • Wer ist dafür verantwortlich, dass dieser Krieg immer noch nicht beendet ist?
    In einem Interview mit der Zeitung “Zeitgeschehen im Focus” geht General a.D. Harald Kujat ausführlich auf die Verhandlungen ein, die im Frühjahr 2021 zwischen Russland und der Ukraine geführt, dann aber auf Grund der Intervention des … Weiterlesen
  • Krieg und Kapital zerstören Löhne, Leben und Klima!
    Dieser Beitrag erscheint in aktualisierte Fassung. Die Bundesregierung hält nicht nur an dem Waffenexport in die Ukraine fest, sondern auch an dem Wirtschaftskrieg gegen Russland. Gleichzeitig schützt sie das private Kapital im Energiehandel und in der … Weiterlesen
  • Merkel und Minsk: Verhandlungen und Kriegsvorbereitung
    Die ZEIT vom 25. November 2022: “Dem Spiegel-Bericht zufolge glaubt Merkel, beim Nato-Gipfel in Bukarest 2008 und auch später bei den Verhandlungen in Minsk die Zeit gekauft zu haben, die die Ukraine habe nutzen können, um … Weiterlesen
  • Die nationale Sicherheitsstrategie der USA
    Zusammenfassung: Die US-Regierung veröffentlichte am 12. Oktober 2022 ihre “Nationale Sicherheitsstrategie.” Die USA beanspruchen eine dauerhafte Führungsrolle in der ganzen Welt. Es gehe um die Zukunft der internationalen Ordnung. China sei fähig, das globale Spielfeld zu … Weiterlesen
  • Atomkriegsgefahr
    Autor: Benedikt Hopmann, 05.11.2022 Es ist instruktiv, die Erklärungen der G 20 des Jahres 2022 und des Jahres 2023 miteinander zu vergleichen. Der Textabschnitt zum Krieg in der Ukraine enthielt im Jahr 2022 unter Bezugnahme auf … Weiterlesen
  • „Unsere europäischen Werte“: 1,21 Euro Mindestlohn in der Ukraine
    Autor: Werner Rügemer; 01.11.2022 Die Ukraine ist korrupt – wissen wir, macht nichts, ist ja für die gute Sache. Aber die Ukraine hat auch die ärmste und kränkeste Bevölkerung, ist Drehscheibe der europaweiten Niedrigstlöhnerei und des … Weiterlesen
  • “Es geht darum, den Frieden zu gewinnen – nicht den Krieg”
    Autor: Benedikt Hopmann, 28.10.2022 Der UN-Diplomat Michael von der Schulenburg, der auch der Sondierungs- und Vorbereitungsgruppe für ein Friedensabkommen (Vatikanstadt)* angehört, hat am 12.10.2022 unter dem klugen Titel “Es geht darum den Frieden zu gewinnen – … Weiterlesen
  • 400.000 Menschen
    haben bis zum 12. Oktober den Brief an Bundeskanzler Scholz unterschrieben, der von von der EMMA-Redaktion initiiert und am 29. April veröffentlicht wurde. Die EMMA-Redaktion: “Und es sind Tag für Tag etwa tausend mehr. Interessiert das … Weiterlesen
  • Hands off Russia? Hands off Ukraine?
    “Hände weg von Russland”? Das kann doch wohl nicht wahr sein! Hat die Ukraine Russland überfallen oder Russland die Ukraine? Na also: Dann muss es doch wohl heißen: “Hände weg von der Ukraine” Diese Forderung wird … Weiterlesen
  • Protestieren statt frieren Genug ist Genug! 03.10.2022
    “Heizung, Brot & Frieden.de” rief zur zweiten Demonstration nach Berlin auf. Ihr gefolgt waren ca 1400 Teilnehmer. Die erste Demo “Genug ist Genug” fand am 05.09.2022, weitere Infos hier: Auszug aus dem Aufruf: “In Deutschland bahnt … Weiterlesen
  • Merkel, Putin, Russland und Biden
    Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich am 27. September 2022 bei der Eröffnung der “Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung” auch zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und zu Kremlchef Wladimir Putin. “Man sollte seine Worte ernst nehmen”, sagte die … Weiterlesen
  • Wo führt das hin?
    Jetzt hat Putin die Teilmobilmachung angeordnet. “Das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg”. Die CDU bereitete schon vorher im Bundestag einen Antrag vor, der die Bundesregierung auffordert, “die Genehmigung für die Ausfuhr von Kampf-, Schützen- und … Weiterlesen
  • Was tun für eine Beendigung des Ukrainekrieges?
    “Foto: Lühr Henken” Lühr Henken* hielt am Freitag, den 9. September 2022 in der Mediengalerie den folgenden Vortrag auf einer Veranstaltung, zu der die Koordination “1918 unvollendet”, der Arbeitskreis Frieden in der Berliner VVN-BdA und die … Weiterlesen
  • Ukraine-Krieg: Vorschläge für Verhandlungslösungen
    Nach den militärischen Erfolgen der Ukraine oder besser sollte man sagen der NATO gewinnt immer mehr die Meinung an Boden, den Krieg durch Krieg beenden zu können. Das kann sich als eine Illusion herausstellen. Der Krieg … Weiterlesen
  • Eindrücke von der Proteskundgebung: “Genug ist genug – Protestieren statt frieren!”
    Montag 5. September 2022, Eindrücke von der Protestkundgebung vor der Geschäftsstelle von Bündnis 90/Die Grünen: „Genug ist genug – Protestieren statt frieren“ – Heizung, Brot und Frieden 300 Teilnehmer wurden erwartet und auch zur Demo angemeldet, … Weiterlesen
  • “Kauft grüne Rüstungsaktien!”
    Am Montag ist eine Kundgebung vor der Parteizentrale von DIE GRÜNEN geplant, die eher nicht bereit sein werden, ihre Politik auf dieser Kundgebung darzulegen, so dass das wohl einige Demonstrantinnen und Demonstranten übernehmen müssen. Hier einige … Weiterlesen
  • Feuer löscht man nicht mit Benzin
    Die Friedenskoordination Berlin hatte am 1. September 2022 zu einer Fahrraddemonstration aufgerufen. Hier Bilder von dieser Demonstration. Während eines kleinen Zwischenstopp vor der Bundeszentrale der SPD, dem Willy Brandt Haus, hielt Benedikt Hopmann eine Rede, die … Weiterlesen
  • Handwerk gegen Krieg, Sanktionen und Preissteigerungen
    28. August 2022: Kundgebung der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau Zusammenfassendes Video Fotogalerie Redebeiträge weitere Infos und Unterstützung der Petition “Nordstream 2 statt Gasumlage” Presseberichte Zusammenfassung ca. 2.000 Menschen nahmen an der Kundgebung am 28. August 2022 in … Weiterlesen
  • Hintergründe und Lösungsperspektiven des Ukraine-Krieges
    Der Bundesausschuss Friedensratschlag formulierte im Juni 2022 ein Positionspapier zum Ukraine-Krieg, das auch noch im August aktuell ist. Es lohnt, sich etwas Zeit zu nehmen und diesen Beitrag zu lesen. Wir veröffentlichen ihn daher hier noch … Weiterlesen
  • Handwerk gegen Krieg, Sanktionen und Preissteigerungen – Aufruf zur Kundgebung der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau
    Obermeister aus Sachsen-Anhalt, Karl Krökel ruft gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau zur einer Kundgebung am 28.08.2022 auf. Wann?  Sonntag, 28.08.2022  –  11 Uhr – Marktplatz/Friedensglocke Dessau. Aus dem Aufruf: “Seit Februar 2022 hat die EU … Weiterlesen
  • Wir zahlen nicht für eure Kriege! Fotogalerie und Anmerkungen.
    Hinweis: Am 1. Oktober 2022 ist eine weitere bundesweite Demonstration geplant. Der Kundgebung und Demonstration am 2. Juli 2022 – mit einer herausragenden Rede von Rolf Becker zum Schluss der Veranstaltung – war folgender Gedanke vorangestellt: … Weiterlesen
  • Lebensglück
    “Wir können auch mal ein paar Jahre weniger Lebensglück ertragen” – Gauck. Keine SEKUNDE Lebensglück für eure Kriege! Das Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Gauck und die Antwort dazu waren auf einem Pappschild zu lesen, das während … Weiterlesen
  • Appell für den Frieden – hier lesen – hier unterschreiben.
    Es gibt inzwischen zahlreiche offene Briefe und Aufrufe zum Krieg in der Ukraine. Doch dieser Appell richtet sein Augenmerk auf das, was den Krieg schnell beenden könnte. Darüber berichten die großen Zeitungen und Fernsehsender wenig. Aufrufe … Weiterlesen
  • Beiträge vom Kongress „Ohne NATO leben – Ideen zum Frieden“
    Nachfolgend wollen wir auf dieser Seite über den Kongress “Ohne Nato leben – Ideen zum Frieden” berichten, der am 21. Mai in Berlin in der Humboldt Universität stattfand. Wir legen unser Augenmerk auf die veröffentlichen Beiträge … Weiterlesen
  • Völkerrechtswidrige Angriffe der Türkei auf kurdische Gebiete nicht weiter dulden
    “Weitgehend unbeachtet von der hiesigen Öffentlichkeit greift die Türkei wieder einmal kurdische Gebiete im Nordirak und in Nordsyrien an. Am 17. April 2022 startete die türkische Armee ihre Großoffensive „Claw-Lock“, die sich nach offiziellen Angaben der … Weiterlesen
  • “Ohne NATO leben – Ideen zum Frieden”
      Kongress Berlin und online 21. Mai 2022 von 11 bis 19 Uhr “Es herrscht wieder Krieg in Europa. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist völkerrechtswidrig und, wie jeglicher Krieg, nicht gerechtfertigt. Der Einmarsch russischer … Weiterlesen
  • Zwei offene Briefe
    Zu dem offenen Brief an Bundeskanzler Scholz vom 21. April 2022 ist ein weiterer offener Brief an den Bundeskanzler vom 29. April 2022 gekommen. Wir dokumentieren beide offenen Briefe: Offener Brief an Olaf Scholz vom 29. … Weiterlesen
  • «Jede militärische Lösung führt in die Katastrophe!»
    Die Menschen haben Angst. Und das aus guten Gründen. Sie befürchten, dass der Krieg eskaliert. Der Krieg muss beendet werden. Dr. Erich Vad, Brigadegeneral a.D. und von 2006 bis 2013 militärischerpolitischer Berater der ehemaligen Bundeskanzlerin Merkel, … Weiterlesen
  • Offener Brief
    Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben am 21. April 2022 einen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz veröffentlicht: “Wenn Verantwortung tragende Menschen wie Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Entwicklung nicht stoppen, steht am Ende wieder der ganz … Weiterlesen
  • Keine Osterweiterung der NATO
    Zu diesem besonders häufig gelesenen Beitrag vom 4. März 2022, zuletzt ergänzt im September 2023: Zahllose Menschen sterben im Ukraine-Krieg. Aber niemand fragt: Was verteidigen sie? Die russische Regierung will nicht, dass die Ukraine Mitglied der … Weiterlesen
  • Ostermarsch – 16.04.2022
    Die Ostermärsche in diesem Jahr waren wichtige Demonstrationen gegen Militarismus und Krieg und der Aufruf der Berliner Friedenskoordination ein wichtiges Zeichen: “Die Waffen nieder!” Deutschland darf nicht in die Schützengräben zurückkehren. Hier der Aufruf der Friedenskoordination … Weiterlesen
  • Alle Beiträge zum Ukraine-Krieg
    Wichtige Beiträge Weitere Beiträge
  • Nachdenken über den Krieg
    Vor einiger Zeit sprach mich eine Frau an: Wenn sie sage: “Ich bin gegen die Lieferung von Panzern in die Ukraine”, sei die Antwort: “Das ist schwierig”. Die Frau weiter: “Nichts ist schwierig. Die Lieferung der … Weiterlesen
  • Eine große Rede gegen den Krieg
    Die irische Europaabgeordnete Clare Daly hat im EU-Parlament die Ukraine-Politik der Union scharf kritisiert und dem Bündnis vorgeworfen, die Menschen in der Ukraine, der EU und in Russland zu einem Spielball der NATO und des militärisch-industriellen … Weiterlesen
  • “Nein zu Krieg! Nein zu Aufrüstung! Frieden jetzt!”
    Die IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper hat folgende Resolution beschlossen: Wortlaut der Resolution. Siehe auch: Was tun, um den Krieg zu beenden?
  • Was tun, um den Krieg zu beenden?
    Ich möchte später einmal sagen können: “Ich bin aufgestanden gegen die, auf die wir noch am ersten Einfluss nehmen konnten und die den Krieg hätten beenden können, aber Öl ins Feuer gegossen haben”. Wir demonstrieren für … Weiterlesen
  • Raus aus der Eskalationsspirale
    Knapp drei Monate vor Kriegsbeginn warnten ehemalige deutsche Generäle und Botschafter in einem Aufruf am 7. Dezember 2021: “… Wir drohen in eine Lage zu geraten, in der ein Krieg in den Bereich des Möglichen rückt”. … Weiterlesen
  • Offener Brief der IALANA an den Bundeskanzler
    Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, dieser Krieg in Europa hätte verhindert werden können und hätte verhindert werden müssen! Mit der fehlenden ernsthaften Bemühung, über die von Russland am 17. Dezember 2021 vorgelegten Vertragsentwürfe über Sicherheitsgarantien substanzielle … Weiterlesen
  • »Wir haben mit 27 Millionen Menschenleben bezahlt«
    Die Zeitung “junge Welt” druckt in ihrer heutigen Ausgabe einen Protest russischer Veteranen des Zweiten Weltkrieges gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Der Russische Veteranenverband erklärte, er unterschreibe »jedes Wort des Aufrufs« (siehe unten der … Weiterlesen
  • Was will Russland, was will die Nato?
    14. Dezember 2023: NATO-Generalsekretär Stoltenberg erklärte am 7. September 2023: “Zunächst einmal ist es historisch, dass Finnland jetzt Mitglied des Bündnisses ist. Und wir müssen uns an den Hintergrund erinnern. Der Hintergrund war, dass Präsident Putin … Weiterlesen
  • Unverteidigte Städte in der Ukraine
    “Die Vorstellung vom möglichen Frieden ist offensichtlich immer noch so sehr militarisiert, dass in ihnen Überlegungen einer Kapitulation oder der Erklärung zu „unverteidigten Städten“ als blanker Defätismus undenkbar sind. Eine Kapitulation ist ein offensichtliches no go, … Weiterlesen
  • Die wichtigsten Verpflichtungen des russischen Vertragsentwurfs und die Ablehnung der NATO:
    Im folgenden in drei Punken zusammen gefasst die wichtigsten Verpflichtungen des russischen Vertragsentwurfs vom Dezember 2021 und die Stellungnahme der NATO dazu: 1. Keine Erweiterung der NATO 2. Keine militärischen Kräfte und Waffen einer Vertragsparteien auf … Weiterlesen
  • Nie wieder Krieg!
    In Charkiw starb der 96jährige Antifaschist Boris Romantschenko, als sein Haus von einer russischen Rakete getroffen wurde. Dies teilte das Internationale Buchenwald-Dora-Komitee mit, dessen Vizepräsident Romantschenko gewesen war.
  • Was wollen die USA?
    “Also, das primäre Interesse der Vereinigten Staaten durch das letzte Jahrhundert hindurch – also im Ersten, Zweiten und im Kalten Krieg – sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland gewesen, denn vereinigt wären diese beiden die … Weiterlesen
  • Wolodimir Selenskij – Fernsehfeldherr des Tages
    Arnold Schölzel in der Jungen Welt vom 18. März 2022: “Der Mann versteht sein TV-Handwerk: Seine Videoansprache im Bundestag am Donnerstag beendete er wie üblich mit dem Ruf »Ruhm der Ukraine!«, worauf die Abgeordneten sich erhoben … Weiterlesen
  • Rüstung und Grundgesetz
    In dem Aufruf “Abrüsten statt aufrüsten!” heißt es: “Die Bundesregierung plant, die Rüstungsausgaben nahezu zu verdoppeln, auf zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung (BIP). … Militär löst keine Probleme. Schluss damit.” Für diesen Aufruf werden seit mehreren … Weiterlesen
  • DEN KRIEG STOPPEN! VERHANDELN! JETZT!
    Fotogalerie: Friedenskundgebung der Friedenskoordination Berlin, 18.03.2022 am Brandenburger Tor.
  • Zwei Reden von Ferat Kocak – eine gehalten, eine verhindert.
    Die verhinderte Rede 3. März 22: Friedensdemo von fridays for future. Die Verhinderung seiner Rede gegen Krieg, Rassismus & Aufrüstung auf der Friedensdemo vor fridays for Future Berlin kommentiert Ferat Kocak so: “Meine Rede die ich … Weiterlesen
  • Mediziner*innen in Russland und der Ukraine rufen zum Frieden auf
    “Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine dauert an und fordert Menschenleben. Eine Eskalation des Konflikts kann zu noch schwerwiegenderen Folgen führen: andere Länder und Atomanlagen könnten betroffen werden, sogar der Einsatz von Atomwaffen ist möglich. … Weiterlesen
  • Sie hätten den Krieg verhindern können!
    17. März 2022 Es wird immer wieder das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine angeführt. Sicher, die Ukraine ist berechtigt, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NATO zu stellen. Aber ebenso sind die Mitglieder der NATO berechtigt, einen solchen … Weiterlesen
  • “Die Waffen nieder, und zwar alle!” Lars Hirsekorn auf einer Betriebsversammlung VW Braunschweig
    “2016 wollte ich eigentlich nach Istanbul fahren, um über die politische Situation in der Türkei zu diskutieren. Doch kurz vor der Reise kam dann der Putschversuch. In der darauf folgenden Repressionswelle verschwanden alle unsere geplanten Gesprächspartner … Weiterlesen
  • Appell an die russische KPF: Kommunisten und Sozialisten gegen den Bruderkrieg
    462 Kommunistinnen und Kommunisten, Sozialistinnen und Sozialisten Russlands richteten folgenden Appell an die Kommunistische Partei der russischen Föderation: Genossinnen und Genossen, Mitglieder der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation und Abgeordnete der KPRF, wir wenden uns mit … Weiterlesen
  • Auf die Straße für den Frieden! Fotogalerie.
    Fotogalerie von der Demo am 05.03.2002 auf den Leopoldplatz “FÜR DEN FRIEDEN – GEGEN DIE NATO”
  • Erklärung der DKP zum Krieg in der Ukraine
    Die DKP veröffentlichte am 5. März 2022 folgende Erklärung: “Jeder Krieg ist eine Niederlage. Der Krieg in der Ukraine ist vor allem eine Niederlage der Friedenskräfte in den NATO-Ländern. Damit ist dieser Krieg auch unsere Niederlage. … Weiterlesen
  • Wir stehen vor der zweiten Neuordnung Europas
    Norman Paech schrieb am 28. Februar 2022 einen bemerkenswerten Beitrag in Telepolis mit dem Titel “Wir stehen vor der zweiten Neuordnung Europas”: “Wäre es ein Gesichtsverlust gewesen, mit Russland einen Vertrag über gleiche Sicherheit abzuschließen, in … Weiterlesen
  • Fridays for Future gegen den Krieg – Fotogalerie
    IMAGINE (John Lennon): Stell dir vor, es gäbe kein Himmelreich, Es ist ganz einfach, wenn du es versuchst. Keine Hölle unter uns, über uns nur der Himmel. Stell dir vor, alle Menschen leben nur für das … Weiterlesen
  • Bundestagssitzung im „Kriegsmodus“
    Die Gruppe Arbeiterpolitk berichtet über die Bundestagssitzung, auf der der Bundeskanzler Hochrüstung, Waffenexporte in die Ukraine und Sanktionen gegen Russland verkündete: “Die Bundesregierung hat, angesichts der militärischen Aggression Russlands in der Ukraine, eine Kehrtwende vollzogen. Statt … Weiterlesen
  • Friedensdemo 26. und 27.02.2022 – Fotogalerie
    Kleine Fotogalerie gegen den Krieg. “Es ist an der Zeit, allen politisch Verantwortlichen in der Welt zu sagen: Lasst uns dem Krieg eine Ende setzen! Lasst uns den Frieden für allezeit machen! Es ist an der … Weiterlesen
  • Über die Kundgebung am 18.2.2022: Entspannung statt Konfrontation!
     Es ist höchste Zeit, dass wir zum Ukraine-Konflikt öffentlich Stellung beziehen. Wir müssen der  Kriegshetze entgegen treten, durch die in verantwortungsloser Weise  Krieg herbei geredet wird. Die Kundgebung am Freitag, den 18. Februar 2022 am Brandenburger Tor … Weiterlesen
  • Kein Krieg! Keine Kriegshetze!
    Immer wieder verbreiteten die USA in den vergangenen Wochen Nachrichten über eine unmittelbar bevorstehende Invasion Russlands in die Ukraine. Vor wenigen Tagen kündigte die USA erneut eine Invasion Russlands für Mittwoch, den 16. Februar 2022, an. … Weiterlesen

Nachdenken über den Krieg

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Vor einiger Zeit sprach mich eine Frau an: Wenn sie sage: “Ich bin gegen die Lieferung von Panzern in die Ukraine”, sei die Antwort: “Das ist schwierig”. Die Frau weiter: “Nichts ist schwierig. Die Lieferung der Panzer ist die Entrittskarte in den Krieg.”

Die Frau war weit über 80 Jahre.

Ein zwanzig Jahre junger Mensch sagte mir: “Ich habe nie an einen Krieg in Europa gedacht”.

Er war noch nicht geboren, als sich Deutschland nach 74 Jahren 1999 das erste Mal wieder an einem Krieg beteiligte und deutsche Piloten ausgerechnet Jugoslawien bombardierten, das schon im Zweiten Weltkrieg furchbar unter dem deutschen Faschismus gelitten hatte.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb vor zwei Wochen: “Zu Beginn des Angriffskrieges hatte Putin die NATO-Staaten davor gewarnt, der Ukraine zu Hilfe zu kommen, und mit Konsequenzen gedroht, “die größer sind als alles, was ihr in der Geschichte erlebt habt””[1]Süddeutsche Zeitung vom 16./17./8. April 2022, Seite 1.

In derselben Ausgabe warnte CIA Chef Bill Burns davor, die nukleare Bedrohung durch Russland zu unterschätzen. “Angesichts der möglichen Verzweifelung von Präsident Putin und der russischen Führung, angesichts der bislang erfahrenen Rückschläge kann keiner von uns die Bedrohung durch einen möglichen Einsatz taktischer oder Atomwaffen geringer Sprengkraft auf die leichte Schulter nehmen. Wir tun es nicht,” sagt er[2]Süddeutsche Zeitung vom 16./17./8. April 2022, Seite 1.

Zwei Wochen später lädt der US-Verteidungsminister auf die Rammstein Air Base ein und schwor 40 Staaten auf eine Aufrüstung der Ukraine ein: “Wir sind hier, um der Ukraine zu helfen, den Kampf gegen Russlands ungerechte Invasion zu gewinnen …”[3]Junge Welt vom 27. April, Seite 1.

Entweder nimmt die USA die Drohung von Putin, Atomwaffen einzusetzen, doch auf die leichte Schulter oder aber die Regierenden der USA nehmen den Einsatz vom Atomwaffen bewusst in Kauf.

Alles Nachdenken und alles Handeln muss auf eine einzige Frage gerichtet sein: Wie kann dieser Krieg eher heute als morgen beendet werden?

Was tut die Bundesregierung?

Sie verurteilt den verbrecherischen Angriffskrieg Putins und liefert Panzer an die Ukraine.

Was tun wir? Wir verurteilen ebenfalls den Einmarsch russischer Truppen und fordern keine Panzer an die Ukraine.

Die Reaktion beschreibt die alte Frau: “Das ist schwierig” und antwortet:

“Die Lieferung der Panzer ist die Eintrittskarte in den Krieg.”

Sie hat den letzten Krieg miterlebt.

Wer den Krieg beenden will, kommt keinen Schritt weiter, wenn er sich immer wieder über den Angriffskrieg und Bruch des Völkerrechts empört und Putin energisch aufruft, die Truppen zurückzuziehen.

dan heißt es nur: “Eben deswegen müssen wir Waffen an die Ukraine liefern. Die Ukraine muss sich verteidigen können. Dazu braucht sie auch Waffen”.

Aber damit beenden wir nicht den Krieg. Wir müssen die andere Seite beschrieben: Was tut die deutsche Bundesregirung, die NATO, die USA? Feuer löscht man nicht mit Benzin.

Es ist ein extrem hohes Risiko, auf eine militärisch Lösung zu setzen. Aber genau das macht die NATO, angetrieben von den USA. Sie wollen den Krieg gewinnen.

Und Russland wird den Krieg nicht verlieren wollen.

Wenn unter diesen Umständen Russland tatsächlich Atomraketen einsetzt, was dann?

Dann wird ein Entsetzen durch die Welt gehen und man wird sagen: “Da sieht man es. Der Agressor Putin. Wir haben es immer gesagt” usw usw.

Aber das wurde auch schon vorher gesagt. Hat es geholfen?

Es muss eine Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg vermieden werden.

Wenn man sagt, ein entscheidender Grund für den Krieg sei gewesen, dass die NATO darauf bestanden habe, die Tür für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine offen zu halten, so wird entgegnet: “Ja, das mag ein Fehler der NATO gewesen sein, aber das rechtfertigt nicht den Angriffskrieg Russlands”.

Doch wer es bei dieser Antwort belässt, schiebt die Verantwortung beiseite, die NATO mit den USA an der Spitze für diesen Krieg haben. Zudem wird er nicht sagen können, wie der Krieg beendet werden kann. Nur wer nach einer Antwort auf die Frage sucht, warum dieser Krieg begonnen wurde, wird auch eine Antwort auf die Frage finden, wie dieser Krieg beendet werden kann. In der Formel Keine Osterweiterung der NATO wird man nicht nur die Ursache, sondern auch den Weg zur raschen Beendigung dieses Krieges finden.

Immer wieder wird argumentiert, die Ukraine sei souverän und müsse selbst entscheiden, ob sie Mitglied in der NATO werden wolle. Aber ebenso souverän ist die NATO, zu entscheiden, ob sie die Ukraine aufnimmt oder eben nicht aufnimmt. Was verpflichtet die NATO, die Ukraine aufzunehmen? Lebt die Schweiz oder Österreich nicht gut mit ihrer Neutralität? Wieso nimmt die NATO wegen einer solchen Frage den Tod von Tausenden Menschen in Kauf?

Die Verantwortlichen, die die Tür zur NATO offen gehalten und es deswegen bewusst auf einen Krieg haben ankommen lassen, sagen es jetzt ganz unmissverständlich: Sie wollen Russland entscheidend schwächen. Und das ist es ihnen wert, einen großen Krieg zu führen – in Europa, weit weg von den USA.

Vielleicht werden sie einmal furchtbare Verbrecher genannt werden.

Und wir, die wir den Krieg nicht verhindert haben? Was wird man über uns sagen?

Ich möchte als einen ersten Schritt empfehlen, den Appell für den Frieden zu unterschreiben. Dieser Appell richtet sein Augenmerk auf das, was den Krieg schnell beenden könnte. Darüber berichten die großen Zeitungen und Fernsehsender wenig. Dieses Deutschland hat eine Verantwortung. Um diese Verantwortung geht es.

References

References
1, 2 Süddeutsche Zeitung vom 16./17./8. April 2022, Seite 1
3 Junge Welt vom 27. April, Seite 1

Der grüne Weg in den Dritten Weltkrieg

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Ein Blick zurück ist sinnvoll. Er macht deutlich, wo der Startschuß zur heutigen Entwicklung, zu einem Krieg mitten unter uns erfolgte. Es war ziemlich unerwartet, als vor fast einem Jahr der neue US-Präsident Biden vom russischen Präsidenten Putin als einem „Killer“ sprach. Bis zu diesem Interview war die Welt von einem unmittelbar bevorstehenden Waffengang zwischen China und dem Westen über Taiwan, die Uiguren oder was auch immer ausgegangen. Mit dem Killer-Interview wurden die Schalter herumgelegt …” .

So beginnt ein kurzer Beitrag vom 13. April 2022 in Seniora.org von Willy Wimmer (CDU), zwischen 1985 und 1992 verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU, dann Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung und von 1994 bis 2000 Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Wimmer zur EU: ” …Von Friedensbemühungen keine Spur, dafür ist man viel zu sehr Partei geworden. Es herrscht eine Stimmung in EU-Europa, die vor keine Dämonisierung zurückweicht. Sehenden Auges werden Waffen geliefert, bei denen es nicht mehr von einem selbst abhängt, ob die Türschwelle zum Dritten Weltkrieg überschritten ist. Es sind nicht die Knobelbecher sondern die Stöckelschuhe, die diesmal den Weg ins Verderben auf das Pflaster schlagen“.

den Beitrag von Willy Wimmer lesen

Entwurf eines Gesetzes für Whistleblower: Wo der Schutz nicht reicht

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Die Meinungsäußerungsfreiheit von Whistleblowern ist deswegen so bedeutsam, weil sie die Warnung vor drohenden Gefahren ermöglicht, denen die Allgemeinheit sonst schutzlos ausgeliefert wäre; niemand anderes weiß davon oder wir erfahren das erst, wenn es zu spät ist.

Whistelblowerschutz ist also Gefahrenschutz ersten Ranges. Das gilt vor allem dann, wenn es um überragende Gemeinschaftsbelange, Überlebensinteressen der Menschheit geht.

Weder Unternehmensinteressen noch Interessen der nationalen Sicherheit dürfen gegen diesen Gefahrenschutz abgeschirmt werden.

Diesen Anspruch erfüllt der Referentenentwurf eine Gesetzes zum Schutz von Whistleblowing vom 24. März 2022 nicht.

Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit hier meine Kritik:

Inhaltsverzeichnis:

Besonderer Schutz von Unternehmen?

Unternehmen erhalten einen besonderen Schutz vor Veröffentlichungen, der sonst im Zivilrecht oder Strafrecht nicht existiert:

Nachweis im Referentenentwurf: Eine Offenlegung, also eine Bekanntmachung gegenüber der Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 5), wird in der Regel nur erlaubt, wenn vorher der Verstoß extern gemeldet wurde (§ 32 in Verbindung mit §§ 27 – 31): Eine externe Meldung ist eine Information an eine zuständige Stellen außerhalb des Unternehmens (§§19 ff).

Eine der Ausnahmen von der Reihenfolge ‘Erst externe Meldung, dann Offenlegung’ gilt dann, wenn “der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann” (§ 32 Nr. 1).

Diese Einschränkung des öffentlichen Interesses auf “Notfälle, die Gefahr irreversible Schäden oder vergleichbare Umstände” wird der herausragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit für eine demokratische Gesellschaft, wie sie etwa das Bundesverfassungsgericht im Lüth-Urteil beschrieben hat, nicht gerecht.

Auch wenn an eine Offenlegung, eine Bekannmachung in der Öffentlichkeit, höhere Anforderungen gestellt werden müssen als an eine interne oder externe Meldung, findet sich ein Verbot der Offenlegung unrichtiger Verstösse (§ 32 Absatz 2) und eine entsprechende Sanktionierung (§ 40 Absatz 1) nicht einmal in der EU-Richtlinie 2019/1937[1]vergleiche § 32 Absatz 2 des Referentenentwurfs mit Artikel 15 EU-Richtlinie 2019/1937. Es besteht schon jetzt ein ausreichender Schutz gegen die Verbreitung von unrichtigen Verstössen in der Öffentlichkeit. Einen besonderen Schutz darüber hinaus für Unternehmen in einem WhistleblowerGesetz bedarf es nicht.

Eine Formulierung, die der Meinungsfreiheit ein größeres Gewicht einräumt, ist zu finden unter: https://widerstaendig.de/whistleblower/fuer-ein-besseres-recht/#vorbehalt

Anforderungen an Strafanzeigen zu hoch

Es ist nicht einzusehen, dass die Anforderungen, die an den Wahrheitsgehalt einer Strafanzeige gestellt werden, höher als sonst sein müssen, wenn sich die Strafanzeige gegen ein Unternehmen richtet. Unternehmen dürfen nicht mehr als andere vor Strafanzeigen geschützt werden.

Schon die EU-Richtlinie 2019/1937 stellte zu hohe Anforderungen an den Wahrheitsgehalt einer Strafanzeige, weil sie für eine interne oder externe Meldungen verlangt, dass Whistleblower “hinreichenden Grund zu der Annahme hatten, dass die gemeldeten Informationen über Verstöße zum Zeitpunkt der Meldung der Wahrheit entsprachen” (Artikel 1 Absatz 1 a der EU-Richtlinie 2019/1937) .

Der Referentenentwurf verlangt, dass die “Informationen über Verstöße begründete Verdachtsmomente sind oder Wissen über tatsächliche oder mögliche Verstöße sowie über Versuche der Verschleierung solcher Verstöße, die bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden” (§ 3 Absatz 3).

Diese Anforderungen übernimmt der Referentenentwurf ohne dabei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, nach der es nicht auf “begründete” Verdachtsmomente ankommt, also darauf, ob ein Verdacht eine Straftat begründen könnte, sondern allein darauf, dass derjenige, der den Verdacht auf eine Straftat seines Arbeitgebers bei der Staatsanwaltschaft anzeigt, nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben macht. Es ist allein Aufgabe der Staatsanwaltschaft und schließlich der Gerichte zu prüfen, ob eine Strafanzeige “begründet” ist, also einen bestimmten Straftatbestand erfüllt.

Siehe dazu: https://widerstaendig.de/whistleblower/fuer-ein-besseres-recht/#Strafanzeigen

Besonderer Schutz der nationalen Sicherheit?

Whistleblower wie Daniel Ellsberg, Edward Snowden oder Chelsea Manning werden durch diesen Referentenentwurf nicht geschützt. 

Nachweis im Referentenentwurf: Kein Schutz für Whistleblower, die über Verstösse im nationalen Sicherheitsbereich oder  Bereich wesentlicher Sicherheitsinteressen informieren (§ 5 Abs. 1), selbst wenn es um strafbare Handlungen oder Verstöße gegen Leib, Leben oder Gesundheit geht (§ 2 Abs, 1 Nr, 1 und 2) geht.

Siehe dazu: https://widerstaendig.de/whistleblower/fuer-ein-besseres-recht/#Schutz

Auch Hinweise auf Fehlverhalten schützen!

Wie in § 5 Nr. 2 Geschäftsgeheimnisgesetz sollte Whistleblowing auch dann geschützt werden, wenn es sich nicht um rechtswidriges Verhalten, sondern um Fehlverhalten unterhalb der Schwelle der Rechtswidrigkeit handelt.

Solche Verstösse schließt der Referentenentwurf ausdrücklich aus, erfasst allerdings neben den rechtwidrigen Handlungen (§ 3 Absatz 1 Nr. 1) auch missbräuchliche Handlungen unterhalb der Schwelle der Rechtswidrigkeit, wobei Handlungen missbräuchlich sind, “weil sie dem Ziel oder dem Zweck der Regelungen in den Vorschriften oder Rechtsgebieten zuwiderlaufen”, die in den vom Gesetz definierten sachlichen Anwendungsbereich fallen. (§ 3 Absatz 2 Nr. 2). Anders als im Geschäftsgeheimnisgesetz soll damit im Referentenentwurf unethisches Verhalten nicht geschützt werden[2]siehe Begründung zu § 3 Absatz 1 Nr. 1, Referentenentwurf S. 69.

Zusammenfassung

Whistleblowerschutz ist Gefahrenschutz ersten Ranges. Kein Unternehmen und keine Einrichtung darf gegen diesen Gefahrenschutz abgeschirmt werden. Diesen Anspruch erfüllt der Referententwurf nicht: Unternehmen erhalten einen besonderen Schutz vor Veröffentlichungen, der sonst im Zivilrecht oder Strafrecht nicht existiert. Auch die Anforderungen an Strafanzeigen gegen Unternehmen sind höher als sonst. Menschen wie Daniel Ellsberg, Edward Snowden oder Chelsea Manning legen Verstösse im nationalen Sicherheitsbereich, Bundesnachrichtendienst usw. offen. Sie dürfen nicht vom Whistleblowerschutz ausgeschlossen werden. Im Übrigen müssen auch Whistleblower geschützt werden, die Missstände offenlegen, die keine Rechtsverstösse sind.

Siehe auch zum Referentenentwurf für ein Hinweisgebergesetz:

References

References
1 vergleiche § 32 Absatz 2 des Referentenentwurfs mit Artikel 15 EU-Richtlinie 2019/1937
2 siehe Begründung zu § 3 Absatz 1 Nr. 1, Referentenentwurf S. 69